Fahrradtour „Auf den Spuren des Widerstandes“ im Mannheimer Norden

Im Rahmen der einander.aktionstage 2021 trafen sich Radfahrer*innen am Freyaplatz in der Gartenstadt zur Veranstaltung „Auf den Spuren des Widerstandes“. Sie fuhren gemeinsam mit der VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) und dem OAT (Offenes Antifaschistisches Treffen) ehemalige Wohnorte und Straßen von Widerstandskämpfer*innen im Mannheimer Norden ab.

Jakob-Baumann-Straße

In der Gartenstadt wohnten die Mitglieder der Lechleitergruppe Rudolf Maus, Daniel Seizinger, Jakob Faulhaber und Philipp Brunnemer, in dessen Gartenhäuschen die Zeitungsausgaben des „Vorboten“ gedruckt wurden. „Der Vorbote“ war eine illegale Zeitung, die über die Verbrechen des NS-Regimes und den Kriegsverlauf aufklärte und zum Widerstand aufrief.

Vorbei an der ehemaligen Gendarmeriekaserne auf der Schönau, bei der es 1992 die unrühmlichen Ausschreitungen gegen die Asylunterkunft gab, ging es weiter zu den Straßen der Widerstandskämpfer. Vertreter des OAT schilderten den Lebenslauf von Friedrich Dürr, nach dem das Jugendzentrum in Selbstverwaltung benannt ist, einem jungen Kommunisten der beim Aufstand im KZ Dachau mit dazu beitrug, dass der Abtransport von 30 000 Gefangenen durch die SS verhindert wurde. Kurz vor der Befreiung durch die Amerikaner wurde er am 28. April 1945 erschossen.

Am Paul-Schreck-Platz

Beim Stopp am Paul Schreck Platz erfuhren die Teilnehmer*innen vom Leben des Abgeordneten Paul Schreck, der das KZ Buchenwald überlebt hatte, aber 1948 bei einem Autounfall ums Leben kam. Abschluss der Tour war in der Jakob Baumann Straße, die nach einem sozialdemokratischen Widerstandskämpfer bekannt ist, der 10 Jahre von den Nazis im Zuchthaus in Ludwigsburg gefangen gehalten wurde. Er war der erste Vorsitzende der VVN-BdA Mannheim. (kd/cki)

Weitere Informationen: VVN-BdA Mannheim




Grenzen der Toleranz – rechte Gewalt [mit Bildergalerie]

Anlässlich der einander Aktionstage veranstalteten Mannheim sagt Ja! und Aufstehen gegen Rassismus Rhein-Neckar in Räumlichkeiten des Förderband e.V. am 24.10.17 eine Lesung mit der Fotojournalistin und Buchautorin Andrea Röpke. Rund 50 Besucher*Innen lauschten interessiert den Ausführungen der Autorin, die aus ihrem aktuellen Sachbuch „2017 Jahrbuch rechte Gewalt“ las und in ihrem Vortrag Erkenntnisse ihrer journalistischen Recherchearbeit mit den Gästen teilte. Beispielhaft beleuchtete Andrea Röpke auch die Neo-Nazi-und Reichsbürger-Szene in Baden-Württemberg, dem Rhein-Neckar-Raum und in Mannheim. Im Anschluss folgte zwischen Publikum und Autorin eine ausgiebige Diskussion

Rasant ansteigende Radikalisierung

Andrea Röpke berichtete über eine spürbare Radikalisierung im rechten Spektrum seit 2014. Offizielle Zahlen, wie z.B. 217 Angriffe auf Flüchtlingshilfeorganisationen und -Helfer in 2016, belegen dies. Zudem wird ihren Worten zufolge ein starker Zulauf von Hooligans (Hooligans gegen Salafisten; GSD – Gemeinsam sind wir stark Deutschland etc.) und Rockern (z.B. Hells Angels, Bandidos, Gremium) in das rechtsextremistische Spektrum wahrgenommen. Profiteure und Nutznieser dieser Entwicklung sind Parteien wie die AfD, der III. Weg, die NPD und völkische Organisationen wie die Identitäre Bewegung. Diese Parteien und rechtsfaschistischen Strukturen würden die Kooperation, wie auch mit rechts-nationalen Burschenschaften gerade nur so suchen.

Die bundesweit zersplitterte PEGIDA-Bewegung (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) hat nach den Ausführungen der Autorin zufolge in den letzten Jahren zusätzlich zur Radikalisierung bestimmter Bevölkerungsschichten beigetragen. Kontakte zwischen der PEGIDA-Leitung, unter dem mehrfach vorbestraften Lutz Bachmann in Dresden, und Vertretern z.B. der AfD sind öffentlich bekannt.

Auch außerhalb Deutschlands lassen sich solche Zustände beobachten, wusste Andrea Röpke zu berichten. Sie sprach über Ausschreitungen gegen Minoritäten in Tschechien, wie über die Verbindungen zwischen Neo-Nazi’s in Skandinavien und hier zu Lande, am Beispiel der „Nordfront“ (Nordic Ressistance Movement – Schweden) und dem Dritten Weg in Deutschland.

Soziale Netzwerke und ihre Auswirkungen

Nach Informationen der Autorin liegen radikalisierende Parteien und Organisationen in Internet Plattformen wie bspw. Facebook auf den vorderen Rängen: AfD auf Platz1; gefolgt von der NPD auf dem zweiten Rang. PEGIDA (Dresden) verzeichnet 3 Mio. Likes (Zustimmungen) und binnen 18 Monaten (Betrachtungszeitraum) 570.000 Nutzer-Kommentare auf Facebook. Auf VK.com, dem russischen Pendant zu Facebook, so wurde in der Diskussion mit dem Publikum festgestellt, ist Haus und Tür geöffnet seitens des Netzwerkbetreibers unkontrolliert, unmoderiert Hass und Hetze zu verbreiten.

Konkret vor Ort

Andrea Röpke erwähnte bei ihrem Vortag auch das Mannheimer NPD-Stadtratsmitglied Christian Hehl und dessen Verbindungen in die Rechts-Rock-Musikszene. Beispielhaft für die Reichsbürger-Bewegung im Rhein-Neckar-Raum wurde Burkhard B. (alias Druide Burgos von Buchonia), seit 2016 in Haft wegen illegalem Waffenbesitz und weiteren Vorwürfen.

In der Diskussion zwischen Autorin und dem Publikum wurde auch die Frage nach Feminismus bei den Rechten gestellt und welchen Stellenwert Frauen im aktuellen Umfeld dort einnehmen. Andrea Röpke antwortete sinngemäß, dass bestimmte Positionen durchaus besetzt seien, jedoch aus dem rechts-ideologischen Schemata heraus, die Frau eher zurück gedrängt würde.

Anhand der Tatsache, dass z.B. Ricarda Riefling (NPD – Vorsitzende des Ringes Nationaler Frauen (RNF), Melanie Dittmer (Hauptakteurin der Identitären Aktion (Untergruppierung der Identitären Bewegung) und Ester Seitz (vollumfänglich gescheitert bei „Widerstand Karlsruhe“) mehr oder minder erfolgreich am extrem rechten Rand agieren, gibt es sich zu erkennen, dass Frauen durchaus eine maßgebliche Rolle bei den Rechten spielen können.

Kein Raum für Rechts

Exemplarisch nannte die vielfach für ihre Arbeiten ausgezeichnete Journalistin (u.a. 2015 mit dem Paul-Spiegel-Preis prämiert, 2012 als Journalistin des Jahres im Fachbereich Politik geehrt, und bereits schon 2006 als Reporterin des Jahres ausgelobt und in 2007 für besondere publizistische Leistungen ausgezeichnet) einen interaktiven Platz im Internet, welchen sie mit anderen Mitstreitern entwickelt hat. „Wie erkenne ich einen Neo-Nazi?“ und „Was kann ich dagegen tun?“

Link-Tipp: http://www.kein-raum-fuer-rechts.de/

(Christian Ratz)

 

Bildergalerie

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