NS Verherrlichung im 7er Club? Tesco-Label will 30 jähriges Bestehen feiern
Das umstrittene Mannheimer Tesco-Label feiert am 27. und 28. Oktober sein 30-jähriges Bestehen im 7er Club in der Industriestraße. Szenegrößen der Industrial-, Noise-, Power-Electro- und Neofolk-Subkulturen werden im Bühnenprogramm angekündigt, darunter umstrittene Bands wie Genocide Organ, die mit faschistischer Ästhetik spielen.
Anenzephalia, Trepaneringsritualen, Post Scriptvm oder Genocide Organ… Den meisten Menschen werden Bands mit diesen Namen nichts sagen. Diese Subkultur ist eine sehr exklusive Szene, ein kleiner, düsterer Kreis, der sich als künstlerische Avantgarde versteht. Doch die Szene hat ein Problem: Dort tummeln sich Neonazis und Faschisten, die sich von der fragwürdigen Ästhetik angezogen fühlen.
Das Spiel mit dem Genozid
Ganz unbegründet scheint diese Nähe nicht zu sein. Genocide Organ etwa spielen mit faschistischer und militaristischer Symbolik. Ein Bandmitglied suchte sich als Künstlernamen Roland Freisler aus, in Anspielung auf den Präsidenten des Volksgerichtshofes, der für etwa 2600 Todesurteile in der Nazi-Zeit verantwortlich war.
In der amerikanischen Zeitschrift Descent soll der Bandleader im Rahmen eines Interviews rechtes Gedankengut preisgegeben haben. Er soll ausgeführt haben, dass man bald eine multikriminelle statt einer multikulturellen Gesellschaft haben würde. Er habe eine Verbindung zwischen Kriminalität, Schmutz, Arbeitslosigkeit und Ausländern hergestellt.
Das Tesco-Label, gegründet 1987 in Mannheim von Joachim Kohl und Klaus Hilger, vertreibt weitere Bands, die noch offener faschistisches Gedankengut verbreiten. Der Blutharsch beispielsweise tritt mit entsprechenden Uniformen auf und verwendet Nazi-Symboliken in der Selbstdarstellung. Der Bandleader von Death in June soll unter anderem Kontakte zu kroatischen Faschisten haben, die in Milizen kämpften. Andererseits gibt es immer wieder kontroverse Diskussionen und Distanzierungen. Das Tragen von Nazi-Uniformen wurde von ihm beispielsweise als Fetisch verharmlost.
Kunst oder Politik?
Ob geschmacklose Kunst oder Politik durch subtile Symboliken – in jedem Fall relativiert die verherrlichende Darstellung faschistischer Ästhetik die Verbrechen des Nationalsozialismus. Für Neonazis sind Events solcher Gruppen nicht nur anschlussfähig. Sie bieten vielmehr einen exklusiven, geschützten Raum, wo sie Akzeptanz für ihre Symboliken finden. Wo sonst kann man eine Nazi-Uniform tragen, ohne komisch angeschaut zu werden?
„Kern der Kritik an der Szene ist, dass verschiedene Musiker und Szeneprotagonisten einem rechten Kulturpessimismus Vorschub leisten und als Gegenentwürfe anti-egalitäre, anti-demokratische und anti-modernistische Dichter und Denker präsentieren. Die Vermittlung erfolgt allerdings weniger über eine intellektuelle kognitive Ebene, als vielmehr über eine (neo-)romantische, ästhetisierte Gefühlsduselei mit esoterischen, naturellen und naturreligiösen Bezügen.“ schrieb Christian Dornbusch in einem Artikel für Der Rechte Rand.
Großveranstaltung im 7er Club
Der 7er Club in der Industriestraße ist nicht das erste Mal Treffpunkt der Szene. Das Tesco-Label hat in den letzten Jahren mehrfach die Räume für ihre Veranstaltungen angemietet.
So geheim und exklusiv sich die Szene auch gibt, in der Facebook-Veranstaltung haben etwa 1500 Menschen ihr Interesse bekundet. Der Veranstalter schreibt dazu (in Erwartung des internationalen Publikums in englisch): „This is going to be a private Event – SOLD OUT!“
Tatsächlich findet sich im Programm des 7er Clubs kein Hinweis auf die Tesco-Geburtstagsfeier. Der Betreiber der Räume möchte kein politisches Profil haben, jeder könne sich einmieten, so offenbar auch das rechte Tesco-Label. Und die Szene will sowieso lieber unter sich bleiben – inklusive der zu erwartenden Nazis.
(red)