Initiative „Nein zum Krieg – Solidarität mit Afrin“ demonstriert für den Rückzug türkischer Streitkräfte aus Nordsyrien [mit Video und Bildergalerie]

Am 14.04.2018 folgten rund 600 Personen dem Aufruf der Initiative „Nein zum Krieg – Solidarität mit Afrin“. Die Initiative, welche sich vor wenigen Monaten in Mannheim gegründet hat, zählt derzeit 40 unterstützende Organisationen. Starke Polizeikräfte, auch zu Pferd, begleiteten und überwachten den Demonstrationszug durch die Innenstadt hautnah. Zu Provokationen aus dem türkisch-nationalistischen Umfeld kam es an verschiedenen Stellen, welche jedoch von der Polizei umgehend und konsequent beendet wurden.

Auftaktkundgebung auf dem Ehrenhof des Mannheimer Schloss

Auftakt am Schloss

Roland Schuster, Versammlungsleiter, begrüßte die TeilnehmerInnen und verlas die Auflagen. U.a. wies er daraufhin, welche Flaggen und Symbole gezeigt werden durften und welche verboten waren. Explizit erlaubt war das Zeigen der YPG- und YPJ-Symbolen (kurdische Milizen in Nordsyrien), wohin gehend verboten waren Bilder des inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan und von ermordeten kurdischen Widerstandskämpfer*innen.

Die wesentlichen Hauptanliegen, die auch in späteren Ansprachen thematisiert wurden, waren

Banner von DIDF

Die Türkei, NATO-Mitglied und EU-Beitrittskandidat, führt seit dem 20. Januar einen völkerrechtswidrigen, blutigen und zerstörerischen Belagerungs- und Besatzungskrieg gegen die kurdische Enklave Afrin in Nordsyrien. Mithilfe der Luftwaffe, Bomben-/Raketeneinsätzen und Leopard-Panzern aus deutscher Produktion gelang es nach schwerer Gegenwehr die Region Afrin militärisch zu besetzen. Die Folge: Hunderttausende Menschen auf der Flucht – unzählige Tote und Verletzte. Der türkische Staatspräsident Erdogan will sich damit aber nicht zufriedengeben. Er hat den Angriff auf weitere Städte und Regionen angekündigt. Erdogan will einen Gouverneur in Afrin einsetzen und Menschen, die in der Türkei als sunnitische Flüchtlinge leben, in der kurdischen Region ansiedeln anstatt der dort vertriebenen Menschen. Das nennt man ethnische Säuberung. Hierfür sollen zynischer Weise die gerade von der EU an die Türkei als Flüchtlingshilfe überwiesenen 3 Mrd. € verwendet werden. In die verlassenen Häuser sollen ebenso Kämpfer der mit der Türkei verbunden islamistischen Milizen einziehen. Es wird angekündigt, dass sie die türkische Staatsangehörigkeit bekommen sollen. Offensichtlich will Erdogan seine immer wieder geäußerten Expansionspläne Stück für Stück umsetzen. Viele haben noch die Fernsehbilder im Kopf, wie die mit der Türkei verbundenen Milizen der sog. „Freien Syrischen Armee“ bei der Eroberung von Afrin Geschäfte und Häuser plünderten. Ja sogar Gräber sind geschändet worden. Der Krieg ist von Anfang an einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gewesen. Es entpuppt sich als glatte Lüge, dass die Türkei angegriffen worden sei. Die expansionistische Kriegspolitik von Erdogan wird die Situation in dieser Region, in und um Syrien, ja im gesamten Nahen Osten weiter destabilisieren und in ein Pulverfass verwandeln. Laut einem internen Bericht des Bundesnachrichtendienstes hat sich die Türkei zur „zentralen Aktionsplattform für islamistische Gruppierungen“ entwickelt. Angesichts dieses Szenarios gerät der Kriegskurs von Erdogan immer mehr in die Kritik. Der Protest von Europaparlament, Europarat, den meisten Bundestagsparteien und nun auch Angela Merkel ist aber mehr als halbherzig. Den Worten müssen auch Taten folgen! Doch wo bleibt der Einsatz der Großmächte, der EU und Deutschland für die Menschen in Afrin? Menschenrechte gelten für Alle! Die deutsche Politik darf sich nicht zum Erfüllungsgehilfen von Erdogan machen lassen. Es darf nicht sein, dass kurdische Vereinigungen aus diesem Grund verboten werden. Es darf nicht sein, dass kurdische und türkische Menschen, die in Deutschland leben, vom türkischen Staat zu Tausenden überwacht werden, und ggf. bei der Einreise in die Türkei deswegen von politischer Verfolgung bedroht sind.

Die Initiative fordert deshalb:

– Internationale Ächtung des türkischen Angriffskriegs

– Die türkischen Streitkräfte müssen hinter die türkische-syrische Grenze zurückgezogen werden.

– Solange die Türkei dieser Forderung nicht nachkommt, muss die Zusammenarbeit mit der türkischen Regierung auf Eis gelegt und sanktioniert werden.

– Anerkennung der kurdischen Selbstverwaltung in den kurdischen Gebieten. Sie ist friedlich, demokratisch, ökologisch und basiert auf der Gleichheit von Frauen und Männern, sowie der Gleichheit der Religionen und Nationalitäten.

– Keine Waffenlieferungen an die Türkei – Die Pläne von Rheinmetall für die Modernisierung der Leopard-Panzer und Errichtung einer Panzerfabrik in der Türkei müssen sofort gestoppt werden!

 

Bernd Köhler

Weiter wurde Kritik am völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der USA mit Unterstützung Englands und Frankreichs geübt. Massive Kritik wurde auch an der schwachen Haltung der Bundesregierung und der EU seit Beginn der türkischen Militäroffensive auf die kurdische Bevölkerung in Syrien geübt.

Den musikalischen Rahmen bildeten Gizem und Bernd Köhler.

 

Gizem Gözüacik

Grenzenlose Solidarität

Die Demonstrierenden zogen vom Schloss aus entlang des Paradeplatz, am Marktplatz vorbei. An beiden Orten gab es kurze Zwischenkundgebungen, ohne dass der Marsch zum Stillstand kam. Hier und entlang der Breiten Straße kam zu Provokationen von vermutlich türkisch-stämmigen Nationalisten. Die Polizeikräfte schritten rigoros ein und verhinderten damit weitere Konfrontationen.

 

 

[Videobeitrag bei Youtube]

 

Starke Abschlusskundgebung auf dem Alten Messplatz

Kurz nachdem die TeilnehmerInnen, weiterhin unter starker Beobachtung der Polizei, am Ort der Abschlusskundgebung angekommen waren, traten weitere RednerInnen ans Mikrofon.

Auch hier unterhielten Bernd Köhler und Gizem das Publikum mit Musikbeiträgen.

Liste der RednerInnen:

  • der Vorsitzende des Kurdischen Gemeinschaftszentrum Mannheim/Ludwigshafen
  • ein Vertreter der kurdisch/türkischen Organsiation HCK
  • eine Vertreterin der türkischen Bündnisorganisation Edi Bese
  • eine Vertreterin der DIDF-Jugend Mannheim
  • eine Vertreterin der bundesweiten kurdischen Dachorganisation NAV-DEM
  • eine Vertreterin der Interventionistischen Linke Rhein Neckar und der Antfaschistischen Initiative Heidelberg
  • Maria Rigot für das Friedensplenum Mannheim
  • Wolfgang Alles, Überbetriebliches Solidaritätskomitee Rhein-Neckar
  • Mareille Große Beilage, Kreissprecherin der GRÜNEN Mannheim
  • Christoph Cornides, Die LINKE Mannheim und Landesvorstand Baden-Württemberg

 

Erklärung der Initiative „Nein zum Krieg – Solidarität mit Afrin“:

Demonstration „Rückzug der türkischen Streitkräfte aus den kurdischen Gebieten in Nordsyrien – Solidarität mit Afrin!“ setzt ein Zeichen für Friedenslösung

Zahlreiche YPG- und YPJ-Fahnen waren zu sehen

Das Polizeiaufgebot war martialisch und sollte nach Auskunft der Polizei mögliche Auseinandersetzungen zwischen kurdischen Aktivisten und türkischen Nationalisten verhindern.  Die Menschen der Demonstration verhielten sich friedlich. Seitens türkischer Nationalisten gab es vereinzelte verbale Provokationen. Einige Menschen wohl türkischer Herkunft filmten ungestört am Straßenrand die Teilnehmer der Demonstration. Es ist anzunehmen, dass dieses Filmmaterial in Ankara landen wird. Die Auflagen bzgl. dem „Verbot des Werbens für die PKK“ wurde von den Veranstaltern eingehalten. Es wurden keine Fahnen „mit PKK-Bezug“ und keine Bilder von Abdullah Öcalan gezeigt. Wir halten das Polizeiaufgebot für weit überdimensioniert und es wirkte abschreckend auf die Öffentlichkeit.

Zum Angriffskrieg der Türkei erklären wir:

Der Angriff ist barbarisch und trifft eine Region, die bisher weitgehend von dem kriegerischen Geschehen in Syrien verschont blieb. Tausende Menschen wurden getötet oder verwundet. Hunderttausende wurden zu Flüchtlingen gemacht.

Demospitze

Der Krieg ist gegen die Selbstverwaltung der kurdischen Gebiete in Afrin und Rojava gerichtet. Die Selbstverwaltung ist friedlich, demokratisch, ökologisch und basiert auf der Gleichheit  von Frauen und Männern sowie der Gleichheit der Religionen und Nationalitäten.

Angesichts dieser Tatsachen fragen wir uns: Wo ist der Protest der Weltmächte, der EU und Deutschlands?

Syriens Machthaber Assad und Russland wird wegen dem Krieg in Syrien die Schuld gegeben. Wo aber bleibt die Verantwortung derjenigen Mächte, die der Türkei mit Waffenexporten diesen Krieg erst ermöglicht haben? Wo bleibt die Verantwortung derjenigen, die mit der Waffenexporten nicht nur die Türkei sondern Saudi-Arabien, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten zu Unterstützer der dschihadistischen Terrormilizen gemacht haben?

Banner der Linken

Wir sagen: Schluss damit! Nein zum Krieg – für politische statt militärische Lösungen! Die Türkei muss sich aus den besetzten Gebieten in Nordsyrien zurückziehen. Die Rüstungsexporte an die Türkei müssen umgehend beendet werden. Die Selbstverwaltung in den kurdischen Gebieten in Afrin und Rojava muss Teil einer Friedenslösung sein!

Für diese Ziele treten wir ein und werden weiterhin die Öffentlichkeit informieren und mobilisieren.

14. April 2018

Initiative „Nein zum Krieg – Solidarität mit Afrin“ Mannheim“

 


 (Text: Christian Ratz ; Video und Fotos: CKI und Christian Ratz)

 

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Kurdische Kundgebungen in Mannheim: „Solidarität mit Efrin“

 Kurden*Innen aus dem Rhein-Neckar-Raum riefen vergangene Woche an vier Tagen zu Kundgebungen am Mannheimer Hauptbahnhof auf, um gegen die türkische Militäroffensive in Nordsyrien zu demonstrieren, die ausschließlich gegen die dort lebende Bevölkerung und kurdische Kampfverbände, die von den Regierungen in den USA und Deutschland unterstützt werden, gerichtet ist. Rund 80 Personen nahmen an der Kundgebung am 24.01. teil. Die Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut (Die Linke) aus Mannheim zählte zu den Rednerinnen. Die Ansprachen wurden zum überwiegenden Teil in deutscher Sprache gehalten.

Deutliche Kritik an die Adressen der türkischen und deutschen Regierungen

Eine Rednerin des Exekutivkomitees der PYD Partei – NAV-DEM Mannheim, kritisierte mit scharfen Worten das Vorgehen türkischer Streitkräfte in Nordsyrien. „Seit Jahren wird die Stadt Efrin zuerst vom syrischen Militär und nun durch die Streitkräfte der Türkei bombardiert“. Ein Großteil der Bevölkerung ist geflohen. Aktuell sollen sich in der Stadt zu den verbliebenen Einwohnern noch rund 500.000 syrische Binnenflüchtlinge aufhalten. Efrin wurde als das kurdische Vietnam bezeichnet. Tagtäglich wächst die Zahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung, wie verschiedene Medien berichten. Die deutsche Bundesregierung wurde dafür kritisiert das „Terrorregime von Erdogan“ mit Leopard-Panzern beliefert zu haben, die im aktuellen Konflikt zum Einsatz kommen.

Appelliert wurde an die internationale Staatengemeinschaft und die UNO nicht länger mehr schweigend zuzuschauen, sondern der Militäragression ein Ende zu bereiten.

Andere Redner mahnten dazu sich daran zu erinnern, welche Verdienste kurdische Kampfverbände der YPJ und YPG bei der Befreiung der Städte Mosul und al-Raqqa und damit im Kampf gegen IS errungen hätten. Unverständnis wurde darüber geäußert, dass die Regierungen in Washington und Berlin dem militärischen Treiben tatenlos zusehen würde, obschon beide Regierungen die kurdischen Kämpfer*Innen in der Vergangenheit militärisch und logistisch unterstützt hätten.

„Afrin – Afrin“-Rufe wurden begleitet von Musik laut.

Grenzenlose Solidarität

 In ihrer Rede versicherte Gökay Akbulut den Kurden in Mannheim, in der Bundesrepublik Deutschland und in Europa die unbegrenzte Solidarität ihrer Partei, Die Linke, im Kampf um Freiheit und Autonomie.

Sie bekräftigte die bereits schon zuvor geäußerte Kritik an der militärischen Intervention der türkischen Regierung.

Akbulut teilte mit, dass es diese Woche auf Antrag der Linksfraktion eine aktuelle Stunde im Deutschen Bundestag zum Thema Türkei geben wird.

 

(Bericht und Bilder von Christian Ratz)

 

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