Protest gegen Merz-Besuch in Mannheim [mit Video und Bildergalerie]

CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte sich zum Wahlkampfbesuch in Mannheim angekündigt und nach der Kooperation von CDU, FDP und AfD im Bundestag blieben Proteste dagegen nicht aus. Das Offene Antifaschistische Treffen, die Interventionistische Linke und aus den Reihen der Parteien Die Linke, Grüne und SPD wurde mobilisiert. Die Feudenheimer Kulturhalle war mit gut 500 Merz-Anhänger*innen brechend voll, zum Gegenprotest hatten sich ähnlich viele Leute auf dem Parkplatz davor versammelt.

Der Beitrag bei YouTube: https://youtu.be/Pkn-1HsLCyI 

Hunderte vor und in der Kulturhalle Feudenheim

Die Feudenheimer Kulturhalle war bereits lange vor dem Skandal um die CDU-AfD Kooperation im Bundestag ausgebucht. Mit kritischen Stimmen war in der Halle nicht zu rechnen. Doch davor demonstrierten hunderte lautstark gegen den migrationsfeindlichen Kurs der CDU und die vorsichtige Annäherung an die Faschist*innen.

Auf einem Schild war „Merz = von Papen“ zu lesen, in Anlehnung an historische Parallelen, als die Zentrumspartei Adolf Hitler zum Aufstieg verholfen hatte. Auch das Einreißen der „Brandmauer“ durch „Friedrich den Wüterich“ war ein beliebtes Plakatmotiv.

In einem Redebeitrag der Interventionistischen Linken wurde gesagt, nicht die Brandmauer der CDU gefallen, sondern deren Maske. Rassismus sei Programm und auch die Ampel-Parteien seien zu oft in den migrationsfeindlichen Kurs eingestiegen.

Zwei der drei Ampelparteien waren auch bei der Kundgebung gegen Merz vertreten. Die Jugendorganisationen Grüne Jugend und Jusos hatten sich ebenfalls auf dem Parkplatz vor der Kulturhalle versammelt und separierten sich jeweils in eigenen Grüppchen.

Im Zuge der Anreise der CDU Anhängerschaft kam es zu kleineren verbalen Scharmützeln und Buh-Rufen, ansonsten blieben die Veranstaltungen entspannt. Auch die Polizei war zufrieden.

Den Kanzlerkandidaten selbst hat niemand außer der eigenen Fanblase zu Gesicht bekommen. Er fuhr mit seiner Limousine bist direkt vor den Seiteneingang der Kulturhalle, den die Polizei und ein privater Sicherheitsdienst weiträumig abgesperrt hatte.

Verwirrung um Veranstaltungsort

Kurz vor den Veranstaltungen gab Chaos wegen einer angeblichen Verlegung der CDU Wahlkampfveranstaltung in die Maimarkthalle. Eine entsprechende E-Mail der CDU Kreisgeschäftsführerin entpuppte sich allerdings als Fake. Aus welcher Ecke die Falschmeldung kam, blieb aber unklar, da nicht nur Gegendemonstrant*innen, sondern auch CDU-Anhänger*innen verwirrt wurden.

Ebenfalls von Unbekannten angebracht waren Sprühereien auf der Fassade der Kulturhalle. Das Publikum von Friedrich Merz musste an „FCK CDU“ und „Brandmauer gegen rechts“ vorbei laufen. In ganz Feudenheim war außerdem „CDU schämt euch“ plakatiert. Weniger eskalativ, aber mindestens genauso auffällig waren Sprüche mit Straßenkreide auf den Wegen zwischen Kulturhalle, Grundschule und Kindergarten. „CDU schämt euch“, „Merz geh in Rente“ oder „Kinder gegen Merz“ mussten die Merz Fans auf ihrem Weg zum Veranstaltungsort lesen. (cki)

 

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Von Feudenheim nach Schönau: Protest gegen AfD-Veranstaltungen

Die AfD Mannheim lud am 29.1.20 wieder zu ihrem Stammtisch ein, diesmal unter dem Motto „ist die grüne Politik eine Gefahr?“. Ein Bündnis aus verschiedenen antifaschistischen Gruppen wie dem Offenen Antifaschistischen Treffen Mannheim, Antifa Jugend Walldorf, Aufstehen gegen Rassismus, IL, VVN, Omas gegen Rechts, Fridays for Future und mehreren Parteien mobilisierte am Mittwoch Abend gegen 18 Uhr zum eigentlich veröffentlichten Veranstaltungsort, dem bekannten Schützenhaus in Feudenheim.

Dieses hat seit September letzten Jahres einen neuen Pächter, das Restaurant „Antica Sicilia“, doch auch der neue Betreiber zeigt sich offen für rechte Hetze und lässt die AfD weiterhin ihre Veranstaltungen dort durchführen. Am Schützenhaus zeigte sich allerdings wenig Polizei und ein leeres Restaurant. Nach kurzem Abklären war klar warum: Der Stammtisch wurde kurzfristig auf die Schönau ins Siedlerheim „Da Camelo“ verlegt.

Die rund 80 Teilnehmer der Gegenkundgebung beschlossen nach kurzer Entscheidungsfindung mit Bahn und Auto auf die Schönau zu fahren. Noch vor Beginn der AfD Veranstaltung, trafen sich mehr als 50 Antifaschist*innen am Eingang vom Restaurant „Da Camelo“ ein und machten ihren Unmut kund. Mit Redebeiträgen und lauten Parolen wurde eine Spontankundgebung abgehalten. Am eigentlichen Stammtischort befand sich dann auch die zu erwartende Polizei und wartete bereits auf die Teilnehmer*innen des Gegenprotestes.

Wir werten den gestrigen Abend trotzdem als Erfolg, da wir nicht nur der AfD zeigen konnten, dass in Mannheim kein Platz für Rechte Hetze ist, sondern auch noch dem neuen Besitzer des Schützenhauses zeigen konnten, dass wir viele sind und weiterhin nicht zulassen werden, dass die AfD ihre Veranstaltungen ungehindert abhalten kann – egal wo!

(Offenes Antifaschistisches Treffen Mannheim)

 

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Mannheim-Feudenheim: Glanzlos in die Stadtteilmitte – AfD zeigt sich zahnlos und matt

Es ist manchmal schwer über die Veranstaltungen der AfD zu berichten. Nicht weil sie einem dazu Steine in den Weg legen würde oder sich so sehr gegen Berichterstattung sträubt. Es ist eher das Gegenteil. Denn sie, zum Teil, mindestens aber ihr Publikum, braucht uns ja. So lief mir gestern einer Ihrer Jünger in die Kamera um mich dann großspurig und herrisch zu belehren, ich dürfe ihn nicht fotografieren und forderte das Löschen der betreffenden Bilder und die Herausgabe meines Namens. Eine besonnene Polizistin wies den Herrn zurecht: „Der Mann macht seine Arbeit, das darf er und sie gehen jetzt bitte weiter.“ Kein Sketch, wirklich so passiert.

Kulturhalle Feudenheim

Am 8. März präsentierte die Mannheimer AfD sich müde und schwerfällig. So kämpferisch wie auf Twitter oder Facebook wirkte sie jedenfalls nicht. Natürlich ist man als „Lügenpressevertreter“ nicht gern gesehen, die Veranstaltung war übrigens mit einem generellen Film und Fotografierverbot in der Halle belegt, so verkündete es ein handgeschriebener Zettel am Eingang. Das Fotografieren in die andere Richtung und Rauchen vor der Tür, muss für viele der ca. 150 Gäste das mutmaßlich aufregendste an diesem Abend gewesen sein.

Die Besucher die sich da teils auf Rollatoren und wackeligen Beinen hinein schleppten – bitte nicht falsch verstehen, wir haben nichts gegen ältere Generationen und Senioren – aber das gestrige Publikum zeigt: die AfD in Mannheim hat ein Nachwuchsproblem. Es mag aber auch das Ambiente gewesen sein, das – wenn auch nicht so herunter gekommen wie im Feudenheimer Schützenhaus –  dennoch viel Luft nach oben lässt. Was wir sehen ist der Ist-Zustand im realen Leben: wenig Glanz, wenig Größe und irgendwie ganz wenig Ambition sich als attraktive Alternative zu präsentieren.

Weil jemand zuvor „Rechte Hetzer raus“ neben den Eingang der Halle sprühte (Ja. Eine Sachbeschädigung, inhaltlich aber nicht falsch), wurde ordentlich getrommelt, als wenn ein Großangriff der „Antifa“ bevor stünde. Von letzterem sah man weit und breit nichts und der Gegenprotest war so tief bürgerlich gefärbt, da half kein Aufschrei. Auch Feindschaften wollen ja gepflegt werden, nur gestern versank irgendwie alles in Desinteresse.

In Anbetracht einer Mobilisierungszeit von gerade mal 3 Tagen, fiel der Gegenprotest doch ordentlich aus. Auf reine Zahlen darf man das nicht reduzieren, denn es war sehr lebhaft und sympathisch, was in der kurzen Zeit auf die Beine gestellt wurde. 150 Menschen fanden sich vor der Kulturhalle ein um sich gegen den Hass und Rassismus der AfD zu stellen. Vertreten waren Mitglieder der Grünen, Die Linke, des Bezirksbeirats Feudenheim und der VVN-BdA.

Protest gegen die AfD-Veranstaltung

Klaus Dollmann (VVN-BdA) äußerte sich bestürzt über die Tatsache, dass der AfD die städtische Kulturhalle zur Verfügung gestellt wurde. Er fügte hinzu, dass der Mannheimer Morgen in seiner Berichterstattung das größere Problem darin sah, die „Antifa“ könnte halb Feudenheim aufmischen. „Da hat der Mannheimer Morgen Ursache und Wirkung verfehlt. Dir Ursache ist die, dass man die braune Hetze hier nicht brauche.“ , so Dollmann.

Für klare Sicht sorgen

Mitorganisatorin Heike von der Feudenheimer SPD beschwor den „demokratischen Kehraus in Feudenheim“ Dabei ginge es nicht darum Reinheit zu schaffen, sondern Klarsicht zu schaffen. Sie bedankte sich bei allen anwesenden Mitstreitern und erläuterte plastisch wie erheiternd, die wichtigen Punkte des Reinemachens.

– Aufräumen und Entrümpeln, „Zu entrümpeln sind in allen Diskussionsräumen eine rassistisch begründete Asyl- und Migrationspolitik, eine Klimapolitik die den Klimawandel leugnet und sich nur auf alternative Fakten bezieht und alle Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit.“
– Fenster putzen, „Erst bei klarer Sicht sehen wir: eine autoritäre Politikvorstellung, die Minderheiten, Parlamentarismus und Pluralismus als Problem darstellt. Bei klarer Sicht sehen wir, Angstmache und ein Verschwörungsdenken. Wir sehen, dass die ständige Verunglimpfung eines freien und unabhängigen, kritischen Journalismus und die Ankündigung, in die Kultur- und Medienlandschaft stärker eingreifen zu wollen.“
– Staubwischen, „Ist die bürgerliche, mal konservative, mal mittelständige, mal auf kleine Leute gepinselte Oberfläche weg, ist offensichtlich, dass es darunter bis in die Führungsebenen Verbindungen zu Neonazis, ehemaligen und aktiven NPD Funktionären und der extrem rechten Identitären Bewegung gibt. Da wird deutlich, schon in scheinbar harmlosen Positionen steckt oft ein menschenverachtender Kern. Notwendig ist es also, in die tiefer liegenden Schmutzschichten vorzudringen.“
– Geeignete Putzmittel, „Ich empfehle folgende Auswahl geeigneter Putzmittel: Sie heißen Respekt und Empathie, Argumente und Streitkultur, Wissenschaft und Fakten, Demokratie, Frieden, Menschenrechte. Die Wirkung dieser Mittel ist bei richtiger Anwendung nachgewiesen und nachhaltig.“

Sie fügte hinzu: „Demokratische Spielregeln sollten nicht eingeschränkt werden. Demokrat*innen müssen fair bleiben. Das Recht auf freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit gelten. Das heißt aber nicht, dass wir den rechten und rechtsextremen den öffentlichen Raum überlassen. An diesem symbolischen Ort in unserer Stadtteilmitte ist es wichtig klare Kante zu zeigen, Haltung zu haben. Wir wollen eine vielfältige und freie Gesellschaft.“ Sie erinnerte an einen wichtigen Punkt: „Offene und vielfältige Gesellschaften sind verletzlich, Demokratien haben eine Schwachstelle – Wenn Demokratien in der Vergangenheit starben, dann oft durch die Verwendung demokratischer Instrumente. Die Mörder der Demokratie benutzen deren eigene Institutionen um sie schrittweise zu töten, fast unmerklich und ganz legal. Wachsamkeit ist geboten.“

Im Anschluss an die Kundgebung wurde symbolisch der Platz vor dem Eingang der Kulturhalle sauber gefegt und die Versammlung löste sich auf. Der um 20 Uhr noch nicht eingetroffene Hauptredner der AfD, Albrecht Glaser, sollte also ohne große Aufmerksamkeit oder Empörung zu wecken, in Feudenheim eintreffen.

Auf die Provokationen, die von Gästen der AfD ausgingen, das wenig überraschende „einschleichen“ unter die Gegenprotestler*innen, ließ man sich nicht ein. Es fand so keiner zur herbei gesehnten Opferrolle. Fazit des Abends? Gute Redebeiträge, ein paar Provokateure die von der Friedfertigkeit der Feudenheimer enttäuscht wurden, entspannte Polizeikräfte die sich, auf jeden Fall in meinem Fall, nichts vom Pferd erzählen ließen.

(Text: dk | Bilder dk, mgr)




Adolf-Damaschke-Ring: Chance für neugebaute Sozialwohnungen nutzen!

Haussanierungen im Adolf-Damaschke-Ring sind nicht für alle Wohnblöcke geplant. Neubauten könnten mit Fördermitteln für 7,50 Euro/m² Kaltmiete entstehen | Bild: cki

DIE LINKE hatte im Juni den Antrag in den Gemeinderat eingebracht, die GBG solle vorsorglich angehalten werden, auf jeden Fall die drei zum Abriss vorgesehenen Blöcke (Stand der Planungen nach langer Auseinandersetzung) durch öffentlich geförderte Neubauten ersetzen. Seitdem die baden-württembergische Landesregierung nach jahrelanger Bewegungslosigkeit endlich wieder Investitionskostenzuschüsse für Sozialwohnungen gewährt, können Neubauwohnungen für ca. 7,50 Euro/m² Kaltmiete erstellt werden. Damit würden diese Neubauwohnungen preislich etwa dort liegen, wo die sanierten Altbauwohnungen in dem Gebiet angesiedelt sind. Ein Vorteil wäre, Aufzüge einbauen zu können. Außerdem wird damit sozialverträglich der insgesamt überalterte Wohnungsbestand der GBG etwas verjüngt. Zum Zeitpunkt der großen Auseinandersetzung um den Damaschke-Ring gab es diesen Förderweg nicht. Die Neubauten wären dann für 11 Euro angeboten worden. Deswegen war der Widerstand so erheblich und vollkommen berechtigt und notwendig.

In der Hauptausschuss-Sitzung am 17. Juli sagte der OB und GBG-Aufsichtsratsvorsitzende Peter Kurz zu, dies zu prüfen, wenn denn in 2019 die Entscheidung zu fällen sei und wenn die Förderung dann noch besteht.

(Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE)




Feudenheim: Wutbürgertum oder berechtigter Protest?

Das Spinelli Konversionsgelände (Bild: Archiv/cki)

Der Streit um den Betriebshof-Standort auf Spinelli am Rand von Feudenheim steht exemplarisch für das Dilemma des Verhältnisses linker Bewegungen und Partei zur bürgerlichen Widerstandsorganisierung.

Worum es geht: Am Rand von Feudenheim ist ein zentraler Betriebshof des Fachbereichs Grünflächen und Umwelt der Stadt Mannheim geplant. Dagegen regt sich Widerstand im Stadtteil. Im Rest der Stadt hält sich das Verständnis dafür in Grenzen. Die Ursachen dafür liegen vor allem im Kampf gegen die BUGA.

Mit soviel Gegenwind hatte der Leiter des Fachbereichs 67 (Grünflächen und Umwelt), Markus Roeingh, wohl nicht gerechnet, als er am 18. Oktober auf einer öffentlichen Sitzung des Bezirksbeirates Feudenheim die Planungen der Stadtverwaltung zum zentralen Grünflächen-Betriebshof vortrug. Auf der südöstlichen Ecke des Spinelli-Areals an der Talstraße/Ecke Wingertsbuckel sollen die vier über das Stadtgebiet verteilten völlig maroden Betriebshöfe und die im Collini-Center beheimateten Büros an einem zentralen Standort zusammengefasst werden. Weder die Mitglieder des Bezirksbeirates (BBR) noch die interessierten Bürgerinnen und Bürger ließen ein gutes Haar an den Planungen. Die Hauptkritikpunkte: Intransparente Auswahl des Standortes, Verzicht auf Alternativvorschläge, keine Einbeziehung des BBR und keine Bürgerbeteiligung, Zunahme des Verkehrs in einem ohnehin schon belasteten Bereich.

Einige der Anwesenden nutzten die Diskussion zu einer Generalabrechnung mit den Planungen der Stadt. Die Befürchtung auf Seiten der Verwaltungsvertreter/innen, die Diskussion würde ins Dauerthema BUGA abdriften, bewahrheitete sich indess nicht. Doch genau diese Befürchtung dürfte der Grund für die Skepsis in den anderen Teilen der Stadt sein. Selbst im linken Lager wird hinter vorgehaltener Hand deutliches Unverständnis für die Befindlichkeiten der Anwohner/innen und Lokalpolitiker/innen geäußert: „Immer diese Feudenheimer, die proben bei jeder kleinsten Veränderung den Aufstand.“

In der Tat erscheint die Verbissenheit des Feudenheimer Widerstands gegen die BUGA-Pläne schwer nachvollziehbar, zumal sie Vertreter/innen unterschiedlicher Milieus vereint. Das wurde besonders bei der Anzeige gegen OB Kurz wegen des Gutachtens zu den Altlasten auf Spinelli deutlich. Erstatter waren zwei Bezirksbeiräte: Der im Umweltschutz und der Flüchtlingshilfe aktive Ulrich Schäfer, der für die Grünen im BBR sitzt, und CDU-Mann Rudolf Götz. Vereint sind sie im Willen, die BUGA-Pläne mit allen legalen Mitteln zu sabotieren. Die Gründe dafür mögen im Detail unterschiedlich sein, gemeinsam ist ihnen der Unmut, dass mit der BUGA die Feudenheimer Idylle gestört wird. Dazu passte auf der BBR-Sitzung ein weiterer Häuptling der renitenten Indianer aus dem Mannheimer Osten: Hans-Jürgen Hiemenz von der BI „Gestaltet Spinelli“. Hiemenz forderte in einem Rundumschlag den Verzicht auf die BUGA, auf die Neubebauung von 1.600 Wohnungen in Käfertal-Süd und auf die Einrichtung des Grünflächen-Betriebshofes. Das Credo: Alles, was den Stadtteil stört, muss verhindert werden.

Na also, nichts als Feudenheimer Befindlichkeiten, möchte man auf diesen Erguss der Wutbürgerwut entgegnen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn der Betriebshof bringt tatsächlich spürbaren Zusatzverkehr – und das in ein Wohnquartier, das neu erschlossen werden soll. Die alten Kasernengebäude in dieser Ecke von Spinelli sollen voraussichtlich nach Abzug der Bedarfserstaufnahmestelle 2019 in Wohnungen der GBG umgewandelt werden, Verdichtung durch weitere Wohnhäuser nicht ausgeschlossen. Die Mietpreise sollen mehr oder weniger erschwinglich werden. Auf der anderen Straßenseite steht die GBG-Siedlung am Adolf-Damaschke-Ring, auch kein Hort von Besserverdienern. Zu den einen Steinwurf entfernten 24.700 täglich den Aubuckel verstopfenden Autos und LKWs würden 100 Nutzfahrzeuge kommen, die von frühmorgens an unmittelbar angrenzend an die Wohnsiedlungen ein- und ausfahren würden. Dazu kämen die Privat-PKW der rund 200 Mitarbeiter/innen und der Lärm der Werkstätten, Lagerhaltung, Entsorgung etc.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die gänzlich fehlende Bürgerbeteiligung. FB67-Leiter Roeingh räumte auf der BBR-Sitzung ein, dass die Betriebshof-Planungen schon ziemlich weit fortgeschritten seien. Nicht nur der BBR fühlte sich in seiner Ohnmacht gegenüber Verwaltungsprozessen vorgeführt. Von der vielbeschworenen Stärkung der Demokratie spürten auch die anwesenden Bürgerinnen und Bürger wenig.

Auch darauf könnte man antworten: Für andere Stadtteile mit emissionsintensiven Industrieansiedlungen wie Luzenberg, Waldhof oder die Rheinau wären das Luxusprobleme. Da ist was dran. Trotzdem ist das kein wirkliches Gegenargument. Denn das Aufbegehren gegen von „oben“ aufgedrückte Projekte macht am besten Schule, wenn es erstmal punktuell vorexerziert wird. Auch die Wutbürger(un)kultur hat ja ihre Vorbilder zumindest zu einem großen Teil im linken oder von Linken unterstützten Widerstand, z.B. der Anti-AKW-Bewegung.

Das Problem ist eher die Abwägung, wann es sich um egoistische Partikularinteressen handelt, wenn Bürger auf die Barrikaden gehen, und wann das gesellschaftlich fortschrittlichen Protest darstellt. Im Fall des geplanten Betriebshofes kann der Protest Solidarität mit den bestehenden und zukünftigen Anwohnern gegen eine neue Lärmquelle darstellen, sofern er nicht von einzelnen Akteuren dahingehend gelenkt wird, dass es stattdessen Anwohner anderer Stadtteile in vergleichbarem Umfang trifft. Das zeichnet sich aber bisher nicht ab. Im Fall des Dauerthemas BUGA muss die Betrachtung schon aufgrund des weiten Protestspektrums differenziert ausfallen. Die meisten Argumente der Gegner/innen erscheinen unausgegoren, manche gar reaktionär, z.B. das Herumreiten auf den Kosten. Aber es gibt auch einige absolut nachvollziehbare Bedenken. Man darf nicht unterschätzen, wie sehr die Stadt erst auf laute Unmutsäußerungen hin auf die Betroffenen zugegangen ist, etwa die Kleingärtner in der Feudenheimer Au, nachdem die Verwaltung anfänglich über die Köpfe hinweg plante. In der Tat war es schwer nachzuvollziehen, dass Kleingärten einer Gartenschau geopfert werden sollten.

In eine andere Richtung schlägt das Pendel bei der Forderung des BI-Granden Hiemenz, auf den dringend benötigten Wohnungsbau mit 30-Prozent-Quote am Rande des Grünzuges Nordost zu verzichten, weil dieser zusätzlichen Verkehr auf den Aubuckel bringt. Die Argumentation folgt dem Motto: Wasch mich, aber mach mir den Pelz nicht nass! Denn gerade die Kreise um Hiemenz haben sich vehement gegen die Verlegung der Aubuckelstraße und damit die Umleitung der Verkehrsströme weg von Feudenheim gestemmt – auch noch, als die Schrebergartensiedlung „Alte Au“ nur noch ganz am Rande betroffen gewesen wäre. Da ist es, das Beispiel für egoistische Partikularinteressen. Aber niemand sollte den Fehler begehen, daraus eine pauschale Ablehnung der Proteste aus dieser Ecke der Stadt abzuleiten!

Der Autor: Stephan Bordt ist als linker Bezirksbeirat in Feudenheim oft hin- und hergerissen zwischen Solidarität und Kopfschütteln.

 

 

 




Kampf um den Epiphanias-Kindergarten – Kampf um einen Bebauungsplan

Es ist ein Drama um Subsidiarität, um Restrukturierung der schrumpfenden Kirchen und um die Durchsetzung gesellschaftlicher Interessen im Rahmen der Kommune: Es geht um die drohende Schließung des 3-gruppigen Epiphanias-Kindergartens in Mannheim-Feudenheim. Einrichtungsträger ist die evangelische Kirchengemeinde.

Zwei Gruppen sollen in einiger Entfernung in einen dort bestehenden, abzureißenden und neu zu errichtenden Kindergarten der Evangelische Kirche integriert werden. Dies Projekt stößt bei den betroffenen Familien jedoch auf heftigen Widerstand, denn die Wege werden dadurch sehr viel weiter; außerdem reichen zwei Gruppen nicht, um den steigenden Bedarf zu decken. Auch sind die katholische und evangelische Gemeinde noch am Diskutieren, ob und wie sie ihre jeweils geplanten Neubauten zusammenlegen.

Hintergrund ist das Bestreben der evangelischen Kirche, das von ihr mit Kirche, Gemeindesaal, Pfarr- und Küsterhaus bebaute Areal „Epiphanias“ komplett zu räumen, abzureißen und als Premiumwohnlage zum Höchstpreis auf den Immobilienmarkt zu bringen. Dieser Tafelsilber-Verkauf soll zum einen den o.g. Kindergarten-Neubau finanzieren und andererseits die schrumpfende Liquidität der Kirche aufbessern. Die Geschichte handelt somit vom Überlebenskonzept der beiden Großkirchen: Wie können sie unter Beibehaltung ihrer bisherigen Prägung und unter der Bedingung dramatisch abnehmender Mitgliederzahlen und Steuereinnahmen bestehen? Die Antwort heißt für sie: Auflösung bisheriger Standorte und die Fusion bisher selbstständiger Kirchengemeinden, also z.B. Epiphanias in Feudenheim.

Kirche im Konflikt mit der Bürgerschaft

Nun hatte dieses kühne Immobilienkonzept auf dem Standort Epiphanias bereits einen ersten Schlag erlitten, weil sich eine gut bürgerliche Initiative gegen des Abriss der von dem Architekten Mitzlaff (u.a. Mannheimer Kunsthalle 1983, Abriss 2015) geplanten und ab 1963 gebauten Kirche erfolgreich zur Wehr setzte: Nicht zuletzt durch eine zweckgebundene 1,2-Millionen-Spende der Engelhardt-Stiftung entschloss sich der neu gegründete Trägerverein „Kulturkirche Epiphanias e.V.“, die Kirche selbst zu sanieren und zu bespielen. Damit war der Verkauf von Kirche und Kirchplatz schon mal vom Tisch. Bleiben Gemeindehaus mit dem Kindergarten und die beiden Wohnhäuser. Hierfür veranstaltete die Kirche einen Wettbewerb zur Planung eines Wohngebietes. Von den vier Preisträgern hat nur einer einen Kindergarten berücksichtigt. Die Kirche hat inzwischen auch zu Protokoll gegeben, an dieser Stelle ohnehin keinen Kindergarten mehr betreiben zu wollen. Das Subsidiaritätsprinzip sichert den Kirchen zwar zu, z.B. Kitas betreiben zu können, aber sie können sich auch fast beliebig wieder zurückziehen. Der Rückzug aus übernommenen öffentlichen Aufgaben geschieht aktuell beispielsweise auch bei ko-finanzierten Quartiermanagements oder den JobBörsen.

Das kirchliche Konzept auf Epiphanias sieht vor, einen Investor zu finden, der die Planungen umsetzt und für die Erhaltung des Kirchengebäudes aufkommt – nicht eben ein attraktives Angebot für Investoren.

Grundvoraussetzung für diesen Deal der Kirche, den man wirtschaftlich als Hebung von Buchgewinnen und somit als Immobilienspekulation bezeichnen muss, ist die Änderung des bestehenden Baurechts. Das bisherige Baurecht weist das Grundstück als „Gemeinbedarfsfläche“ aus. Die Kirche hatte es in der 60er Jahren entsprechend preisgünstig erhalten. Nun soll es als WA-Fläche („Allgemeines Wohngebiet“) ausgewiesen werden. Entgegen dem vom kirchlichen Verwaltungsdirektor Jooß in diversen Versammlungen und gegenüber den Kindergarteneltern vorlaut behaupteten Umschreibungsakt auf dem kleinen Dienstweg ist natürlich der Gemeinderat bzw. dessen beschließender „Ausschuss für Umwelt und Technik“, (AUT, zugleich Bauausschuss) zuständig.

Zahnloser Verwaltungsvorschlag fällt durch

Folgerichtig hat die Stadtverwaltung dem Bezirksbeirat Feudenheim am 28.6. und dem AUT am 11.7. den Aufstellungsbeschluss für einen neuen Bebauungsplan vorgelegt. Man möchte der Kirche durchaus entgegenkommen und die Voraussetzungen für einen Grundstücksverkauf schaffen. Um auch das Interesse an der Erhaltung eines Kindergartenstandortes irgendwie zu berücksichtigen, hat die Verwaltung in den Anhang mit der erforderlichen Planbegründung den Passus aufgenommen: „Planungsziel ist eine städtebauliche Neuordnung und zeitgemäße Nachverdichtung der Flächen des Plangebiets. Unter Zugrundelegung der o.g. Überlegungen soll auf der gesamten Fläche zukünftig die wohnbauliche Nutzung (allgemeines Wohngebiet) und Gemeinbedarfsfläche für kulturelle Nutzungen festgesetzt werden. Damit können alle derzeit vorgesehene Nutzungen unter Berücksichtigung des vorhandenen Bestandes ermöglicht werden. Aus Sicht der Stadt Mannheim ist bei der Neubebauung ein 2-gruppiger Kindergarten in die Bebauung zu integrieren. Die EKMA wird daher eine Investorenausschreibung für das Grundstück durchführen, bei der als Vorgabe ein 2-gruppiger Kindergarten in die Bebauung integriert werden soll.“

Und wenn nun die Kirche eine andere „Sicht“ hat? Wenn sie z.B. eine Investorenausschreibung ohne Kindergarten durchführt, obwohl sie es anders „soll“? Dann ist das neue Baurecht erteilt, und die Stadt und die Familien haben das Nachsehen.

So zahnlos freilich braucht sich die Stadt nicht zu geben: Das Baugesetzbuch gibt der Kommune durchaus die Möglichkeit, ihr öffentliches Interesse durchzusetzen: Beispielsweise kann sie den an der Änderung des Baurechts interessierten Grundstückseigentümer verpflichten, die Errichtung eines Kindergartens durchzusetzen, und zwar nachhaltig, auch bei Weiterverkauf an einen Investor. Dies wäre dann ein städtebaulicher Vertrag nach § 11 BauGB. Oder sie kann nach § 12 einen „vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ aufstellen mit einem sog. Durchführungsvertrag. Das Vorhaben wäre dann der Kindergarten.

DIE LINKE brachte deshalb nach all den Diskussionen zwischen der unwilligen Kirchleitung und den Eltern bzw. dem Bezirksbeirat einen Änderungsantrag in den AUT ein, der genau die Nutzung dieser Möglichkeiten verlangt, und der außerdem statt des 2-gruppigen einen 3-gruppigen Kindergarten fordert. Nach Unterstützung für den Änderungsantrag durch die Grünen und sehr vorsichtiger Positionierung der SPD und einigem Hin und Her stellte der Baudezernent Quast schließlich fest: „Ich kann auch erstmal ohne Aufstellungsbeschluss leben. Wir müssen eine Einigung suchen.“ Im Bürgerinformationssystem steht nun als „Bemerkung“ unter dem Tagesordnungspunkt: „Die städtebaulichen Fragestellungen werden vorerst zurückgestellt; vorrangig sind Bedarfe an das Grundstück hinsichtlich Kindergartenplätzen zu klären. Verwaltung erarbeitet Lösung, die den zuständigen Ausschüssen vorgelegt wird.“

Die Kirchenverwaltung wird sich jetzt damit auseinanderzusetzen haben, dass es nicht einfach nach ihrem Willen geht. Wer den Kindergarten dann betreibt, steht auf einem anderen Blatt. Von Seiten der (immer etwas kirchenkritischen) FDP kam noch der Hinweis: Es sei unklug, wenn nach wertsteigernder Umwidmung des Plangebietes einem Kindergartenträger oder am Ende womöglich der Stadt selbst hohe Kosten entstünden. Dann solle doch lieber die Stadt vor Umwidmung ein geeignetes Grundstück im Plangebiet kostengünstig erwerben. Wo die FDP Recht hat, hat sie Recht! Nun darf man erstmal gespannt sein. Die Befassung im AUT war bisher jedenfalls für die Familien ein Erfolg!

Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE