Während bundesweit Tausende von Bürgern und Bürgerinnen gegen rechtsextreme, rechtsradikale Aufmärsche auf die Straße gehen, ist Kandel weiter im Tiefschlaf [mit Bildergalerie]

(jb) Das ist nicht unbedingt der Passivität der Menschen in und um Kandel geschuldet, sondern auch an einer Kreisverwaltung Germersheim, die jegliche Gegenproteste versucht im Keim zu ersticken und somit einen solchen fast unmöglich macht. Da gibt es schon mal Auflagen, die bei näherer Betrachtung so was von unverhältnismäßig sind. Im Gegenzug lässt man das rechtsextreme männerdominierte Frauenbündnis Kandel ohne größere Probleme gewähren und wird von den Verantwortlichen mutmaßlich regelrecht hofiert.

Da ist es auch völlig egal, ob bei diesen rechten Demonstrationen klare und deutliche demokratiefeindliche Reden geschwungen werden, oder ob es bei den letzten Aufmärschen zu mehreren Rechtsverstößen und Festnahmen gekommen ist.

Da gibt es einen Stadtrat in Kandel, der trotz massiver Bedrohungen gegen Bürgermeister Volker Poß nicht in der Lage ist, sich geschlossen hinter diesen Mann zu stellen. Dass es auch besser und vor allem gemeinsam geht, zeigen Städte wie Landau, Neustadt a.d.W, Mannheim und Heidelberg, wo man aus der Kommunal- Politik gemeinsam auf die Straße geht. Hier wird ein deutliches und kraftvolles Zeichen gesetzt. Gerade in einer Demokratie ist es jetzt umso wichtiger eng zusammenzustehen, egal welcher Partei man angehört. Davon ist Kandel meilenweit entfernt.

Rechte Demo des „Frauenbündnis Kandel“

Am Wochenende war bereits der 13te Aufmarsch des rechtsextremen männerdominierte Frauenbündnisses Kandel, diesmal hatte sich Marco Kurz eine Strecke mitten durch eine ruhige Siedlung „ausgesucht“.

Als Konsequenz der ständigen Einschränkungen der Kreisverwaltung Germersheim (Gegenprotest in Hör- und Sichtweite) sahen sich Gegendemonstranten gezwungen, ihren Protest auf ihre privaten Grundstücke zu verlagern. Somit war sichergestellt, dass man diesmal seinen Unmut direkt an diese Menschen adressieren konnte, die seit Monaten Kandel terrorisieren.

Anwohner hatten entlang der Demostrecke Transparente und Plakate wie „Kandel ist bunt, nicht braun“ aufgehängt. Eine private Geburtstagsfeier wurde kurzerhand zu einem Protest gegen rechts umbenannt. Diese privaten Proteste blieben wie auch eine Gegendemo der OAT Karlsruhe und Mannheim, an der ca. 150 Demonstranten teilnahmen, friedlich.

Rechtsverstöße kamen, wie die letzten Male auch, aus der Demo des rechtsextremen Frauenbündnisses Kandel.

Diesmal war selbst der Versammlungsleiter involviert, der während der Demo einen Hausfriedensbruch beging. Ein Videoclip auf der Facebook-Seite von „Wir sind Kandel“ zeigt deutlich, wie Marco Kurz ein Hoftor öffnet und direkt auf einen Anwohner in der Birkenstraße verbal losstürmt. Obwohl Bedenken, dass Sympathisanten von Marco Kurz Anschläge auf das Anwesen verüben, wird der Anwohner Anzeige erstatten.

(Video von der Facebookseite Wir sind Kandel, Quelle: https://www.facebook.com/BuendnisKandlerBuerger/videos/273374253493215/)

Trotz der spürbaren gewaltbereiten Anfeindungen und Rechtsverstöße gegen Bürger-und Bürgerinnen an der Demostrecke, durfte diese uneingeschränkt weiterziehen. Hier hätte man durchaus über einen Stopp und Auflösung der Demonstration nachdenken können.

Stattdessen durfte Herr Kurz unmittelbar in der Nähe des bürgerlichen Protestes seine Mikrofonanlage aufbauen und im Beisein von Vertretern der Kreisverwaltung Germersheim weiter die Stimmung anheizen. Deeskalation sieht definitiv anders. UNFASSBAR !!!!!

Marco Kurz, Organisator der rechten Demos in Kandel

Konsequenzen gegen weitere Demos von rechts bleiben abzuwarten. Abzuwarten bleibt auch, wann es von verbalen zu weiteren gewalttätigen Übergriffen an Kandeler BürgerInnen kommt. Diese gab es ja bereits am 3.3.2018.

Mehrere Anzeigen gegen Teilnehmer der „Frauenbündnis“-Demo erstatteten auch andere Kandeler BürgerInnen. Ohne Zustimmung wurden sie von Demonstranten abfotografiert, als sie protestierend in ihren privaten Höfen standen. Diese Bilder wurden dann mehrfach auf verschiedenen „RECHTSEXTREMEN“ Facebook-Profilen gepostet.

Auch gab es wieder massive Anfeindungen gegen Journalisten, auch an einem Vertreter der KIM. Mittlerweile ist es zum Alltag geworden, dass auf rechten Demos Journalisten verbal und körperlich angegriffen werden.

An der rechtsextremen Demo nahmen laut Polizei ca. 300 Teilnehmer teil. Die Gegendemonstration bezifferte die Polizei zusammen auf 250 Teilnehmer.

Text: jb | Foto: jb & eb

 

Bildergalerie

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„Unsere Jugend muss noch radikaler werden“

Am 31.08.18 lud die Sommertour der Partei Die Linke in Rheinland-Pfalz nach Kaiserslautern ein. Rund 500 Menschen kamen zur der Veranstaltung zu der Alexander Ulrich (MdB) eingeladen hatte. Mit von der Partie waren Brigitte Freihold (MdB) und der Friedenspfarrer der evangelischen Kirche Detlev Besier (Speyer). Auch aus Mannheim und dem Rhein-Neckar-Raum kamen zahlreiche BesucherInnen, um dem Gastredner Gregor Gysi ihre Aufmerksamkeit zu schenken.

 

Viele Themen wurden angesprochen – eines nicht

Um es vorweg zu nehmen, „Aufstehen“ wurde von keinem der RednerInnen angesprochen. Ein offenes Mikrofon wurde den BesucherInnen nicht angeboten. Zeitliches Missmanagement oder bewusste Taktik der Veranstalter? Es hätte zu diesem Thema sicherlich viele Fragen gegeben.

Viele wichtige Themen wurden in den Reden angesprochen.

Es ging von „Kerosinablässen aus Flugzeugen über dem Pfälzer-Wald“, „Zuviele Kirchenvertreter halten auf der Kanzel die Münder verschlossen“, „Chemnitz und Kandel“, „dem 1.9. als Antikriegstag“, „Ramstein und Drohneneinsätze“, „Auslandseinsätze der Bundeswehr“, „Mieten, Renten, Pflege und Steuerpolitik“, „G7 versus G8“, „Groko-Kritik“, bis hin zu „Außen- und Wirtschaftspolitik und Rüstung/Abrüstung“ und „Rechtspopulismus“.

Es gab kaum ein Thema, welches nicht in der ein oder anderen Form, angesprochen wurde. Außer „Aufstehen“.

Wenn Leerstand zu einem Thema für die Jugend wird

Laut Gregor Gysi hat Berlin nicht nur ein Problem mit explodierenden Mieten, sondern auch ein Problem mit der sinnvollen Verwendung von ca. 10.000 leerstehenden Wohnungen. Junge Menschen hätten diese Leerstände identifiziert und haben auf diesen Missstand mit zum Teil medienwirksamen Aktionen aufmerksam gemacht. Kurzfristige protestmäßige Besetzungen der leerstehenden Wohnräume waren Aktionen, eine Form des zivilen Protests, um gegen die profitorientierten Interessen der Eigentümer und bestimmter Immobilienhaie, mit sichtbaren Markierungen der Leerstände mit Luftballonen, die der Öffentlichkeit die Misere offenbart haben. Nicht ohne Wirkung. Gregor Gysi wünscht sich von der Jugend, dass diese noch radikaler wird mit dem Anprangern von offensichtlichen Ungleichheiten.

Was Chemnitz mit Kandel zu tun hat und weshalb die neuen Bundesländer anders ticken

Gregor Gysi sagt „Dass es in der Ex-DDR kaum Berührungspunkte mit Migranten, muslimischen Glaubens, gab. Ausnahmen waren die Leipziger-Messe und Besucher aus West-Berlin, die den Ostteil der Stadt besuchten (vor der Wiedervereinigung).“ Die Menschen in den neuen Bundesländern waren darauf schlicht und einfach nicht vorbereitet worden, von der Bundesregierung 2015 und in Folge was die Flüchtlingspolitik angeht. Dieser Umstand wurde von den RednerInnen am Veranstaltungstag nicht klein geredet. Im Gegenteil, es wurde von allen RednerInnen zur Solidarität mit Chemnitz und Kandel und allen von rechten Aufzügen betroffenen Gemeinden unterschwellig in den entsprechenden Beiträgen aufgerufen.

Alexander Ulrich brachte es auf den Punkt (sinngemäss): „Die Bilder, die wir aus Chemnitz ertragen mussten, was rechte Agitatoren Monat für Monat in Kandel veranstalten, ist unerträglich. So etwas will ich in Kaiserslautern nicht haben.“

(Bericht und Bilder: Christian Ratz)

Weitere Bilder:




Nie wieder: Mit Schreckschusspistolen, Schlagstock und Reizgas zur Demo [mit Bildergalerie und Glosse]

Kandel – 07.07.18

Nach offiziellen Angaben nahmen rund 600 Personen an den vier angemeldeten Kundgebungen am vergangenen Samstag teil. Etwa 500 PolizeibeamtInnen befanden sich im Einsatz. Anlass der Kundgebungen war der erneute Aufzug des rechts-nationalen, migrationsfeindlichen „Frauenbündnis Kandel“, mehrheitlich durch Männer auf der Straße vertreten. „Die Partei“, das „Männerbündnis Kandel“ und „Wir sind Kandel“ setzten unterschiedliche Schwerpunkte bei ihren Protest-Veranstaltungen.

 

Rassistischer Angriff von Rechten führt zu Festnahmen – KIM-Reporter wird von einem „Polizeibeamten“ angegangen

Gemäß einer Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Rheinpfalz verliefen die Veranstaltungen insgesamt friedfertig. Dies deckt sich auch mit unseren Beobachtungen, die wir den Tag über machen konnten.

Die Polizei berichtet: „Es kam nur zu einem erwähnenswerten Vorfall. Auf der Hauptstraße beleidigte gegen 13.30 Uhr ein 30-jähriger Karlsruher einen 25-jährigen aus Trier. Bei der sich anschließenden Identitätsfeststellung leistete der 30-Jährige gegen die Einsatzkräfte Widerstand und beleidigte eine Polizistin. Bei dem 30-jährigen Tatverdächtigen konnten die Polizisten schließlich eine geladene Schreckschusswaffe und ein Teleskopschlagstock auffinden. Auch die 63-jährige Begleiterin des Karlsruhers hatte eine geladene Schreckschusspistole und Pfefferspray dabei. Die Waffen wurden sichergestellt. Gegen die beiden Tatverdächtigen wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, der 30-Jährige muss sich wegen Beleidigung, Verstoß gegen das WaffG und gegen das Versammlungsgesetz, die 63-Jährige wegen der Verstöße gegen das Waffengesetz und Versammlungsgesetz verantworten.“

Augenzeugen zufolge, wurde von den beiden Personen, gegen die polizeilich ermittelt wird, und die dem Unterstützerumfeld des „Frauenbündnis Kandel“ zugerechnet werden könnten, eine Person aufgrund seiner Hautfarbe rassistisch beleidigt und als „Nigger“ beschimpft.

Ein vermeintlicher „Polizeibeamter“ verlangte von einem KIM-Reporter dessen Presseausweis sehen zu wollen. Als dieser den „Beamten“ nach dessen Dienstausweis fragte, musste dieser passen. Die hinzugerufenen Polizeibeamte nahmen sich der Sache an. Der polizeiliche Staatsschutz wird inzwischen wohl gegen diese Person ermitteln, die sich fälschlicherweise als Polizeibeamter ausgab und damit versuchte die Pressearbeit zu behindern.

„Falscher“ Polizeibeamter

In der Sache geeint, in den Farben getrennt?

Kandel ist seit einem Gewaltverbrechen, bei dem eine junge Frau Ende Dezember 2017 von ihrem Ex-Freund, einem Asylantragsteller, ermordet worden sein soll, Schauplatz regelmäßiger Aufzüge aus dem rechten Spektrum. Nur mühsam entwickelte sich in der Kleinstadt etwas, was der Beobachter als Widerstand dagegen bezeichnen kann. (Siehe hierzu unsere Glosse zum Thema).

Drei Gegenkundgebungen fanden an diesem Tag statt: Die Partei, das Männerbündnis Kandel (Fokus Marktplatz) und Wir sind Kandel (am Saubrunnen) mobilisierten mehr als 400 Menschen. Unterstützung kam zusätzlich durch die Kunstaktion „Mauer gegen rechts“ in der Lauterburgerstrasse, an der Marschroute des rechtslastigen, Reichsbürger nahen „Frauenbündnis“, realisiert von Aufstehen gegen Rassismus Südpfalz mit Unterstützung von AgR Rhein-Neckar.

Sämtliche RednerInnen bei den verschiedenen Kundgebungen gegen die regelmäßigen Aufläufe aus rechten Milieus, sprachen sich vehement und nachhaltig gegen jede Form von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Extremismus aus. Beispiele:

Dr. Bernhard Braun (MdL, Die Grünen) warnte bei seiner Rede am Saubrunnen davor, dass Rassisten unter dem Deckmantel der Anteilnahme gesellschaftliche Spalterei betreiben. Seinen Worten zufolge ist die Landesregierung in Mainz weiterhin zutiefst betroffen, was das Gewaltverbrechen in Kandel angeht. Kandel werde man auch in diesen Zeiten nicht alleine lassen.

Dr. Dennis Nitsche (OB Wörth, SPD) sprach sich auf dem Marktplatz klar und deutlich für eine offene und bunte Gesellschaft in Kandel, so wie er sie aus Wörth kennt, aus. Der Redner dankte wörtlich der „Antifa“ für den dauerhaften Einsatz in Kandel, was die Verteidigung demokratischer, rechtsstaatlicher Prinzipien angeht und für den Schutz der aus rechten Lagern angegriffenen Bürgermeister und Medienvertretern. Seine klare Ansage war sinngemäss „Für ein geeintes Europa und für eine unabhängige und kritische Presse“.

 

Laut, bunt und kreativ vs. dumpf-nationalistisch „verkurzt“

Dumpf-hohl bis rhetorisch nahezu NSDAP-gleich klangen Reden und Lieder beim nur mäßig besuchten monatlichen Auflauf des beim Marsch 2017 gescheiterten Marco Kurz und seinem sogenannten „Frauenbündnis“. Damit ist auch Kurz in der Z-Klasse der rechten „Promi“-Redner angekommen. „Man lädt sich halt gegenseitig ein.“

„Marco muss weg“ war auf einem Schild zu lesen. „Kurz“ musste am 07.07.18 eine abgekürzte Route laufen. Laute, kreative Buntheit werden wahrgenommen. Nachhaltigkeit und dauerhafte ehrliche Arbeit gegen rechte Extremisten und besorgte BürgerInnen vor Ort lässt weiter zu wünschen übrig. Die BürgerInnen, die sich noch mehrheitlich verstecken, gilt es zu motivieren. Es wird eine Herkulesaufgabe für „Wir sind Kandel“ werden, um sich als gesellschaftlicher, antifaschistischer Anker zu beweisen. Charta hin oder her.

Antischafistische Unterstüzung kam an diesem diesem Tag u.a. aus Mannheim, Karlsruhe und Landau. Fahnen und Banner zeigen lautet auch diesmal das Motto.

Gegen die Pressefreiheit:

Das „Frauenbündnis“ unter der Regie von Marco Kurz beabsichtigt am 21.07. in Ludwigshafen/Rhein vor dem Verlagsgebäude der Tageszeitung „Die Rheinpfalz“ einen Protest auf die Straßen zu tragen. Ein geplanter Demozug soll bis zum Hauptbahnhof führen. Unseren Informationen zufolge mobilisiert sich der Gegenprotest in der Industriestadt, um klare Kante gegen rechts und eine Lanze für die Pressefreiheit zu zeigen.

 

Glosse:

Quo vadis, Kandel?

Ein südpfälzisches „Dorf“ und sein eigener politischer Selbstmord.

In Kandel kann man sich mittlerweile ziemlich sicher sein, der rechte Rand wird verharmlost. Die Stadtoberen haben es immer noch nicht erkannt, dass die Stadt längst mit dem Rücken zur Wand steht. Das Epizentrum der „Rechten“ in Süddeutschland ist Kandel schon längst geworden. Das Rathaus hat sich schulterklopfend selbst manipuliert. Da fallen dann schon mal starke Worte wie „es werden ja immer weniger“, „es sind ja nur noch 100“ und „bald gibt er auf, der Kurz“. Diese Naivität wird Kandel früher oder später gewaltig um die Ohren fliegen, es war schon immer so. Naivität hat ihren Preis. Und den wird auch Kandel zahlen.

„Wir sind Kandel“. An jedem Ortseingang ist es groß zu lesen. Aber wer oder was ist „Wir sind Kandel“? Wir fragen nach. Ist „Wir sind Kandel“ ein Stadtrat, der damit beschäftigt ist, die Schuldigen der Demonstrationen bei denen zu suchen, die für ein nazifreies Kandel auf die Straße gehen? Bei den Personen, die ihre Freizeit und Geld investieren? Bei den Personen, die für Menschenrechte, gegen Rassismus und für ein friedliches Miteinander stehen?

Ein Stadtrat der Gegendemos grundsätzlich als Missbrauch von Linksextremen sieht, ein Stadtrat der unwahre Behauptungen aufstellt, um seinen eigenen politischen Ansichten Nachdruck zu verleihen; ein Stadtrat der gezielte Gewalt gegen seine Bürger (3.3.2018) schweigend duldet, drei Silvesterböller aber als Sprengstoff verkauft, ein Stadtrat der alle friedlichen Gegendemonstranten pauschal als Linksextreme kriminalisiert, es aber gleichzeitig ignoriert und duldet das Rechtsextreme durch die Straßen von Kandel laufen?

Ist „Wir sind Kandel“ ein Stadtrat, der als Dank an die vielen Menschen, die für Kandel auf die Straße gehen, mit verschlossenen Toiletten oder der Verweigerung von Strom belohnt?

Ist „Wir sind Kandel“ ein Bündnis, welches sich aus Angst vor Entzug der Hilfe der Stadt Kandel nur bedingt zu einer Zusammenarbeit mit anderen Gruppen entschließen kann?

Ist „Wir sind Kandel“ ein Stadtrat, der damit beschäftigt ist, über Dritte an Unterlagen von Journalisten zu gelangen, über diese eventuell verwertbare Informationen über das eigene Feindbild Antifa zu erhalten, das es so aber in Kandel überhaupt nicht gibt?

Für einen Stadtrat, für den Infos über das rechte Spektrum hingegen völlig uninteressant ist. Ist „Wir sind Kandel“ der Stadtrat, der sich längst nicht mehr die Frage stellt: “Was ist da los?”, sondern: “Was machen wir als nächstes?” „Wie werden wir die linke Gegendemonstration los?“

Ist „Wir sind Kandel“ der Stadtrat, der sich einem so dringend benötigten Austausch und Dialog entzieht?

Es scheint, als habe man sich im Rathaus längst damit abgefunden, Deutschland nicht mehr als ruhiges Land, tolerant, bunt und lebenswert für alle Menschen wahrzunehmen, sondern als Hotspot rechter Gruppierungen, ein Land, das nicht mehr in der Lage ist, mit allen demokratischen Kräften Gesicht zu zeigen.

Fragen über Fragen. Im Rathaus Kandel ist es ziemlich dunkel, vielleicht würden neue, hellere Glühbirnen nützen. Kommunalwahlen stehen ja vor der Tür. Leider ist es aber auch so, dass Politiker wie Dr. Dennis Nitsche nicht auf den Bäumen wachsen. In Kandel braucht es keine Politiker, die nicht in der Lage sind, Situationen richtig einzuschätzen und lieber der Mehrheit der „Helfer*innen“ gegen rechts permanent vor die Füße spucken!

 

(Bericht: Christian Ratz – Glosse: John Brambach – Fotos/Video: Erik Butz, John Brambach und Christian Ratz)

 

Weitere Bilder des Tages:

 




KIM-Reporter werden Vortrag in Kandel halten

Auf Einladung des Bündnis „Wir sind Kandel“ werden die KIM-Reporter Christian Ratz und John Brambach am 07.06.18 einen Vortrag mit dem Titel „Rechts von Kandel – Antifaschismus und die rechten Strippenzieher in Kandel“ halten. Die Kommunalinfo Mannheim berichtet regelmäßig seit Januar 2018 aus Kandel (Südpfalz).

 

Die KIM-Reporter werden bei ihrem Vortrag folgende Themen in den Vordergrund stellen:

  • Auf Hintergrundinformationen zu rechten Organisationen und Akteuren aus dem rechtspopulitischen/rechtsextremistischen Umfeld, die in Kandel bis Mai 2018 aufgetreten sind
  • Einen Überblick geben über die Demogeschehnisse seit Januar 2018 in Kandel
  • Informationen zum Thema Antifaschismus vermitteln (Was Demokratie und „die Antifa“ vereint)

Der Foto- und Video-Vortrag findet anläßlich der Themenwoche „Aktiv für die offene Gesellschaft“ statt, welche vom Bündnis „Wir sind Kandel“, unterstützt von weiteren Organisationen, vom 7. bis 16.6.18 durchgeführt wird.

Die Vortragsveranstaltung am Donnerstag, den 07.06., im Kultursaal der Stadthalle Kandel (am Marktplatz) beginnt um 20 Uhr.

 

(Bericht: KIM-Redaktion; verwendete Bilddokumente: diese sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Autoren und Rechteinhaber weiter verwendet werden)

 

 

 




Rechtspopulisten waren in der Pfalz absolut nicht willkommen (mit Bildergalerie)

Am 5. und 6.5.18 fanden in Neustadt/Weinstraße, Kandel und Germersheim drei rechtspopulistische Veranstaltungen statt, die von Gegenprotesten begleitet wurden. Bereits am Freitagabend, 4.5., fand eine Mahnwache auf dem Rathausplatz in Neustadt statt. Insgesamt haben rund 1.400 Menschen an den rechtslastigen Veranstaltungen und antifaschistischen Gegenprotesten teilgenommen. Über tausend Polizeikräfte aus Rheinland-Pfalz und Niedersachsen waren an diesem Wochenende an den drei Veranstaltungsorten im Einsatz.

 

Neustadt/Weinstraße

Bereits am 4.5.18 beteiligten sich 100 Personen an einer Mahnwache auf dem Neustadter Rathausplatz, um damit ihren Protest gegen die Veranstaltung „Neues Hambacher Fest“ kund zu tun. Das regionale „Bündnis gegen Rechts“ protestierte gegen die „Vereinnahmung des Hambacher Festes“ durch rechte Kräfte und rief zur Gegen-Demonstration am Samstag auf dem Schloss-Parkplatz auf.

 

 

DGB-Regionsgeschäftsführer Rüdiger Stein, machte in seiner Rede klar, dass die Referenten um Max Ottes „Neuen Hambacher Festes“ genau für das Gegenteil stehen, wofür die 30.000 Teilnehmer aus verschiedenen Ländern vor 186 Jahren gestritten haben. Der Ökonom Otte ist Mitglied der CDU und nach eigenem Bekunden zuletzt zum überzeugten AfD-Anhänger geworden.

Für eine kurze Störung der Mahnwache sorgte eine Gruppe um Hertha J., die versuchte mit islamfeindlichen, ausländerfeindlichen und dumpfen „Die-da-oben-Parolen“ die Besucher der Mahnwache zu provozieren. Herta J. (alias „Ingrid“ in sozialen Netzwerken) bewegt sich seit Jahren im Südwesten in rechten Kreisen und wird aufgrund ihrer ausländerfeindlichen Einstellung von AfD und Rechtsradikalen gelobt.

 

Am Samstag hatte Otte die rechten „Systemkritiker“ wie Jörg Meuthen und Thilo Sarrazin aufs Hambacher Schloss zum Neuen Hambacher Fest eingeladen. Zu der von national-patriotischen Kräften initiierten Veranstaltung kamen allerdings bei weitem nicht so viele Teilnehmer als erwartet. 

 

 

 

Das „Neue Hambacher Fest“ sorgte im Vorfeld für reichlich Trubel. Die Veranstaltung selbst und mehrere angekündigte Gegenproteste hatten zur Folge, dass das Schloss in Neustadt an der Weinstraße am Samstag bis zum Spät-Nachmittag für Besucher komplett gesperrt war.  Ins Innere des Schlosses kam nur, wer eine Einladung hatte bzw. von der AfD akkreditiert war. Die Schlossstiftung hat die Schließung des Schlosses für die Öffentlichkeit am Samstag ausdrücklich bedauert und sich damit vom rechtspopulistischen Fest distanziert. Es half wenig. Das Schloss ist laut Satzung zu vermieten, egal ob für Hochzeiten, Tagungen oder eben auch für politische Propaganda-Veranstaltungen. Nach Angaben der Stiftung Hambacher Schloss wurden etwa 1.450 Menschen erwartet, die Polizei sprach in ihrer Presseinformation von gerademal 500 TeilnehmerInnen.

Am frühen Samstagmorgen machten sich die TeilnehmerInnen unter dem Motto „Marsch der Patrioten“ auf den Weg zum Schloss. Wer als Patriot zu Fuß gehen will, kommt im Vorfeld schon mit Fahne. Die Farben Schwarz-Rot-Gold auf dem Parkplatz in Hambach sind schon recht präsent am frühen Morgen.  Frauen und Männer ohne Schwarz-Rot-Gold können vor Ort Fahnen kaufen, kleine Fahnen gibt es für zwei Euro, große für zehn und die Schlange ist lang. Dezent ignoriert wird von den deutschen Patrioten, dass auf den Fahnen „Made in China“ draufsteht. Beim Absingen der Nationalhymne haben sich manche Patrioten nicht nur in der Tonlage vergriffen, sondern auch in der Strophe. Zumindest war das „über alles“ nichts.

Flächendeckende antifaschistische Asphalt- Botschaften mit Straßenkreide erzürnte den einen oder anderen Rechtspopulisten auf dem Weg nach oben. Ein Hambacher Bürger machte seinem Ärger über diesen Aufzug Luft und schüttete einige Liter übelriechende Flüssigkeit auf die Straße, die Polizei konnte einen körperlichen Angriff unterbinden so blieb es bei aggressiven verbalen Attacken. Sehr lange hing der Gestank den Patrioten nach. Ansonsten blieb der Aufmarsch zum Schloss alles in allem störungsfrei.

Die Themen unter den Patrioten auf dem Weg nach oben waren: Flüchtlinge, Migration, Ausländer.

Unterhalb der Zufahrt zum Schloss fanden sich rund 120 Menschen zusammen und demonstrierten nach Polizeiangaben ruhig gegen die Veranstaltung. „Das Hambacher Fest soll instrumentalisiert werden für rechtskonservative Politik in Deutschland. Das hat unserer Meinung nach nichts mit dem ursprünglichen Hambacher Fest zu tun“, sagte ein Demonstrant vom regionalen „Bündnis gegen Rechts“ in Neustadt. Viele Demonstranten warfen Otte vor, er stelle zu Unrecht einen Bezug zu dem historischen Ereignis her. Im Mai 1832 demonstrierten Tausende Menschen am Hambacher Schloss für die Einheit des Landes, für Bürgerrechte und Freiheit. Otte und diverse Redner aus dem rechtspopulistischen Lager missbrauchten das historische Fest für ihre politischen Ziele.

Die „Patrioten“ kamen, um Redner wie AfD-Chef Jörg Meuthen oder den früheren SPD-Politiker Thilo Sarrazin zu hören. Auch die AfD nahe Vera Lengsfeld und der Islamkritiker Imad Karim (aus Mannheim und als Filmemacher für die AfD tätig, Betreiber der geheimen, islamophoben Facebook-Gruppe „Deutschland mon amour“) waren als Redner geladen. Unter den Gästen befanden sich von der AfD Bundestagfraktion Nicole Höchst, Dr. Bernd Baumann, Leif-Erik Holm, Martin Renner sowie der rheinland-pfälzische Landeschef der AfD, Uwe Junge. Aus der Metropolregion waren beispielsweise Anja Markmann und Jens Zeller als AfD-Vertreter anwesend (beide aus Heidelberg).

AfD Parteipolitiker, Eurokritiker, Islamkritiker, Migrationskritiker alle wollten sie auf dem Kastanienberg Stärke demonstrieren und das Vaterland wachrütteln und beschützen, letztendlich war nur ein laues Lüftchen mit den alten bekannten Parolen oben auf dem Berg zu spüren. Obwohl jetzt schon wieder überall in Hambach Schilder für „Hambach Schwarzrotgold“ stehen, Werbung für ein patriotisches Weinfest in der Schlossstraße, darf Ottes Idee aus dem Fest eine feste Veranstaltungsreihe zu machen, eine Tradition so wie er sagt, bezweifelt werden.

Kandel

Zum wiederholten Male protestierte das sogenannte „Frauenbündnis Kandel – Zusammenhalt für Deutschland“ unter Leitung von Marco Kurz am 5.5.18 in der südpfälzischen Kleinstadt. (wir berichteten) Wegen dieser Demo-Kundgebung auf dem Marktplatz musste die Musikschule aus Sicherheitsgründen ihre alljährliche und seit langer Zeit geplante Veranstaltung in der Stadthalle absagen.

 

 

Nach Polizeiangaben nahmen an der rechtspopulistischen Veranstaltung anstatt der erwarteten 800 nur etwa 300, mehrheitlich männliche, Personen teil. Neben einigen wenigen besorgten WutbürgerInnen rekrutierte sich das Unterstützerumfeld, wie bei vorangegangenen Aufzügen, aus AfD- und PEGIDA-Anhängern, Identitären, NPD-Funktionären (u.a. René Schrade aus Esslingen und Christian Hehl aus Mannheim), Neo-Nazi’s und Reichsbürgern. Als Redner konnte Frauenbündnis-Chef Kurz u.a. Inge Steinmetz (ex CDU-Mitglied und Internet-Bloggerin) und Homib Mebrahtu alias „Hyperion“ (AfD Rhein-Neckar) gewinnen. Thematisch ging es um „Migration und Innere Sicherheit“. Vorgetragen wurden erneut ausländerfeindliche, rechtspopulistische und islamophobe Inhalte verwoben mit den wiederholten Rücktrittsforderungen der beiden Kandeler Bürgermeister Volker Poß und Günter Tielebörger.

Kontrapunkte setzten das Bürgerbündnis „Wir sind Kandel“ (WsK) und Die Partei.

Bereits am Freitagabend ein privat organisiertes gut besuchtes Grillfest mit musikalischer Begleitung statt. An der Kundgebung am Saubrunnen, welche von der Bündnisregionalgruppe Aufstehen gegen Rassismus Südpfalz unterstützt wurde, nahmen neben den Bürgermeistern Volker Poß und Günter Tielebörger (beide SPD), auch Politprominenz mit RP Innenminister Roger Lewentz (SPD), dem Bundestagsabgeordnete Thomas Hitschler (SPD), dem SPD-Landtagsabgeordneten und Fraktionschef Alexander Schweitzer, sowie dem Landtagsabgeordneten Landau/Südliche Weinstraße, Wolfgang Schwarz (SPD) teil. Insgesamt zählte diese Protestveranstaltung, die sich gegen die regelmäßigen rechtslastigen Aufzüge in der Stadt wandte, zwischen 100 und 150 TeilnehmerInnen.

Die Partei mobilisierte mit Unterstützung verschiedener Linksjugend solid- Gliederungen und antifaschistischer Gruppen rund 100 Demonstranten für verschiedene Aktionen. Am Vormittag fand zum Demoauftakt bereits ein Frühstück auf dem Marktplatz statt zudem auch AnwohnerInnen eingeladen waren. Eine dort gehaltene Rede veröffentlichen wir am Ende des Artikels. Am Nachmittag folgte dann die Kundgebung an der Gemeindeverwaltung, welcher ein Demozug durch die Stadt bis in die Rheinstraße folgte. Dort wollte man in Ruf- und Sichtweite dem Aufzug des Marco Kurz klare Kante zeigen. Während der rechten Kundgebung auf dem Marktplatz wurde unter Polizeischutz vor der Stadthalle „Volksbingo“ gespielt. Am Spätnachmittag wurde noch eine Spontanversammlung am Kandler Bahnhof abgehalten, die sich mit den rassistischen Inhalten des Frauenbündnis Redners „Hyperion“ (Homib Mebrahtu, AfD Rhein-Neckar) auseinandersetzte.

Nach Polizeiangaben verliefen die Versammlungen ohne besondere Vorkommnisse. Lediglich bei der Anreise wurden fünf Fahnen mit Holztragegriff sichergestellt, da diese aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht den Auflagen entsprachen. Welche Gruppe hiervon betroffen war wurde nicht berichtet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Germersheim

Die AfD-Initiative „Kandel ist überall“ (Kiü) hielt vor der Gemeindeverwaltung auf dem Luitpoldplatz eine Kundgebung mit 200 TeilnehmerInnen ab. Als RednerInnen traten auf: AfD-MdL Carola Wolle (Landtag Baden-Württemberg), AfD-MdL Gabriele Bublies-Leifert (Landtag Rheinland-Pfalz), Christiane Christen (Kandel ist überall-Mitinitiatorin und AfD Speyer) sowie Karl Heinz Schurder (Bürgerwille – Verein für Verfassungstreue e.V. in Speyer und AfD KV Südliche Weinstraße).

 

Kiü scheiterte am 06.05.18 binnen weniger Tage erneut in grandioser Art und Weise. Offenburg war eine Blamage; wurde aber als Megaerfolg nach- und abgefeiert. Nur etwa 200 Besorgt- und WutbürgerInnen, germanische Biker, Identitäre und Nazi-Hools konnte Christiane Christen (AfD Speyer) mobilisieren. Sie und drei weitere RednerInnen skandierten die üblichen abgedroschenen rassistischen und demokratiefeindlichen Phrasen. „Ihr“ Volk antwortete auf Ansage „Merkel muss weg.“ „Dreyer muss weg.“ „Wir sind das Volk. Wichtigstes Anliegen war ein angestrebtes Bürgerbegehren, um u.a. eine Altersfeststellung bei minderjährigen Geflüchteten mittels einem „international anerkannten DNA-Test“ von den Behörden in Germersheim zu erzwingen. Es würden, so meinte Schurder in seiner Rede nur 5% der wahlberechtigten Bürgerstimmen genügen, um die Verwaltung in die Gänge zu bekommen. „Das müsste drin sein“, meinte er sinngemäß. Irgendwer nuschelte dann noch ins Mikrofon, dass man wiederkommen werde. Leute aus Germersheim sagten unseren Reportern, dass an der rechtspopulistischen Kundgebung nahezu keine Menschen aus dieser Stadt teilgenommen haben.

Spontan versammelten sich rund 40 GegendemonstrantInnen, um der AfD-Hass- und Hetzveranstaltung klare Kante zu zeigen. Die AntifaschistInnen kritisierten u.a. die rassistische Positionierung der AfD: „Gewalt an Frauen und Kindern hat nichts mit Migration und Geflüchteten zu tun, sondern ist ein generelles gesellschaftliches Problem.“ Als diese Demonstrierenden von der Rednerbühne herunter noch als „die neuen Nazis“ diffamiert wurden, lauteten die Antworten „Alerta, Alerta Antifascista“ – „Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“ – „Haut ab, haut ab“.

Die Polizeikräfte trennten die Lager, als es kurzzeitig danach aussah, dass eine Situation eskalieren könnte.

Angemeldet worden war die „Kandel ist überall“-Kundgebung für drei Stunden. Nach knapp 60 Minuten war der Spuk bereits beendet.

Auch diese Veranstaltung verlief nach Polizeiangaben ohne nennenswerte Zwischenfälle.

 

 

Kandel 5.5.18 Antifaschistische Marktplatzrede (es gilt das geschriebene Wort):

„Guten Tag zusammen,
wir sind heute Morgen rübergekommen aus Baden, aus Karlsruhe, hierher, in die Pfalz. Wir kommen öfter über den Rhein, meistens zum Wandern, oft auch mit einem Abstecher ins Elsass. Heute sind wir hier als Gewerkschafterin und antifaschistische Geschichtsforscher.

Morgen, am 6. Mai, kamen vor 84 Jahren auch Leute aus Baden in die Pfalz, auch zum Wandern, so sahen sie jedenfalls aus. Sie hatten sich mit Gleichgesinnten aus der Pfalz verabredet.

Ihr Ziel war der Asselstein bei Annweiler – viele werden ihn kennen. Dort trafen sie sich 1934, sie waren Nazi-Gegner, die mit der Politik der großen Arbeiterparteien nicht einverstanden waren. Es waren Leute von der Sozialistischen Arbeiter-Partei, der Rechberg-Gruppe, aus Gewerkschaften und auch örtlichen SPD-Gruppen. Sie waren bereit, mit anderen Nazi-Gegnern wie z.B. Kommunisten zusammenzuarbeiten. Diese Zusammenarbeit in der Aktion gegen alte und neue Nazis, damals gegen die NSDAP, heute gegen die Rechten aller Schattierungen, mittendrin immer die AFD, ist auch heute leider immer noch bzw. wieder nötig! Lassen wir die Fehler unserer VorkämpferInnen hinter uns! Ob Christ oder Kommunist, ob links oder liberal, gemeinsam gegen alte und neue Nazis, egal, wie sie sich nennen!

Dieser junge Mann heißt Alfons Pfirrmann. Er stammt aus Wörth, also nicht weit von hier. Er war Kommunist und in der Weimarer Zeit auch Mitglied der „Roten Hilfe“. Die Rote Hilfe war vor 1933 eine überparteiliche Hilfsorganisation für politische Gefangene und ihre Familien: Sie wurde unterstützt von dem Physiker Albert Einstein, der Künstlerin Käthe Kollwitz, den Schriftstellern Heinrich und Thomas Mann, Carl von Ossietzky, Kurt Tucholsky und dem Künstler Heinrich Zille.

Die Zusammenarbeit gegen die Repression und gegen den drohenden Faschismus war damals leider zu schwach, die Arbeiterparteien marschierten getrennt gegen die Nazis. Gemeinsam saßen sie dann im Konzentrationslager, nicht weit von hier in Neustadt oder in Osthofen. Wenn die Gedenkstätten dort einen Sinn machen sollen, dann doch den, nicht allein der Opfer der Nazis zu gedenken, sondern ihren Auftrag hier und heute zu erfüllen: Nie wieder! Keine Hetze gegen Geflüchtete! Keine Ausgrenzung von Schwachen!

Was hat das mit Kandel zu tun? Nun, der Zimmermann Alfons Pfirrmann steht 1933 vor dem Amtsgericht Kandel: Leider haben wir kein Foto des Gerichtsgebäudes auftreiben können. Pfirrmann bekommt 3 Monate Haft wegen „Beschaffung von Waffen“.

1934 wird er wieder verhaftet und sitzt in Untersuchungshaft in Landau. Es folgt die Anklage vor dem Oberlandesgericht München – hier im Bild – gegen ihn und weitere Nazi-Gegner. Die Vorwürfe lauten auf Fortführung des verbotenen Rot-Frontkämpfer-Bundes und Sammlungen für die Rote Hilfe. Das Gericht verurteilt ihn zu 2 ½ Jahren Gefängnis, die er bis Ende 1936 im Gefängnis Bernau am Chiemsee absitzen muss.

1937 flieht er bei Scheibenhardt über die Grenze nach Frankreich. Er kämpft in Spanien gegen die Franco-Faschisten und die Nazi-Söldner der „Legion Condor“. Nicht umsonst heißen die Gegner Francos „Internationale Brigaden“: Anti-Faschisten aus 53 Ländern kommen der spanischen Republik zu Hilfe. Der Kommunist Pirmin kämpft im Bataillon 12. Februar – hier das Titelblatt der Bataillons-Zeitung – zusammen mit Sozialdemokraten aus Österreich. Sie haben nicht gegeneinander, sondern gemeinsam gekämpft!

Ihre Niederlage hat viel mit der mangelnden Unterstützung der Verteidiger der spanischen Republik zu tun: Franco bekam Waffen von Hitler und Mussolini. Es reicht eben nicht, gegen den heutigen Nazi-Aufmarsch zu protestieren. Deshalb protestieren wir auch gegen Waffenlieferungen an Erdogan, an die Saudis, an alle möglichen diktatorischen Regime, egal wo!

Für Alfons Pfirrmann beginnt 1939 ein 6 Jahre langer Weg durch Lager in Frankreich, das Gefängnis in Neustadt, das Gefängnis Ludwigsburg und das Konzentrationslager Dachau. Er wird von der US-Armee befreit und kann in die Pfalz, nach Wörth, in die Freiheit zurückkehren.
Diese Freiheit gilt es zu verteidigen, auch hier und heute!

Adelante Libertad!“

(Bericht und Fotos: John Brambach und Christian Ratz)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Germersheim

Die AfD-Initiative „Kandel ist überall“ (Kiü) hielt vor der Gemeindeverwaltung auf dem Luitpoldplatz eine Kundgebung mit 200 TeilnehmerInnen ab. Als RednerInnen traten auf: AfD-MdL Carola Wolle (Landtag Baden-Württemberg), AfD-MdL Gabriele Bublies-Leifert (Landtag Rheinland-Pfalz), Christiane Christen (Kandel ist überall-Mitinitiatorin und AfD Speyer) sowie Karl Heinz Schurder (Bürgerwille – Verein für Verfassungstreue e.V. in Speyer und AfD KV Südliche Weinstraße).

Kiü scheiterte am 06.05.18 binnen weniger Tage erneut in grandioser Art und Weise. Offenburg war eine Blamage; wurde aber als Megaerfolg nach- und abgefeiert. Nur etwa 200 Besorgt- und WutbürgerInnen, germanische Biker, Identitäre und Nazi-Hools konnte Christiane Christen (AfD Speyer) mobilisieren. Sie und drei weitere RednerInnen skandierten die üblichen abgedroschenen rassistischen und demokratiefeindlichen Phrasen. „Ihr“ Volk antwortete auf Ansage „Merkel muss weg.“ „Dreyer muss weg.“ „Wir sind das Volk. Wichtigstes Anliegen war ein angestrebtes Bürgerbegehren, um u.a. eine Altersfeststellung bei minderjährigen Geflüchteten mittels einem „international anerkannten DNA-Test“ von den Behörden in Germersheim zu erzwingen. Es würden, so meinte Schurder in seiner Rede nur 5% der wahlberechtigten Bürgerstimmen genügen, um die Verwaltung in die Gänge zu bekommen. „Das müsste drin sein“, meinte er sinngemäß. Irgendwer nuschelte dann noch ins Mikrofon, dass man wiederkommen werde. Leute aus Germersheim sagten unseren Reportern, dass an der rechtspopulistischen Kundgebung nahezu keine Menschen aus dieser Stadt teilgenommen haben.

Spontan versammelten sich rund 40 GegendemonstrantInnen, um der AfD-Hass- und Hetzveranstaltung klare Kante zu zeigen. Die AntifaschistInnen kritisierten u.a. die rassistische Positionierung der AfD: „Gewalt an Frauen und Kindern hat nichts mit Migration und Geflüchteten zu tun, sondern ist ein generelles gesellschaftliches Problem.“ Als diese Demonstrierenden von der Rednerbühne herunter noch als „die neuen Nazis“ diffamiert wurden, lauteten die Antworten „Alerta, Alerta Antifascista“ – „Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“ – „Haut ab, haut ab“.

Die Polizeikräfte trennten die Lager, als es kurzzeitig danach aussah, dass eine Situation eskalieren könnte.

Angemeldet worden war die „Kandel ist überall“-Kundgebung für drei Stunden. Nach knapp 60 Minuten war der Spuk bereits beendet.

Auch diese Veranstaltung verlief nach Polizeiangaben ohne nennenswerte Zwischenfälle.

 

Kandel 5.5.18 Antifaschistische Marktplatzrede (es gilt das geschriebene Wort):

„Guten Tag zusammen,
wir sind heute Morgen rübergekommen aus Baden, aus Karlsruhe, hierher, in die Pfalz. Wir kommen öfter über den Rhein, meistens zum Wandern, oft auch mit einem Abstecher ins Elsass. Heute sind wir hier als Gewerkschafterin und antifaschistische Geschichtsforscher.

Morgen, am 6. Mai, kamen vor 84 Jahren auch Leute aus Baden in die Pfalz, auch zum Wandern, so sahen sie jedenfalls aus. Sie hatten sich mit Gleichgesinnten aus der Pfalz verabredet.

Ihr Ziel war der Asselstein bei Annweiler – viele werden ihn kennen. Dort trafen sie sich 1934, sie waren Nazi-Gegner, die mit der Politik der großen Arbeiterparteien nicht einverstanden waren. Es waren Leute von der Sozialistischen Arbeiter-Partei, der Rechberg-Gruppe, aus Gewerkschaften und auch örtlichen SPD-Gruppen. Sie waren bereit, mit anderen Nazi-Gegnern wie z.B. Kommunisten zusammenzuarbeiten. Diese Zusammenarbeit in der Aktion gegen alte und neue Nazis, damals gegen die NSDAP, heute gegen die Rechten aller Schattierungen, mittendrin immer die AFD, ist auch heute leider immer noch bzw. wieder nötig! Lassen wir die Fehler unserer VorkämpferInnen hinter uns! Ob Christ oder Kommunist, ob links oder liberal, gemeinsam gegen alte und neue Nazis, egal, wie sie sich nennen!

Dieser junge Mann heißt Alfons Pfirrmann. Er stammt aus Wörth, also nicht weit von hier. Er war Kommunist und in der Weimarer Zeit auch Mitglied der „Roten Hilfe“. Die Rote Hilfe war vor 1933 eine überparteiliche Hilfsorganisation für politische Gefangene und ihre Familien: Sie wurde unterstützt von dem Physiker Albert Einstein, der Künstlerin Käthe Kollwitz, den Schriftstellern Heinrich und Thomas Mann, Carl von Ossietzky, Kurt Tucholsky und dem Künstler Heinrich Zille.

Die Zusammenarbeit gegen die Repression und gegen den drohenden Faschismus war damals leider zu schwach, die Arbeiterparteien marschierten getrennt gegen die Nazis. Gemeinsam saßen sie dann im Konzentrationslager, nicht weit von hier in Neustadt oder in Osthofen. Wenn die Gedenkstätten dort einen Sinn machen sollen, dann doch den, nicht allein der Opfer der Nazis zu gedenken, sondern ihren Auftrag hier und heute zu erfüllen: Nie wieder! Keine Hetze gegen Geflüchtete! Keine Ausgrenzung von Schwachen!

Was hat das mit Kandel zu tun? Nun, der Zimmermann Alfons Pfirrmann steht 1933 vor dem Amtsgericht Kandel: Leider haben wir kein Foto des Gerichtsgebäudes auftreiben können. Pfirrmann bekommt 3 Monate Haft wegen „Beschaffung von Waffen“.

1934 wird er wieder verhaftet und sitzt in Untersuchungshaft in Landau. Es folgt die Anklage vor dem Oberlandesgericht München – hier im Bild – gegen ihn und weitere Nazi-Gegner. Die Vorwürfe lauten auf Fortführung des verbotenen Rot-Frontkämpfer-Bundes und Sammlungen für die Rote Hilfe. Das Gericht verurteilt ihn zu 2 ½ Jahren Gefängnis, die er bis Ende 1936 im Gefängnis Bernau am Chiemsee absitzen muss.

1937 flieht er bei Scheibenhardt über die Grenze nach Frankreich. Er kämpft in Spanien gegen die Franco-Faschisten und die Nazi-Söldner der „Legion Condor“. Nicht umsonst heißen die Gegner Francos „Internationale Brigaden“: Anti-Faschisten aus 53 Ländern kommen der spanischen Republik zu Hilfe. Der Kommunist Pirmin kämpft im Bataillon 12. Februar – hier das Titelblatt der Bataillons-Zeitung – zusammen mit Sozialdemokraten aus Österreich. Sie haben nicht gegeneinander, sondern gemeinsam gekämpft!

Ihre Niederlage hat viel mit der mangelnden Unterstützung der Verteidiger der spanischen Republik zu tun: Franco bekam Waffen von Hitler und Mussolini. Es reicht eben nicht, gegen den heutigen Nazi-Aufmarsch zu protestieren. Deshalb protestieren wir auch gegen Waffenlieferungen an Erdogan, an die Saudis, an alle möglichen diktatorischen Regime, egal wo!

Für Alfons Pfirrmann beginnt 1939 ein 6 Jahre langer Weg durch Lager in Frankreich, das Gefängnis in Neustadt, das Gefängnis Ludwigsburg und das Konzentrationslager Dachau. Er wird von der US-Armee befreit und kann in die Pfalz, nach Wörth, in die Freiheit zurückkehren.
Diese Freiheit gilt es zu verteidigen, auch hier und heute!

Adelante Libertad!“

(Bericht und Fotos: John Brambach und Christian Ratz)




Demonstrationen verliefen unter massivem Polizeiaufgebot weitgehend friedlich (mit Bildergalerie)

Von den ursprünglich neun noch bis Freitagnachmittag angemeldeten Kundgebungen fanden am 07.04.18 nur noch 4 statt. (Wir berichteten). Nach Informationen der Polizei nahmen an der rechtslastigen Demo des „Frauenbündnis Kandel“ bis zu 800 Menschen teil. Rund 400 TeilnehmerInnen zählten die Kundgebung des „Männerbündnis Kandel“ und eine Mahnwache am Bahnhof. Bei der Demo des selbst ernannten Judenbeauftragten wurden nur zwei Personen gesehen. Etwa 200 AntifaschistInnen erreichten Kandel nicht, da deren Zug in Wörth von der Bundespolizei gestoppt wurde. Insgesamt sollen etwa 1000 Polizeikräfte in Kandel im Einsatz gewesen sein.

 

Männerbündnis Kandel demonstrierte für Menschenrechte statt rechte Menschen – Wir sind Kandel reinigt den Marktplatz von braunem Dreck

Unerträglich empfanden es viele Teilnehmer, dass die Polizei NPD- und AfD-Vertreter, sowie pöbelnde Hooligans direkt am Versammlungsort am Saubrunnen durchschleuste, um den Rechten den möglichst kürzesten Weg zum Marktplatz zu ermöglichen. In den Reden wurde das Verhalten der Ordnungsbehörde Germersheim angeprangert, welche am Freitag angemeldete Mahnwachen nicht wie von den Veranstaltern gewünscht, sondern nur konzentriert auf dem Bahnhofsvorplatz, genehmigte. Aus Protest sagten die Anmelder daraufhin ihre Mahnwachen ab. Weder Polizei, noch Ordnungsbehörde waren am 7.4. willens oder in der Lage den nachfragenden Pressevertretern vor Ort Auskunft erteilen zu wollen. Die polizeiliche Einsatzleitung sagte hierzu: „Sache der Ordnungsbehörde“. Die Vertreterin der Ordnungsbehörde formulierte: „Man könne hierzu keine Stellungnahme abgeben, da dies alleinig im Ermessungsspielraum der Polizei liege.“ Was nun und wer hat welche Befugnisse? Eindeutig wurde dem Presseauskunftsrecht an dieser Stelle nicht genügend gedient.

Eine Pressemitteilung von Die Partei veröffentlichen wir am Ende dieses Artikels im Wortlaut. Lediglich die Mahnwache „Nazis aufs Abstellgleis“, fand wie ursprünglich geplant am Bahnhof statt. Weiter kritisiert wurde die Tatsache, dass die Ordnungsbehörde diverse spontan am 7.4. angemeldete Kundgebungen nicht genehmigte. Als bekannt wurde, dass rund 200 AntifaschistInnen von der Bundespolizei in Wörth in einem Regionalzug aus Karlsruhe kommend an der Weiterfahrt gehindert wurden, war die Empörung umso größer. Weiter wurde in den Ansprachen kritisiert, dass Rechtsextremisten weiterhin versuchen Kandel für ihre rassistische und ausländerfeindliche Propaganda zu missbrauchen, mit ihrem Hass und ihrer Hetze versuchen einen spalterischen Keil in die Kandler Bevölkerung zu treiben. Nach dem starken Protest für Demokratie und Menschenrechte am 24.3. konnten an diesem Tag deutlich weniger Menschen mobilisiert werden. Das bürgerliche Bündnis „Wir sind Kandel“ beschränkte sich darauf den Marktplatz von braunem Dreck zu reinigen, nachdem die Rechten ihren Demozug in Richtung Mitfahrerparkplatz machten.

“Frauenbündnis Kandel – Gemeinsam für Deutschland“ zieht Reichsbürger und Nazis an

Wie im Vorfeld bereits befürchtet, wurde die Kundgebung von dem aus Mannheim stammenden Marco Kurz (Der Marsch 2017) zum Sammlungsort von besorgten Wut- und Reichsbürgern, AfD- und NPD-Vertretern und deren Anhängern, Nazi-Hooligans u.a. der Sorten Hammerskin, LuNaRa (Ludwigshafener Nazis und Rassisten) und Berserker Pforzheim. Auch dabei waren Vertreter von SageSa (Saarland gegen Salafisten) und erstmalig in Kandel in größerer Anzahl völkische Rechte der Identitären Aktion und Identitären Bewegung. Ebenfalls anwesend war der Vertreter der Ein Prozent-Bürgerbewegung im Rhein-Neckar-Raum Edgar Baumeister. Dieser Bewegung wird eine besondere Nähe zur AfD und zum Marsch 2017 nachgesagt. Augenzeugen berichteten, dass sich etwa zehn Hooligans, darunter der Mannheimer NPD-Stadtrat Christian Hehl, vor dem Wohnhaus des Kandler VG-Bürgermeisters Volker Poss versammelt hatten. Dies schien eine beabsichtigte Einschüchterungsmassnahme gewesen zu sein.

Außer den üblichen Parolen gegen Geflüchtete und Migranten, „Ahu-Ahu-Ahu“- Rufen, sowie „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ und „Merkel muss weg“ gingen inhaltlich von diesem Aufzug keine weiteren Botschaften aus.

Nach Mitteilungen der Polizei wurden aus diesem Spektrum heraus verschiedene Vergehen bekannt:

Im Rahmen des Demonstrationsgeschehens kam es in Kandel weiterhin zu einer Körperverletzung durch einen Teilnehmer des rechten Spektrums zum Nachteil einer Gegendemonstrantin.

Ein Teilnehmer der Versammlung „Migrationspolitik, Innere Sicherheit“, der ein Messer mitführte, muss sich wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verantworten.

Darüber hinaus wurden eine Beleidigung und ein Körperverletzungsdelikt zur Anzeige gebracht, wobei eine Versammlungszugehörigkeit der Beteiligten bislang den Behörden nicht bekannt ist.

Insgesamt 16 Personen mussten Platzverweise erteilt werden.

Die Polizei berichtet weiter, dass es in den eigenen Reihen keine Verletzte gegeben hat.

 Judenbeauftragter auf einsamen Posten

Alexander Neß, selbsternannter Beauftragter für Fragen um den Islam und Antisemitismus, nach eigenen Angaben im Allgäu geboren und in Hamburg lebend, war bereits Anfang Januar 2018 in Kandel, um der mutmaßlich ermordeten Mia V. seine Aufwartung zu machen. Am Samstag fand die von ihm angemeldete Kundgebung keinen regen Zulauf.

 

 

Eine Spontankundgebung konnte stattfinden

Die Kurfürstlich Kurpfälzische Antifa konnte am späten Samstagnachmittag noch eine Kundgebung am Bahnhof anmelden, welche auch genehmigt wurde. Auch hier wurde in den Reden scharf das Vorgehen der Ordnungsbehörde Germersheim in Bezug auf die Nicht-Genehmigung der Mahnwachen kritisiert, ebenso wie das willkürliche und brutale Vorgehen der Bundespolizei am Wörther Bahnhof gegenüber den 200 AntifaschistInnen, die an diesem Tag nicht nach Kandel reisen durften.

Pressemitteilung des Landesverbands Rheinland-Pfalz Die Partei vom 07.04.18 (es gilt das geschriebene Wort):

„Pressemitteilung

Einschränkung von Grundrechten durch Behördenwillkür in Kandel

Das Ordnungsamt Germersheim lässt angemeldete Mahnwachen der PARTEI nicht zu und schränkt bewusst Grundrechte wie Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit ein. Der Landesverband der PARTEI Rheinland-Pfalz prüft rechtliche Schritte gegen das Ordnungsamt einzuleiten.

Im Zusammenhang zu den heutigen Protesten (07.04.18) für ein friedliches Miteinander, für Tierschutz, Klärungsbedarf, für Männerrechte anstatt Rechte Männer, für mehr Vielfalt und gegen Hass und Hetze als auch für das Abschieben von Nazis, fordern bzw. bestimmen, die ortsansässigen Behörden grundlos eine Zusammenlegung der geplanten Mahnwachen.

Dies ist in keinster Weise nachvollziehbar. Es wurde weder zu Gewalt aufgerufen noch sind Ballungszentren zu erwarten. Durch die Vielfalt der Kundgebungen wollte man eine freie Entfaltung der Meinung ganz getreu nach dem Grundgesetz schaffen. Abermals, wie auch am 24.3 soll dies nun nicht stattfinden können. Es ist und bleibt uns ein Rätsel weshalb man nur einer bestimmten Meinung jene Freiheit gewährt und andere durch Gewalteinwirkung und Vorverurteilung unterbindet. Grundrechte ausweisen bleibt illegal! Wir werden diese Anordnung anfechten. Bleiberecht für Versammlungsfreiheit!

Die Mahnwachen wurden für folgenden Tage angemeldet:

5.5.2018, 12.5.2018, 19.5.2018, 26.5.2018, 2.6.2018, 9.6.2018, 16.6.2018, 23.6.2018, 30.6.2018, 07.7.2018, 14.7.2018, 21.7.2018, 28.7.2018, 4.8.2018, 11.8.2018, 18.8.2018. 25.8.2018, 1.9.2018, 8.9.2018, 15.9.2018. 22.9.2018, 29.9.2018, 7.10.2018, 13.10.2018, 20.10.2018, 27.10.2018, 03.10.2018, 20.10.2018, 27.10.2018, 03.11.2018, 10.11.2018, 17.11.2018, 24.11.2018, 1.12.2018, 8.12.2018, 15.12.2018, 22.12.2018, 27.12.2018

Auszüge aus der Anmeldung der Mahnwachen:

09:00-15:00 Uhr in Kandel eine Demonstration auf dem Marktplatz mit Demonstrationszug und einer Abschlusskundgebung an. Das Motto der Demonstration lautet: „Demonstration gegen Demonstrationen und gegen Gegendemonstrationen, für Liebe, Frieden, Menschenrechte und Tierschutz und gegen Glyphosat und Fracking“. Wir rechnen mit ca. 1000 Teilnehmern. Es werden Banner, Fahnen, Schilder, Trillerpfeifen, Tröten und Megaphone zum Einsatz kommen. Redebeiträge sind geplant.

Als Route für den Demonstrationszug ist folgende Strecke geplant: Start an der Schulgasse 3 über die Stadthalle Kandel auf die Hauptstraße 61. Von dort über die Bahnhofstraße 2, durch die Marktstraße bis in die Schillerstraße, weiter auf die Zeppelinstraße bis zur Landauer Straße 16. Von dort zurück in die Goethestraße, an der Ecke des Sonnenstudio „Solar Vital Select“ durch die Gasse in die Marktstraße, von dort auf die Landauer Straße bis zur Hauptstraße, dieser folgend bis zur Saarstraße 80. Von dort die Saarstraße zurück, über die Abzweigung der Saarstraße auf den Hintergraben bis Im Kräutergarten in die Nußbaumallee bis zur Georg-Todt-Straße. Von dort auf die Lauterburger Straße in eine Seitenstraße Richtung Beethovenstraße in die Schubertstraße. Diese entlang bis zur Jahnstraße, in die Waldstraße bis zur Elsässer Straße bis auf die Lauterburger Straße.

Diese entlang bis zu Bahnhofstraße entlang bis zur Sommerstraße in die Gartenstraße bis zum Dierbachweg, diesen entlang zum Hintergraben entlang bis auf die Raiffeisenstraße bis zur Rheinstraße, diese entlang, über den Kreisel auf die Rheinzabener Straße. Von dort zurück Richtung Kreisel, diesen entlang in die Nansenstraße bis zum Anfang der Robert-Koch-Straße, dort abbiegen in eine Seitenstraße, vorbei an einem Parkplatz, bis zum Ende der Seitenstraße. Von dort zurück in die Juststraße, dort folgend bis zur Marktstraße 42. Hier findet die Abschlusskundgebung statt.

Weitere Informationen über den Vorgang und Presse finden Sie hier:

https://kommunalinfo-mannheim.de/2018/04/06/kandel-ordnungsamt-germersheimbehindert-die-meinungsfreiheit/

https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=187689888706409&id=180838102724921

Der Landesverband der PARTEI Rheinland-Pfalz sowie die anliegenden Landes- und Ortsverbände kritisieren das Vorgehen der Behörden scharf und fordern eine Durchsetzung der Grundrechte im Sinne einer ordnungsgemäßen Demokratie. Behördenwillkür, Vorurteile und Schubladendenken haben nichts bei einer ordnungsgemäßen Anmeldung verloren.

Es empfiehlt sich:

Die PARTEI Landesverband Rheinland-Pfalz

  1. Vorsitzender Sebastian Beuth

HP: www.partei-rlp.de/

FB: https://www.facebook.com/dieparteirlp

TW: https://twitter.com/dieparteirlp

„Ihre Meinung – unsere Meinung!“

NEU: Die PARTEI Rheinland-Pfalz für die Hosentasche!

https://play.google.com/store/apps/details?id=com.Tobit.android.Slitte7550730860&hl=de

 

 

(Bericht: Christian Ratz / Fotos: B.K., John Brambach und Christian Ratz)

Weitere Bilder des Tages:




Kandel: Ordnungsamt Germersheim behindert die Meinungsfreiheit

Wie wir gestern berichteten wurden für den morgigen Samstag in Kandel erneut Kundgebungen, Demonstrationen und Mahnwachen angemeldet. Die Anmelder der Mahnwachen erhielten heute Post von der zuständigen Ordnungsbehörde in Germersheim, die dieser Redaktion in Teilen vorliegt. Die Behörde hat sämtlichen AnmelderInnen keine Erlaubnis erteilt, am ursprünglich angemeldeten Ort ihre Mahnwachen und Aktionsstände betreiben zu dürfen. Die gelieferte Begründung der Behörde liest sich mehr als fadenscheinig und hat daher ein Geschmäckle. Rund 1000 Polizeikräfte sollen am 7.4. in Kandel zum Einsatz kommen.

 

Durch Nicht-Teilnahme am Kooperationsgespräch werden Sanktionen ausgesprochen

Die Teilnahme an solchen Kooperationsgesprächen, die in aller Regel von Ordnungsbehörden und der Polizei angeboten werden, ist freiwillig. Die verschiedenen AnmelderInnen der Mahnwachen/Aktionsstände mit jeweils rund 15-20 Personen sahen offenbar mehrheitlich keinen Bedarf an solchen Kooperationsgesprächen teilzunehmen. Dies nahm nun die zuständige Mitarbeiterin des Ordnungsamts Germersheim am 06.04. zum Anlass dies in der Auflagenerklärung als Vorwurf zu formulieren und unterschwellig anzudeuten, dass mit Verweis auf die Böllerwürfe am 24.3. ein Gefahrenpotenzial von den Mahnwachen/Aktionsständen bzw. deren AnmelderInnen ausginge.

Staatliche Repression stößt auf vehementen Gegenprotest

Faktisch wurde das ursprünglich von den AnmelderInnen weite Netz rund um die rechtslastige Kundgebung des Marsch 2017/“Frauenbündnis Kandel“ alias Marco Kurz durch die Behördenbescheide repressiv zunichtegemacht. Alle Mahnwachen, mit zwei Ausnahmen, sollen nun nach dem Willen des Ordnungsamts Germersheim zentral auf dem Vorplatz des Kandler Bahnhofs stattfinden. Eine Mahnwache war an dieser Stelle ohnehin schon angemeldet worden und ist damit von den Repressalien nicht betroffen. Die Mahnwache der Kurfürstlich Kurpfälzischen Antifa wurde seitens der Behörde an den Ort der Abschlusskundgebung der Demo des Männerbündnisses Kandel verlegt (Ecke Bahnhofsstraße/Dierbachweg). Hiergegen hat der Anmelder Einspruch eingelegt und sich den Weg der Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht offengehalten.

 

 

Für den heutigen Abend ist eine Pressemitteilung einer Partei angekündigt, die ebenfalls Opfer der willkürlichen Behördenentscheidung wurde. Alsbald uns diese vorliegt werden wir sie an dieser Stelle ergänzen.

 

 

(Bericht und Bilder: Christian Ratz)




Erneute Demonstrationen in Kandel

Symbolbild: Kandel 28.01.18

Zwei Wochen nach den letzten Großdemonstrationen und Kundgebungen mit insgesamt etwa 3000 TeilnehmerInnen am 24.3.18 (wir berichteten) wurden für den kommenden Samstag erneut drei Veranstaltungen angemeldet. Verschiedene Quellen gehen davon aus, dass am 07.04. in Summe nur ungefähr 600 Personen zu den unterschiedlichen Demonstrationen kommen werden. Diese Redaktion geht nach aktuellen Einschätzungen und eigenen Recherchen davon aus, dass die Teilnehmerzahl eher bei deutlich über 1000 Teilnehmern liegen wird.

 

 

Neu gegründetes Männerbündnis Kandel geht für Menschenrechte auf die Straßen / Wir sind Kandel kehrt die Straßen rein

Unterstützt wird dieses erst von wenigen Tagen gegründete Bündnis durch zahlreiche Initiativen, Kampagnen und Parteien, sowie durch unzählige AntifaschistInnen. Informationen zur Kundgebung mit Demozug und den weiteren Programmpunkten sind der Aktionskarte zu entnehmen. Das bürgerliche Bündnis „Wir sind Kandel“ will am 07.04. an anderer Stelle zuerst kreativ werden, um für künftige Aufzüge auch wieder gut ausgerüstet zu sein. Dieses Bündnis ruft alle BürgerInnen Kandels dazu auf, nachdem die rechtslastige Demo den Marktplatz verlasssen und im wesentlichen die Rheinstrasse durchschritten hat, die Straßen mit Besen und Schaufeln faktisch und symbolisch gleichermassen vom „braunen Dreck“ zu reinigen.

Der Marsch 2017 und “Frauenbündnis Kandel – Gemeinsam für Deutschland“

Der von „Kandel ist überall“ entthronte Marco Kurz wird als Anmelder einer weiteren Kundgebung am kommenden Samstag auch als Versammlungsleiter fungieren. Das Motto seiner Veranstaltung lautet „Sicherheit – Familie – Heimat – Freiheit“. Beworben wird diese Veranstaltung u.a. massiv auf vk.com und in extrem rechtslastigen Kreisen. Neben der NPD rufen auch AfD-Vertreter zur Teilnahme auf. Es sollen u.a. Busse bis aus Nürnberg von der blauen Partei organisiert werden. Diese Veranstaltung beginnt auf dem Marktplatz und endet nach einem Aufzug durch die Innenstadt auf dem Mitfahrerparkplatz an der A65.

 

Hamburger, Islam- und Antisemitismusbeauftragter, meldet eigene Kundgebung an

Alexander Neß, selbsternannter Beauftragter für Fragen um den Islam und Antisemitismus, nach eigenen Angaben im Allgäu geboren und in Hamburg lebend, war bereits Anfang Januar 2018 in Kandel, um der mutmaßlich ermordeten Mia V. seine Aufwartung zu machen. Seine Eindrücke hat Neß in einem Video dokumentiert, welches auf Youtube verfügbar ist. Das Thema seiner Kundgebung ist, wie der Pfalz Express in seiner gestrigen Ausgabe zu berichten wusste, „Keine Instrumentalisierung bzw. kein Missbrauch des Falls Mia aus Kandel in der Stadt Kandel“.

Weshalb sich der Anmelder als Ort seiner Kundgebung den Bereich gewählt hat, an dem am 06.01.18 die NPD Hass- und Hetze verbreitete, Ecke Lauterburger-/Jahnstraße, wird er bestimmt seinen ZuhörerInnen mitteilen können.

 

 

 

 

(Bericht: Christian Ratz / Fotos: Christian Ratz und John Brambach)




Kommentar Kandel am 24. März: Die Polizei, die Medien und das Märchen von der Gewalt [mit Video]

Im Nachgang der Demonstrationen von Kandel am 24. März mischt die Polizei in der politischen Deutung der Geschehnisse fleißig mit. Die Polizeiführung hatte am Montag danach die Presse ins Polizeipräsidium Ludwigshafen eingeladen, um ihre Sicht der Dinge in den Medien zu platzieren. Die Zusammenfassung in aller Kürze: Die Linken waren die Störenfriede, mit den Rechten war alles ok.

Die Pressekonferenz hatte ihre Wirkung nicht verfehlt. Bereits am Dienstagmorgen titelte Die Rheinpfalz „Gewalt vor allem von links“, der SWR schrieb „Polizei erhebt schwere Vorwürfe gegen Antifa“ und im Interview mit dem Pfalz Express sagt Polizeidirektor Martin Kuntze, dass insbesondere aus dem „Bereich des linken Spektrums die meisten Herausforderungen resultieren“. Interessanterweise gab es eine solch eindeutige Schieflage mit Problemschwerpunkt links in der Medienberichterstattung am Sonntag und Montag noch nicht. Da musste die Polizei erst nachhelfen.

Was war geschehen?

Kurz nach Ende der Gegendemonstration „Wir sind Kandel“ zog ein Teil der Teilnehmer*innen in Richtung der rechten Demo, um Protest in Sicht- und Hörweite zu äußern. Die Polizei ließ das nicht zu, es kam zu Gerenne, Geschrei, Gerangel und in Folge zum Schlagstock und Pfefferspray-Einsatz. Während dieser Auseinandersetzung wurden auch „drei bis vier“ Böller gezündet. Ob diese nun auf Polizist*innen oder über die Polizeiabsperrung hinweg in Richtung rechter Demonstration geworfen wurden, bleibt Spekulation. Fakt ist, dass solche Böller (nach Aussage von Polizeisprecher Martin Kuntze „Sprengsätze“) gefährlich sind und zu schweren Verletzungen führen können. Fakt ist aber auch, dass es glücklicherweise keine schweren Verletzungen bei der Polizei gegeben hat. Insgesamt seien acht Polizeibeamte leicht verletzt worden.

Die schweren Verletzungen gab es dagegen bei den Nazi-Gegner*innen. In Folge des Schlagstock- und Pfefferspray-Einsatzes wurden zahlreiche Teilnehmer*innen der Gegendemo verletzt. Einige mussten vom Sanitätsdienst behandelt werden. Eine Sprecherin der „Kurfürstlich Kurpfälzischen Antifa“ kritisierte, dass die Polizei nicht zielgerichtet gegen mutmaßliche Straftäter vorgegangen sei, sondern wahllos in die Menge geprügelt und gepfeffert habe. Das belegen auch Videoaufnahmen, die über Youtube abrufbar sind.

Das Video zeigt die Polizeiaktion nach Böllerwürfen in Richtung rechter Demo. In Folge dessen wurde ein Teil der Gegendemo festgesetzt.

Polizei macht Politik

Polizeidirektor Martin Kuntze schiebt im Interview mit dem Pfalz Express bewusst vorweg, die Polizei sei „ein neutraler Garant“ und habe das Ziel, die Versammlungsfreiheit für alle gleichermaßen zu gewährleisten. Er sagt aber nicht, dass die Polizei als eigenständiger Akteur ganz eigene Interessen verfolgt.

Während es nach den gewalttätigen Ausschreitungen durch Rechte am 3. März keine besondere Meldung der Polizei, keine Pressekonferenz mit Präsentation der Ermittlungsergebnisse gab und erst auf Nachfrage entsprechende Straftaten bestätigt wurden, gab es nach dem 24. März eine große, durch die Polizei initiierte Pressekampagne.

Warum das unterschiedliche Vorgehen? Die Opfer des 3. März waren Gegendemonstrant*innen, die am Rande der rechten Demo niedergeschlagen wurden. Die Polizei hatte es versäumt, gegen Straftaten aus der rechten Demo (Vermummung, Flaschenwürfe, Körperverletzung) vorzugehen. Am 24. März war die Polizei personell viel besser aufgestellt. Immerhin hatten sich auch mehr Gegendemonstrant*innen angekündigt. Jeder Verstoß gegen Auflagen durch die Linken wurde sofort geahndet (zum Beispiel das zusammen knoten von Transparenten). Als die Polizei dann selbst Teil der Auseinandersetzung wurde, Menschen verletzte und ihrer Freiheit beraubte, darunter ganz offensichtlich auch Unbeteiligte, wie Gemeinderäte aus dem Nachbarort Minfeld und Heidelberg, begann der Kampf um die Deutungshoheit der Geschehnisse.

Die eigene Gewalt musste legitimiert werden. Man beachte hier Details, wie die gezielte Wahl der Sprache. In Kandel, das betonte Polizeidirektor Martin Kuntze ganz ausdrücklich, seien Sprengsätze gezündet worden, die könne man nicht mehr als Böller bezeichnen. Sprengsätze. Dieser Begriff wird ansonsten wohl eher im Zusammenhang mit Terroranschlägen verwendet.

Welche Gewalt ist gut?

Es ist legitim und sinnvoll, die Böllerwürfe zu kritisieren. Das geschieht in den Kommentarspalten der Medien, aber auch in Diskussionen innerhalb der antifaschistischen Bewegung. Es ist aber genauso legitim und sinnvoll, gewalttätige Übergriffe durch die Polizei zu kritisieren. Nur eben das geschieht leider nicht. Nicht in den Medien, die von der Polizeipressekonferenz berichteten. Und schon gar nicht in den eigenen Reihen der angeblichen Gesetzeshüter.

Es bleibt die Frage: Was ist die größere Gefahr für eine demokratische Gesellschaft: Eine Handvoll Antifa Aktivist*innen, die drei bis vier Böller in Richtung einer rechten Demo werfen oder eine mächtige Behörde, die ohne jegliche neutrale Kontrollinstanz, schwer bewaffnet, finanziell, technisch und organisatorisch bestens aufgestellt, die Bevölkerung bei Versammlungen im öffentlichen Raum nach eigenem Ermessen überwachen, einschränken, festhalten und im Konfliktfall mit körperlicher Gewalt überziehen kann – ohne dafür kritisiert zu werden?

Der Feind steht links

„Bei der „bürgerlich-rechten Demo“ seien dieses Mal nur vereinzelt Rechtsextreme dabei gewesen“, zitiert der Pfalz-Express den Polizeidirektor Kuntze. Dagegen seien das Hauptproblem die „Linksextremisten“ gewesen. Mit dieser Positionierung legt sich der Polizeidirektor fest. Nicht die Rassist*innen, Antisemit*innen, Nationalist*innen sind die große Gefahr, sondern diejenigen, die dagegen protestieren.

Hier zeigt sich wieder einmal die Problematik der Extremismusdoktrin. In Verkennung jeglicher Bedeutung politischer Haltungen gegenüber einer Gesellschaft, werden diejenigen als „Extremisten“ (und damit als die Schlimmsten und Bösesten überhaupt) bezeichnet, die sich den staatlichen, in diesem Fall polizeilichen Vorgaben am vehementesten widersetzen. Der Rassismus von „Kandel ist überall“ kommt tatsächlich aus der Mitte der Gesellschaft. Er wird von braven Bürger*innen vertreten. Daher sieht der Polizeidirektor auch so wenige „Extremisten“. Sie laufen alle brav ihren Fähnchen hinterher, gehorchen Befehlen und zünden erst das Flüchtlingsheim an, wenn es die entsprechende Autorität erlaubt hat.

Für die Polizei sind die Linken der unkontrollierbare Faktor. Für die Polizei steht der Feind links. Das war schon immer so und das soll ganz offensichtlich auch so bleiben.

(cki)




Rechte Kundgebungen in Kandel: Erstmals größere Gegendemo [mit Bildergalerie]

„Wir sind Kandel“ war das Motto der Gegendemo

Zur mittlerweile vierten Demonstration rechter Gruppen nach dem Tod einer Jugendlichen im Dezember, kam es am 24. März in der südpfälzischen Kleinstadt Kandel. Erstmals seit Beginn der Aufmärsche konnten demokratische Kräfte mehr Menschen zur Gegendemo auf die Straßen bringen, als die rechten Gruppen. Diese hatten sich erneut unter dem Motto „Kandel ist überall“ versammelt. Den Tod der 15 jährigen Mia, die von ihrem Ex-Freund, einem Asylbewerber, erstochen wurde, nahmen sie erneut zum Anlass, um gegen die Flüchtlingspolitik, den Islam, die Merkelregierung und die Medien zu demonstrieren. Der Gegenprotest unter dem Motto „Wir sind Kandel“ zog nach einer großen Auftaktkundgebung am Bahnhof durch die Stadt – streng getrennt durch die Polizei, die ein Aufeinandertreffen mit Teilnehmer*innen der rechten Demo verhinderte.

Demozug „Wir sind Kandel“

Breiter Gegenprotest wirbt für die demokratische Gesellschaft

Rund tausend Polizeibeamte versetzten Kandel in einen Belagerungszustand. Entlang der Hauptstraße teilten sie die Stadt in zwei Bereiche. Südlich der Linie demonstrierte das demokratische Bündnis „Wir sind Kandel“ zuerst auf dem Bahnhofsvorplatz, dann über Bahnhofstraße und Sommerstraße zum Platz vor dem Verwaltungsgebäude, wo eine Abschlusskundgebung statt fand. In den Reden wurde deutlich gemacht, dass sich die Menschen aus Kandel und Umgebung die rechten Aufmärsche nicht weiter gefallen lassen wollten und den flüchtlingsfeindlichen Parolen demokratische Werte, wie Offenheit, Respekt und Toleranz entgegen setzten.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer

Prominenteste Rednerin der Veranstaltung war die Ministerpräsidentin Malu Dreyer, die am Bahnhof sprach. Auch Vertreter der Kirchen bezogen Stellung gegen die rechten Kundgebungen. Es hatten Parteien, Vereine, Verbände und Antifa-Gruppen mobilisiert. Die Veranstalter*innen schätzen die Teilnehmerzahl auf über 2000 Personen.

Rechte Parolen auf dem Marktplatz

Rechte Demo „Kandel ist überall“ mit AfD-Landtagsabgeordneter Christina Baum (mitte, mit weißer Jacke)

Nördlich der Hauptstraße traf sich das Bündnis „Kandel ist überall“ um die Baden-Württembergische AfD-Landtagsabgeordnete Christina Baum. Auf dem Marktplatz kamen nach Polizeiangaben über 1000 Rechte zusammen. Die Veranstalter*innen reklamierten eine wesentlich höhere Teilnehmerzahl für sich. Die Stadthalle war mit einem großen Banner der Gegenveranstaltung geschmückt. Aus einem Kirchengebäude kam laute Musik. Auch auf der Zugstrecke hatten viele Geschäfte Plakate für ein offenes, demokratisches Kandel in die Schaufenster gehängt.

Rund 1000 Teilnehmer*innen zählte die rechte Kundgebung auf dem Marktplatz

Neben AfD-Anhänger*innen und sogenannten „besorgten Bürgern“ waren erneut Vertreter*innen der Identitären Bewegung, PEGIDA, Hooligans und Neonazis Teil der Veranstaltung von „Kandel ist überall“. Parteifahnen waren wieder tabu. Die parteipolitische Prägung durch Inhalte und Personen der AfD war aber offensichtlich. Auf Plakaten und Bannern wurde gegen den Islam und zugewanderte Menschen gehetzt. Auch andere Themen, wie der Protest gegen Rundfunkgebühren, das Netzdurchsetzungsgesetz, die Außenpolitik gegenüber Russland, Antisemitismus und Verschwörungstheorien fanden Ausdruck durch die Teilnehmer*innen der Veranstaltung.

Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz und trennte die beiden Demonstrationen voneinander

Auf der Kandeler Bühne beschäftigen sich die Rechten längst nicht mehr nur mit dem tragischen Tod der Jugendlichen Mia. Sie ist zum Spielfeld einer breit aufgestellten, inhaltlich diffusen rechten Bewegung geworden – angeführt von Akteur*innen der AfD.

Kandel wird auch weiterhin Bühne bleiben

Die Veranstaltungen blieben weitgehend störungsfrei. Zur kurzen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Gegendemonstrant*innen kam es, als aus der Demo heraus Böller gezündet wurden. Die Polizei setzte daraufhin Schlagstöcke und Pfefferspray gegen die Menschenmasse ein und verletzte Unbeteiligte. Kurzzeitig wurde ein Teil der Demonstration festgesetzt. Nach Abzug der Teilnehmer*innen von „Kandel ist überall“ wurden die Eingekesselten zum Bahnhof zurück geleitet.

Fünf vorläufige Festnahmen gab es nach Angaben der Polizei

Insgesamt fünf Personen seien laut Polizei vorläufig festgenommen worden. Gegen einen Tatverdächtigen sei von Amts wegen Strafanzeige erstattet worden, da er den sogenannten Hitlergruß zeigte. Vier weitere Personen müssten sich wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Würfen mit Pyromaterial, Beleidigung und weiteren Delikten verantworten.

Der Zusammenhang eines Kabelschachtbrandes auf der Bahnstrecke Wörth-Kandel mit den Veranstaltungen wird von der Polizei vermutet. Möglicherweise sollte damit die Anreise der Rechten behindert werden und tatsächlich musste die Bahnstrecke von 14:40 bis 16:35 Uhr gesperrt werden. Ein Zug mit Veranstaltungsteilnehmer*innen wurde dadurch aufgehalten.

Kandel wird auch in den nächsten Wochen nicht zur Ruhe kommen. Die nächsten Demonstrationen sind für Samstag, 7. April angekündigt.

(Text: cki / Bilder: cki, C. Ratz und J. Brambach)

 

Bildergalerie

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