Wie gelingt es Hess-Aufmärsche unmöglich zu machen und gleichzeitig Polizeigewalt anzuprangern? (Kommentar)

Auf diese Fragen habe ich eine Antwort: „Machen“ 

Im Rückblick betrachtet fanden die neo-nazistischen-Rudolf Hess-Märsche bis 2017 jahrelang im bayerischen Wunsiedel statt. Dort hatten es Stadt und Gerichte verstanden, die Aufzüge der Rechtsextremen dauerhaft zu verbieten.

2018 konnten die Rechtsextremisten mit rund 1000 TeilnehmerInnen in Berlin, quasi wie aus dem Nichts, einen Aufzug durchführen. Dieser konnte, perfekt von Polizeieinsatzkräften geschützt, durch Berliner Stadtteile ziehen. Der antifaschistische Widerstand kam deutlich zu kurz, da nicht gut vorbereitet. 

2019 verlagerten die Rechten ihre Aktivitäten – ohne bundesweite Mobilisierung – nach Ingelheim/Rhein. 40 Neo-Nazis nahmen damals teil.

Mit nur 20 TeilnehmerInnen verzeichnete der Hess-Marsch in Ingelheim am 15.08.20 einen neuen Negativstand. Möge es der Stadt Ingelheim ebenfalls gelingen, wie in Wunsiedel, den Machenschaften der rechtsextremen Szene dauerhaft und nachhaltig mit einem gerichtsfesten Verbot zu begegnen.

Welche Rolle spielt der „Nationale Widerstand Zweibrücken“ in diesem Kontext?

Wie wenige Tage nach Ingelheim in diesem Jahr bekannt wurde hat ein Mitglied dieser rechts-nationalen Kameradschaft in Rheinland-Pfalz den Musiker Sascha L. mutmaßlich im Streit durch einen Messerstich getötet. Nach Recherchen und im Gegensatz zu den bisherigen Angaben der Ermittlungsbehörden, war der Täter, Andreas W. F. auch noch konkret nach 2016 an Aktionen der seit Jahren in Verfassungsschutzberichten genannten Gruppierung beteiligt.

 

Polizeigewalt aufzeigen und aufklären – Mit klaren Konsequenzen für die Verantwortlichen

Die Einsatzkräfte waren meiner Einschätzung nach auf Krawall aus. Nicht überall, denn die Straßenblockaden wurden toleriert. Aber anderenorts wurde gegen VerteidigerInnen der Demokratie und Nazi-GegnerInnen massiv Gewalt angewendet. Hierfür gibt es dutzende von Bilddokumenten im Internet.

Mich erreichten während meines redaktionellen Einsatz Hilferufe nach Wasser für Menschen im Polizei-Kessel. Ich konnte nicht helfen, aber andere Meschen sprangen ein.

Dass Menschen, die durch Schlagstockeinsatz und Reizgas, die medizinische Versorgung versagt wurde ist auch belegt.

Und Menschen in einem Tunnel zusammen zu drängen, geht schon gar nicht. Die betroffenen Personen berichten von Traumata.

Vollkommen lächerlich ist der Aufruf der Polizei Mainz nach Fotos und Videos vom Geschehen. Diese sollen angeblich zur Aufklärung des polizeilichen Missverhaltens dienen.

Wir erinnern uns zurück an 2017 und den G-20-Gipfel in Hamburg. Und was nach einem ähnlichen Aufruf passierte. Außerdem: Die Polizei war in Ingelheim mit rund 500 Einsatzkräften, uniformiert und zivil, gut vertreten – auch mit eigenen Foto- und Videografen. Ich wurde direkt von einem Polizeifotografen in den Fokus seiner Kamera genommen, nachdem ich das Parkhaus im Einkaufszentrum „Mitte“ verlies. Ich frage mich wozu?

 

Skandalöser Polizei-Einsatz muss Folgen haben 

Roger Lewentz (SPD) ist gut beraten die Geschehnisse am 15.08.20 im Innausschuss des Landtags Rheinland-Pfalz lückenlos aufklären zu lassen. Nazis töten Menschen, die ihnen nicht passen.

(Text: Christian Ratz / Fotos: Max Bassin, Kai Schwerdt und Christian Ratz)




Rudolf Hess-Gedenkmärsche am Ende? – Ingelheim wurde zum Desaster für Neo-Nazis / diese wollen am 22.08.20 wiederkommen

Am 15.08.20 konnten Vertreter der rechtsextremen Partei Die Rechte in Ingelheim/Rhein im zweiten Jahr in Folge einen geschichtsrevisionitistischen Aufzug unter strengen behördlichen Auflagen veranstalten. Nur rund 20 Parteigänger und Mitläufer aus der rechten Kameradschaftsszene erschienen. Mit dabei waren polizeibekannte TeilnehmerInnen der rechten Szenen im Raum Rhein-Hessen, Donnersberg und Zweibrücken. Die Polizei in Rheinland-Pfalz bekam Unterstützung aus Hessen und Baden-Württemberg.

 

 

 

Starker Gegenprotest – wurde von Polizeikräften und Ordnungsbehörden geduldet und gleichzeitig massiv geschwächt

Dagegen hielten rund 2000 DemonstrantInnen aus dem antifaschistischen, bürgerlichen Spektrum. Der Aufzug der Rechten wurde mehrfach blockiert. Nach etwa 600 Meter Wegstrecke war Ende und die Huldiger des Hitler Stellvertreter Hess mussten, ohne jegliche öffentliche Wahrnehmung, kehrt machen und zu ihrem Veranstaltungsort am Hauptbahnhof zurücklaufen.

Zwei Sitzblockaden (10 und 30 Personen), die zivilen Protest auf die Ingelheimer Straßen trugen, verzögerten den Marsch der Rechtsextremen zeitlich deutlich. Dies führte endlich auch zum Abbruch, des Hess-Gedenkmarschs, nachdem an Blockade 2 bereits die nächste demokratische Kontra-Aktion mit etwas mehr als 50 Personen Stellung bezogen hatte.

Polizeigewalt gegenüber DemoteilnehmerInnen

KIM hat eine Konfrontation zwischen auf den Einsatz gespannten, motivierten uniformierten Polizeikräften und einer Gruppe von TeilnehmerInnen am Gegenprotest beobachten können. Dieser ging noch glimpflich aus. Danach und auch schon zuvor soll es an anderen Stellen massiv eskaliert sein.

Wie es zu über 100 Verletzten durch massive Interventionen polizeilicher Einsatzkräfte kommen konnte, die von den Demosanitätern Südwest allein nur registriert und behandelt wurden, muss durch die Einsatzleitung der Polizei Mainz noch erklärt werden. Die hierzu im Innenausschuss des Landtags Rheinland-Pfalz am 19.08.20 vorgetragene Erklärung des Polizei-Einsatzführers (sinngemäß) „Die Gewalt ging von den Gegendemonstranten aus. Eine Schuld (der Polizeikräfte) müsse erst noch erbracht werden.“, kann im Angesicht der Verletztenschicksale nur als Hohn verstanden werden.

KIM-Kommentar zu diesen Geschehnissen folgt. Dieser wird auch Bezug nehmen auf ein Tötungsdelikt, welches mutmaßlich durch ein Mitglied des „Nationalen Widerstand Zweibrücken“ wenige Tage nach Ingelheim begangen wurde. Diese Gruppierung war am 15.08.20 am Hess-Marsch beteiligt und führende Kader nahmen auch schon an Corona-Demos in Mannheim teil. Wie lächerlich der Aufruf der Polizei Mainz nach Zeugenfotos/-videos in der Öffentlichkeit ankommt, wird ebenso Inhalt sein.

Weitere Bilder:

(Bericht und Fotos: Christian Ratz)