Protest gegen Wehrpflicht-Pläne von Pistorius

Die „Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK) lehnt die Pläne von Verteidigungsminister Boris Pistorius, eine neue Wehrpflicht einzuführen, scharf ab.

Die DFG-VK-Gruppe MA-LU weist ergänzend darauf hin, dass die Einberufung von 5.000 Wehrdienstleistungen nach Schätzungen von Pistorius den Bundeshaushalt mit 1,4 Milliarden Euro belasten würde. Sie wird sich mit dem Thema künftig vermehrt beschäftigen und diejenigen unterstützen, die das Grund- und Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung in Anspruch nehmen wollen. Interessierte dürfen sich gerne melden. Kontakt: Otto Reger, Sprecher DFG-VK MA-LU, mannheim@dfg-vk.de, 01765021312

Kanonenfutter

Ein neuer Zwangsdienst führe nicht zu mehr Sicherheit. Am Mittwoch hat SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius seine Pläne zur Aufstockung der Bundeswehr von aktuell 180.000 auf 200.000 Soldat*innen vorgestellt. Da die Armee es aufgrund mangelnder Attraktivität nicht schafft, dass junge Menschen freiwillig zu ihr kommen, soll nun Zwang angewandt werden. Konkret sollen alle jungen Menschen von der Armee einen Fragebogen zugeschickt bekommen, wobei junge Männer dazu gezwungen werden sollen ihn zu beantworten: „Bereits heute schreibt die Armee junge Menschen mehrmals im Jahr an – die Daten dafür werden der Bundeswehr alljährlich von den Meldebehörden übermittelt“, erklärt dazu Ralf Buchterkirchen, Bundessprecher der DFG-VK – und weiter: „Dieser Datenweitergabe kann man aktuell widersprechen – nach den Plänen von Pistorius dann bald aber wohl nicht mehr.“

Auf Grundlage der Fragebögen will die Armee dann einige junge Menschen zur Musterung zwingen. Am Ende steht ein Dienst in der Armee. „Das ist eine Reaktivierung der Wehrpflicht durch die Hintertür“, kommentiert Ralf Buchterkirchen das Konzept. Die DFG-VK werde alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um die Pläne von Minister Pistorius zu verhindern. Zudem plane man für die jungen Menschen Lösungswege zum jeweiligen Fragebogen herauszugeben, damit man nicht zur Musterung muss.

Es sind laut Buchterkirchen zudem noch viele Fragen offen: „Was passiert mit denjenigen, die zwangsgemustert wurden aber danach den Kriegsdienst verweigern? Müssen die dann einen Zivildienst ableisten?“ Der Friedensverband fordert eine grundlegende Debatte über Sicherheitspolitik: „Wir lehnen Zwangsdienste ab und fordern statt einer Ausweitung des Militärischen endlich zivile Möglichkeiten der Konfliktbearbeitung ausreichend zu fördern um ‚friedensfähig‘ statt ‚kriegstüchtig‘ zu werden“, so Buchterkirchen.

Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, Stuttgart 12. Juni 2024 




Aktion vor der Mannheimer Jesuitenkirche: „Keine Kindersoldaten – den Missbrauch von Kindern durch Militär stoppen!“

Gelungene Aktion zum Red Hand Day von Lebenslaute, Friedensbündnis Mannheim und DFG-VK MA-LU

Sowohl die Leute, die am 12. Februar 23, die Messe in der Mannheimer Jesuitenkirche besuchten, als auch die Vorübergehenden waren erstaunt, vor dem Kircheneingang die Musikgruppe Lebenslaute sowie Transparente und einen Infostand zu erblicken und ein Plakat mit der Aufforderung, „Gib deinen roten Handabdruck“. Wer bereit war ein bisschen Zeit und Interesse aufzubringen, wurde von Friedensaktivisten darüber informiert, dass die Aktion dazu diente, auf des Schicksal von Kindersoldat*innen aufmerksam zu machen. Kinder werden nicht nur in den Ländern des globalen Südens missbraucht. Die Waffen mit denen sie ausgerüstet werden, stammen aus Ländern des globalen Nordens (USA, EU, Deutschland). Kinder werden auch zum Ausspähen von feindlichen Stellungen oder zum Auffinden von Minenfeldern instrumentalisiert und sexuell missbraucht.

Zahlreiche Personen nahmen einen Flyer vom Deutschen Bündnis Kindersoldaten und von terre des hommes an, um sich eingehender zu informieren.

Viele Leute ließen sich auch darüber aufklären, dass der 12. Februar ein weltweiter Aktionstag ist. Man kann durch einen roten Handabdruck auf Stoff oder Papier persönlich dazu beitragen, dass sich die Politik für den Stopp des Missbrauchs von Kindern einsetzt und den Export von so genannten Kleinwaffen (Pistolen und Gewehre) unterbindet. Auch der katholische Stadtdekan Karl Jung hinterließ einen roten Handabdruck.

Kindersoldaten ganz anderer Art gibt es auch in Deutschland, wo die Bundeswehr junge Menschen mit 16 Jahre rekrutiert und sie sogar an Waffen ausbildet. Damit verstößt die Bundeswehr gegen die UN-Kinderkinderkonvention, die die Rekrutierung von Menschen unter 18 Jahren verbietet. Verschiedener Organisationen haben daher die Kampagne „Unter 18 nie – keine Minderjährigen in die Bundeswehr“ gebildet.

Otto Reger – Deutsche Friedensgesellschaft/Vereinigte KriegsgegnerInnen DFG/VK MA/LU

 

Link zur Webseite der DFG/VK Mannheim/Ludwigshafen: https://mannheim.dfg-vk.de/

 




Friedensplenum Mannheim und die DFG-VK-Gruppe MA-LU: Antikriegstag 2020

„Frieden beginnt hier! Rüstungskontrollgesetz – Jetzt!“

Antikriegstag-Veranstaltung in Mannheim am 9.9.

Die Veranstaltung von Friedensplenum und DBG Rhein-Neckar findet urlaubsbedingt am
9.9.2020 um 19 Uhr im Gewerkschaftshaus statt. Wir konnten dazu die sehr kompetente Redakteurin und Aktivistin Regina Hagen gewinnen. Sie referiert und diskutiert über das Thema „Die Aufrüstungsspirale muss ein Ende haben! Rüstungskontrolle und Atomwaffenverbot jetzt!“
Regina Hagen ist eine Sprecherin der Kampagne »Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt« und verantwortliche Redakteurin der Quartalszeitschrift »Wissenschaft und Frieden«

Weitere Details und den Flyer gibt es beim Friedensplenum

 

Antikriegstagsveranstaltung des DGB

Wie üblich hat der DGB aus Anlass des Antikriegstags am 1. September einen Aufruf „Nie wieder Krieg! In die Zukunft investieren statt aufrüsten!“ veröffentlicht Darin kritisiert er die hohen deutschen Rüstungsausgaben und den Rüstungsexport und fordert die Bundesregierung auf, dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten. Gleichzeitig ruft er dazu auf, die Friedensinitiative „Abrüsten statt aufrüsten“(https://abruesten.jetzt) zu unterstützen, die Unterschriften für die Reduzierung von Rüstungsausgaben sammelt.

Neu ist dieses Jahr, dass der DGB am 1.9.2020 ab 18 Uhr den Antikriegtstag als Livestream veranstaltet und darum bat, persönliche Statements in Text, Ton, Bild oder Video zu folgenden Fragen zu schicken:

  • Was bedeutet für euch Krieg?
  • Was bedeutet für euch Frieden?
  • Wohin führt Aufrüstung?
  • Wie erreichen wir Abrüstung?

Weitere Details und den Aufruf gibt es beim DGB

Heidelberg

Di. 01.09.2020, 17 Uhr, HD, Bismarckplatz, Nie wieder Krieg! In die Zukunft investieren statt aufrüsten, Kundgebung zum Antikriegstag, Veranstalter: DGB Heidelberg Rhein-Neckar + Friedensbündnis Heidelberg

Engagiert euch!

Es ist sehr wichtig, dass sich wieder mehr Menschen (zusätzlich) zu Veranstaltungen persönlich engagieren. Damit Menschenleben geschützt werden, ist es unerlässlich, dass keine weiteren Kriegswaffen und Rüstungsgüter in die Türkei geliefert werden. Weil das Regime zur Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung und zur Verfolgung der Opposition einsetzt, in andere Länder einmarschiert (Syrien, Irak) und das Waffenembargo gegen Libyen verletzt. Die Bundesregierung verstößt mit Rüstungsexporten in die Türkei auch gegen die eigenen „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ sowie gegen den Gemeinsamen Standpunkt der EU zu Rüstungsexporten gegen den auch andere EU-Länder verstoßen.

 

Die Bundesregierung gießt mit ihrer Rüstungsexportpolitik auch in anderen Konflikten Öl ins Feuer; beispielsweise im Jemenkrieg. Es ist durchaus ein Erfolg der Friedensbewegung, dass die Bundesregierung einen Rüstungsexportstopp nach Saudi-Arabien verhängt hat. Damit können wir uns aber nicht zufrieden geben, weil er bis Ende 2020 befristet und lückenhaft ist und für andere Länder der Jemenkriegskoalition nicht gilt.

Was ist von MdB aus Mannheim zu erwarten?

Nächstes Jahr sind Bundestagswahlen und auch in Mannheim haben die SPD und die Grünen mit Isabel Cademartori und Melis Sekmen ihre Kandidatinnen nominiert. Man kann sie also jetzt schon fragen, wie sie sich im Bundestag für ein Rüstungsexport-Verbot einsetzen würden. Aufschlussreich ist auch die Frage, wie sie zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag stehen und ob sie die ICAN-Abgeordneten-Erklärung unterschreiben würden. Als MdB hat Gökay Akbulut (Die Linke) dies getan, ganz im Gegensatz zu CDU-MdB Nikolas Löbel, der auch die Anschaffung von atomaren Trägerflugzeugen befürwortet.

Die DFG-VK MA-LU hat Löbel bereits letztes Jahr via abgeordnetenwatch.de gefragt, wie er zu einem Rüstungsexportverbot für Saudi-Arabien steht. In seiner Antwort erweist er sich als Vertreter einer Politik, die über Leichen geht, indem er sich dafür ausspricht wieder Waffen an Saudi-Arabien zu liefern, um es an den Verhandlungstisch zu bringen. „Die Union spricht sich demnach für eine Weiteraufnahme des Exports (von Rüstung an Saudi-Arabien) aus.“ Auf die Rüstungsexporte an die anderen Jemenkriegsländer ging er überhaupt nicht ein. zur Antwort von Löbel bei der DFG-VK MA-LU.




Krieg als Familienfest: Der „Tag der Bundeswehr“ in Mannheim

Tag der Bundeswehr in Mannheim-Neuostheim

Am 9. Juni 2018 fand zum ersten Mal ein Tag der Bundeswehr in Mannheim statt. Die Werbeveranstaltung des Heeres gibt es seit 2015 einmal jährlich und ist mehr als nur ein „Tag der offenen Tür“. Es ist eine Charmeoffensive des Militärs zur Präsentation in der Öffentlichkeit – selbstverständlich nicht uneigennützig. Es geht um Nachwuchsgewinnung auf einem umkämpften Arbeitsmarkt, um die finanzielle Ausstattung des Militärs und um die Zustimmung der Bevölkerung zu „ihrer“ Truppe.

Mannheim bot als einziger Standort im Südwesten eine Großveranstaltung. Auf dem Bildungscampus der Bundeswehr in Neuostheim präsentierten sich verschiedene Bereiche der Bundeswehr, von der Zivilverwaltung bis zu kämpfenden Einheiten. Die im Stil eines Familienfestes organsierte Veranstaltung zog erwartungsgemäß zahlreiche Besucher*innen an.

In eigener Sache: Akkreditierung und Pressebetreuung

Im Vorfeld meldeten wir uns für das Kommunalinfo mit drei Personen beim Presseverantwortlichen der Bundeswehr am Standort Mannheim an. Das Kommunalinfo war vorab per Pressemitteilung über die Anmeldemodalitäten informiert worden. Von den drei Personen wurden zwei jedoch abgelehnt, darunter auch der redaktionell Verantwortliche. Kriterium für eine Akkreditierung, d.h. Anmeldebestätigung war laut Bundeswehr ein „amtlich anerkannter Presseausweis“, der nur von einer Person vorgezeigt wurde. Letztlich führte es zu der absurden Situation, das ein Vertreter des Kommunalinfo akkreditiert war, die beiden anderen als Begleitung aber mitkommen konnten – die Veranstaltung war ja öffentlich.

Wir bekamen einen persönlichen Ansprechpartner an die Seite (man könnte auch spöttisch sagen: einen Aufpasser). Dieser führte uns über das Gelände und wählte Gesprächspartner*innen für die jeweiligen Themen aus.

Begrüßung

Begrüßung mit Bürgermeister Christian Specht (links)

So ging es zu viert auf Tour über den Bildungscampus. Erste Station: Begrüßung auf der Hauptbühne. Der große Platz war um kurz nach zehn noch leer, auf den Banken saß kaum einer in der prallen Sonne. Neben einigen bekannten Offiziellen, die auf solchen Veranstaltungen Stammgäste sind, konnten wir an politischen Vertretern Mandatsträger der CDU, u.a. die MdBs Löbel und Lamers, der AfD und der Mannheimer Liste erkennen. Bert Siegelmann vom Rhein-Neckar-Fernsehen moderierte das Bühnenprogramm. Begrüßt wurden wir vom Präsidenten des Bildungszentrums, Herrn Reifferscheid und der Präsidentin der Verwaltungshochschule Frau Jahnz.

Für die CDU eine Pflichtveranstaltung, hier im Bild Nikolas Löbel (links), Karl A. Lamers (rechts), im Hintergrund mit grünem Hemd Claudius Kranz

Für die Stadt Mannheim begrüßte der erste Bürgermeister Christian Specht. Mannheim könne „stolz sein, die größte Bildungseinrichtung der Bundeswehr in Deutschland“ zu beherbergen. Geradezu enthusiastisch sprach Specht davon, „so viele Panzer schon lange nicht mehr in Mannheim gesehen zu haben.“ Der Dank ging an alle Soldat*innen und an diejenigen, die hinter der Bundeswehr stünden. Die Bundeswehr würde die Meinungsfreiheit schützen, auch von denjenigen, die vor dem Eingang draußen gegen die Bundeswehr demonstrieren würden. Das Prinzip der Bundeswehr „Führung und Auftrag“ könne auch ein Vorbild für die Politik sein. Für später kündigte Specht ein „einzigartiges musikalisches Crossover“ an: Ein gemeinsames Konzert der Musikcorps von Bundeswehr und Polizei und der Mannheimer Popakademie.

Verteidigungsministerin Ursula van der Leyen sprach am Nachmittag mittels einer Videogrußbotschaft über eine Großleinwand. Auch sie lobte den „selbstlosen“ Einsatz der Soldat*innen für das Land . Politik und Gesellschaft müssten ihrerseits alles dafür tun, damit die Soldat*innen bei der Umsetzung ihres Auftrags mit bestem Material unterstützt werden.

Der Bundeswehrbildungsstandort Mannheim

Das Gebäude der Bildungseinrichtung BiZBw

Um uns ein umfassendes Bild machen zu können, informierten wir uns über die Einrichtungen der Bundeswehr am Standort Mannheim. Auf dem Bildungscampus befinden sich zwei getrennte Einrichtungen. Zunächst das Bildungszentrum der Bundeswehr (BiZBw), das eine breite Palette an Bildungslaufgängen in den Bereichen Wirtschaft, Jura, Soziales und Technik für zivile und militärische Angehörige der Bundeswehr bietet. 800 Menschen sollen dort studieren, allerdings im Blockunterricht, das heißt Mannheim ist nur eine von mehreren Stationen. Die jüngsten seien 15 Jahre alt, die beispielsweise Ausbildungen im mittleren technischen Dienst beginnen, es gäbe aber auch ältere, z.B. ehemalige Soldaten, die einen zweiten Bildungsweg einschlagen, erklärte uns eine Vertreterin am Infostand. Die meisten seien Zivilbeschäftigte der Bundeswehr.

Die zweite Einrichtung ist die Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, die ein Duales Studium im Bereich Bundeswehrverwaltung anbietet. Dort sollen sich aktuell rund 550 angehende Beamt*innen im gehobenen (nichttechnischen) Dienst auf ihren Abschluss vorbereiten, erklärte uns eine Professorin. Das Duale Studium sieht neben den Theorieblöcken an der Hochschule Praxisphasen in Einrichtungen der Bundeswehr vor.

Viele Plätze in der prallen Sonne vor der Bühne blieben leer

Weiter ist zu erwähnen, dass es in Mannheim zwei zivile Hochschulen gibt, die Studiengänge in Kooperation mit der Bundeswehr anbieten. Die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) bietet hier Maschinenbau und Mechatronik an, der dritte Studiengang Informatik mit Studienrichtung „Cyber Security“ ist aktuell in Vorbereitung und beginnt 2019. Die Hochschule Mannheim soll gemeinsam mit der Bundeswehr die Studiengänge Energietechnik und erneuerbare Energien, Informatik, Nachrichtentechnik/Elektronik und Technische Informatik anbieten.

Nach Einschätzung der Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) ist der Bildungscampus Mannheim keineswegs ein harmloser Bildungsstandort, an denen vorwiegend zivile Tätigkeiten erlernt würden. Vor allem die Öffentlichkeitsarbeit, die von der Führungsabteilung um den Präsidenten Christoph Reifferscheid organisiert wird, fördert nach Einschätzung des DFG-VK die Militarisierung der Gesellschaft. Die wehrtechnischen Symposien und der „Sicherheitspolitische Dialog in der Metropolregion Rhein-Neckar“ seien solche Veranstaltungen, bei denen das nach eigener Aussage „sehr gut vernetzte“ BiZBw gesellschaftliche Diskussionen mitbestimmt.

Sylvia Jahnz, Dekanin an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung und Christoph Reifferscheid, Präsident des BiZBw

Bei den Symposien tauschen sich Teilnehmer*innen aus Forschung, Industrie, Wirtschaft und Öffentlichem Dienst aus und pflegen Kontakte. Bei den Veranstaltungen „Sicherheitspolitischer Dialog“ geht es um Diskussionen über außen- und sicherheitspolitische Themen, beispielsweise Auslandseinsätze der Bundeswehr, mit der zivilen Bevölkerung. Pressebeauftragter Oberstleutnant Thilo Koch beschreibt die Bedeutung solcher Veranstaltungen in einer Publikation des BiZBw mit den Worten: „(…) nur so kann die eigene Bevölkerung für die Veränderungen sensibilisiert und für die einzuleitenden Maßnahmen gewonnen werden.“ Das BiZBw muss also auch als Lobbyorganisation der Bundeswehr für die Metropolregion Rhein-Neckar angesehen werden.

Neutrale Information oder Kriegspropaganda an den Schulen?

Lobbyarbeit machen auch die sogenannten Jugendoffiziere der Bundeswehr. Diese sind ausgebildete Öffentlichkeitsarbeiter für Projekttage und Informationsveranstaltungen an Schulen. Es geht um sicherheitspolitische Themen, die vom Bundeswehrvertreter nach Richtlinie des Beutelsbacher Konsens (Überwältigungsverbot, Kontroversität, Schülerorientierung, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Beutelsbacher_Konsens) in Schulklassen vermittelt werden. Eingeladen werden sie in der Regel vom Gemeinschaftskundelehrer – wenn dieser das Angebot gut findet. Die Jugendoffiziere machen keine direkte Nachwuchsrekrutierung, dem Mannheimer Jugendoffizier ist aber auch klar, dass er persönlich entscheidend dafür verantwortlich ist, welches Image von der Bundeswehr in der Klasse hängen bleibt. Er ist für die Region Mannheim, Rhein-Neckar-Kreis und Neckar-Odenwald-Kreis zuständig und führt dort regelmäßig Schulveranstaltungen durch, teils in Kooperation mit dem Lions Club oder Reservistenverbänden. Mit seinen Kollegen hat der Jugendoffizier beim Tag der Bundeswehr einen Escape Room im Luftschutzkeller der Einrichtung aufgebaut. Nur wer Fragen zu sicherheitspolitischen Themen richtig beantwortet, kann die Türen zum Ausgang öffnen.

Mobiler Karrieretruck der Bundeswehr

Für die konkrete Nachwuchsgewinnung sind die Karriereberater der Bundeswehr zuständig. Am entsprechenden Stand wurde uns ein erfahrener Haudegen als Gesprächspartner an die Seite gestellt – eine Persönlichkeit, wie man sich einen Bundeswehrausbilder der alten Schule vorstellt. Er berichtete ohne Punkt und Komma von Einsatztätigkeiten auf Berufsinformationsveranstaltungen, Messen und an Schulen. Zudem biete man bei konkretem Interesse Einzelner persönliche Beratungsgespräche an, bei Minderjährigen unter Anwesenheit der Erziehungsberechtigten. Bedauerlich sei, dass die Bundeswehr kaum an Gymnasien heran komme, da die Werbeveranstaltungen nur auf freiwilliger Basis, sprich mit Einverständnis der Schulleitung stattfinden könnten. Er vermutete dort weit verbreitetes pazifistisches Gedankengut.

Schlange stehen am Leo: Viele wollten sich auf dem Panzer fotografieren lassen

15 Karriereberater gebe es in Baden-Württemberg. In Mannheim gibt es ein eigenes Büro. Auf die konkrete Nachfrage unsererseits, an welchen Schulen in Mannheim regelmäßig Informationsveranstaltungen zur Karriere bei der Bundeswehr stattfänden, könne er nichts sagen und verwies auf seine für Mannheim zuständige Kollegin. Diese wurde uns, nachdem sie von unserem Pressebegleiter im Vier-Augen-Gespräch vorbereitet wurde, als lokale Ansprechpartnerin vorgestellt. Neues erzählte sie uns jedoch nicht. Auf die konkrete Frage, an welchen Mannheimer Schulen Veranstaltungen stattfänden, reagierte sie ausweichend. Das wüsste sie nicht auswendig, da müsste sie in ihrem Büro nachschauen.

Von ehemaligen Schüler*innen wurde dem KIM berichtet, dass in der Vergangenheit z.B. am Feudenheim Gymnasium Werbeveranstaltungen der Bundeswehr stattfanden. Das hatte zu hitzigen Diskussionen und Protesten aus den Reihen der Schüler*innen gesorgt.

Kooperation mit zivilen Organisationen

Kriegsspiele mit ferngesteuerten Panzern

Auf dem Gelände des Bildungszentrums der Bundeswehr präsentierten sich einige Organisationen mit Infoständen. Das waren der Bundeswehr nahestehende und berufsständische Vereinigungen wie „Deutscher Bundeswehrverband“, der „Verband der Arbeitnehmer der Bundeswehr“ im dbb aber auch ver.di, die die Zivilbeschäftigten der Bundeswehr tarifvertraglich über den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienst vertreten. Des weiteren gab es einen Infostand des „Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge“ VDK und des „Soldatenhilfswerks“, das u.a. Familienangehörige beim Todesfall eines Soldaten unterstützt. Kurios mutet „Lachen helfen e.V.“ an, eine „Initiative deutscher Soldaten und Polizisten für Kinder in Kriegs- und Krisengebieten“.

Bemerkenswert ist das musikalische Engagement der Popakademie, einer Einrichtung des Landes Baden-Württemberg in Kooperation mit der Stadt Mannheim. Hier klappte die von der Bundeswehr angestrebte militärisch-zivile Zusammenarbeit offensichtlich vorzüglich.

Proteste gegen den Tag der Bundeswehr

Friedenskundgebung gegenüber des Eingangsbereichs, immer im Blick von Polizei und Soldaten

Es gab aber auch Widerspruch gegen den „Tag der Bundeswehr“. Das Mannheimer Friedensplenum und die DFG-VK, unterstützt von VVN-BdA, Die Linke, Die Partei und Friedensbündnis Heidelberg riefen zum Widerstand gegen die Werbeshow des Heeres auf. Es gab eine Mahnwache am Hauptbahnhof, es wurden Flugblätter verteilt auf dem Parkplatz für die Besucher*innen, es gab einen Infostand vor dem Eingang des Bildungszentrums – allerdings hinter der Absperrung an der Seckenheimer-Landstraße, die aus „Sicherheitsgründen“ für die Bundeswehrveranstaltung abgesperrt wurde. Die Friedensbotschaften über Lautsprecher waren aber trotzdem bis in das Veranstaltungsgelände hinein zu hören. Außerdem gab es subversive Papierschnitzel-Aktionen („Werben für´s Sterben“) an der Vorführstation für den Leopard Panzer und eine Transparent-Aktion im Gelände.

Kommentar

Eine kleine Runde vor dem Panzer war möglich, bevor die Friedensaktivistinnen von Feldjägern raus geworfen wurden

Die Bundeswehr berichtet in ihrer Abschlussmitteilung zum Tag der Bundeswehr statt der erwarteten 15.000 von 10 000 Besucher*innen in Mannheim. Die teils leeren Bänke auf den Bildern täuschen aber. Tatsächlich kamen viele Menschen trotz unangenehm schwüler Hitze zur Veranstaltung, darunter viele Familien und junge Menschen, die sich über Berufsmöglichkeiten informierten. Das Gelände war weitläufig, das Angebot umfangreich. Ganz klar, das Konzept der Bundeswehr ging zumindest zum Teil auf. Sie konnte sich freundlich, attraktiv, modern und offen präsentieren.

Auffällig war der Aufwand und die Personalausstattung, mit der die Bundeswehr ihre Gäste betreuen konnte. Nicht nur für die Presse gab es persönliche Begleitung. Alle Infostände und Stationen waren üppig mit Personal ausgestattet. Wer eine Frage hatte, bekam sofort ein ausführliches, persönliches Gespräch. Auch sonst glänzte die Veranstaltung an allen Ecken und Enden mit Professionalität, Service und außergewöhnlichem Programm. Die Veranstaltung muss Unsummen verschlungen haben.

Papierschnipsel mit kleinen Botschaften lagen auf dem Veranstaltungsgelände

Viele Menschen kamen sicherlich aus voyeuristischen Gründen, um Fallschirmspringer und den Airbus-Überflug zu sehen oder sich am Steuer eines echten Armeefahrzeugs fotografieren zu lassen. Sinnbild brutaler Realität wurde der Leopard Panzer, gleich am Eingang. Hier in Mannheim, in Deutschland, klettern die Kinder am Samstagnachmittag auf der Kanone herum, lassen sich von ihren Eltern fotografieren und gehen danach ein Eis essen. In Nordsyrien flohen die Kindern vor dem gleichen Panzer, versteckten sich vor dem Artillerie-Beschuss im Keller und verloren Eltern, Geschwister und Freunde.

Nein, Krieg sollte kein Familienfest sein. Krieg, Rüstung und Militär gehören auf den Müllhaufen der Geschichte.

(rs, cr, cki)

 

Weitere Bilder vom „Tag der Bundeswehr“ und den Gegenprotesten