Demo in Stuttgart: Mehr Geld für finanzschwache Kommunen
Etwa 2000 Menschen demonstrierten am Samstag 8.11.25 in Stuttgart gegen Kürzungen in den Kommunen bei Kitas, ÖPNV, Kultur und Sozialem sowie die zunehmenden Angriffe Rechtsextremer gegen die Demokratie. Eine Delegation der Gewerkschaft ver.di und der Linken aus Mannheim und Heidelberg waren dabei. Das Motto der Aktion: ”Kommunen am Limit – Demokratie am Abgrund”.
Leere Stadtkassen gefährden Lebensqualität und Demokratie
Die Teilnehmer*Innen waren dem Aufruf der Gewerkschaft ver.di Baden-Württemberg und einem Bündnis aus Gewerkschaften, Parteien, Sozialverbänden gefolgt. Sie fordern angesichts leerer Kassen in Städten und Gemeinden:
Steuergerechtigkeit zwischen Bund, Land und Kommunen.
Vermögenssteuer für Milliardäre und Superreiche statt Kommunen kaputt zu sparen
Keine Kürzungsorgien und verlässliche Finanzierung
Faire Arbeitsbedingungen
Verbot von Mietwucher
Der Staat müsse mehr in Wohnen, Schulen, Kitas, Pflege, ÖPNV, Kultur und Vereine investieren!
In einem Brandbrief hatten sich Ende Oktober dreizehn Städte an Bundeskanzler Friedrich Merz und die Landesregierungen gewandt. Darin beklagen sie, dass die Schere zwischen kommunalen Einnahmen, wie die z.B. die Gewerbesteuern und den Ausgaben immer weiter auseinander klafft.
Lichterspaziergang am Theresienkrankenhaus [Videobeitrag]
Bei einem Lichterspaziergang trafen sich Beschäftige und Unterstützer*innen vor dem Theresienkrankenhaus in Mannheim. Sie zeigen sich besorgt über die angekündigte Schließung des Krankenhauses. Zwei Mitarbeiterinnen und eine Patientin berichten KIM, wie sie die Situation erleben und welche Forderungen sie an die Verantwortlichen haben. (Videobeitrag: Harald Bürk)
Stadtbild-Diskussion: 600 Töchter bei Kundgebung in Mannheim [mit Bildergalerie und Video]
Die Diskussion um rassistische Aussagen des Bundeskanzlers hat auch in Mannheim viele Menschen zu einer Kundgebung bewegt. Auf dem Marktplatz trafen sich am Sonntag nach Angaben der Veranstalterinnen 600 „Töchter“ und deren Unterstützer, um gegen die rassistische Stimmungsmache der CDU/CSU und die Instrumentalisierung von Frauen zu demonstrieren.
Rückblick: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte vergangene Woche seine Politik der Abschiebungen gelobt und in diesem Zusammenhang gesagt: „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem“. Viele in Deutschland lebende Migrant*innen fühlten sich davon angesprochen, als Problem im Stadtbild dargestellt zu werden. Später bekräftigte Merz seine Aussage zum Stadtbild noch einmal mit der Aussage „Fragen Sie mal Ihre Töchter“, die wüssten schon wer damit gemeint sei.
In Mannheim hatte sich daraufhin eine Initiative mit dem Motto „Wir sind die Töchter“ gegründet, die zur Kundgebung mobilisierte – mit dabei die Parteien BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mannheim, Grüne Jugend Mannheim, SPD Mannheim, Jusos Mannheim, Die Linke Mannheim, [‘solid] sowie Deutscher Gewerkschaftsbund, DGB Jugend, Fridays For Future Mannheim, Seebrücke Mannheim und Queeres Zentrum Mannheim.
Mitveranstalter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schreibt zur Veranstaltung:
„Wir haben Friedrich Merz gezeigt: Das Stadtbild in Mannheim ist vielfältig und divers. Wir lassen uns nicht instrumentalisieren für rassistische Aussagen. Gerade in Mannheim wissen wir, was das Stadtbild ausmacht: Menschen aus rund 170 Nationen, mit verschiedensten kulturellen, religiösen und sprachlichen Hintergründen. Ein Bundeskanzler sollte für ALLE Bürger*innen sprechen und nicht einzelne Bevölkerungsgruppen diffamieren und als Problem im Stadtbild darstellen.“
„In Zeiten, in denen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit jährlich steigende Fallzahlen verzeichnet, gießen falsche, pauschalisierende und diskriminierende Aussagen Öl ins Feuer und erfordern eine laute Antwort der Zivilgesellschaft. Hasskriminalität hat im Jahr 2024 einen bisherigen Höchststand erreicht. Gewaltdelikte unter Hasskriminalität waren zu 68 % politisch rechts motiviert. Aber anstatt sich gegen die größte Gefahr für unsere Gesellschaft zu wenden, tritt der Kanzler auf ohnehin schon benachteiligte Gruppen ein und stellt sie unter Generalverdacht.“
Veranstalterinnen und Rednerinnen der Kundgebung „Wir sind die Töchter“
Auf der Kundgebung sprachen als Rednerinnen neben Vertreterinnen der Parteien BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Tamara Beckh), SPD (Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori) und Die Linke (Bezirksbeirätin Isabell Fuhrmann und Mitglied des Kreisvorstands Isabell Iusco) auch die Vorsitzende des Migrationsbeirats, Andrea Chagas López, vom Landesverband der kommunalen Migrantenvertretung BW, Zahra Alibabanazhed Salam, für den Internationalen Frauentreff Fouzia Hammoud, Annahita Azizi von Frauen Leben Freiheit, Ezo Özlem vom Feministischen Bündnis, Yasmin Shabani vom Mannheimer Frauenbündnis und Marija Mavrak vom Frauenhaus Mannheim.
In den Redebeiträgen wurde immer wieder gefordert, den Töchtern zuzuhören. Probleme gebe es und Lösungen müssten gefunden werden. Anstatt pauschaul Migrant*innen für Probleme verantwortlich zu machen und damit auf Stimmenfang am rechten Rand zu gehen, solle sich der Kanzler besser um echte Lösungen kümmern. Gewalt gegen Frauen von Tätern aller Nationalitäten, Einkommensunterschiede, Wohnungsnot, steigende Lebenshaltungskosten, heruntergekommene und vermüllte Innenstädte – es gibt viele Baustellen und Frauen haben gute Lösungsvorschläge für Probleme. Dem Kanzler täte es gut, wenn er den Frauen zuhören würde, anstatt sie für seine Stimmungsmache zu instrumentalisieren.
Zum Ende der Kundgebung kamen auch noch zwei Männer auf die Bühne: Ein Songwriter hatte ein Lied über „Fritzes“ Stadtbild geschrieben und ein Zumba Trainer sorgte für einen sportlich-motivierenden Abschluss der Veranstaltung. (cki)
Bildergalerie
Karla Spagerer – Arbeiterin, Sozialdemokratin, Waldhöferin – ein Nachruf
Ein Nachruf auf eine kluge Frau und eine echte Mannheimerin – und ein bisher unveröffentlichtes Videointerview aus dem Jahr 2018.
Die Besuche waren eindrucksvoll. Zuerst empfing uns Karla mit ihrem großen Hund ganz herzlich und ungezwungen, als würden wir uns schon ewig kennen. Sie erzählte persönliche Anekdoten und Alltagstratsch, der ihr gerade durch den Kopf ging. Dann, im Interview, berichtete sie strukturiert Details aus den 1930er und 1940er Jahren, als sie noch ein Kind war. Sie analysierte die Politik der Gegenwart anhand ihrer historischen Erfahrung mit der NS-Diktatur – klar verständlich und mit einer deutlichen Botschaft: So etwas dürfe nie wieder passieren.
Nun ist Mannheims wichtigste Zeitzeugin gestorben. Sie hinterlässt eine große Lücke, denn so jemanden, wie sie, gibt es nicht mehr.
Arbeiterin, Sozialdemokratin, Waldhöferin
Karla Spagerer wurde 1929 in eine Mannheimer Arbeiterfamilie geboren. Ihr ganzes Leben war sie mit dem Stadtteil Waldhof eng verbunden. In ihrer Kindheit und Jugend verbrauchte sie viel Zeit in der Arbeiterkneipe „Waldschlössel“, die ihre Familie führte. Ab 1939 musste sie das mit ihrer Mutter und Großmutter alleine machen, da ihr Vater zum Kriegsdienst eingezogen wurde.
Im „Waldschlössel“ lernte Karla ihren späteren Ehemann und über ihn die Gewerkschaft, den SV Waldhof Mannheim und die Sozialdemokratie kennen.
Karla Spagerer berichtete bei einer der zahlreichen Veranstaltungen vor dem ehemaligen Wohnhaus der Lechleiters von ihren Kindheitserinnerungen
Walter Spagerer, Karlas Ehemann, war Betriebsrat bei Bopp & Reuther, Gewerkschaftssekretär, Stadtrat und Landtagsabgeordneter der SPD, außerdem Präsidiumsmitglied des SV Waldhof Mannheim. Die gut 10 Jahre jüngere Karla stand im Schatten ihres prominenten Ehemanns. Zur politischen Aktivistin wurde sie erst nach seinem Tod im Jahr 2016. Das war die Zeit, als die rechtsextreme AfD ihren Aufstieg begann.
Karla erkannte früh die Gefahr einer neuen faschistischen Bewegung, denn sie hatte in den 1930er Jahren erlebt, wie die Stimmung kippte. Damals wurden die Juden für alles Schlechte verantwortlich gemacht, heute sind es die Muslime und Flüchtlinge, beschrieb sie die Parallelen in einem Interview.
Für sie wurde die Aufklärung zur Mission und gemeinsam mit ihrem guten Freund, dem SPD Landtagsabgeordneten Stefan Fulst-Blei sprach sie bei unzähligen Veranstaltungen als Zeitzeugin. Für ihr Engagement gegen das Vergessen erhielt sie 2022 das Bundesverdienstkreuz.
Ein Kind des Widerstands
Als Kind hatte Karla Spagerer nicht nur die Sozialdemokratie kennen gelernt, auch den Kommunismus. Ihre sehr geschätzte Großmutter Babette Ries war Kommunistin und aktiv für die Rote Hilfe. 1938 wurde sie zu 18 Monaten Zuchthaus verurteilt, weil sie Lebensmittel und Geld für Familien gesammelt hatte, deren Väter von den Nazis inhaftiert worden waren.
Erinnerungen von Karla Spagerer – Im Videointerview berichtet Karla Spagerer über den Mannheimer Arbeiterstadteil Waldhof, über Widerstand gegen den Faschismus und ihre persönlichen Erfahrungen während und nach dem Krieg. Das Gespräch führte Klaus Dollmann. (Dauer: 48:13 min)
Karla war eng verbunden mit der Lechleiter-Gruppe, der bekanntesten und aktivsten Widerstandsgruppe, die in Mannheimer Betrieben illegale Zeitungen gegen die Hitler-Diktatur verteilten. In dieser Gruppe arbeiteten Kommunist*innen und Sozialdemokrat*innen zusammen.
Karla war es auch, die im September 1942 die roten Plakate entdeckte, die überall in Mannheim angeschlagen waren und die Hinrichtung der verhafteten Widerstandskämpfer um Georg Lechleiter bekannt gaben. Mit eindrucksvollen Worten berichtete Karla, wie sie damals als 13-jährige, Annie Lechleiter von der Ermordung ihres Ehemanns berichteten musste.
Ein kritisches Verhältnis zum Kommunismus
Sie lernte aber auch die dunklen Seiten dessen kennen, was sich Kommunismus nannte. Karlas Onkel Erwin Ries, ein Funktionär der Kommunistischen Partei, musste vor den Nazis flüchten. Es gelang ihm 1934, sich in die Sowjetunion durchzuschlagen. Dort verschwand er und lange Zeit war sein Schicksal nicht bekannt. Karla sah ihn nie wieder. Erst viele Jahre später wurden ihr Gerüchte bestätigt, dass Erwin Ries einer stalinistischen Säuberungswelle zum Opfer gefallen war.
Das prägte ihre Haltung zu den realsozialistischen Staaten des Ostens, obwohl sie ihre kommunistische Großmutter sehr schätzte. Karla konnte differenzieren.
Im Jahr 2023 wurde Karla Spagerer Mitglied der VVN Mannheim
Sie machte im hohen Alter auch noch ihren Frieden mit der VVN. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes wurde 1947 in Mannheim wie vielerorts als gemeinsames Projekt von SPD und KPD gegründet. Doch der Kalte Krieg spaltete auch die VVN, die sich politisch der Sowjetunion annäherte, was einen Unvereinbarkeitsbeschluss der SPD zur Folge hatte. Mehr als 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs ist die VVN-BdA heute eine andere, unabhängige und pluralistische Organisation. Karla Spagerer wurde 2023 Mitglied der VVN Mannheim.
Karla Spagerer ist am 16. Mai 2025 im Alter von 95 Jahren gestorben. Karla hinterlässt zwei Söhne und eine Stadt, die den Arbeiterwiderstand und die Erfahrungen mit dem Faschismus nicht vergessen darf. Karlas Erinnerungen wach zu halten, ihr Mahnen fortzusetzen, das hat sie uns als Vermächtnis hinterlassen.
Chris Hölzing
1. Mai 2025: Gewerkschaftsdemo „Mach dich stark mit uns“ [mit Bildergalerie und Video]
Am Tag der Arbeit fand in Mannheim wie in jedem Jahr die traditionelle Demo der Gewerkschaften statt. Der DGB hatte mit dem Motto „Mach dich stark mit uns“ aufgerufen und den Bundesjugendsekretär Kristof Becker als Hauptredner eingeladen. Zur Demonstration mit Startpunkt Gewerkschaftshaus kamen bei bestem Wetter hunderte Menschen zusammen, die über den Ring, Wasserturm und Planken zum Fest auf den Marktplatz zogen. An der Spitze liefen Vertreter*innen des DGB und der Einzelgewerkschaften. Es dürften insgesamt ein paar weniger Teilnehmende als in den letzten Jahren gewesen sein. Die Stimmung war dennoch motiviert und kämpferisch, insbesondere in den Blöcken der Gewerkschaftsjugend und der Initiative Soziale Kämpfe.
Mit guter Ausbildung Zukunft sichern
Am Marktplatz hielt Bundesjugendsekretär Kristof Becker seine Rede. Er setzte sich mit den Folgen der Bundestagswahl für Gewerkschaften auseinander. „Vieles im Koalitionsvertrag ist richtig und wichtig. Vieles davon sind sogar direkte Forderungen von uns Gewerkschaften.“ Es sei gut, „dass jetzt investiert wird, dass Zukunft entstehen kann“.
Aber es stehe eben „auch viel Scheiße“ drin. Daher müsse man als Gewerkschafter*in der Politik genau auf die Finger schauen. Am Ende sei es doch ganz einfach: „Menschen brauchen wieder Zukunft, den Glauben daran, dass ihre Wahlentscheidung dazu beiträgt, dass es ihnen morgen und ihren Kindern übermorgen besser gehen wird als heute.“
DGB Bundesjugendsekretär Kristof Becker
2,9 Millionen Menschen in Deutschland unter 35 hätten keine abgeschlossene Berufsausbildung, der größte Risikofaktor für Arbeitslosigkeit und Armut. Nicht einmal mehr jeder fünfte Betrieb bilde aus.
Daher brauche es eine Offensive für gute Ausbildung. „Dass das geht, zeigt Bremen. Dort gibt es eine Ausbildungsplatzumlage.“ Betriebe zahlten in einen gemeinsamen Topf ein, aus dem Ausbildungsplätze finanziert werden. Ein gutes Leben falle eben nicht vom Himmel. „Als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter nehmen wir unser Schicksal selbst in die Hand“, so Becker. „Mach mit, werde Mitglied, triff die beste Entscheidung deines Lebens und werde einer von 5,6 Millionen.“
Der Berliner Bundesjugendsekretär Kristof Becker kommt selbst aus der Rhein-Neckar-Region und freute sich daher, mal wieder „zu Hause“ zu sein.
Gewerkschaftsfest auf dem Marktplatz und vorzeitiger Abgang der „Revolutionären“
Bis 13 Uhr gab es Programm auf dem Marktplatz. Musikalisch unterhielt die IG POP und der Thekenchor mit Neuinterpretationen traditioneller Arbeiterlieder. In Talk Runden berichteten Gewerkschafter*innen auf der Bühne von betrieblichen Kämpfen in verschiedenen Branchen und die DGB Jugend stellte mit einer Performance ihre Utopie einer guten Gesellschaft vor – in Abgrenzung zu einer fiktiven düsteren Version, in der ein politischer Rechtsruck gesiegt und Arbeiter*innenrechte weggefegt hatte.
Rund um den Marktplatz waren wieder zahlreiche Informations-, Essen- und Getränkestände sowie Programm für Kinder aufgebaut. Nicht zu übersehen war in diesem Jahr auch die Solidarität mit den vom Krieg schwer getroffenen Menschen in Palästina. Während einige Teilnehmer*innen ihre Solidarität mit dem Tragen von Kufiyas ausdrückten und ein Stand von Medico International Spenden für Gaza sammelte, provozierte während der Demonstration ein Palästina Block ganz am Ende des Zugs. Sie warfen dem DGB vor, kein Wort zum Nahost Konflikt zu verlieren und riefen israelfeindliche Parolen.
1. Mai Fest auf dem Marktplatz
Eine weitere Demonstration, die „revolutionäre 1. Mai Demo“, startete um kurz nach 12 Uhr vom Marktplatz und zog in Richtung Neckarstadt. Die Teilnehmer*innen der revolutionären Demo hatten sich bereits mit einem Block an der Demo des DGB beteiligt, wollten dann aber noch ihre eigene Aktion durchführen, so wie bereits in den letzten Jahren.
Leider führt diese Praxis zu einer Zersplitterung der gewerkschaftlichen Kräfte. Während auf der Bühne auf dem Marktplatz Gewerkschafter*innen von teils harten betrieblichen Auseinandersetzungen berichteten, ertönten die revolutionären Parolen über Megafon und es wurde gleichzeitig zum Abmarsch in Richtung Neckarstadt aufgerufen.
Der starke Bühnenauftritt der DGB Jugend – viele von ihnen wären sicher auch gerne mit in die Neckarstadt gelaufen – wurde leider, wie auch schon im letzten Jahr, vom Abmarsch der Revolutionären gestört. Das ist alles andere als solidarisch und spaltet die Bewegung unnötigerweise. Dabei könnte man einfach warten, bis das offizielle Programm um 13 Uhr beendet ist.
Text: CKI | Fotos: Helmut Roos | Video: DGB Nordbaden
Weitere Bilder des Tages
Solidarität mit Rojava – Demonstration gegen Angriffe auf Selbstverwaltung in Nordostsyrien [mit Bildergalerie und Video]
400 Menschen beteiligten sich am Samstag, den 15.03.2025 an einer Demonstration, die sich mit der selbstverwalteten Region in Nordostsyrien solidarisierte. Aufgerufen hatte das Bündnis „Solidarität mit Rojava Mannheim“, das sich aus verschiedenen Gruppen und Organisationen zusammensetzt. In Folge des syrischen Bürgerkriegs hatte sich im Jahr 2012 im nordöstlichen Teil des Landes, der auf kurdisch als Rojava bezeichnet wird, zunächst in den mehrheitlich kurdischen Gebieten eine demokratische Selbstverwaltung etabliert. Mittlerweile umfasst das Territorium der Selbstverwaltung ungefähr ein Drittel des syrischen Staatsgebietes, wobei verschiedene dort ansässige Gruppen wie Kurden, Araber und Assyrer ihre Gesellschaft nach den Werten von Basisdemokratie, Ökologie und Frauenbefreiung organisieren.
Eröffnet wurde die Demonstration vor dem Mannheimer Schloss mit einer Kundgebung mit Reden und musikalischen Beiträgen. Vom Schlosshof aus setzte sich die Demonstration in Richtung des Alten Messplatzes in Bewegung. In Redebeiträgen stellten die verschiedenen Gruppen des Bündnisses heraus, dass die gesellschaftlichen Fortschritte der Rojava-Selbstverwaltung unbedingt zu schützen seien. Zudem wurde darüber informiert, dass die Türkei sowie ihr nahestehende Milizen immer wieder Angriffe auf Nordostsyrien ausführen. „Die Angriffe der Türkei auf
Rojava sind völkerrechtswidrig und destabilisieren den demokratischen Aufbruch in Syrien,“ unterstrich Hannah Linsmeyer, eine Sprecherin des Bündnisses. „Auch die deutsche Regierung treibt weiter Waffengeschäfte mit der Türkei und kriminalisiert kurdische Aktivisten. Das muss ein Ende haben!,“ erklärte sie weiterhin.
In Gedenken an die Opfer der schrecklichen Tat vom 3. März passierte der Demonstrationszug den Paradeplatz schweigend. Auf der Kurpfalzbrücke entrollten Teilnehmer des Aufzugs ein 15 Meter langes Banner mit der Aufschrift „Hands off Tishrin – Hands off Rojava“. „Seit Monaten greift die Türkei den Tishrin-Staudamm in Nordostsyrien mit Drohnen und Kampfflugzeugen an. Darunter leidet nicht nur die Stromversorgung der Region, auch eine massive ökologische Katastrophe droht im Falle eines Dammbruches,“ erklärte die Sprecherin. Mit weiteren Redebeiträgen sowie musikalischen Einlagen endete die Demonstration schließlich am Alten Messplatz. Hier kaum auch der Hauptredner Ziya Pir zu Wort. Pir ist ein bekannter kurdischer Politiker, der ab 2015 für die prokurdische HDP im türkischen Parlament saß. Er betonte die Notwendigkeit demokratischer Anstrengungen in der Türkei und im Mittleren Osten sowie die Zentralität der kurdischen Bewegung für diese.
Erst vor wenigen Tagen war ein Abkommen zwischen der syrischen Übergangsregierung unter dem islamistischen Anführer Ahmed al-Scharaa und den Streitkräften Nordostsyriens öffentlich gemacht worden, das neben einer schrittweisen Integration Nordostsyriens auch die Anerkennung der Rechte der kurdischen Bevölkerung postuliert. „Wie das Abkommen in die Tat umgesetzt werden wird, bleibt abzuwarten,“ ordnete Sprecherin Linsmeyer ein. „Jedenfalls wird es weiterhin wichtig bleiben, sich auch in Deutschland für eine demokratische Zukunft Syriens und die Rechte der Kurden einzusetzen. Eine Voraussetzung dafür ist das Ende der türkischen Angriffe!“
Text: Bündnis „Solidarität mit Rojava“ | Bilder/Video: cki
Bildergalerie
8. März heißt feministischer Kampftag [mit Bildergalerie und Video]
Pressemitteilung des Feministischen Bündnis Mannheim
Wir waren mit über 1000 Menschen in der Mannheimer Innenstadt, um unsere Wut und unsere Kraft auf die Straße zu bringen. Am Gewerkschaftshaus hat der Chor für Menschen, die nicht singen können mit uns eine weibliche Form des Einheitsfrontliedes gesungen und es wurden 4 sehr starke Reden gehalten. Danach sind wir mit lauten Parolen und Chormusik über den Ring in die Fressgasse gegangen und zwischen D1 und D2 abgebogen. Dort haben wir eine Schweigeminute in Gedenken an den Anschlag am Paradeplatz abgehalten. Die Abschlusskundgebung mit weiteren tollen Reden war am Schloss.
Es ist 2025 und noch immer sind Frauen in Deutschland in jeder Altersgruppe stärker armutsgefährdet als Männer. Noch immer leisten Frauen im privaten Kontext durchschnittlich 44,3% mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Noch immer sind fast 80% der Betroffenen von Gewalt in Partnerschaften Frauen und Mädchen. Noch immer werden Jahr für Jahr mehr trans Personen getötet. Noch immer dürfen Frauen nicht selbst über ihren Körper entscheiden – noch immer steht der Schwangerschaftsabbruch unter §218 im StGB und ist somit grundsätzlich illegal.
Und dennoch wird von konservativer Seite fest behauptet, alle Geschlechter seien gleichberechtigt.
Lasst uns zusammen erkämpfen was uns zusteht! Nieder mit dem Patriarchat! Flinta*, die kämpfen, sind Flinta*, die leben – lasst uns das System aus den Angeln heben! Wir kämpfen. Wir streiken. Wir leben.
Im folgenden dokumentieren wir die Rede der Initiative Soziale Kämpfe
Liebe Mannheimerinnen, liebe Genossinnen,
wir sind bestürzt über die Ereignisse des vergangenen Montags. Wir sind in Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen. Nach solch schrecklichen Ereignissen fühlen sich Beileidsbekundungen neben dem unermesslichen Leid der Betroffenen oft an wie leere Worthülsen und doch wünschen wir den Betroffenen alle Kraft dieser Welt auf dem weiteren Weg.
Wir leben in turbulenten Zeiten, in denen allerorts hitzig diskutiert wird, sei es über Energiepolitik, Migrationspolitik oder Aufrüstung.
Nur eines findet dabei wenig Gehör: Feministische Themen fallen wieder einmal hinten runter und das, obwohl sie mehr als die Hälfte der Bevölkerung betreffen. Frauen werden weiterhin als Minderheit, als Randgruppe behandelt – und das lassen wir uns nicht länger gefallen!
Im öffentlichen Dienst, der gestern in eine weitere Streikrunde eingetreten ist, sind mehr als die Hälfte der Beschäftigten Frauen. Im Privaten verwenden Frauen 44% mehr Zeit auf Sorgearbeit als Männer.
Wir sind das Rückgrat der Gesellschaft! Wir sind es, die das Land am Laufen halten! Und wir sind die, die wieder und wieder mit einem Strauß Blumen und einem feuchten Händedruck abgespeist werden!
Die Errungenschaften der 60er und 70er, das Recht auf ein eigenes Konto und auf selbstbestimmte Arbeit waren für viele ein Befreiungsschlag. Doch damit ist es nicht getan!
Wir sind nicht frei, solange wir weiter in einem System leben, das sich auf Kosten der Frauen bereichert. Einem System, das immer höhere Arbeitszeiten und Leistungsbereitschaft fordert und das Wirtschaftswachstum zum Gemeinwohl erklärt, die Sorgearbeit, die dafür auch nötig ist, aber ins Private verschiebt. Ins Private verschieben, das heißt im Endeffekt aber nur eines: Es bleibt an uns Frauen hängen.
Kinderversorgung? Bleibt an uns hängen. Die Sorge um die Haushaltsarbeit in der überteuerten Wohnung? Bleibt an uns hängen. Die Pflege hilfsbedürftiger Angehöriger? Bleibt an uns hängen. Und auch, wenn für diese Aufgaben jemand bezahlt wird, bleiben sie dabei meistens für einen Hungerlohn an uns Frauen hängen!
Der Lohn für diese Buckelei ist eine geringere Bezahlung. Es ist Altersarmut. Der Lohn für diese Buckelei ist ein Staat, der Geld für Grenzschließungen und militärische Aufrüstung auftreiben kann, in dem Schutzsuchende in Frauenhäusern aber täglich bis zu 100 Euro zahlen müssen, um dem Horror der eigenen vier Wände zu entkommen. Der Lohn ist ein Land, in dem so im vergangenen Jahr 155 Frauen durch Partner oder Expartner zu Tode gekommen sind.
Die Frauenbefreiung wird nicht in Vorständen von Börsenunternehmen erkämpft, sie wird dort erkämpft, wo wir für ein würdiges Leben für uns alle einstehen.
Wir wollen ein System, in dem unsere Ausbeutung nicht länger eingepreist ist! Wir sind nicht frei, bis jede von uns frei ist!
Initiative Soziale Kämpfe
Bildergalerie 8. März 2025
Fridays for Future stellt Forderungen zur Bundestagswahl [mit Video und Bildergalerie]
Eine Woche vor der Bundestagswahl demonstrierte Fridays for Future mit einem globalen Klimastreik in vielen Städten. Auch in Mannheim beteiligten sich laut Veranstalter*innen 800 Menschen aller Altersgruppen an einer Demo durch die Innenstadt. Ihre Forderungen für Klimagerechtigkeit richtet die Klimabewegung an die nächste Bundesregierung, denn alle stehen in der Verantwortung, die Zukunft der kommenden Generationen zu sichern. (red)
„Wenn unsere Demokratie wankt, dann wankt auch das Klima. Und wenn das Klima wankt, dann wanken wir mit. Nicht nur in der Ferne brennen Wälder, kommt es zu Überschwemmungen, leiden Menschen an Dürren und Extremwettern, verlieren Menschen damit ihre Existenz. Auch hier in Europa sind Menschen mit den verheerenden Auswirkungen der Klimakrise konfrontiert und erleben hautnah das mit, woran Menschen im globalen Süden schon seit Jahren sterben. Wer schweigend hinnimmt, dass unser Planet gerade für viele Menschen heute und in Zukunft unbewohnbar gemacht wird, wird seiner Verantwortung nicht gerecht und trägt Mitschuld. Denn: Für eine klimagerechte Welt tragen wir alle die Verantwortung“, so die Rednerin Lena Voigt von Fridays for Future Mannheim.
Vor wenigen Wochen hatte Fridays for Future neue Forderungen für ein klimagerechtes Deutschland vorgestellt. Die Bewegung fordert einen klaren Plan für den Gasausstieg bis 2035. Gleichzeitig müsse Klimaschutz durch eine Mobilitäts- und Wärmegarantie für alle bezahlbar werden. Um die Transformation zu finanzieren, verlangt Fridays for Future die Besteuerung von Superreichen und fossilen Konzernen. Außerdem solle es eine Ausbildungsoffensive mit jährlich 300.000 Fachkräften in Zukunftsbranchen sowie einen Fonds für Klimaanpassungsmaßnahmen geben.
„Die Wähler:innen wollen Klimaschutz – und wir haben ein Recht auf Zukunft! Wenn die Parteien im Wahlkampf so tun, als würde die Klimakrise nicht existieren, ignorieren sie sowohl die ökologische Realität als auch die Sorgen der Menschen. Wer versucht, aus Wahlkampfkalkül Stimmung gegen Klimaschutz zu machen, handelt verantwortungslos. Wer Verbrenner-Aus, Klimaziele und Wärmewende zurückdrehen will, macht vor allem eins: Die Klimakrise immer schlimmer und liefert damit Menschen immer mehr Katastrophen aus. Wir waren heute mit einer klaren Botschaft auf der Straße: Bezahlbarer Klimaschutz und Ausstieg aus den fossilen Energien jetzt!“, ergänzt Antonia Leipertz von Fridays for Future Mannheim. (Fridays for Future Mannheim)
Forderungen von Fridays for Future zur Bundestagswahl
Jährlich 300.000 neue Jobs für die Klimawende
Klimaneutralität bis 2035
Gasausstieg bis 2035 mit klarem Plan
Besteuerung von Superreichen und fossilen Konzernen
Mit Musik gegen die neue rechte Sparpolitik der Stadt Mannheim [mit Video und Bildergalerie]
Eine Demonstration der Kulturszene hat mit einem lautstarken Zug durch die Quadrate gegen die „reaktionäre“ Haushaltspolitik der Stadt Mannheim demonstriert. „Solidarität statt Privilegien“ war das Motto. Man wolle sich nicht in Verteilungskämpfe treiben lassen, sagen die Veranstalter*innen. Stattdessen müssten soziale Projekte und Kulturschaffende „sektorenübergreifend und solidarisch“ zusammen stehen.
Knappe rechte Mehrheit im Gemeinderat setzte Kürzungen durch
Mit Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) und dem 2024 neu gewählten Gemeinderat hat eine knappe rechte Mehrheit (CDU, AfD, FDP, ML und Anhängsel) im Rahmen des Doppelhaushalt 2025/2026 Kürzungen und Förderstopps im Kultur- und Sozialbereich vorgenommen.
Das Projekt ALTER, das Antidiskriminierungsbüro, der Stadtjugendring, das Maifeldderby, psychologische Beratungsprojekte und das Bündnis Mannheim gegen Rechts sind einige Beispiele, die von der Sparpolitik der Rechten betroffen sind. Bei manchen werden „nur“ die Förderungen gedeckelt, andere stehen aber vor existenziellen finanziellen Krisen.
Es ist kein Zufall, dass progressive Projekte, die alternative Kultur fördern oder sich für den Schutz und die gesellschaftliche Teilhabe von Minderheiten engagieren, der politischen Rechten nicht gefallen. Die macht Politik für einen ohnehin schon privilegierten Teil der Bevölkerung.
Musikdemo durch die Quadrate
An der Demonstration am Samstag Nachmittag beteiligten sich drei Musikwägen und ein Chor, dazu eine Initiative „Tax the rich“, die forderte, endlich Milliardäre angemessen zu besteuern: „Nur 2% Milliardärsteuer würde ausreichen, um alle sozialen und kulturellen Projekte problemlos zu finanzieren.“
Der Demozug startete am Alten Messplatz im Anschluss an die Kundgebung „Wählt Liebe“ (KIM berichtete) und zog über Breite Straße, Planken und Fressgasse zurück zum Alten Messplatz. Der lautstarke Zug sorgte für große Aufmerksamkeit in der Stadt. Einige Passant*innen schlossen sich spontan an und feierten mit. Von anderen kam aber auch die Rückmeldung, dass sie nicht genau verstünden, worum es eigentlich ging.
Die Vermittlung komplexer Themen über Demonstrationen ist nicht einfach, es besteht die Gefahr, dass politische Forderungen im Bassgewummer unter gehen.
Bis zur nächsten Wahl des Gemeinderats sind es noch mehr als vier Jahre – viel Zeit, um den Menschen in Mannheim klar zu machen, was rechte Sparpolitik anrichten kann – viel Zeit aber auch für die Rechten, um unliebsame Projekte kaputt zu sparen. (cki)
Bildergalerie
Redebeitrag der Initiative Soziale Kämpfe
Der Rechtsruck ist im Mannheimer Gemeinderat angekommen.
Das merkt das Eine Welt Forum,
Das merkt das Antidiskriminierungsbüro,
Das merkt das Interkulturelle Bildungszentrum, dies sind 3 Beispiele von Einrichtungen in Mannheim, die einschneidende Kürzungen im aktuellen Haushalt der Stadt erfahren.
Dabei fällt auf, dass es bei diesen Einrichtungen um Bildungs-, Hilfs- und Beratungsangebote für alle Mannheimer:innen geht.
Diese Haushaltspolitik bedroht soziale & kulturelle Einrichtungen unserer Stadt.
Und es wird noch schlimmer kommen, als wir es heute wissen: Laut Haushaltsvollzugsschreiben, des Regierungspräsidium muss die Stadt bis 2028 150 Millionen Euro einsparen. Alle Einrichtungen haben dieses Jahr nur 50% ihrer Zuschuss-Gelder sicher zur Verfügung. Wie viel das zweite Halbjahr noch kommt, hängt von den Sparplänen der Stadt ab.
Wir stehen hier solidarisch mit den von Kürzungen betroffenen Einrichtungen. Wir teilen die Sorge, in welche Richtung sich das politische Klima in Mannheim entwickelt.
Wir sind Zammehalte 68 von der Initiative Soziale Kämpfe im Ewwe longts.
Wir sind Mannheimer:innen und kämpfen mit und für unsere Kulturlandschaft und unsere sozialen Strukturen. Wir werden uns nicht in die Entscheidung drängen lassen, zwischen verschiedenen notwendigen gesellschaftlichen Akteur:innen zu wählen – wir brauchen sie alle – und wir werden uns erst recht nicht aus der gesellschaftlichen Teilhabe ausgrenzen lassen.
Deshalb stehen wir gemeinsam ein füreinander, für ein demokratisches Mannheim, ein Mannheim mit progressiver Kulturlandschaft und umfassenden sozialen Hilfsstrukturen.für ein Mannheim für alle, die hier leben.
Aber was passiert da eigentlich gerade? Wir leben doch in einem sehr wohlhabenden Land und trotzdem ist kein Geld in den kommunalen Kassen?
Was hier kickt ist die kapitalistische Ideologie der Verwertungslogik. Hinter dem Gedanken der Verwertbarkeit steht ganz simpel: Was kein Geld bringt hat keinen Wert. Gesundheit wird gefördert, weil die Volkswirtschaft eine gewisse Grundgesundheit braucht. Aber alles was letztlich über einen Katastrophen-Abwehrschutz hinaus geht, muss wiederum Geld abwerfen und Krankenhäuser müssen nach Profit wirtschaften – entsprechend marode und unzureichend sind die Krankenhäuser aufgestellt.
Sozialarbeit ist in einem ständigen Kampf um Anerkennung, weil Perspektiven und Halt in keiner Buchführung auftauchen. Nicht umsonst rufen Sozialarbeitende, die um ihre Jobs fürchten müssen: Keine Sozialarbeit ist unbezahlbar. Erhört werden sie dabei nicht.
Kultur steht in all dem hinten an und ist davon abhängig, wie sehr sich die Stadt mit derselben brüsten kann. Entsprechend sind insbesondere die Nischen von freien Räumen abhängig.
Diese Ideologie der kalten Verwertbarkeit verschärft sich in Zeiten der Krise. Und wir befinden uns auch noch in einer Zeit der multiblen Krisen: Die Finanzkrise, die – verschärft durch Corona und steigende Energiepreise – zu einer krassen Inflation geführt hat, die weit über konjunkturelle Schwankungen hinaus geschossen ist. Die ökologische Krise, mit der Aussicht auf Extremwetterlagen, ökologischen Kollaps und einer Verkleinerung des für Menschen lebenswerten Raums. Die Krise der parlamentarischen Demokratie mit einer steigenden Zustimmung zu autoritären Politikformen; Und schließlich die Zunahme von Konfrontationen verschiedener imperialer Mächte in der Welt, die nicht selten kriegerische eskalieren. Krisenzeiten bedeuten im Kapitalismus, dass die Reichen und Besitzenden mit allen Mitteln versuchen, die Armen und Besitzlosen verelenden zu lassen, bevor sie etwas von ihrem Reichtum abgeben müssen.
Immer häufiger wird nun der Begriff der Leistungsgesellschaft genutzt. Auch hier gilt wieder: Zeichen für Leistung ist Geld. Wer reich geerbt hat, hat demnach geleistet. Wer 20 Jahre hart arbeitet und trotzdem in Armut lebt, dem dann betriebsbedingt gekündigt, weil die Profite für die Vorstände sonst gekürzt werden müssten, und entsprechend auf Hilfe vom Staat angewiesen ist, gilt als Leistungsverweigerer.
Der Begriff der Leistungsgesellschaft dient der Hetze gegen Arme. Die AfD, Trump, Orban, Merz, Lindner und wie sie alle heißen, bauen ihre gesamte Politik darauf auf. Die Mittellosen sollen Schuld sein am Unheil der Welt. Und natürlich stehen Geflüchtete in der Verwertungsskala erst mal ganz unten.
Aber die Geschichte ist noch nicht geschrieben. Wir befinden uns in einem Abwehrkampf. Rund eine Millionen Menschen gingen die letzten Wochen auf die Straße, weil sie sich ihre schon gewonnene Freiheit und sozialen Errungenschaften nicht einfach nehmen lassen wollen. Hinter den größten Massenprotesten seit Langem steht der unbedingte Wille die Gesellschaft gegen einen anti-humanistischen autoritären Umbau zu verteidigen.
Wir dürfen uns aber darauf nicht ausruhen sondern müssen aus dem Abwehrkampf in die Offensive gehen. Für mehr Gerechtigkeit, mehr Demokratie mehr Solidarität und mehr Humanismus.
Die zunehmende Polarisierung unserer Gesellschaft ist erst mal nichts schlechtes. Es ist ein Zeichen für eine anstehende Veränderung. Es ist drohendes Unheil und kommende Chance zugleich.
Daher müssen wir jetzt kämpfen! Unsere Gesellschaft hat das Geld, hat die Technik, hat das Wissen und hat die Kraft für ein gutes Leben für alle.
Jeder Kampf um Wohnraum, für die rechte von Frauen, für globale Gerechtigkeit, fürs Klima, für Bildung, für queere menschen, für behinderte Menschen, jeder Arbeitskampf ist ein Kampf für die solidarische Welt. Wir haben die Kraft also holen wir uns das Wissen, holen wir uns die Technik und holen wir und das Geld! Für uns – für alle!
Organisiert euch!
Protest gegen Merz-Besuch in Mannheim [mit Video und Bildergalerie]
CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte sich zum Wahlkampfbesuch in Mannheim angekündigt und nach der Kooperation von CDU, FDP und AfD im Bundestag blieben Proteste dagegen nicht aus. Das Offene Antifaschistische Treffen, die Interventionistische Linke und aus den Reihen der Parteien Die Linke, Grüne und SPD wurde mobilisiert. Die Feudenheimer Kulturhalle war mit gut 500 Merz-Anhänger*innen brechend voll, zum Gegenprotest hatten sich ähnlich viele Leute auf dem Parkplatz davor versammelt.
Die Feudenheimer Kulturhalle war bereits lange vor dem Skandal um die CDU-AfD Kooperation im Bundestag ausgebucht. Mit kritischen Stimmen war in der Halle nicht zu rechnen. Doch davor demonstrierten hunderte lautstark gegen den migrationsfeindlichen Kurs der CDU und die vorsichtige Annäherung an die Faschist*innen.
Auf einem Schild war „Merz = von Papen“ zu lesen, in Anlehnung an historische Parallelen, als die Zentrumspartei Adolf Hitler zum Aufstieg verholfen hatte. Auch das Einreißen der „Brandmauer“ durch „Friedrich den Wüterich“ war ein beliebtes Plakatmotiv.
In einem Redebeitrag der Interventionistischen Linken wurde gesagt, nicht die Brandmauer der CDU gefallen, sondern deren Maske. Rassismus sei Programm und auch die Ampel-Parteien seien zu oft in den migrationsfeindlichen Kurs eingestiegen.
Zwei der drei Ampelparteien waren auch bei der Kundgebung gegen Merz vertreten. Die Jugendorganisationen Grüne Jugend und Jusos hatten sich ebenfalls auf dem Parkplatz vor der Kulturhalle versammelt und separierten sich jeweils in eigenen Grüppchen.
Im Zuge der Anreise der CDU Anhängerschaft kam es zu kleineren verbalen Scharmützeln und Buh-Rufen, ansonsten blieben die Veranstaltungen entspannt. Auch die Polizei war zufrieden.
Den Kanzlerkandidaten selbst hat niemand außer der eigenen Fanblase zu Gesicht bekommen. Er fuhr mit seiner Limousine bist direkt vor den Seiteneingang der Kulturhalle, den die Polizei und ein privater Sicherheitsdienst weiträumig abgesperrt hatte.
Verwirrung um Veranstaltungsort
Kurz vor den Veranstaltungen gab Chaos wegen einer angeblichen Verlegung der CDU Wahlkampfveranstaltung in die Maimarkthalle. Eine entsprechende E-Mail der CDU Kreisgeschäftsführerin entpuppte sich allerdings als Fake. Aus welcher Ecke die Falschmeldung kam, blieb aber unklar, da nicht nur Gegendemonstrant*innen, sondern auch CDU-Anhänger*innen verwirrt wurden.
Ebenfalls von Unbekannten angebracht waren Sprühereien auf der Fassade der Kulturhalle. Das Publikum von Friedrich Merz musste an „FCK CDU“ und „Brandmauer gegen rechts“ vorbei laufen. In ganz Feudenheim war außerdem „CDU schämt euch“ plakatiert. Weniger eskalativ, aber mindestens genauso auffällig waren Sprüche mit Straßenkreide auf den Wegen zwischen Kulturhalle, Grundschule und Kindergarten. „CDU schämt euch“, „Merz geh in Rente“ oder „Kinder gegen Merz“ mussten die Merz Fans auf ihrem Weg zum Veranstaltungsort lesen. (cki)