Reichsflaggenverbot in Rheinland-Pfalz unterlaufen / NPD-Funktionärin wegen des Zeigens verfassungsfeindlicher Kennzeichen verurteilt
Pirmasens/Rhein-Neckar – Die Vorsitzende des NPD-Kreisverbandes Westpfalz Ricarda Riefling wurde am 27.10.2020 vom Amtsgericht Pirmasens nach § 86a StGB wegen Veröffentlichung verfassungsfeindlicher Kennzeichen zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Anlass war ein von ihr veröffentlichter Facebook-Post zum Muttertag 2020, der das Logo „Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV)“ zeigte. Die Unterorganisation der NSDAP wurde bereits 1945 durch den Alliierten Kontrollrat verboten. Zum Prozess kam es, weil Riefling gegen den vorher ergangenen Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte. NPD-Sympathisanten zeigten am Prozesstag Reichsflaggen, die seit Oktober in Rheinland-Pfalz, und darüber hinaus, verboten sind. Geahndet wurde dieser Rechtsverstoss bis dato nicht.
Was nützt ein Flaggenverbot, wenn gegen Verstösse nicht vorgegangen wird?
KIM-Informationen zufolge wurde das rechtswidrige Zeigen der Reichsflaggen am Gericht in Pirmasens von anwesenden Polizeibeamten nicht beanstandet, geschweige den geahndet. Die NPD feierte diesen Umstand -online- später als Sympathiebekundung seitens der eingesetzten Polizeibeamten. An dieser Stelle drängen sich dringende Fragen auf, die sowohl die zuständige Polizeidirektion Pirmasens, als auch die Landesregierung noch beschäftigen könnten. Verbote helfen nichts, unabhängig wie man politisch zum Thema “Flaggenverbote” steht (morgen könnten auch Flaggen der Antifaschistischen Aktion beispielsweise verboten werden), wenn Verstösse nicht geahndet werden.
- NPD-Sympathisanten (c) T.S.
- zeigen Reichsflaggen trotz Verbot am Gericht in Pirmasens (c) T.S.
Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV)
Die 36-jährige Ricarda Riefling, gelernte Sozialassistentin für Hauspflege, machte vor Gericht umfassende Einlassungen und gab sich, wie nicht anders zu erwarten, betont harm- und ahnungslos. Sie trat dabei als vaterlandstreue Mutter auf und legte Wert darauf, sechs Kinder geboren zu haben. Seit dem Alter von 14 Jahren sei sie politisch aktiv und studierte Kulturwissenschaften mit den Schwerpunkten Geschichte, Philosophie und Literatur. Wann sie dabei der rechtsextremen Blut-und-Boden-Theorie verfiel, verriet sie nicht. Ricarda Riefling trat erstmals 2002 als Rechtsextremistin bei der „Gemeinschaft Deutscher Frauen“ in Erscheinung. Sie war zuerst mit dem NPD-Kader Dieter Riefling verheiratet und Vorsitzende der NPD-Unterorganisation „Ring Nationaler Frauen“, bevor sie nach Streitigkeiten 2012 von Niedersachsen zu ihrem neuen Lebensgefährten dem jahrelangen NPD-Landesvorsitzenden Markus Walter nach Pirmasens zog.
Als Verteidiger von Ricarda Riefling trat der Stuttgarter Rechtsanwalt Andreas Wölfle auf. Dies überrascht insofern nicht, weil Wölfe u.a. Fachanwalt für IT-Recht ist. Verwundern tut, dass mit der kanadischen Kanzlei Gowling WLG eine große international renommierte Rechtsanwaltskanzlei eine offen bekennende Anhängerin des Nationalsozialismus vertritt. Wölfe stellte dann auch eine Fülle von Anträgen, so auch den angesichts des Tatvorwurfs völlig aussichtslosen Antrag auf seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. Die Verteidigungsstrategie wurde früh deutlich: Riefling hatte das Poster der verbotenen NSV angeblich „gutgläubig“ veröffentlicht, weil sie weder die NSDAP-Unterorganisation noch das mit einer auch vom NS-Regime verwendeten Lebensrune versehene Symbol kannte. Dem folgte die Richterin angesichts der nationalsozialistischen Vita der Angeklagten nicht und verurteilte die NPD-Funktionärin zu, wie bereits im Strafbefehl verhängten, 30 Tagessätzen a 15 €.
Das gesprochene Urteil ist nicht rechtskräftig.
EINWURF:
NPD im Niedergang und trotzdem weiterhin provokativ
Das Schicksal der NPD, in der Wählergunst weiter zu sinken, teilt diese Partei mit weiteren demokratie- und verfassungsfeindlichen Parteien, wie dem Dritten Weg und Die Rechte. Das dies so ist, dokumentiert das Wählerverhalten. Mehrheitlich wird solchen rechtsextremen Parteien immer mehr der Zuspruch bei Wahlen versagt. Ausnahmen gibt es, wie bei den Kommunalwahlen 2019. Dort wurde der wegen Holocaustleugnung verurteilte Günter Deckert, kaschiert über eine “Deutsche Liste” als NPD-Hardliner in den Stadtrat von Weinheim (Bergstraße) gewählt. Für die nicht weniger, in weiten Teilen, rechtsextreme AfD ist diese Entwicklung ein Pluspunkt. Weiter anschlussfähig bleiben und werden im ganz rechten Wählerspektrum.
- NPD-Aufzug in Kandel im Januar 2017: Günter Deckert
- und Ricarda Riefling…
- mit Markus Walter (Archivbilder)
(Bericht und Fotos: c.r. und wie angegeben)
SWR-Link zum Thema “Reichsflaggenverbot” in Rheinland-Pfalz
https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/reichsflaggen-verboten-100.html