Hauptausschuss des Gemeinderats: Maßnahmenpaket zur Haushaltskonsolidierung und Mietpreisbremse – zwei Themen, die tief in das Leben der Menschen eingreifen

Die Hauptausschusssitzung am 2. Dezember hatte es in sich. Sie befasste sich mit dem Maßnahmenpaket, welches die Haushalts-„Verbesserungen“ garantieren soll, die zu einem ausgeglichenen Haushalt und der Herstellung der gesetzlichen Mindestliquidität bis 2028 führen soll – ein Haushalt der Grausamkeiten. Einige von den geplanten Kürzungen Betroffene, so z.B. die DLRG, die erfolgreich die Beibehaltung der verbilligten Bäder-Nutzung für ihre gemeinnützige Arbeit forderte, hatten sich vor dem Sitzungssaal versammelt.
Die Haushaltsthematik stand oben auf der Tagesordnung. Unten auf dem letzten öffentlichen Punkt stand das Aufregerthema, dass Mannheim durch die neue Landesverordnung zur Mietpreisbremse aus der „Gebietskulisse“ herausfallen soll, aufgrund eines statistischen Gutachtens, in welchen Kommunen von einem „angespannten Mietwohnungsmarkt“ gesprochen werden könne und in welchen nicht (wir berichteten). Auch zu diesem Thema empfingen Demonstrant*innen die Ausschussmitglieder vor dem Gemeinderatssaal mit der Forderung nach Aufrechterhaltung der Mietpreisbremse.

Maßnahmenkatalog zum Nachtragshaushalt 2025/26: Hauptausschuss empfiehlt dem Gemeinderat mehrheitlich die Zustimmung

„Wir retten Leben, keine Stadtkasse!“ Protest der DLRG gegen Gebührenerhöhungen für die Nutzung der Bäder. Die DLRG-Jugend ist auch Mitglied im Stadtjugendring. Dessen Protest weiter unten.

Eigentlich hätten die Mitglieder des Hauptausschusses die Absetzung des 55-seitigen Vorlage V648/2025 von der Tagesordnung fordern können. Sie wurde erst am Vorabend in das Gemeinderatsinformationssystem hochgeladen und für die Öffentlichkeit erst am Sitzungstag selbst im Bürgerinformationssystem. Ein Skandal, wenn man bedenkt, was hier alles zu verhandeln war. Wer sollte das alles gelesen und sich mit seiner Fraktion abgestimmt haben. Der Tagesordnungspunkt wurde am 27.11. nachgetragen mit dem Vermerk: „Vorlage folgt“. Die folgte jedoch nicht mindestens vier Tage vor der Sitzung (so verlangt es in diesem Fall die Geschäftsordnung des Gemeinderats), sondern eben viel zu spät.
Ein Protest der Ausschussmitglieder blieb jedoch aus – die Beratungen nahmen ihren üblichen Verlauf in einer eigentümlichen Stimmungslage: Die Vertreter*innen der Fraktionen, die der Vorlage dann nach wenigen Fragen zustimmen, versäumen nicht, sich beim Oberbürgermeister und der Verwaltung herzlich zu bedanken für die kooperative Arbeitsatmosphäre und die „meist“ gute Informationslage für die Gemeinderäte. Sie berichten von sehr anstrengenden, oft bis in die Nacht reichenden Sitzungen des nicht öffentlichen Haushaltsausschusses und darüber hinaus von interfraktionellen Besprechungen und Klärungsgesprächen mit Fachleuten der Verwaltung. Die abzustimmende Vorlage war inhaltlich den Ausschussmitgliedern also – wenn auch nicht im Detail – bekannt, und sie enthielt viele Punkte, die in vorausgehenden Vorlagen bereits angeschnitten waren. Für die Öffentlichkeit jedoch ist die Vorlage ein weiterer Stoß in der Schocktherapie, mit der der Oberbürgermeister das Thema Nachtragshaushalt und Konsolidierungsprogramm versucht über die Bühne zu bringen unter dem Motto: Nur ja keine ausufernden öffentlichen Diskussionen, die dann auch in den Gemeinderat schwappen.
Tatsächlich gab es gegenüber dem Entwurf nach dem Beratungsmarathon nur vier verbessernde Korrekturen: Die nur schrittweise und nicht auf einen Schlag erfolgende Abschaffung der Zuschüsse zu den Kita-Gebühren (die sollten ein Schritt hin zur Gebührenfreiheit für Kitas sein), die Weiterführung des personellen Aufbaus der Schulsozialarbeit statt Stillstand, die Weiterexistenz der Stadtbibliothek Friedrichsfeld und die nun doch erfolgende Sanierung des Jugendtreffs in Feudenheim.
Dies bei einem bisherigen Einsparvolumen von 271 Mio. EUR bis 2028. Erneut stand der große weiße Elefant im Raum: Abwendung der Übernahme der Haushaltshoheit durch das Regierungspräsidium, wenn dessen Forderungen nach einem ausgeglichenen Haushalt nicht erfüllt wird. Die erste Station dieser Kontrollübernahme wäre gewesen, den erforderlichen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr 2025 nicht bis 31.12.25 beschlossen zu haben. Hinter dem ganzen gehetzten Fahrplan der Haushaltskonsolidierung mit immer wieder sehr kurzen Diskussionsmöglichkeiten steht in der Tat das Regierungspräsidium mit einer CDU-Präsidentin an der Spitze und dem Kommunalen Haushaltsrechts im Rücken. Bei weiterhin bestehenden Rahmenbedingungen wie zurzeit, lassen sich tatsächlich nur kleine Erfolge erzielen, von denen dann nicht klar ist, ob sie die nächste Stufe 2026 überleben. Denn das Einsparziel ist erst zu 2 Fünfteln erreicht.

Rahmenbedingungen der Kommunalfinanzen unerträglich

Die Rahmenbedingungen wurden neben Reinhold Götz (SPD) am klarsten von Dennis Ulas (LTK) kritisiert: Verletzung des Konnexitätsprinzips durch den Bund, der Aufgaben für die Gemeinden beschließt, ohne das notwendige Geld mitzugeben. Soweit üben auch die Konservativen Kritik. Wenn es aber an die gesellschaftliche Ressourcenverteilung, um die Steuergesetze, um die Zunahme der Multimilliardäre in den letzten Jahren, um die erforderliche Rückverteilung des Reichtums an die diesen Reichtum erarbeitende Gesellschaft geht, dann schweigt man rechts. Die Kommunalpolitik stößt schlicht an ihre Grenzen. Den wohlhabenden Sparaposteln im Gemeinderat ist diese Zwangslage letztlich willkommen. Sie stoßen sich hauptsächlich an den Gebührenerhöhungen, die sie als ultima ratio bezeichnen.
Ulas erkennt einige positive Maßnahmen an, die mit Verbesserung von Arbeitsabläufen und weiterer kostensparender Digitalisierung zu tun haben. Aber er kritisiert eine Auswahl von Punkten, die in eine falsche Richtung weisen, z.B. die Kürzung der Bezirksbeiratsbudgets um 5%, die die Arbeit in den Stadtteilen unterstützen, die Verschiebung der Renaturierung des Neckarvorlands auf Höhe Alter Messplatz und Dammstraße, die Kürzung des Betriebskostenzuschusses für den Eigenbetrieb Stadt-Raum-Service um über drei Millionen, obwohl der gegenüber seinen vielseitigen Aufgaben vollkommen unterfinanziert ist. Verschiebung notwendiger Reparaturen im Infrastrukturbereich und Zunahme der Vermüllung der Stadt werden die unweigerlichen Folgen sein. Ulas kritisiert die Halbierung der Einzahlungen in den Bodenfonds, der eine Grundstücksreserve für öffentliche Aufgaben und insbesondere für preisgünstiges Wohnen schaffen soll und die vielfältigen Gebührenerhöhungen von Kitas bis Schwimmbäder. Er nennt auch Gegenfinanzierungsmöglichkeiten wie die Verpflichtung für den Flughafen, Pacht zu zahlen. Er kündigt deswegen Ablehnung der Vorlage durch die LTK-Fraktion an aus „Verantwortung für die Menschen“.
Am Ende wird die Vorlage mehrheitlich dem Gemeinderat vom Ausschuss zur Annahme empfohlen. Änderungsanträge lagen nicht vor – die wurden vereinzelt in den Vorberatungen mündlich eingebracht und teils erfolgreich eingearbeitet.

Stadtjugendring Mannheim warnt vor Kürzungen in der Jugendarbeit – Appell an Bund und Länder

Der Stadtjugendring Mannheim kritisiert das aktuelle Konsolidierungsprogramm der Stadtverwaltung scharf. „Es fehlt ein schlüssiges Gesamtkonzept, das klare Prioritäten für Kinder und Jugendliche setzt“, heißt es in einer Stellungnahme an den Jugendhilfeausschuss aus dem Hauptausschuss des Stadtjugendrings. Stattdessen werden wichtige Ressourcen in der Jugendarbeit gestrichen. „Wir erkennen den enormen finanziellen Druck auf die Kommunen an, aber die Lösung darf nicht auf dem Rücken junger Menschen erfolgen“, betont der Vorsitzende des Stadtjugendrings, Theo Argiantzis. Die im Stadtjugendring organisierten Jugendverbände fordern den Gemeinderat und die Stadtverwaltung auf, keine weiteren Kürzungen im Bereich Jugendhilfe und Jugendarbeit vorzunehmen.
Stattdessen müsse die Kommune politische Initiativen ergreifen, um Bund und Länder in die Pflicht zu nehmen. „Bund und Länder haben die Möglichkeiten und die Pflicht, die kommunale Arbeit für Kinder und Jugendliche ausreichend zu finanzieren“, so der Appell. Darüber hinaus fordert der Stadtjugendring konkrete Maßnahmen zur Steigerung kommunaler Einnahmen, die von finanzstarken Teilen der Stadtgesellschaft getragen werden, anstatt die Schwächsten weiter zu belasten. Leistungskürzungen sowie Erhöhung von Gebühren und Eintritten öffentlicher Einrichtungen treffen insbesondere die einkommensschwachen Teile der Bevölkerung, wie Familien, Alleinerziehende und in besonderem Maße Kinder und Jugendliche, die in der Regel über kein eigenes Einkommen verfügen.
Über 20% der Mannheimer Kinder und Jugendlichen sind von Kinderarmut betroffen oder gelten als armutsgefährdet. Steigende Gebühren in der Kita, steigende Preise für Parks und Schwimmbäder, steigende Gebühren für Vereine für die Überlassung von Sporthallen, sinkende Zuschüsse für freie Träger und ehrenamtliche Jugendverbandsarbeit wirken sich sehr direkt auf Teilhabechancen, Bildungszugänge und die Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen in Mannheim aus. „Wir dulden in keiner Weise, dass an Mitteln für die Jugend gespart wird. Hier lebt unsere demokratische Gegenwart und Zukunft – und wir lassen uns nicht wegsparen“, heißt es abschließend.
PM SJR 2.12.2025

Mietpreisbremse: Ringen um weitere Gültigkeit auch für Mannheim

Die Linke protestiert gegen die Herausnahme von Mannheim aus der Gebietskulisse für die Mietpreisbremse. Sie fordert im übrigen einen bundesweiten Mietendeckel.

Der Schock für weite Teile der Bevölkerung sitzt tief, dass Mannheim nach der neuen Landesverordnung für eine Mietpreisbremse nicht mehr durch diese geschützt ist vor einem neuen Schub von Mieterhöhungen bis hin zur Erhöhung der Sozialmieten. Anträge von LTK, SPD und Grünen forderten den OB auf, sich in Stuttgart stark zu machen für einen Verbleib Mannheims in der „Gebietskulisse“ der Gültigkeit der Mietpreisbremse und notfalls juristisch vorzugehen. Dies und die Tatsache, dass das Mietpreisniveau die Menschen bis tief in „die Mitte der Gesellschaft“ beschäftigt, hatte OB Specht tatsächlich veranlasst, in Stuttgart für ein Anhörungsverfahren zu werben, welches dann auch am 4. November stattfand.

Specht kam mit einer schriftlichen Einlassung zur Qualität des von der Landesregierung beauftragten Gutachtens. In dieser Stellungnahme wird das Gutachten ziemlich zerpflückt. Es seien teils veraltete und teils schlechtere Daten auf Basis des Census in dem Gutachten verwendet worden, obwohl die Stadt Mannheim über zuverlässige, aktuelle und exakte Daten verfüge. Das statistische Verfahren brauche aufgrund seiner Kompliziertheit auch Ermessensspielräume, um die Mietwohnungsmarktlage in den jeweiligen Kommunen, auch unter Berücksichtigung von Sondereffekten richtig bewerten zu können. In Mannheim ist ein so nicht wiederholbarer  Sondereffekt der forcierte Wohnungsbau auf den Konversionsflächen.

Specht sprach sich gegen einen Angriff auf die von dem Gutachter angewandte Methode aus, da diese bereits zum dritten Mal zu Einsatz gekommen sei, einmal auch zum Vorteil für Mannheim. Das Risiko sei, dass mehr Kommunen als zuvor ab 1.1.26 profitieren und somit ein Interesse an der neuen Landesverordnung zur Mietpreisbremse haben. Sollte das gesamte Gutachten zu Fall gebracht werden, wäre damit die gesamte Landesverordnung hinfällig. Für diesen Weg werde man nicht mit der Solidarität der Kommunen rechnen können, die Teil der Gebietskulisse seien. Vielmehr müsse man die besseren Daten „anbieten“ und darauf dringen, dass die Bewertung der Mannheimer Situation neu bearbeitet werde.

Da der 31.12. dicht vor der Tür stehe, werde man vor dem 1.1.26 keine Neubewertung mehr erreichen können. Von daher hält Specht es für erfolgversprechender, die Landesregierung zu einer Verlängerung der bestehenden Gebietskulisse um ein Jahr aufzufordern, innerhalb derer die korrekte Mannheimer Datenlage eingearbeitet werden könne. Specht habe sich diesbezüglich auch an den Ministerpräsidenten gewandt, weil die Regierungskoalition in sich uneinig sei; da müsse er die Linie vorgeben. Auch mit dem OB der ebenso wie Mannheim betroffenen Stadt Konstanz sowie mit dem Städtetag sei er im Gespräch. Die Entscheidung der Landesregierung müsse aber unbedingt noch in diesem Monat fallen, sonst ist Mannheim „draußen“. Dennis Ulas hatte noch darauf hingewiesen, dass auch Hessen die Gebietskulisse bei seiner Landesverordnung verlängert habe, weil sonst die Mietpreisbremse in Frankfurt/M (!) nicht mehr gegolten hätte.
Die zur Mietpreisbremse Antrag stellenden Fraktionen haben OB Specht aufgefordert, im Falle des Scheiterns juristisch vorzugehen. Auch eine Resolution des Gemeinderats wie in Konstanz wird vorgeschlagen. Gegen diese spricht sich CDU-Mann Hötting aus. Die Mietpreisbremse sei sowieso keine Dauerlösung. Es gelte vielmehr „bauen! bauen! bauen!“. Diese Marktgläubigkeit hilft den Menschen aber nichts, wenn das Gebaute unerschwinglich ist. Die CDU schwebt hier in anderen Sphären. Es bleibt spannend.

Thomas Trüper | Bilder: KIM




Gemeinderat stimmt dem Nachtragshaushalt 2025-26 mehrheitlich zu. Niemand will die Zwangsverwaltung durch das Regierungspräsidium

Am Dienstag war es so weit: Nach einem (vor allem für die ehrenamtlichen Mitglieder des Gemeinderats herausfordernden Sitzungs-Marathon) stimmte eine Dreiviertel-Mehrheit für den Nachtragsplan. Was ausnahmslos die meisten einte, war die Ablehnung einer Zwangsverwaltung des Haushalts durch das Regierungspräsidium (RP). Lediglich der AfD-Fraktion war dieser Gesichtspunkt keines Wortes wert. Sie haben offensichtlich mit dem Sparpaket die wenigsten Probleme.

Die Fraktionen, die dem Haushalt trotz „großem Bauchweh“ zustimmten, erklärten, dass es keine Alternative gebe, wenn man nicht dem RP ins Messer laufen wolle. Claudius Kranz (CDU) meinte, die Maßnahmen seien „verträglich für die Stadtgesellschaft“. Gabriele Baier (Grüne/Partei) verkündete zusammenfassend „Wir sind dabei!“ Die Stadt investiere weiter, was für Schulen und Infrastruktur wichtig sei. Sie monierte allerdings, der Klimafonds sei viel zu schwach ausgelegt. Die Kürzungen seien mit dem Rasenmäher ausgeführt. Es mangele an Priorisierung anhand von Aufgaben- und Zielfestsetzungen. Wenn man den Schwerpunkt auf Investitionen für gesundes Klima lege, so stärke dies die Wirtschaft und generiere letztlich auch wieder mehr Gewerbesteuereinnahmen.

Reinhold Götz (SPD), der dem Gemeinderat schon ein viertel Jahrhundert angehört, bekannte, dass er von der Tiefe der kommunalen Finanzkrise überrascht sei und dass er noch nie einen solchen Einbruch der Gewerbesteuer erlebt habe wie gegenwärtig. Die fünf Wochen, die man Zeit gehabt habe, sich mit dem  Nachtragshaushalt auseinanderzusetzen, seien viel zu kurz gewesen, insbesondere für die Diskussionen in der Fraktion. Der Zeitplan sei aber alternativlos. Man habe immerhin ein paar besondere Härten abwenden können: Es werde nun doch kein Jugendtreff geschlossen, der Aufbau der Schulsozialarbeit gehe weiter, und die Streichung der 105 EUR Ermäßigung für die Kita-Gebühren sei wenigstens zeitlich gestreckt und damit abgefedert. Was unbedingt noch diskutiert werden müsse, sei die beabsichtige Schließung der Albrecht-Dürer-Schule, des SBBZ für sehbehinderte Schüler*innen. Eine kleine Entlastung seien die Gelder, die aus dem Bundes-Infrastrukturvermögen kämen: In den 12 Jahren Laufzeit bedeute dies für Mannheim in Summe ca. 250 bis 300 Mio EUR. Und dann sei da noch die „Sport-Milliarde“ des Bundes. Aber am Ende des Finanzplanungszeitraums 2028 stünde dann immer noch eine Liquiditätslücke von 347 Mio EUR. „Mir fehlt die Phantasie, wie die geschlossen werden soll.“

Auf eine wichtige Angelegenheit wies Götz noch hin: Die GBG muss nach den jetzigen Planungen zwischen 2026 und 2028 je 2 Mio. EUR mehr pro Jahr zusätzlich zu den bisher schon fälligen 1,5 Mio. EUR an die Stadt abführen. „Dies darf auf keinen Fall zu höheren Mieten führen!“ Mit Beendigung der Mietpreisbremse für Mannheim durch die grün-schwarze Landesregierung würden die Mieten unweigerlich steigen. Da sei die GBG als Stabilitätsfaktor für die Mieten dringend notwendig.

Als nächstes sprach Fraktionsvorsitzender Finkler für die AfD – die Reihenfolge richtet sich der Größe der Fraktionen. Er verkündete die Ablehnung des Nachtragshaushalts. Gebührenerhöhungen seien mit der AfD nicht zu machen. Damit würde die Bevölkerung nur für die „jahrelange Misswirtschaft von Rot-Grün-Rot“ bestraft.

Auch Nalan Erol (LTK) erklärte, die Fraktion werde dem Nachtragshaushalt nicht zustimmen. Mannheim habe in der Vergangenheit keineswegs „über seine Verhältnisse gelebt“. Vielmehr seien die Kommunen strukturell unterfinanziert, weil in Berlin die herrschenden Parteien es nicht wagten, durch eine Steuerreform die Milliardäre zur Kasse zu bitten. Erol begrüßte die Anhebung der Beherbergungssteuer und die Wohnraum-Zweckentfremdungsabgabe. Sie kritisierte dagegen die totale Unterfinanzierung des Eigenbetriebs Stadt-Raum-Service. „Vielleicht müssen wir bald damit rechnen, dass keine Müllfahrzeuge fahren.“ Bezüglich der geplanten Schließung der Albrecht-Dürer-Schule beklagte sie, dass die Darstellung der Verwaltung gegenüber dem Fachausschuss nichts mit der Realität vor Ort zu tun habe. Ferner dürften die für die Mannheimer Bevölkerung so wichtigen Stadtparks nicht in die Insolvenz getrieben werden, indem die notwendige Erhöhung der Betriebskostenzuschüsse vorenthalten werde. Die Prioritäten seien falsch gesetzt und die Lastenverteilung falsch geregelt.

Birgit Reinemund (FDP) beklagte, sie habe schon Jahre lang gewarnt vor immer neuen Projekten und zum Sparen aufgerufen. Es müsse weiter investiert werden können und es dürfe keinen Kahlschlag in der Kultur geben. Die Krise böte auch eine Chance, Dinge neu zu überdenken.

Dem schloss sich auch Holger Schmid für die Mannheimer Liste/Freie Wähler an. Teile der Verwaltung und des Gemeinderats machten sich nur langsam und träge auf den Weg. Erst müsse es Einsparungen geben (z.B. den Rest des Radschnellwegs mit Kosten von 12 Mio EUR verschieben), bevor man über Gebührenerhöhungen reden könne. Das Ganze sei wie eine anstrengende Bergtour, und da sei man einfach noch zu langsam. Sprach’s und regte an, die Erhöhung der Beherbergungssteuer um ein halbes Jahr zu verschieben.

Abstimmung – das war’s.

Fazit

Alle kämpfen zu Recht um die Aufrechterhaltung der Kommunalen Selbstverwaltung in Mannheim. Das setzt jedoch unter der bewusst extrem kurzen Beratungszeit von fünf Wochen einen Fatalismus in Gang, als gebe es in fast keinem Punkt irgendwelche Alternativen.

  • Das betrifft z.B. das Denkverbot zum Thema Grundsteuer.
  • Das betrifft ferner die weitere Öffnung des kategorischen Netto-Neuverschuldungsverbots. Dies wurde im Zusammenhang mit dem Klinikums-Ausstieg aus kommunaler Trägerschaft für eine Kreditaufnahme von 205 Mio. EUR mit Erlaubnis durch das RP durchbrochen.
  • Das betrifft das Ringen mit dem Regierungspräsidium. Das Haushaltsrecht der Gemeindeordnung Baden-Württemberg kennt durchaus unbestimmte Rechtsbegriffe bei der Frage der Kreditaufnahme und bei der Frage der Reduzierung  der kommunalen Ausgaben auf die rein gesetzlichen Pflichtaufgaben. Es wird ja viel mit dem RP diskutiert. Wird auch über die Art der Auflagen diskutiert?

Die jetzt bei der Verabschiedung des Nachtragshaushalts an wenigen Punkten erzielten Kompromisse sind angesichts der noch gar nicht im Einzelnen festgelegten „Sparmaßnahmen“ keineswegs stabil. Das RP fordert im Grunde die Leistungen der Stadt „an Dritte“ zu beenden. Wie viele davon sind im Rahmen der Subsidiarität ausgelagerte verkappte Pflichtaufgaben? Wie kann die dauerhafte Zerstörung wichtiger gesellschaftlicher Institutionen und Aktivitäten durch kurzzeitigen Mittelentzug verhindert werden?

Wie plausibel ist die in der Finanzplanung vorgenommene Einschätzung der Lasten? Welche intelligenten Alternativen gibt es zur Erreichung humaner Ziele auf kostengünstigere Art? Was kann von anderen Ländern gelernt werden?

Und vor allem: Es wird nun auch in Mannheim deutlich, was bereits nebenan in Ludwigshafen und z.B. in den Ruhr-Gemeinden in aller Härte vorliegt: Der Umgang des Bundes mit der Ebene der Städte und Gemeinden ist nicht länger tragbar. Er führt zur sozialen und baulichen Verwüstung. Die Rückverteilung finanzieller Ressourcen von „oben“ in die Breite der Gesellschaft, wo sie erarbeitet wurden, ist unvermeidlich. Die Besteuerung des Überreichtums muss auch aus Sicht der Kommunen auf die Tagesordnung gesetzt werden.

Thomas Trüper