AfD gesichert rechtsradikal. Auch im Mannheimer Gemeinderat?

Es wurde ja höchste Zeit, dass der Bundesverfassungsschutz seine Einschätzung der AfD aktualisiert hat, auch wenn diese Einschätzung schon wieder bis auf weiteres auf Eis gelegt ist.

Gilt das „gesichert rechtsradikal“ auch für die AfD im Mannheimer Gemeinderat? Die mehrheitsbildende Zusammenarbeit der konservativen und rechten Fraktionen mit der Fraktion dieser rechtsradikalen Partei geht flott voran, zuletzt bei dem Coup gegen einen Migrationsbeirat, dessen Vorstand den Rechten schon lange auf die Nerven ging (Kommunalinfo berichtete darüber).

Sind die Anträge und Äußerungen der AfD-Fraktion nun erkennbar rechtsradikal oder vielleicht doch nur rechts, für den rechten, aber immer noch demokratisch zu nennenden Block im Gemeinderat anschlussfähig? Vorausgesetzt, das kann überhaupt noch ein Kriterium sein nach dem Wettbewerb im Bundestagswahlkampf, wer die AfD besser „bekämpfen“ kann: durch Übernahme wesentlicher Programmpunkte dieser Partei, oder – wie Dobrindt das jetzt nennt – durch AfD-Positionen übernehmendes „Wegregieren“?

Was treibt die AfD im Gemeinderat?

Das objektivste Bild ergibt die Durchsicht der Anträge, die die AfD seit Beginn der laufenden Amtsperiode (Juli 2024) des Gemeinderats gestellt hat: 41 Anträge, darunter 30 Haushaltsanträge.

Ein untypischer Antrag aus dem praktischen Leben:

Da wäre z.B. der Antrag A158/2025 zur Sitzung des Gemeinderats am 8. Mai 2025: „Z-Übergänge am Kurpfalzkreisel und am Alten Messplatz entfernen“. Diese Übergänge seien im Gegensatz zu ihrer Intention ein Unfall-Risiko. Es komme zu Gedränge zwischen Fußgängern und Radfahrern. Dass breite parallele und barrierefreie Straßenbahnübergänge möglich und sicher seien, zeige z.B. die Halte Tattersall.

Was ist von diesem Antrag zu halten? Schlicht und einfach: Er ist gut und sachlich begründet und aus praktischen Erfahrungen entwickelt. (Wahrscheinlich hat sich AfD-Stadtrat Ernst, der häufig mit dem Rad vom Herzogenried in die City fährt, ganz praktische Gedanken gemacht.)

Das Thema war 2016 auch schon mal Gegenstand einer Anfrage der LINKEN: Unfallstatistik an Z-Übergängen, und Überprüfung der Lichtsignalschaltungen (A153/2016). Der Antrag wurde allerdings bis heute nicht beantwortet.

Dieser AfD-Antrag ist fast schon eine Ausnahme: Er kümmert sich unideologisch um eine Verbesserung des Fuß- und Radverkehrs (Achtung: „Grünes Thema“!). Das praktische Leben war hier stärker.

Was ist dann eher typisch?

A159/2025: Beseitigung von Unkraut an Bordsteinkanten und Gehwegen: Die AfD sorgt sich: „Hier besteht dringend Handlungsbedarf, da das Stadtbild dadurch einen verwahrlosten Eindruck macht, sich im Bewuchs der Müll sammelt und die Wege beschädigt werden.“

Und damit auch klar ist, worum es insbesondere geht: „Von Interesse ist, ob sich die Stadtverwaltung der Problematik bewusst ist und welche Lösungen sie für das Unkraut-Problem hat.“ Will sagen: Ob die Stadtverwaltung nicht grün verblendet ist und ob sie nicht doch auch endlich Glyphosat einsetzt. In der ausführlichen Antwort der Verwaltung werden die unterschiedlichen maschinellen und manuellen Methoden der „Wildkraut-Beseitigung“ dargestellt. Und Tatsächlich das Geständnis: „Die Arbeiten werden ohne Pestizideinsatz ausgeführt.“

Alles was der AfD „Grün“ erscheint, wird auf die Hörner genommen:

  • A739/2024: „Kürzung der Mittel für das 1000-Bäume-Programm“ um jährlich 2 Mio. EUR. Begründung: „Das Programm für mehr Bäume im Stadtgebiet ist richtig und wichtig. Das Programm kann aber auch mit 2 Mio. Euro pro Jahr problemlos – mit verringerter Geschwindigkeit – weitergeführt werden. Die eingesparten Haushaltsmittel können dann für mehr Sauberkeit und für eine verbesserte Grünflächenpflege verwendet werden.“ Dass Bäume auch etwas z.B. mit dringendem Wärmeschutz und Klimafolgen-Anpassung zu hat: Fehlanzeige!

 

Sicher! Sauber! Überwacht!

Großzügig zeigt sich die AfD dagegen hinsichtlich grüner Sauberkeit: Sie fordert in den Haushaltsberatungen „Mittelerhöhung für die Grünflächen“ und für „mehr Sauberkeit im Straßenraum“. Ferner „Einführung der mobilen Videoüberwachung gegen illegale Müllablagerungen“. Und damit der Kommunale Ordnungsdienst besser seine Ordnungsaufgaben erledigen kann, wird „Schutzausrüstung“ gefordert. Im letzten Jahr war da auch von stichfestem Nackenschutz die Rede. Ist der Kommunale Ordnungsdienst Teil der Polizei?

 

Rotes Tuch Klimawandel

Weitere Anträge in dieser Richtung:

  • „Aufwertung Neckarvorland streichen“ – „überflüssig“.
  • „Local Green Deal-Manager streichen“ – „ohne erkennbaren Nutzen und daher überflüssig.“
  • Nachweisforderung: „Einsparung von CO2-Emissionen durch Maßnahmen des Klimafonds“
  • „Klimafonds streichen“ – „Der Einfluss der Stadt Mannheim auf das Weltklima ist vollkommen irrelevant.“ Es gibt hauptsächlich Mitnahmeeffekte.
  • „Förderung von Lastenfahrrädern streichen“ – „Mitnahmeeffekte“. Es ist nicht die Aufgabe der Stadt, den Kauf von Fahrrädern zu subventionieren.“
  • „Zuschuss für VRNextbike streichen.“ – „Dient nicht der Daseinsvorsorge“ wie der ÖPNV
  • „Gasnetz in Mannheim erhalten“, auch über 2035 hinaus. – Die Leute verlieren das Vertrauen; MVV hatte vor Jahren Anderes versprochen.

Rotes Tuch Solidarische Stadtgesellschaft

Ein ganzer Block von Haushaltsforderungen befasst sich mit zivilgesellschaftlichen Einrichtungen und Initiativen: „Zuschuss streichen“.

  • Psychologiesche Lesben und Schwulenberatung – Geflüchtete
  • Antidiskriminierungsbüro Mannheim e.V.
  • Queeres Zentrum Mannheim
  • Flüchtlingsfonds
  • Aktionsfonds
  • Caritasverband – Rückkehrforderung
  • Förderung der Integration von EU-Zugewanderten in prekären Lagen
  • Rücknahme der Personalaufstockung im Sachgebiet Einbürgerungen
  • Mannheimer Institut für Integration und interreligiösen Dialog
  • Eine Welt Forum
  • Mannheimer Bündnis
  • Und nicht zu vergessen der Vorstoß gegen die korrekt berufenen Vorsitzenden des Migrationsbeirats – ganz ohne Antrag, sondern durch „Ansprache“ des Oberbürgermeisters.

Diese Auflistung gibt ein deutliches Profil der Gesellschaft, wie sie die AfD anstrebt: Toitsch, „Normal“, ohne Empathie (außer für Veteranen?), Missachtung Universeller Menschenrechte, Nationalismus statt Internationalismus. Hinter einer solchen steht Liste ein völkisches Programm.

 

Rotes Tuch „Links“

Und dann noch der Rundumschlag gegen alles Linke oder „links Unterwanderte“: „Zuschüsse streichen“.

  • Die Falken e.V. – Gedenkstättenpädagogik
  • Ring Politischer Jugend
  • Mannheim gegen Rechts
  • Jugendzentrum in Selbstverwaltung e.V. (JUZ)

Wer da meint, diese Auflistung sei ja nicht sehr groß – es wären auch weitere Institutionen denkbar gewesen, der möge die AfD-Anfrage A097/2025 „Politische Neutralität von kommunal geförderten Organisationen in Mannheim“ studieren, die wir im Anschluss wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung dokumentieren. Die in Wahlkämpfen geforderte „parteipolitische Neutralität“ setzt die AfD schon mal gleich mit „politische Neutralität“. Eine Kommune dürfte sich dementsprechend politisch gar nicht orientieren und äußern (außer völkisch?) Man geht nicht fehl in der Annahme, dass die Objekte dieser Anfrage programmatischen Charakter tragen im  Sinne einer Aus- oder Gleichschaltung gegenwärtiger zivilgesellschaftlicher Institutionen, wenn die Macht jemals bei der AfD läge. Vieles davon könnte die AfD bereits auf Landesebene bewerkstelligen.

Als Fortsetzung dieser Programmatik liest sich dann die AfD-Anfrage A098/2025: Linksextreme Verflechtungen und Förderung des „Jugendzentrum in Selbstverwaltung Friedrich Dürr e.V.“ (JUZ)     Die AfD interessiert sich hier neben den „linksextremen Verflechtungen“, z.B. der „Antifa Süd“ vor allem für die rechtlichen, wirtschaftlichen, steuerlichen, haftungsrechtlichen und baulichen Bedingungen des JUZ. Auch nach der Art der Heizung wird gefragt – könnte ja Braunkohle oder Atomstrom sein. Und war das JUZ in den letzten 5 Jahren polizeiauffällig?

 

Fazit:

Wer Höcke, Weidel und Chrupalla kennt, erkennt auch die Mannheimer AfD – auch wenn sie sich um Unkraut kümmert, auf Samtpfoten herumzuschleichen versucht und sich gesellschaftlich eng an die Rechten und Konservativen anzubiedern versucht. Diese lohnen es ihr, indem sie bei als wichtig erachteten Entscheidungen die AfD-Fraktion zur Mehrheitsbildung heranziehen („kommunale Kooperation“ à la Merz).

Thomas Trüper

Abstimmungsergebnis zu den Anträgen: Stärkere Förderung von Mannheim gegen Rechts

Zu den Haushalts-Anträgen von LKT, Migrationsbeirat, SPD, und Grünen, die Förderung von Mannheim gegen Rechts nicht zu kürzen, sondern dauerhaft auf 20.000 EUR festzulegen, gab es eine rechte Abwehrfront inkl. OB. Der AfD-Antrag, die Zuschüsse ganz zu streichen, wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt, wahrscheinlich auch aus der FDP-Fraktion heraus.  (Grafik: Stadt Mannheim). Eine Ergebnisgrafik liegt zu dieser zweiten Abstimmung nicht vor.

 


Dokumentiert:

AfD-Anfrage zur Sitzung des Gemeinderates am 18. März 2025

Politische Neutralität von kommunal geförderten Organisationen in Mannheim

Die Verwaltung wird gebeten, folgende Fragen möglichst zeitnah zu beantworten:

1.) Welche Mittel erhielt das „Mannheimer Bündnis für ein Zusammenleben in Vielfalt“ in der 1. und 2. Förderperiode vom Bundesprogramm „Demokratie leben“ jeweils pro Förderperiode und je Förderperiode pro Jahr?

2.) Bewirbt sich die Stadt Mannheim für eine dritte Förderperiode?

3.) Erhielt das „Mannheimer Bündnis“ außer von „Demokratie leben“ seit 2016 noch finanzielle Mittel von anderen Bundes- oder Landesprogrammen, wenn ja, in welchem Jahr wie viele von welchen Programmen?

4.) Erhielt das „Mannheimer Bündnis“ unabhängig von Mitteln des Bundesprogramms seit 2015 Mittel aus dem Haushalt der Stadt Mannheim, wenn ja, wie hoch waren diese Mittel pro Jahr und für welche konkreten Organisationen und welche konkreten Zwecke wurden diese Mittel gewährt?

5.) Haben folgende Vereine und Organisationen seit 2015 finanzielle Mittel der Stadt Mannheim, oder von Städtischen Gesellschaften, oder von Gesellschaften mit städtischer Beteiligung, oder von Vereinen und Organisationen mit städtischer Teil – oder Vollfinanzierung (z.B. Stadtjugendring u.a.) erhalten:

  • Correctiv gGmbH
  • Omas gegen Rechts Mannheim e.V.
  • Campact e.V.
  • Attac Trägerverein e.V.
  • Amadeo Antonio Stiftung
  • Peta Deutschland e.V
  • Animal Rights Watch e.V.
  • Foodwatch e.V.
  • Dezernat Zukunft e.V.
  • Deutsche Umwelthilfe e.V.
  • Agora Agrar GmbH
  • Agora Energiewende gGmbH
  • Seite 2 von 3 Mannheim. Heimat verpflichtet.
  • Greenpeace e.V.
  • BUND e.V.
  • Netzwerk Recherche e. V
  • Verein Neue deutsche Medienmacher*innen e. V
  • Delta1 gGmbH

und wenn ja, in welcher Höhe?

6.) Welche Mittel erhielt der Stadtjugendring e.V. in den letzten fünf Jahren von der Stadt

Mannheim?

7.) Waren die Mittel der Stadt an den Stadtjugendring mit dem Hinweis verbunden, dass öffentliche Mittel nicht für parteipolitische Zwecke verwendet werden dürfen?

8.) Verwendet der Stadtjugendring öffentliche Mittel für parteipolitische Zwecke oder war er an politischen Kampagnen beteiligt?

9.) Leitet der Stadtjugendring öffentliche Mittel an das „Jugendzentrum Friedrich Dürr“ weiter, welches Veranstaltungsort und Treffpunkt der gewaltaffinen linksextremen Organisation „Offenes Antifaschistisches Treffen Mannheim“ (OAT MA) ist?

10.) Gibt es Belege dafür, dass der Stadtjugendring einseitige Narrative in politischen Debatten fördert, und wenn ja, welche?

11.) Waren die Mittel der Stadt an den „Kommunalen Aktionsfonds“ mit dem Hinweis verbunden, dass öffentliche Mittel nicht für parteipolitische Zwecke verwendet werden dürfen?

12.) Verwendet der „Kommunale Aktionsfonds“ öffentliche Mittel für parteipolitische Zwecke oder war er an politischen Kampagnen beteiligt?

13.) Gibt es Belege dafür, dass der mit dem „Kommunalen Aktionsfonds“ einseitige Narrative in politischen Debatten gefördert werden, und wenn ja, welche?

 

Begründung:

Die Kleine Anfrage 20/15035 der Bundestagsfraktion der CDU an die Bundesregierung mit dem Titel „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ hat in den letzten Wochen zu wütenden Reaktionen der grünen und linken Parteien sowie des gesamten links-alternativ-grünen Vorfelds geführt, welches größtenteils auch für die bundesweiten, teils gewalttätigen Proteste gegen CDU-Einrichtungen verantwortlich war.

Die Protestierer bestanden größtenteils aus gemeinnützigen Vereinen oder staatlich finanzierten sogenannten „Nichtregierungsorganisationen“ und deren Anhängern.

In besagter Anfrage wirft die CDU die Frage nach der politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen auf, die über ihre Netzwerke ganz offenbar „auf Knopfdruck“ hunderttausende Demonstranten mobilisieren können. Zwar steht im Focus der Kleinen Anfrage die Gemeinnützigkeit solcher Organisationen, also keine Frage, die in die Zuständigkeit der Stadt Mannheim fiele. Des weiteren steht die Bundesfinanzierung solcher NGOs im Mittelpunkt, also auch kein Aspekt der Zuständigkeit Mannheims, sowie das grundsätzliche Problem parteipolitischer Betätigung staatlich geförderter, steuerlich bevorzugter Organisationen. Allerdings haben die Aktivitäten staatlich geförderter, politisierter NGOs mittlerweile das Staatswesen derart flächendeckend infiltriert „Schattenstrukturen“), dass es fast keine Gebietskörperschaft mehr gibt, in welche die Arme dieser „Krake“ nicht hineinragen. So auch Mannheim.

Beispielsweise wurde Mannheim – genauer: das „Mannheimer Bündnis für ein Zusammenleben in Vielfalt“ – sowohl in der 2. als auch in der 1. Förderperiode des Programms „Demokratie leben“ zur „Extremismusprävention und Demokratieförderung“ mit einer unbekannten Fördersumme bedacht (siehe https://www.mannheim.de/de/service-bieten/integration- migration/mannheimer-buendnis-fuer-ein-zusammenleben-in-vielfalt/demokratie-leben- bmfsfj). Diese muss allerdings erheblich sein, denn es wurde ein Begleitausschuss mit 18 Mitgliedern gegründet, und im Rathaus sind zwei Arbeitskräfte dafür zuständig. Nur für 2025 erhält die Stadt Mannheim erneut 76.000 Euro aus dem Förderprogramm, womit acht Projekte von der Stadt gefördert werden (siehe https://www.mannheim.de/de/nachrichten/demokratie-und-vielfalt-projektfoerderung-2025), die ihrerseits von Vereinen, Organisationen und Zusammenschlüssen vorwiegend aus dem linken Spektrum durchgeführt werden. Es geht fast immer um Diskriminierung und Antidiskriminierung, Willkommenskultur, „strukturellen“ Rassismus (in Ermangelung eines feststellbaren Rassismus) und das Asylsystem.

Einzelne Mitglieder des seit 2016 bestehende „Begleitausschusses“ , der ganz offenbar auch über die Verteilung des aktuellen Zuschusses bestimmt, geben vor, Extremismusprävention und Demokratieförderung zu betreiben, arbeiten aber völlig schambefreit selbst mit Extremisten und Demokratiefeinden zusammen, so etwa „Mannheim gegen Rechts“(siehe https://mannheim-gegen-rechts.de/unterstuetzerinnen , abgerufen 2.3.25; Unterstützer u.a.: attac, DFG-VK, FFF, DKP, IL ).

Vor diesen Hintergründen scheint es geboten, die Rolle der Stadt Mannheim vor allem als Geldgeber innerhalb dieser linken und linksextremen Vernetzungen zu beleuchten.

 




Doppelhaushalt der Stadt Mannheim 2019/2020 verabschiedet – Schwierige Verhandlungen im Zeichen wechselnder Mehrheiten

Welchen Beitrag leistet der Haushalt für eine sozialere Stadt?
100 Mio. EUR werden in Schulen investiert, 21 Kinderkrippen- und 27,5 Kindergartengruppen werden neu eingerichtet. Für die Kindergartenjahre 1 und 2 werden gegen den Widerstand des Oberbürgermeisters die Gebühren um den Anteil der sog. „Regel-„Versorgung reduziert als Beitrag auf dem Weg zur vollkommenen Freistellung von Kindergartengebühren. Die Schulsozialarbeit wird jährlich um 3,5 Stellen erweitert – 50% mehr als geplant. Im Rahmen des Bäderkonzepts wird ein neues Kombi-Bad für Schulen und öffentliches Schwimmen neben das Herzogenried-Freibad gebaut.

Das Mannheimer Sozialticket (10 Fahrten pro Person und Monat für 1 Euro) wird auf 530.000 Euro um 100.000 Euro aufgestockt. Damit soll das Budget auch nach den Fahrpreiserhöhungen des VRN jeweils für ein ganzes Jahr reichen. DIE LNKE konnte sich mit ihrem Antrag, endlich ein Monats-Sozialticket einzuführen (ca. 3 Mio. Euro) nicht durchsetzen. Vor allem aber wurde der Antrag von FDP und CDU, das Sozialticket überhaupt abzuschaffen, abgewehrt.

Beiträge aus dem Stadthaushalt für mehr preisgünstige Wohnungen, als sie auf Benjamin-Franklin-Village von der GBG und wenigen anderen Investoren geplant sind? Fehlanzeige. Auch hier scheiterte DIE LINKE mit einem bescheidenen Antrag zur Errichtung eines revolvierenden Starthilfe-Fonds für gemeinschaftliche Wohnprojekte in Gründung ebenso wie mit einem Antrag zur Errichtung eines Grundstücksfonds für Non-Profit-Bauträger.

Völlig unnötig werden im Jahr 2018 800.000 Euro verballert, damit die „intelligente“ Videoüberwachung Am Plank-Kopf, in der Breiten Straße und am Alten Messplatz für die Polizei installiert werden kann.

DIE LINKE hat dem Haushalt dennoch zugestimmt, im Gegensatz zur Mannheimer Liste / Freie Wähler, zur Bürgerfraktion (gegenwärtiger Name der einstigen AfD), zur FDP, NPD und Familienpartei. Diese Parteien – soweit sie sich überhaupt zu finanzpolitischen Themen äußern, sind glühende Anhänger des Neuverschuldungsverbotes (was sie mit der CDU eint) und lamentieren gleichzeitig über Schattenhaushalte in städtischen Beteiligungen (z.B. Klinikum, MWSP Konversionsgesellschaft, GBG, BBS Schulen-Bau- und Betriebsgesellschaft etc). Was wollen sie also letzten Endes? Sie wollen entweder die kommunalen Aufgaben nicht mehr erfüllen, die über die kommunalen Gesellschaften abgewickelt werden, oder aber diese Gesellschaften verkaufen. Hier besteht ein Fundamentalgegensatz zur Linken. Die Zustimmung zu oder Ablehnung von Haushalten ist mehr als die Bewertung einzelner Elemente oder (nicht) erfüllter Forderungen.

Was bisher noch einigermaßen übersichtlich erscheint ist das Ergebnis einer unübersichtlichen „Koalitionen“-Landschaft: Der ursprüngliche Antrag zur Senkung der Kindergartengebühren kam von der CDU – LINKE und SPD griffen diese Volte auf. Die Grünen wollten genau die über das Regelangebot hinausgehenden Gebühren, und nicht die Regelangebots-Gebühren erlassen. (Eigentlich sind Kita-Gebührenbefreiungen Ländersache. Die grün-schwarze Landesregierung macht jedoch ebenso wenig Anstalten, sich in diese Richtung zu bewegen, wie die grün-rote Vorgängerregierung.) Das JUZ – von der in dieser Frage nicht geschlossen agierenden CDU bedroht, wird von SPD, Grünen, LINKEN, FDP, ML und CDU-Abweichlern gerettet. Die Videoüberwachung wird von CDU und SPD unterstützt, von Grünen, Linken und FDP erfolglos bekämpft. Soziale Forderungen wie der Grundstücksfonds oder der revolvierende Starter-Fonds für gemeinschaftliche Wohngruppen können von LINKEN, SPD und Grünen gemeinsam nicht durchgesetzt werden. Das klappt bei anderen Themen nur, wenn da und dort die ML hilft oder auch mal der Vertreter der Familienpartei, vorausgesetzt, von der CDU sind gerade Stadträt*innen nicht im Raum. Und vor der Zustimmung durch die NPD ist keine einzige Partei im Gemeinderat sicher (in keinem Fall bisher jedoch entscheidend).

Man könnte das Ganze als „Regieren mit einer Minderheitsregierung“ nennen. Die ehemals einigermaßen wohlsortieren Lager im Mannheimer Gemeinderat sind faktisch einem Durcheinander gewichen. Die hauchdünne Mehrheit der Parteien „links von rechts“ ist durch einen Fraktionswechsel nicht einfach umgekippt, sondern man stimmt „volatil“ ab. Populistische und verzweifelt nach Profilierung in diesem Durcheinander suchende Initiativen einzelner Parteien sorgen für Überraschungen. – Dieser Doppelhaushalt war der letzte des amtierenden Gemeinderats. Der nächste Haushalt wird von dem 2019 zu wählenden Gemeinderat zu verabschieden sein. Man darf gespannt sein!

Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE




Kommentar zur Haushaltsrede der CDU: „Mehr für Kinder und Familien“ – aber bloß keinen Familiennachzug!

Plakat der CDU (Bild: privat)

Die CDU überrascht in ihrer Haushaltsrede das Publikum mit der Forderung: „Wir wollen die flächendeckende und kostenlose Versorgung mit Kindertages­stätten in ganz Mannheim.“ Und zwar sofort. Prima! Das hatte DIE LINKE schon 2009 in ihrem Kommunalwahlprogramm drinstehen, bisher vergebens. 2015 hat die CDU noch an der Erhöhung der Kita-Gebühren mitgewirkt – es ging um das Haushaltsstrukturprogramm II. Die jetzige Forderung dürfte sich schätzungsweise auf 5 Mio. Euro jährlich belaufen. Die CDU, die jede Steuererhöhung aber auch jede Neuverschuldung ablehnt, deutet an, dass sie einen Teil der Steuermehreinnahmen wegen guter Konjunktur für ihre neue Forderung verwenden möchte. Und weil‘s so schön ist, fordert sie auch noch 700.000 Euro zusätzlich für Sport- und Musik-Vereinsmitgliedschaf ten als Teil des Familienpasses. Auch gut!

Der Familienpass beglückt alle Familien von der des Hauptabteilungsleiters im Konzern XY (wenn die überhaupt in Mannheim wohnt) bis hin zur alleinerziehenden Mutter mit drei Kindern. Das nennt die CDU Gerechtigkeit. Dass 20% aller Kinder in Armutshaushalten leben, dass dies für 40% der Kinder von Alleinerziehenden gilt – das ist der CDU keiner besonderen Berücksichtigung wert. Die CDU zeichnet das Bild der glücklichen deutschstämmigen Mittelschichtsfamilie, der sie viel Gutes tun möchte. Da fehlen nur noch ein paar hundert Einfamilienhäuschen oder Doppelhaushälften zum Familienglück. Es ist die Partei, die sich mit Händen und Füßen gegen Familiennachzug wehrt, und die sich bei den letzten Haushaltsberatungen nicht zu schade war, die Abschaffung des schütteren Mannheimer Sozialtickets zu fordern. Eine deutliche Verstärkung der Sozialarbeit? Fehlanzeige!

Angesichts einer immer mehr auseinanderfallenden Gesellschaft hat und möchte die CDU kein Konzept, wie die Armut am unteren Rand der Gesellschaft und die Schwierigkeiten bis hinein in die mittleren Schichten effektiv gelöst werden können. Da hilft es auch nicht, mal mildtätig in der Vesperkirche vorbeizuschauen. Übrigens sind auch die in Mannheim aufgrund unterschiedlicher Migrationsgründe neu angekommenen Familien Mannheimer Familien.
Geflüchtete tauchen bei der CDU nur unter den Stichworten „Kriminalitätsentwicklung“ und „künftige Finanzrisiken“ auf. Ein „prima“ Konzept für eine integrierte Gesellschaft!

(Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE)