Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V. lädt am 09.02. zu einer Kundgebung ein (mit Kommentar)

Diese soll laut Veranstalterangaben ab 14:30 Uhr am 09. Februar in der Nähe der Alten Feuerwache in Mannheim stattfinden.

(KIM-Archivbild)

Unter dem Motto „Isolation, Faschismus und Besatzung beenden! – Die Zeit für Freiheit ist gekommen!“ findet auch in diesem Jahr vom 05. – 13. Februar der „Lange Marsch“ nach Straßburg für die Freiheit Abdullah Öcalans statt. Die Kampagne RiseUp4Rojava ruft InternationalistInnen auf, sich der Demonstration anzuschließen.

Wie das Vorbereitungskomitee des internationalistischen langen Marsches mitteilt, hat die aktuelle Situation rund um die Corona-Pandemie umfangreiche Umplanungen erforderlich gemacht. Anstelle des Marsches wird es in den Städten, die als Stationen entlang der geplanten Demonstrationsroute liegen, Tag für Tag vielfältige Aktionen geben. Die Aktionswoche wird ebenfalls in Hanau beginnen und in Straßburg vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) enden, um die Forderung nach der Freilassung Abdullah Öcalans als Repräsentant des kurdischen Volkes zu betonen.
 
Kommentar:
Abdullah Öcalan befindet sich seit 1999 in der Türkei in Isolationshaft. Seit Jahren fordern verschiedene Organisationen die Freilassung des ehemaligen PKK-Führers.
Meiner Meinung nach sollte die Causa Abdullah Öcalan im Vergleich mit der Vita von Nelson Mandela nicht nur im öffentlichen Diskurs behandelt werden, sondern auch juristisch vor dem Europäischen Gerichtshof in Straßburg. Welche politischen Argumente, auch wenn diese jeweils in der Vergangenheit mit Gewalt vorgetragen wurden, unterscheiden Mandela und Öcalan voneinander im Kern? Beim Afrikaner Mandela war es der Rassenhass der weissen Nachfahren der Kolonial-Staatler in Südafrika, der diesen Anwalt für die Rechte der Mehrheitsbevölkerung auf den Plan rief.
Ähnlich lief es bei dem Politkwissenschaftler Öcalan. Stimme ergreifen für eine repressiv im In- und Ausland verfolgte Bevölkerungsgruppe, bis zum heutigen Tage: Kurden.
Ich finde, wenn einem nachgewiesenen Terroristen wie Arafat (PLO) ein Nobelpreis (1994) verliehen wurde, muss Öcalan zumindest die faire Chance erhalten baldmöglichst aus der Haft entlassen zu werden.
 
KIM hatte berichtet:
https://kommunalinfo-mannheim.de/2020/10/11/kurdendemo-weitgehend-stoerungsfrei-aber-mit-starken-auflagen/
 
(Bericht/Kommentar: Christian Ratz – mit Material von AK Rojava und Kon.Med / Foto: Christian Ratz)

 




Free-Öcalan-Demo: Auseinandersetzungen wegen Portrait-Verbot

Bei einer Demonstration für die Freilassung des in der Türkei inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan am 17.10.2020 in Mannheim ist es zu Auseinandersetzungen und Schlagstockeinsätzen gekommen. Ausgangspunkt des Konflikts war ein behördliches Verbot, jegliche Abbildung der Person Öcalan in der Öffentlichkeit zu zeigen. Es gab Verletzte und Ermittlungsverfahren. Die kurdische Pressestelle TCŞ berichtete zudem von Schikanen gegen einen Mitarbeiter.

Gericht bestätigt: Öcalan-Bilder bleiben verboten

Der Konflikt wurde bereits vor der Demonstration mit dem Motto „Bi Hev re Serhildan“ („Gemeinsam zum Aufstand“) vor Gericht ausgetragen. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe entschied nach Aussage einer Sprecherin der Demo einen Eilantrag zugunsten der Stadt Mannheim. Diese soll per Auflage das Zeigen von Bildern der Person Öcalan während der Demonstration verboten haben.

Erwartungsgemäß sorgte dies für Konfliktpotential. Abdullah Öcalan ist die zentrale Figur der kurdischen Unabhängigkeitsbewegung und wird aufgrund seiner mehr als 20 jährigen Inhaftierung auf einer türkischen Gefängnisinsel als Märtyrer gesehen. Bereits zum Beginn der Kundgebung am Hauptbahnhof soll es erste Auseinandersetzungen um Fahnen mit Öcalan-Portrait gegeben haben. Nachdem es einen störungsfreien Marsch über den Ring und durch die Planken gab, kam es in Höhe Marktplatz erneut zu Auseinandersetzungen. Nachdem von Teilnehmer*innen Öcalan-Fahnen gezeigt wurden, setzte die Polizei Schlagstöcke gegen den hinteren Teil der Demo ein. Ein sogenanntes Anti-Konflikt-Team der Polizei habe die entsprechenden Personen angesprochen und sei dann selbst von Demoteilnehmer*innen umringt worden. Als sich ein Gerangel entwickelt habe, sei es zum Schlagstockeinsatz gekommen, so die Polizei.

Zwei Frauen sollen laut Veranstalter verletzt worden sein. Die Polizei zählte insgesamt drei verletzte Versammlungsteilnehmer*innen und einen Beamten, der zu Boden ging.

 

Videobeitrag bei Youtube: https://youtu.be/9y_04AhsdX0

Aggression auf beiden Seiten

Neben Provokationen durch bewussten Verstoß gegen Demo-Auflagen konnte man auch seitens der Polizei ein aggressives Verhalten beobachten. Diese liefen in großer Zahl behelmt und teils mit Schlagstock in der Hand neben der Demo her. Einige sprachen sich vor dem Schlagstockeinsatz ab, wer sich wen vorknöpfen werde. Ein Polizist beleidigte einen Demoteilnehmer als „Fettsack“. Die Eskalation wurde ganz offensichtlich von Vertreter*innen beider Seiten gesucht.

Der letzte Abschnitt bis zum Alten Messplatz verlief wieder etwas ruhiger. Auf der Kurpfalzbrücke wurde eine Gedenkminute für den gefallenen HPG-Kommandanten Egîd Civyan abgehalten. Civyan war für die Leitung einer Guerillaaktion gegen den IS bekannt geworden, bei der 150.000 Ezid*innen vor einem Genozid durch die Islamistische Terrormiliz gerettet werden konnten.

Auf dem Alten Messplatz fand ein Abschluss mit kurdischen Tänzen und Musik statt. Die Nachrichtenseite ANF Deutsch berichtet, dass es auch dort weiterhin zu Problemen mit der Polizei gekommen sei. Demoteilnehmer*innen seien zur Personalienfeststellung kontrolliert worden und ein Mitglied der TCŞ-Pressestelle sei eine Stunde festgehalten worden. Seine Speicherkarte soll durch die Polizei beschlagnahmt worden sein.

Im Nachgang ermittelt die Polizei gegen mehrere Teilnehmer*innen wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, unter anderem sei Pyrotechnik abgebrannt, Gegenstände auf Polizeibeamte geworfen und verbotenerweise das Abbild von Abdullah Öcalan auf Fahnen gezeigt worden.

Die Demonstration am 17.10.2020 war die dritte kurdische Veranstaltung in Mannheim innerhalb von zwei Wochen (siehe auch Kurdendemo – weitgehend störungsfrei aber mit starken Auflagen). Veranstalter waren diesmal die kurdischen Frauen- und Jugendorganisationen TEKO-JIN (Bewegung der jungen kämpferischen Frauen) und TCŞ (Bewegung der revolutionären Jugend). Unterstützung gab es von den Studierendenorganisationen YXK und JXK und einigen deutschen Unterstützer*innen. ANF Deutsch zählte 350 Teilnehmer*innen. Die Polizei machte keine Angaben zur Teilnehmerzahl.

Kommentar: Wozu dieser Konflikt?

Die Auseinandersetzung um das Verbot der Bilder des PKK-Chefs Öcalan nimmt kein Ende. Immer mal wieder erlaubten Gerichte das Zeigen bei Demonstrationen, dann wieder nicht, dann unter bestimmten Umständen. Dass dabei nicht nur jegliches Verständnis für, sondern auch das Vertrauen in einen Rechtsstaat verloren gehen kann, ist nachvollziehbar. Immerhin geht es um einen seit über 20 Jahren Inhaftierten, dem Folter und Isolation schwer zugesetzt haben sollen. Gibt es in Deutschland einen vergleichbaren Fall, wo das Zeigen einer Person derart kriminalisiert wird?

In jedem Fall stellt sich die Frage, ob Schlagstockeinsätze ein angemessenes Mittel zur Durchsetzung von Demo-Auflagen darstellen. Die Polizei muss auch hier nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit handeln.

Während sich die kurdische Bewegung in all den Jahren demokratisiert und modernisiert hat – Selbstkritik und Distanzierung von Gewalttaten und Anschlägen inklusive – ist die Türkei unter der AKP-Regierung immer mehr zur islamisch-konservativen Präsidialdiktatur geworden – militärische Offensiven und Beteiligung an zahlreichen Konflikten inklusive.

Grundsätzliches Problem ist die traditionsreiche Zusammenarbeit deutscher und türkischer Sicherheitsbehörden. Die deutschen Behörden nutzen – gespeist mit Informationen türkischer Geheimdienste – alle Register des Anti-Terror-Kampfes gegen die kurdischen Organisationen, was in letzter Konsequenz dazu führt, dass Konflikte auf der Straße eskalieren und Demoteilnehmer*innen mit Geld- und Haftstrafen bedacht werden.

Auch deutsche Linke werfen der Bundesregierung vor, ein doppeltes Spiel zu spielen. Einerseits gibt es große Reden in den Parlamenten, die den Demokratieverlust in der Türkei beklagen. Andererseits werden die Waffenlieferungen der Rüstungskonzerne und die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden fortgesetzt. Alles steht unter dem Szenario, dass die Türkei die große Zahl der Flüchtlinge aus Nahost von den europäischen Grenzen fern hält. In diesem Sinne ist auch die Polizei in Mannheim ausführendes Organ einer perfiden Innen- und Außenpolitik, die in letzter Konsequenz dem Machterhalt der türkischen AKP-Regierung zugute kommt.

(cki)

 

Bildergalerie




Kurdischer Friedensmarsch auf dem Weg von Mannheim nach Strasbourg – Eklat! Polizei beendet gewaltsam kurdischen Friedensmarsch in Karlsruhe

Auftakt des Friedensmarsch in Mannheim

Noch am Sonntag, 10. Februar versammelten sich auf dem Vorplatz des Mannheimer Hauptbahnhofs ca. 200 kurdische Menschen und darüber hinaus einige Unterstützer*innen für einen Marsch für „Freiheit für alle politischen Gefangenen, Gesundheit für Abdullah Öcalan“ und für eine politische und friedliche Lösung des Kriegs der Türkei.  Der Friedensmarsch sollte in sieben Etappen über Schwetzingen, Bruchsal, Karlsruhe, Rastatt, Bühl, Kehl am nächsten Samstag Strasbourg erreichen.

Laut Polizeiangaben verlief der Marsch an den ersten beiden Tagen friedlich und ohne größere Vorkommnisse. Die Zahl der Marschierer habe etwa 100 betragen. Die Zahl der begleitenden Polizisten war mit über 100 mindestens ebenso hoch. Mit den Polizeiautos und Wannen waren die Marschierer*innen  regelrecht eingekesselt.

 

 

Allerdings ist der Friedensmarsch von Anfang an durch strikte Auflagen belastet. An das sehr weitgehende Verbot kurdischer Fahnen und Symbole, denen ein PKK-Bezug unterstellt wird, hat man sich inzwischen gewöhnt. Ebenso an das Verbot des Bildes von Abdullah Öcalan, wenn das Bild auf gelbem Hintergrund gezeigt wird. Mit der Farbe Gelb wird angeblich ein PKK-Berzug hergestellt, da Gelb und Grün die Farben der PKK sei. Diesmal ist erstmals generell das Zeigen des Bildes von Öcalan verboten – auch auf neutralem Hintergrund.  Außerdem ist das Parolenrufen mächtig reglementiert.

Die Reglementierungen durch die Verbot sind so eingreifend, dass sie immer wieder Anlaß zum polizeilichen Eingreifen bieten. Am Sonntag achten die Ordner des Veranstalters bzgl. Fahnen, Symbole und Bilder genau auf die Umsetzung der verordneten Auflagen.

Der Friedensmarsch in Hockenheim

Am Ende der dritten Etappe am Dienstag, 12. Februar, kommt es am Ortseingang von Karlsruhe in Höhe des Fächerbades zum Eklat. Mehrmals sollen Parolen mit PKK-Bezug wie „Biji Serok Apo“ (Es lebe Öcalan)  gerufen worden sein.  Außerdem soll des öfteren ein presserechtlich nicht gezeichnetes Flugblatt verteilt worden sein. Die Versammlungsbehörde in Mannheim, die verantwortlich für die Genehmigung war, verbot daraufhin gegen 16.45 Uhr den Friedensmarsch. Die Polizei begann die Demonstrant*innen einzukesseln, um die Personalien festzustellen. Hierbei sei es zum Gerangel gekommen. Der Friedensmarsch wurde von der Polizei gewaltsam aufgelöst.

Hintergründe und Facts:

  • In Strasbourg, der Stadt des Europaparlaments und des Europäischen Gerichtshofs, befinden sich 14 kurdische Aktivisten seit Wochen im Hungerstreik. In der Türkei sind über 300 politische Gefangene, zum Teil seit Monaten im Hungerstreik; Leyla Güven, die Abgeordnete der HDP, sogar schon seit dem 8. November. Die Forderungen richten sich alle gegen die unerträglichen Haftbedingungen und für eine politische Lösung des türkisch/kurdischen Krieges.
  • Der Friedensmarsch 2019 besteht aus drei Marschsäulen. Luxemburg, Basel und Mannheim sind der Ausgangspunkt für drei Friedensmärsche, die sich dann in Strasbourg vereinen sollen. In Luxemburg, Frankreich und der Schweiz, durch die die anderen Friedensmärsche gehen, gibt es keine Schwierigkeiten mit der Einhaltung von Auflagen. Es gibt dort allerdings auch kein so rigoroses Verbotssystem wie in Deutschland.
  • Am Morgen des 12. Februar, dem Tag des Verbots des Friedensmarsches, wurde bekannt, dass Bundesinnenmister Seehofer den „Mezopotamien Verlag und Vertrieb GmbH“ sowie die „MIR Multimedia GmbH“ verboten hat und deren Produktions- und Vertriebsräume in Nordrhein-Westfalen und Hannover durchsuchen und beschlagnahmen ließ. Angeblich würde der Geschäftsbetrieb „der Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts der PKK“ dienen. Seehofer sagte laut Mitteilung seines Ministeriums: „Gerade weil die PKK trotz des Verbots in Deutschland weiterhin aktiv ist, ist es notwendig und geboten, die PKK in ihre Schranken zu weisen und die Einhaltung der Rechtsordnung sicher zu stellen“. Es ist schwer, nicht einen Zusammenhang der zunehmenden Repressionen zu erkennen. Wurde der Friedensmarsch deshalb verboten?
  • Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Deutschland wiederholt aufgefordert, einen entschlosseneren Kampf gegen die PKK zu führen. Er bezeichnet die PKK als Terrororganisation. Die Türkei habe auch Auslieferungsanträge gestellt, sagte Erdogan im vergangenen Herbst nach einem Staatsbesuch in Deutschland. Kurdische Politiker werfen der Bundesregierung vor, der Türkei ein Geschenk anläßlich der Münchner Sicherheitskonferenz am nächsten Wochenende überreichen zu wollen. Sind die Kurd*innen wieder einmal das Opfer?

(Bericht und Fotos: Roland Schuster)