Demokratiefeier 75 Jahre Grundgesetz – für viele ist ein „Gesetz“ vielleicht zu trocken?

Am Samstag, dem 25. Mai fand das große Demokratiefest im Schlosshof Mannheim statt. „Wir feiern 75 Jahre Grundgesetz – unser Garant für Demokratie und Vielfalt!“ war das Motto. Das Fest war ein Kooperationsprojekt von AWO Metropolregion und Mannheim sagt JA e.V.

Peter Kurz bei seiner Ansprache. (Bild: KIM)

Leider war das Fest nicht von Tausenden, sondern „nur“ von Hunderten besucht. Warum diese Veranstaltung nach dem riesigen Zuspruch zu der Kundgebung und Demonstration „Nie wieder ist jetzt“ vom 27. Januar nur schwach besucht war – darüber lässt sich trefflich spekulieren. Sie überschnitt sich mit dem Mannheimer Stadtfest, aber dort hätte man lange davor schon und wieder danach ausgiebig feiern können, selbst wenn man zwischendurch zum Demokratiefest gekommen wäre, um Grundgesetz-Flagge zeigen zu können. Gleichzeitig fand auch die zentral organisierte Kundgebung des Bündnisses Sahra Wagenknecht auf dem Alten Messplatz statt, zu der mehrere Hundert kamen. Vielleicht war der Zuspruch auch geringer, weil es letztlich nur die zwei Veranstalter gab und es manchen Menschen dadurch vielleicht zu speziell erschien.

Die AWO hatte sich mächtig ins Zeug gelegt, von perfekter Veranstaltungstechnik bis zu zahlreichen Informationsständen, die die ganze Breite der AWO-Aktivitäten zeigten. AWO-Kreisvorsitzender Alexander Manz stellte klar: „Die AWO hat im Mannheimer Schlosshof mit einer Kundgebung für Demokratie und Vielfalt gezeigt, dass sie ein werteorientierter Verband mit Haltung ist.“ „75 Jahre Grundgesetz war und ist nicht nur ein Grund zum Feiern, es ist vielmehr auch – gerade in Zeiten, in denen der Populismus immer mehr um sich greift – Mahnung, dass wir unsere freiheitlich demokratische Grundordnung nicht als Selbstverständlichkeit erachten dürfen, sondern sie jeden Tag auf Neue erringen und verteidigen müssen. Wir machen weiter!“.

Hauptredner der Kundgebung am Nachmittag, der dann noch abends ein Kulturfest folgte, war Ex-OB Peter Kurz. Seine Rede dokumentieren wir nachfolgend in Auszügen.

Thomas Trüper

 

Ansprache von Dr. Peter Kurz

Liebe AWO-Freunde, liebe Freundinnen und Freunde des Grundgesetzes, der Demokratie, Europas und der Menschenrechte, liebe Anwesende,

Nie wieder…

ich bin gerne der Einladung gefolgt am heutigen Fest  zu sprechen, weil „Nie wieder!“ – wie für viele meiner Generation – die wesentliche Begründung und Motivation für mein politisches Engagement war. Und dieses „Nie wieder“ begründet unser Grundgesetz und begründet die Idee eines vereinten Europas. Die hier versammelt sind, wissen: Ohne Demokratie und Rechtsstaat ist der Willkür und damit der Rechtlosigkeit von potentiell jeder und jedem und der Entmenschlichung Tür und Tor geöffnet.

Die Väter und Mütter des Grundgesetzes hatten dies schrecklich erfahren. Sie wussten um die Gefahren. Primo Levi hat diese Gefahr in den fundamentalen Satz gefasst: „es ist geschehen, also kann es wieder geschehen.“

Was folgt daraus?

Intoleranz gegenüber Demokratiefeinden

Der Bundespräsident hat in seiner wichtigen Rede zur Feier des Grundgesetzes Carlo Schmid zitiert, der unsere Stadt 23 Jahre im Bundestag vertreten hat, und sicher als die prägendste Persönlichkeit für das Grundgesetz gesehen werden darf. Wehrhafte Demokratie bedeutete für ihn „Mut zur Intoleranz gegenüber denen zu zeigen, die die Demokratie gebrauchen wollen, um sie umzubringen.“ Diese Aufforderung wird erst jetzt, nach Jahrzehnten, aktuell.

Wir hatten unverhofftes Glück: Wir mussten die Wehrhaftigkeit der Demokratie Jahrzehnte lang nicht ernsthaft bemühen.

Doch das darf uns den Blick nicht darauf verstellen, dass Wehrhaftigkeit notwendig ist.

Gefahren für die Demokratie – AfD

Heute sind wir nicht nur damit konfrontiert, dass zu viele Menschen die Gefahren unterschätzen. Wir sind mit der schockierenden Tatsache konfrontiert wie ungehemmt Rassismus und Fremdenfeindlichkeit als Partybelustigung zur Schau gestellt wird. Wir sind damit konfrontiert, dass heute der Nationalsozialismus, der verantwortlich ist für das größte Menschheitsverbrechen, von Abgeordneten – Mandatsträgern in unserer Demokratie –  verharmlost oder sogar positiv in Bezug genommen wird. Das ist unerträglich.

Wer das versteht und sich zu Demokratie und Menschenwürde bekennt, kann sich nicht engagieren in einer Partei, deren Mandatsträger, deren bestimmende Personen genau dies tun. Nicht einmal die radikalen Rechten im europäischen Parlament lassen das der AfD mehr durchgehen. Deshalb: Wer sich für welche Themen auch immer in dieser Gesellschaft politisch einsetzen will, muss dies nicht für eine Partei tun, in der Leute die Demokratie umbringen wollen, um mit Carlo Schmid zu sprechen. Und wer es tut, macht sich damit gemein, Die Ausrede „Das darf man nicht so ernst nehmen“ ist die aktuelle Variante von „ das haben wir nicht gewusst“. Das darf man nicht hinnehmen.
(…)

Demokratie – Rechtsstaat – Gleiche Rechte – Gleichwertigkeit

Zur Demokratie gehört der Rechtsstaat, der dafür sorgt, dass nicht nur Minderheiten, sondern jede und jeder Einzelne Schutz genießt, und dass der Staat sich rechtfertigen muss.

Vor allem aber gehört zur Demokratie, dass alle Bürgerinnen und Bürger die gleichen Rechte und den gleichen Geltungsanspruch haben. Und das ist etwas, das uns alle bindet, nicht nur den Staat.

Dem parlamentarischen Rat sah „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ nicht nur als eine Anforderung an den Staat. E r verstand es als eine Anforderung an alle, die Teil der Gesellschaft sind. Das ist exakt das, was Margot Friedländer in den einfachen Satz kleidet „Seid Menschen!“

Das ist exakt das, was Margot Friedländer in den einfachen Satz kleidet „Seid Menschen!“

Es ist zuallererst die Anforderung, jeden anderen Menschen als gleichwertig anzuerkennen.

Dies ist der archimedische Punkt der Demokratie. Das ist ihre Rechtfertigung: Wir sind nicht Demokraten, weil das den meisten Wohlstand garantiert. Wir sind Demokraten, weil Menschen gleichwertig sind.

Angriffe auf die Gleichheitsidee

Der Angriff auf die Demokratie verbindet sich nicht zufällig mit dem immer offener formulierten Angriff auf die Gleichheitsidee. Der Ausschluss von Menschen ist das Wesensmerkmal der Bewegungen, die aktuell Demokratie untergraben.

Wer die Gleichwertigkeit von Menschen verneint, zerstört den für ein soziales und gewaltfreies Zusammenleben erforderlichen Grundkonsens. Wer so argumentiert und handelt,  wird nicht ausgeschlossen aus der Gemeinschaft der Demokraten, er schließt sich selber aus.

„Seid Menschen“ schafft ein Bewusstsein dafür, dass eine pflichtschuldige Distanzierung von Bedrohung und Gewalt nicht reicht! Wer Plakate hängt, dass Wohnungen frei werden, wenn man Menschen abschiebt, appelliert an die niedersten Instinkte. Wer sprachlich andere entmenschlicht, säht Gewalt. Die mörderische Bedrohung von Menschen, weil sie eine Synagoge besuchen, die gestern in unserer Region manifest wurde, hat etwas zu tun mit dem Klima, das in unserem Land erzeugt wird. Genauso wie die zunehmende Gewalt gegen politisch Engagierte..

Soll eine Gesellschaft menschlich sein, muss die Rhetorik der Ausgrenzung und Abwertung eingedämmt werden und Gewaltfreiheit konsequent und mit größtmöglicher Entschiedenheit eingefordert werden. Das unterscheidet Demokraten von den Feinden der Demokratie und muss sie unterscheiden.

Israelis und Palästinenser

Und das sind unsere Maßstäbe an alle:  Wenn auf einer Pro-Palästina-Demonstration in Mannheim gesagt wird, man werde keine Gewalt ausüben, aber man wolle einzelne, mit Namen Genannte den Hass spüren lassen, wenn Menschen, die an israelische Opfer erinnern, als Mörder beschimpft werden, dann kann dafür niemand Akzeptanz erwarten.

Umgekehrt darf nicht jeder Protest gegen die israelische Reaktion und jede differenzierte Position denunziert werden. Auch das passiert jedoch in zu hohem Maß.

Auch hier gibt der Satz „Seid Menschen!“ Orientierung.

Danach wäre es selbstverständlich, auf beiden Seiten Leiden und Opfer betrauern und wechselseitig anerkennen zu können.

Orientieren wir uns daran, muss es möglich sein, nicht nur der Trauer sondern auch politischen, kontroversen Diskussionen zu Israel und Palästina Raum zu geben. Daran fehlt es. Und auch das ist schädlich.

Denn auch innerhalb derer, die Demokraten sind, ist eine Maßlosigkeit in der Sprache und Ausgrenzung Alltag geworden, die unsere Fähigkeit, wirklich zu diskutieren und gemeinsam Lösungen zu finden, untergräbt. Und damit auch die Demokratie selbst. Vor allem verwischt diese Art der Auseinandersetzung die Grenze zwischen Demokraten und denen, die Demokratie bekämpfen.

„Seid Menschen“ kann auch hier eine gute Richtschnur sein.

Geht es noch um die Auseinandersetzung mit Meinungen oder geht es um Ausgrenzung von anderen aus einer Gemeinschaft?

Letzteres dürfen wir als Demokraten nicht tun und es ist schon längst verbreitete Praxis geworden. Das muss enden!

(…)

Europa

(…) Dennoch wird Europa und seine Idee bedroht – von außen und von innen. Werden seine wesentlichen Werte missachtet.

Mehr Nationalismus soll wieder eine Lösung für alle Themen sein, die Unbehagen auslösen, obwohl der Nationalismus nicht nur keine Lösungen anzubieten, sondern immer nur Leid gebracht hat.

Seien wir als Pro-Europäer selbstbewusster.

Mir hängen zu viele Plakate mit den Slogans , die ein starkes eigenes Land in Europa beschwören. Das ist die falsche Botschaft. Wir wollen ein stärkeres, wir wollen ein demokratischeres Europa. Ein Europa, das Demokratie in den Ländern besser sichert!




Kritik am „Sound of Peace“ – Querdenker auf der Bühne?

Pressefoto der Veranstalter*innen des „Sound of Peace“

Für Sonntag, 8. Mai ist in Mannheim eine große Musikkundgebung mit dem Titel „Sound of Peace“ geplant. Nach Berliner Vorbild spielen bekannte Musiker*innen und sammeln Spenden für die vom Krieg in der Ukraine betroffenen Menschen. Noble Ziele, keine Frage, doch an einem der angekündigten Musiker gibt es nun Kritik: Er soll ein rechtsoffener „Querdenker“ sein.

Update vom 06.05.2022: Am Abend teilte der Veranstalter des „Sound of Peace“, der Verein Mannheim sagt Ja!, mit, man habe „die Reißleine gezogen“. Hans Söllner wurde ausgeladen und wird nicht auftreten.

Seit Freitag Abend nicht mehr im Line Up: Hans Söllner

„Sound of Peace“ ist als Großkundgebung im Ehrenhof des Mannheimer Schlosses geplant. Angemeldet hat die Veranstaltung der Verein „Mannheim sagt Ja“ und zahlreiche weitere Organisationen, Musiker*innen, Studierende der Popakademie und Personen des öffentlichen Lebens sind an der Organisation beteiligt. Gemeinsam habe man die „unmissverständliche Forderung: BEENDET DEN KRIEG!“

Um der Veranstaltung mehr Größe zu geben, wurde sich am Berliner „Sound of Peace“ Konzert orientiert, bei dem am 20. März tausende Menschen zum Brandenburger Tor kamen. Die Berliner sind nun Partner der Mannheimer Veranstaltung und stellen Logo, Design und Künstler*innen bereit.

Kontroverse um Hans Söllner

Ein Booker, der aus der Rhein-Neckar-Region stammen soll, nahm den bayerischen Reggae-Musiker Hans Söllner mit ins Programm auf. Söllner ist vor allem durch seine Songs für die Legalisierung von Marihuana und als Anhänger der Rastafari-Bewegung bekannt geworden. Er gilt als Rebell, Staatskritiker und Provokateur.

Im Zuge der Covid-19 Pandemie kam ein weiterer Aspekt in die Öffentlichkeit. Söllner ist Impfgegner und Kritiker der staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Mit seinen Aussagen und Social Media Postings rückte er immer mehr in die Nähe der Querdenker-Bewegung.

Hans Söllner, 2019 | Bild: gemeinfrei

Einige Beispiele: Bereits 2020 soll er gegen das Kontaktverbot protestiert und dazu aufgerufen haben, kranke Angehörige zu besuchen. Dafür bekam er ein Bußgeld aufgebrummt. Söllner erklärte öffentlich, dass er seine Kinder nicht impfen lasse und beschimpfte Befürworter von Schutzimpfungen. Söllner sagte 2021, er wollte keine Konzerte spielen, wo Maskenpflicht oder Impflicht gelte. Die Maßnahmen seien eine „Hetzjagd auf Ungeimpfte“.

Seine rechtsoffenen Ambitionen gingen sogar so weit, dass er Social Media Postings der AfD teilte und dies später auch verteidigte. In verschiedenen Postings machte er absurde historische Vergleiche und verharmloste damit den NS-Terror. Im Februar 2021 soll Söllner an einer Querdenker-Versammlung in Freilassing/Salzburg teilgenommen haben.

Söllners Plattenlabel, der Trikont Musikverlag, distanzierte sich von seinen Aussagen: „Seine Vergleiche mit dem Dritten Reich entbehren jeder Grundlage und verharmlosen den Terror des Nazi-Regimes in einer unerträglichen Weise“, teilte deren Leiterin mit. Die rechte Szene feierte ihn dagegen für seine Aussagen.

Der Umgang der Veranstalter*innen mit Söllner

Auf Nachfrage ist der Verein „Mannheim sagt Ja!“, der als Veranstalter des Konzerts die Verantwortung trägt, mit der Einladung Söllners nicht glücklich. „Wir distanzieren uns klar von seinen Aussagen“, sagt Sprecher Gerhard Fontagnier. Das Booking Söllners sei nicht abgesprochen gewesen. Man habe darauf gedrängt, ihn wieder auszuladen. Es habe „dicke Luft“ bei zahlreichen Diskussionen und Meetings gegeben. Doch der Booker sei offenbar persönlich mit Söllner befreundet und habe gedroht, auch andere Acts wieder auszuladen, sollte Söllner nicht auftreten dürfen.

Man habe abgewogen und wollte nicht die ganze Veranstaltung platzen lassen. Söllners Auftritt in Mannheim wird also stattfinden. (Siehe update zur Ausladung Söllners; Anm.d.Red.) „Aber wenn er auf der Bühne was los lässt, werden wir intervenieren“ kündigt Fontagnier an.

Für ihn dürfte die Angelegenheit besonders unangenehm sein. Der grüne Stadtrat hatte Anfang des Jahres mit seinen Kolleg*innen Chris Rihm, Angela Wendt und anderen engagiert gegen Aufmärsche der Querdenker-Szene mobilisiert (Kommunalinfo berichtete). So ist es nun besonders bitter, dass ausgerechnet einer von denen einen Schatten auf das eigentlich gute und wichtige Anliegen der Veranstaltung gegen den Krieg wirft. (cki)

 

Webseite Sound of Peace http://www.sound-of-peace.com

Webseite Mannheim sagt Ja! http://www.masagtja.de

 

Quellen und Nachweise:

https://initiativegegenrechts.net/tag/hans-soellner/

https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_S%C3%B6llner

https://www.bgland24.de/bgland/region-bad-reichenhall/reichenhall-verwarnungsgeld-hans-soellner-nach-verstoss-gegen-corona-regeln-13713064.html

https://www.pnp.de/lokales/berchtesgadener-land/Corona-Krise-Hans-Soellner-muss-50-Euro-Bussgeld-bezahlen-3666772.html

https://www.tz.de/leben/gesundheit/hans-soellner-bekennt-sich-impfgegner-beschimpft-impfbefuerworter-zr-8526232.html

https://www.tagesspiegel.de/kultur/musiker-hans-soellner-verbreitet-gefaehrliche-theorien-warum-ein-linker-von-rechten-gefeiert-wird/25869540.html

 

 




KIM-TV: Corona und kein Dach über dem Leben

Video-Mitschnitt einer Veranstaltung am 24.07.2020 in der Lutherkirche, Mannheim Neckarstadt-West.
„Corona und kein Dach über dem Leben – Biographie eines Obdachlosen“ Obdachlosigkeit in Corona-Zeiten ist eine besondere Herausforderung. Richard Brox kennt die Probleme und kann diese aus eigener Erfahrung beleuchten. Der Verein Mannheim sagt JA! will mit dieser Veranstaltung auch klarstellen, dass ein Ausspielen derer, die Unterstützung und Hilfe der Gesellschaft benötigen, ein Irrweg ist. Oft werden „deutsche“ Obdachlose gegen Geflüchtete ausgespielt. Aber nur eine solidarische Gesellschaft ist fähig, Probleme zu lösen und denen ein Netz zu bieten, die Hilfe benötigen – egal woher sie kommen.




Corona-Kundgebung und Masken-Aktion – Gesundheitsschutz auch für Geflüchtete!

Es war vermutlich eine der ersten Versammlungen seit Wochen und auch thematisch war der Corona-Virus ein bestimmendes Thema. „Gleicher Gesundheitsschutz für alle – auch für Geflüchtete“ lautete die Forderung des Bündnis gegen Abschiebungen (BgA), Veranstalterin einer kleinen Kundgebung am Samstagnachmittag auf dem Mannheimer Marktplatz.

Viele Infektionen in Sammelunterkünften

„Es darf keine Benachteiligung beim Schutz vor dem Corona-Virus geben“, erklärte ein Sprecher die Forderung des BgA an die Behörden. In einer Sammelunterkunft in Ellwangen haben sich zahlreiche Geflüchtete mit Covid-19 infiziert. Das Zusammenleben auf engsten Raum, mehrere Erwachsene in kleinen Zimmern und die gemeinsame Nutzung der Sanitäranlagen – all das seien vermeidbare Risikofaktoren. „Zur Zeit stehen genug Unterkünfte leer, Hotels, Pensionen und so weiter. Dort könnten die Geflüchteten untergebracht und die Verbreitung des Virus verlangsamt werden“, erklärt der Sprecher die Vorschläge der Initiative.

Besonders gefährdet seien neben den Menschen in den Flüchtlingsunterkünften auch Gefangene in Justizvollzugsanstalten und Obdachlose, die auf der Straße und in den Notunterkünften mit schwierigen hygienischen Bedingungen konfrontiert sind.

In der Nachbarstadt Ludwigshafen ist in einer Sammelunterkunft die Krankheit Covid-19 ausgebrochen. Zahlreiche Geflüchtete haben sich in kurzer Zeit angesteckt. Die Stadt bemüht sich um kurzfristige Maßnahmen und alternative Unterbringungsmöglichkeiten zur Eindämmung der Infektionen. Eine komplette Sammelunterkunft unter Quarantäne zu stellen, stellt auch die Stadt vor große Herausforderungen.

Die Situation in den Unterkünften kritisiert auch Gökay Akbulut, Migrations- und Integrationspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. In einer Mitteilung schreibt sie „In den Sammelunterkünften für Geflüchtete gibt es keinen Raum, um sich aus dem Weg zu gehen. Ein wirklicher Infektionsschutz ist so nicht möglich. (…) Es wird deswegen nun Zeit, die Menschen in dezentralen Wohnungen unterzubringen statt eingepfercht in Sammelunterkünften.“

Masken-Aktion für die LEA

Masken-Aktion von Mannheim sagt Ja! und von Jungfeld

Ganz praktisch geht das Problem der Verein „Mannheim sagt Ja!“ an. Nach einem Aufruf, Schutzmasken für Geflüchtete zu sammeln, konnten der Verein bereits Spenden bereit stellen. Zudem konnten über eine Aktion der Mannheimer Bekleidungsfirma von Jungfeld 500 Masken organisiert werden, die nun an die Bewohner*innen der Sammelunterkunft Landeserstaufnahmestelle (LEA) in der Pyramidenstraße weiter gegeben werden sollen. Die Aktion bei von Jungfeld läuft weiter. Beim Kauf einer Maske kann man eine weitere kaufen, die an eine bedürftige Person vermittelt wird.

In der LEA leben 250-300 Geflüchtete auf engem Raum, oft zu viert in einem Zimmer, berichtet Gerhard Fontagnier, Stadtrat der Grünen, der mit „Mannheim sagt Ja!“ die Masken-Aktion organisiert. Man wolle erreichen, dass jede*r mindestens zwei Masken zum Wechseln hat. „Wir sollten niemand in der Krise zurücklassen und insbesondere jenen helfen, denen es an Möglichkeiten fehlt“, heißt es in einer Mitteilung des Vereins.

Eigene Auflagen zum Infektionsschutz

Zurück bei der Kundgebung auf dem Marktplatz. Die Teilnehmerzahl ist mit acht Personen zwar überschaubar, dennoch fällt die kleine Gruppe mit Schildern, Transparenten und Mundschutz auf. Es ist vermutlich die erste Versammlung, die es an diesem Ort seit Wochen gibt.

„Ich habe die Kundgebung kurzfristig angemeldet – Anlass war die Aufnahme von gerade einmal 50 Kindern aus dem überfüllten griechischen Lagern – und dem Ordnungsamt gleich dazu geschrieben, wie wir den Infektionsschutz beachten werden“, berichtet der Anmelder. Neben dem Tragen einer Mund-/Nasenschutzmaske sei auch ein Mindestabstand zueinander und eine maximale Teilnehmerzahl selbstgewählte Auflage gewesen. Flugblätter würden nicht verteilt, stattdessen werden Passant*innen darauf hingewiesen, sich am Stapel selbst bedienen zu können.

Die Versammlungsbehörde sei nach einem kurzen Telefonat einverstanden gewesen und habe keine Einwände gegen die Kundgebung gehabt. Der Entscheidung vorausgegangen war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts in dieser Woche. Das höchste Gericht hatte das pauschale Verbot einer Kundgebung in Gießen aufgehoben und die dortige Versammlungsbehörde angewiesen, den Einzellfall zu prüfen. Dieses Urteil dürfte grundsätzlichen Charakter haben. Ein pauschales Verbot von Versammlungen auf Basis der Corona-Verordnungen ist demnach nicht zulässig. Ist im Einzelfall der Infektionsschutz gewährleistet, spricht auch nichts gegen eine politische Versammlung.

(cki)

 

Weitere Bilder der Kundgebung

 

Pressemitteilung des Bündnis gegen Abschiebungen

„Solidarität mit Geflüchteten – insbesonders die Forderung, dass es keine Benachteiligung der Geflüchteten hinsichtlichlich des Schutzes vor der Coronavirus-Pandemie geben darf. Also gleicher Schutz für alle!“

Das war der etwas umständliche Text für die Anmeldung einer Veranstaltung, die endlich mal wieder sichtbar „unter freiem Himmel“ stattfand.

Wohl auch aufgrund eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 15. April 2020 ging es dieses Mal mit der Anmeldung beim Ordungsamt ziemlich schnell.

(In diesem Beschluss wurde das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8, Abs. 1 Grundgesetz endlich mal wieder vom höchsten Gericht bekräftigt!)

Erst am Freitag, den 17.04. wurde die Veranstaltung angemeldet und am selben Tag erhielten wir auch schon die schriftliche Bestätigung des Ordnungsamts.

Die Polizei war im Übrigen an diesem Tag überraschend kooperativ – sollte immer so sein, was aber leider kaum zu erwarten ist!

Trotz technischer Probleme – das Megafon war kaum zu hören – war die Aktion ein Erfolg. Es gab großenteils sehr positive Reaktionen von den vorbeigehenden Passant*innen, die uns auch mehrfach direkt ansprachen. Mit Plakaten und 3 Transparenten haben wir unsere Solidarität mit den Geflüchteten bekundet. Deutlich war auf einem Transparent unsere Hauptforderung zu lesen:

Gleicher Gesundheitsschutz für alle, auch für Geflüchtete!

Auf ein zweites Transparent hatten wir geschrieben: „Geflüchtete retten, statt sterben lassen!“.

Auf Plakate hatten wir die Forderungen geschrieben: „Sammellager auflösen!“, Keine europäische Abschottung, Geflüchtete aufnehmen!“, „Bleiberecht für alle, keine Abschiebungen, keine Abschiebehaft!“

Wir waren insgesamt nur 10 Menschen – darunter 1 Kleinkind mit seiner Mutter -, die an unserer Aktion insgesamt beteiligt waren. Aber nicht alle waren gleichzeitig vor Ort.

Wir gingen mehrmals langsam und im Abstand von 3 – 4 Metern mit den Transparenten und den Plakaten auf dem Marktplalz im Kreis, um die Leute auf unser Anliegen aufmerksam zu machen.

Wir haben auch Atemschutzmasken und Schutztücher dabei! Bei unseren Rundgängen riefen wir auch auch mehrmals laut unsere Forderungen.

Die Gefahren durch das Coronavirus zu erkranken sind für Geflüchtete besonders hoch, wie übrigens auch für Obdachlose und Gefangene..

In den Hotspots an den europäischen Außengrenzen, vor allem auf den Inseln der Ägäis, aber auch in den Lagern der europäischen Länder selbst, auch in Deutschland, ist gerade wegen der engen Unterbringung – vielfach mehrere Personden in einem Raum – das Risiko der Ansteckung durch das Coronavirus besonders hoch. Hierfür ist etwas Ellwangen ein besonders krasses Beispeil. In diesem Flüchtlingslager soll die Hälfte der Geflüchteten schon positiv getest worden sein!

Es ist auch in Deutschland schon zu Protesten der Geflüchteten gegen die Lager-Unterbringung gekommen. Gerade jetzt ist die Unterbringung in Lagern unverantwortlich und rücksichtslos. Weil auch die hygienischen Bedingungen vielfach unzureichend sind. Wir fordern die Unterbringung in leer stehenden Hotels oder anderen Immobilien. Platz ist genug da!

Der Anlass unserer Aktion war die Tatsache, dass nach langem Gezerre gerade mal 48 unbegleitete Kinder und Jugendliche am Aktionstag von den deutschen Behörden aufgenommen wurden. Allein in Moria, auf der Insel Lesbos sollen aber über 20.000 Geflüchtete unter menschenunwürdigen katastrophalen und hygienisch völlig unzureichenden Verhältnissen untergebracht sein. Daher fordern wir die sofortige Evakuierung aus den griechischen Flüchtlingslaern. (Siehe mehr Details auf der web-Seite www.solidaritaet-international.de). Wir fordern die Bundesregierung auf, noch wesentlich mehr Geflüchtete als am vergangenen Samstag aufzunehmen und sich dafür einzusetzen, dass dies auch andere Länder tun. Deutschland ist in vorderster Reihe in viele militärische Interventionen verwickelt und auch wegen seiner Waffenexporte in Konfliktländer und wegen neokolonialistischen Wirtschaftspolitik ein wichtiger Verursacher von Flucht.

Neben der Auflösung der Lager fordern wir generell das System von Abschottung und Diskriminierung der Geflüchteten durch ausgrenzende Sondergesetze und repressive Maßnahmen zu beenden. Ebenfalls sollen Abschiebungen gerade jetzt insgesamt gestoppt und Geflüchtete aus der Abschiebehaft entlassen werden.

Asyl ist ein Menschenrecht! Jeder Mensch hat ein Recht auf ein menschenwürdiges, diskriminierungsfreies Leben!

Wir werden uns weiterhin nach unseren Möglichkeiten für die Verwirklung deses Rechts einsetzen. Das heißt im Grunde, dass wir für eine Gesellschaft kämpfen müssen ist, die frei ist von Profitzwang und Ausbeutung, frei von Unterdrückung, Herrschaft Sexismus und Rassismus.

Es gibt also noch viel zu tun. Packen wirs an!

Venceremos

Bündnis gegen Abschiebungen (BgA) Mannheim

Mannheim, den 19.04.2020




„Mehr Liebe wagen“ begeistert 100.000 Menschen (mit Fotogalerie und Kommentar)

Der CSD Rhein-Neckar e.V. veranstaltete am 11.08.18 zum 10ten Mal die CSD (Christopher Street Day) Demonstration in Mannheim. Rund 7.000 Teilnehmer, mehr als je zuvor, nahmen an der Demo für die Rechte und Interessen von Schwulen, Lesben, Transgendern, einem Wort: für die LSTIQ-Community – teil. Nach offiziellen Angaben der Veranstalter und der Polizei besuchten einhunderttausend Menschen die Veranstaltung bei allerbestem Wetter.

 

 

 

„Es bleibt für die Gleichberechtigung von Homosexuellen und Intersexuellen noch viel zu tun, aber wir sind auch durch die Verabschiedung der längst überfälligen Ehe für alle auf einem guten Weg.“

Dies sagte Katarina Barley (SPD), Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz, als Schirmherrin der diesjährigen CSD-Demo bei einer Pressekonferenz in den Räumlichkeiten des Vereins für Psychologische Lesben- und Schwulenberatung Rhein-Neckar e.V. in der Max-Joseph-Straße. Weiter sagte Frau Barley, dass ihr das gewählte Motto „Mehr Liebe wagen“ besonders gefallen würde und dass die Rechte lesbischer Mütter weiter zu stärken seien. „Der Gesetzesparagraph 175 hätte viele Lebensläufe zerstört. Auch für die Interessen von Inter- und transsexuellen Menschen wurde schon viel erreicht. Es müsse aber noch nachgearbeitet werden in der Bundesregierung“.

Der Mannheimer OB Dr. Kurz (SPD) betonte in der Pressekonferenz die Wichtigkeit der gesellschaftspolitischen Botschaft, die vom CSD ausgeht, und dass Vielfalt funktionieren muss. „Partnerstädte wurden erneut eingeladen und sie sind da“, so das Stadtoberhaupt. Geworben hat Dr. Kurz für eine themenbezogene Ausstellung im Mannheimer Hauptbahnhof und für das innerstädtische „Mannheimer Bündnis“, welches sich für Toleranz, Verständnis und Dialog einsetzt.

„Regenbogenfamilien sind keine Familien zweiter Klasse. Die Frage des 3. Geschlechts muss im Grundgesetz geregelt werden. Transsexuell sein ist keine Spaßveranstaltung. Das Motto ist wichtig in der von Hass geprägten Gesellschaft. Die Gesellschaft muss zusammenhalten, muss dagegenhalten. Wir brauchen eine Gesellschaft in der alle zusammen leben können.“, so Harald Blaull (Vorsitzender des CSD Rhein-Neckar). Er begrüßte auch, dass zunehmend mehr Heteros an CSD-Veranstaltungen teilnehmen würden.

Alle RednerInnen der Pressekonferenz waren sich final einig. Ein Plus-Redner fasste dies so zusammen: „Wichtig ist das stabile Netzwerk in der Community. Offen für alle, auch für Heteros. Es wird generationsübergreifend und interessensübergreifend zusammengearbeitet. Es müssen Mauern durchbrechen werden für Akzeptanz im Alltag. Dank an die Stadt Mannheim für ihre Unterstützung.“

Mannheim ist hiermit die sechstgrößte Stadt im Bundesgebiet was CSD-Veranstaltungen angeht.

 

Starker Auftakt bei der CSD-Demo und „Party-Stimmung“ bis zum Ende

Grußbotschaften wurden von den RednerInnen in Richtung der Teilnehmer gerichtet. Begrüßt wurden die Menschen traditionell von Harald Blaull. Es sprachen dann Katarina Barley, Thorsten Riehle (SPD), Jutta Steinruck (SPD) und der Sprecher der Community aus Heidelberg. Der Mannheimer OB Dr. Kurz ergriff ausserplanmässig auch das Mikrofon. Vorgetragen wurden inhaltlich dieselben Botschaften, die auch größtenteils in der Pressekonferenz transportiert wurden.

Thorsten Riehle, als CSD-Sprecher des Gemeinderats in Mannheim, betonte, dass er „an diesem Tag für alle Fraktionen im Rat sprechen würde, die für Vielfalt und Offenheit stehen würden und sich auf dem Boden des Grundgesetztes befinden würden. Er selbst begrüßt die Ehe für Alle, aus privaten Gründen sowieso.“

Jutta Steinruck (SPD) war 2017 Schirmherrin des CSD in Mannheim, damals noch als OB-Kandidatin. Frau Steinruck hat ihr Versprechen eingelöst und kam auch dieses Jahr wieder zum CSD, als erstes Stadtoberhaupt aus Ludwigshafen überhaupt.

Eine party-launige Stimmung kennzeichnete den CSD am 11.08. in Mannheim. Sehr viele junge Menschen nahmen teil und feierten ab.

Das Straßenfest endete auf dem Ehrenhof vor dem Mannheimer Schloss, von wo aus es mit einer attraktiven und bunten Bühnenshow in den Abend startete.

Kommentar: Nicht Kommerz und Firmensponsoring bestimmten den Tag. Bestimmt wurde der Tag durch Leute im Party-Modus. Das ist so gesehen nicht weiters von Bedeutung. Hätten nicht, laut vieler Besucher des CSD, die klaren und wichtigen politischen Botschaften beim Demozug gefehlt. Nicht gemeint waren damit die zahlreichen Fahrzeuge und Fußgruppen politischer Parteien. Kritisiert wurde die vergleichsweise geringe Präsenz aus der LSTIQ-Community, die aus Gründen, nicht so sehr, wie z.B. Faschingsverein, Parteien und Gewerkschaften auf sich aufmerksam machen konnten. Wo bleibt die Solidarität, fragt sich der Beobachter? Und der Beobachter fragt sich, wo die Disziplin, bei allem Spass auf den Straßen, bei einigen Demozugteilnehmern bleibt, wenn mehrminütige Lücken entstehen und die Stimmung am Abflauen ist? Ist dies purer Egoismus oder was soll ein solches Verhalten bedeuten? Als unsäglich und widerwärtig zu bezeichnen ist der sexuell motivierte Angriff auf eine Besucherin des Demozugs. Ich hoffe, dass der „Antänzer“ alsbald von der Polizei geschnappt werden kann. Was benötigt es u.a. mehr zur Motivation für den CSD 2019 in Mannheim, als den Spruch den ein Alt-Nazi einer Infostand-Besatzung auf dem Ehrenhof hingedrückt hat: „Unter Adolf Hitler hätte es das nicht gegeben. Der hätte dies hier alles ganz schnell weggemacht“. Komplett nicht nachvollziehen kann ich die Kritik am CSD, was die SPD-Dominanz an den RednerInnen anging. Jeder, der den CSD alljährlich besucht kann sich eigenen Auges feststellen, dass auch in den Vorjahren auch „Größen“ aus der Politik in der ersten Reihe standen. Auch am 11.8. habe ich keinen Mangel anderer Parteienvertreter festgestellt: linke, wie grüne, ParteienverteterInnen waren z.B. auch engagiert bei der Sache.

(Bericht: Erik Butz und Christian Ratz / Kommentar: Christian Ratz / Bilder: Alexander Kästel, Erik Butz und Christian Ratz)

Fotogalerie:

 




AfD-KV Mannheim diffamiert und diskreditert „Seebrücke“ und „Mannheim sagt Ja! e.V.“

Der AfD-Kreisverband in Mannheim befindet sich offenbar bereits im Wahlkampfmodus für die Kommunalwahlen 2019 oder die Vertreter der Rechtsausleger-Partei versuchen ihr Sommerloch mit diffamierenden und rassistischen Postings zu stopfen.

 

 

Unter dem Titel „Sargnagel Seebrücke“ verbreitet die Mannheimer AfD rassistische Hetze

Die schreibt auf ihrer Internetseite (Zitat ). „Teil dieser selbsternannten Bewegung ist laut Informationen der SEEBRÜCKE, auch die „ Interventionistische Linke“,die bekanntlich vom Verfassungsschutz überwacht wird. Am 21.07.2018 demonstrierte SEEBRÜCKE gemeinsam mit Mannheim sagt Ja.Gut angezogene Menschen mit seeuntauglichen Schwimmwesten bekleidet wollten auf die Situation im Mittelmeer aufmerksam machen. Unbewusst spiegelten sie die Realität sehr passend wieder.

Bei den anlandenden Flüchtlingen fiel schon immer auf, dass Sie nicht lange auf hoher See gewesen sein konnten: Neue, geputzte Schuhe, saubere Markenklamotten und ein guter Ernährungszustand sprechen nicht gerade für eine lange ,entbehrungsreiche und lebensgefährliche Flucht, die man uns immer vorgaukelt. Wer so gestylt ankommt, geht eher in eine Disco und kommt garantiert nicht aus Seenot.

Immer häufiger geraten Flüchtlingsboote kurz vor der Seegrenze der nordafrikanischen Staaten stets dann in Seenot, wenn rein zufällig ein NGO Schlepperschiff Nähe ist. Nach Passagieraufnahme steuert dieses Wassertaxi gezielt Europa an und chauffiert die Menschen ins gelobte Land.“

Diese grenzwärtigen, möglicherweise rechtswidrigen, Äusserungen bestimmen den Diskurs der aktuellen Führungsriege der rechtsradikalen Partei in Mannheim, die sich Hoffnungen macht bei den Kommunalwahlen 2019 groß raus zu kommen. Aus welchen Gründen der gemeinnützige Verein Mannheim sagt Ja! von den Rechtsradikalen versucht wird in den Schmutz zu ziehen, bleibt zunächst das Geheimniss der AfD.

Mannheim sagt ja

Einen großen Aufriss macht die blau-braune Partei aus der Tatsache, dass sich zwei Bürgermeister im Juli 2018 getroffen und ausgetauscht haben. Der Mannheimer OB Dr. Kurz und sein Amtskollege Tayseer Abu Sneine aus Hebron (Westjordanland) hatten sich zu Gesprächen getroffen. Dieses Treffen wurde von verschiedenen gesselschaftlichen Gruppen und auch Medien kritisch beurteilt.

Worum es bei dem Treffen ging hat die Stadt Mannheim an dieser Stelle der Öffentlichkeit bekannt gegeben:

https://www.mannheim.de/de/presse/oberbuergermeister-von-hebron-zu-gast-in-mannheim-unterzeichnung-eines-projektvertrages-zur

Was die AfD in Mannheim daraus konstruiert ist wenig bis nicht nachvollziehbar. Es wird von den Parteiverantwortlichen unterstellt (Zitat): „Der Verein „Mannheim sagt  ja“, zu dem sich auch Dr Peter Kurz bekennt sagt  zu einer vollkommen unbekannten Menschenmenge, in der sich auffällig viele Verbrecher befinden, die Mannheim seit 2015 spürbar negativ verändert haben,ja. Jetzt sagen Mannheim am 19.07.2018  auch zu einem rassistischen Mehrfachmörder  ja. Wir empfangen ihn mit allen Ehren und lassen uns mit diesem ablichten lassen und versorgen ihn mit Steuergeldern.

Ob Mannheim zu so einer verkommenen SPD noch ja sagt, wird sich am 29.05 zeigen“

Was diese haltlosen Difamierungen und Unterstellungen angeht, darauf gibt die AfD keine Antworten. Was typisch für diese alternativlose Partei ist.

Es entsteht der Eindruck, wenn man den Kreisverband dauerhaft beobachtet, dass die rechtsradikalen Kräfte inzwischen das Zepter übernommen haben dürften und die bislang noch als moderat zu beurteilenden Parteienvertreter aussortiert wurden. Welchen Einfluss der Landtagsabgeordnete Rüdiger Klos, Neubürger in Mannheim, auf diese Entwicklung hat wird Gegenstand weiterer Beobachtungen bleiben.

Weiter zu beobachten wird sein, wie sehr die Mannheimer Stadtgesellschaft damit klar kommt, dass der AfD-KV Beatrix von Storch am 17.09.18 ins Schützenhaus eingeladen hat.

(Ein Kommentar von Christian Ratz; Bilder: Screenshots von der Internetseite des AfD-KV Mannheim)




Fachtagung: „Wie kommen wir zu einer solidarischen Einwanderungsgesellschaft?“ (mit Fotogalerie)

Die Partei Die Linke Baden-Württemberg veranstaltete am 26.05.18 in Mannheim eine Fachtagung, die sich mit den Themen Flucht, Asyl und Migration beschäftigte. Nach Veranstalterangaben nahmen an der Konferenz rund 80 Parteimitglieder und weitere Personen aus unterschiedlichen Teilen des Bundeslandes teil. In zwei Foren („Die Situation der Geflüchteten und Asylsuchenden“ – „Einwanderung in Deutschland“) wurde darüber diskutiert welche Handlungsmöglichkeiten in weiteren Gremien erarbeitet werden müssten. Impulsvorträge und eine abschließende Podiumsdiskussion ergänzten die Fachtagung.

 

 

 

Perspektiven von Einwanderung, Arbeitsplätze, Wohnen und Bildung

Gökay Akbulut (MdB und Stadträtin in Mannheim, Sprecherin für Migrations- und Integrationspolitik der Bundestagsfraktion) begrüßte die TeilnehmerInnen der Fachtagung und stimmte auf den Konferenztag mit der Vorstellung des Programms ein. Eine weitere Begrüßung und organisatorische Hinweise erfolgten durch Elli Brinkschulte (Kreissprecherin Mannheim).

 

Impulsvorträge stoßen auf großes Interesse

Michel Brandt

Zum Auftakt referierte Michel Brandt (MdB und Obmann im Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestag) über Flucht- und Migrationsursachen und den Kampf um Frieden und Menschenrechte. Brandt berichtete über Fluchtursachen die durch Lebensmittelspekulationen, Rohstoffausbeutung in Entwicklungsländern und durch Hunger- und Klimakatastrophen ausgelöst werden. Er kritisierte, dass beispielsweise ein Drittel der weltweiten Getreidemengen an der Börse in Genf zu Lasten von Kleinbauern in Armutsstaaten und ausschließlich zur Gewinnmaximierung einiger weniger Großkonzerne gehandelt werden. Als skandalös bezeichnet wurde es, dass europäische Lebensmittelkonzerne zur Befriedigung ihrer Kapitalinteressen Geflügel- und Schweinefleisch zu Dumpingpreisen in afrikanische Länder exportieren und damit lokale Märkte und Hersteller in den Ruin, in Armut und Hunger treiben. Bemängelt wurde, dass die Genfer Flüchtlings Konvention Hunger und Klimakatastrophen nach wie vor nicht als Fluchtursachen anerkennen. Kritik geübt wurde auch an Medien die in Europa und Deutschland zu oft eine „Flüchtlingskrise“ herbei schreiben würden. Nach aktuellen Zahlen des UNHCR (Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen), so Michel Brandt, befinden sich derzeit weltweit ca. 66 Mio. Menschen auf der Flucht. 80-90% der Geflüchteten sind sogenannte Binnenflüchtlinge bzw. fliehen in Nachbarländer. Von einer Flüchtlingskrise in Deutschland oder Europa zu sprechen sei daher vollkommen verfehlt. Vermutlich neu dürfte es für die meisten TagungsteilnehmerInnen gewesen sein zu hören, dass die USA und die EU den UN-Treaty boykottieren. Diese multilateralen Vereinbarungen der Vereinten Nationen sollen u.a. Lücken in bestehenden Gesetzgebungen in puncto Menschenrechte, Abrüstung und Umweltschutz beseitigen.

Christoph Cornides

Christoph Cornides (Mitglied im Landesverband Baden-Württemberg) informierte in seinem Redebeitrag über die Hintergründe und die Ideen, die zur der Fachtagung führten. Was will die Partei tun, um Handlungsanweisungen und Lösungsvorschläge zu erarbeiten damit anstehende Aufgaben zu lösen sind? Dies müsse seiner Meinung nach sowohl auf EU-, als auch auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene erfolgen. Weiter ging Cornides auf den Koalitionsvertrag der durch CDU/CSU und SPD geführten GroKo ein und verwies auf zwei Papiere in den Tagungsunterlagen. Diese Unterlagen beschäftigen sich parteiintern mit den Fragekomplexen „Für eine solidarische Einwanderungsgesellschaft“ und „Für das Recht auf Migration“. Er warb dafür, dass diese Thesenpapiere in den Arbeitsforen Berücksichtigung finden und im Nachgang der Tagung weiter thematisiert werden.

Der geplante Beitrag der Mannheimer Juristin Ruhan Karakul entfiel krankheitsbedingt.

Die Arbeitsforen

In Forum 1 ging es thematisch um „Die Situation der Geflüchteten und Asylsuchenden“ und in Forum 2 um „Einwanderung in Deutschland“. Auch in den Arbeitsgruppen wurden kurze Impulsvorträge von unterschiedlichen ReferentInnen gehalten. Nach intensiveren Diskussionen und nach der Unterbrechung durch die Mittagspause wurden mittels Kartenabfrage Handlungsmöglichkeiten und Lösungsvorschläge zu den diversen Themen erarbeitet und später im Plenum ausgestellt.

Seán McGinley (Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Baden-Württemberg) berichtete in Forum 1 über die Situation im Bundesland und die Forderungen des Flüchtlingsrats. Der Rat besteht seit 30 Jahren, wurde und wird von vielen Institutionen immer als verlässlicher Partner geschätzt und erfuhr große Unterstützung. Durch die Verschiebung des politischen Klimas nach rechts im von den Grünen mit der CDU regierten Bundesland und durch die finanzielle Mittelkürzung durch die Landesregierung in Stuttgart wird die Arbeit des Flüchtlingsrats bedroht. In 2018 muss damit gerechnet werden, dass die Anzahl der angestellten MitarbeiterInnen von 8 auf 6 sinken wird. Jessica Tatti (MdB) und Clara Bünger (ehem. Koordinatorin für „Refugee Law Clinics Abroad“ und Mitarbeiterin von Gökay Akbulut) ergänzten mit eigenen Beiträgen die Arbeit in diesem Forum.

Seán McGinley , Clara Bünger, Jessica Tatti (v.l.n.r.)

Im Forum 2 sprachen Gökay Akbulut, Dr. Sabine Skubsch (Mitglied im Landesverband Baden-Württemberg und in der LAG Bildung) und Luigi Pantisano (Stadtrat in Stuttgart). Dr. Sabine Skubsch befasste sich schwerpunktmäßig mit den Themen Segregation, Ausgrenzung und Integration im Bildungswesen. In dessen Folge sei einer „ganzen Generation“ die Teilhabe an einer weitergehenden Bildung verweigert worden. Auch der eine oder andere Seitenhieb auf die AfD durfte hier nicht fehlen. Die rechtspopulistische Partei möchte in Baden-Württemberg keine Integration von Flüchtlingskindern in Regelschulen oder fordert, dass diese nur unter erschwerten Bedingungen erfolgen sollte. Skubsch mahnte einen bildungspolitischen Perspektivenwechsel und die Definition neuer bildungspolitischer Ziele an. Beispielhaft genannt: Migration als Normalität anerkennen und gestalten, kostenlose Kitas, Schule für alle ohne Ausnahme und unabhängig vom Aufenthaltsstatus und der erleichterte Zugang zur deutschen Sprache als eine wesentliche Voraussetzung zur gesellschaftlichen Teilnahme. Luigi Pantisano setzte den Fokus in seinem Referat auf das Thema Wohnen und beschrieb die Situation in Baden-Württemberg. Als sozial unverträglich genannt wurden die Mietpreise beispielhaft in hot-spot Städten wie Stuttgart oder Tübingen. Dort müssten Menschen oft bis zu einem Drittel ihres netto verfügbaren Einkommens für die Miete ausgeben. Gentrifizierung, der Mangel an Sozialwohnungen und die Schwäche vieler Gemeinderäte eine verbindliche Sozialquote bei Neuinvestitionen im Wohnungsbau einführen zu wollen, waren weitere Aspekte die beleuchtet wurden. Unter soziologischen Gesichtspunkten sprach der Referent über die Folgen der Kettenmigration und darüber welche Wichtigkeit ethnische Kolonien für Migranten haben, ohne diese mit Parallelgesellschaften verwechseln zu wollen. Pantisano sieht eine Diskriminierung und Benachteiligung von Migranten bei der Wohnungssuche und beim Erwerb von Immobilien, und dies unabhängig vom Einkommen oder Vermögen. Diese Beobachtung würde sich auch bei der Suche nach Schulen oder beruflichen Ausbildungsplätzen fortsetzen. Er findet, dass die Partei und die Gesellschaft die Chancen und Potentiale von Migranten erkennen muss, anstatt nach Defiziten und Problemen zu suchen. Den Begriff Migranten findet Luigi Pantisano für überholt und wünscht sich künftig diese gesellschaftliche Gruppe als „Neu-Deutsche“ oder „Deutsche Plus“ zu bezeichnen.

Podiumsdiskussion und vorläufiges Fazit

Moderiert wurde die Diskussion von Luigi Pantisano. PodiumsteilnehmerInnen waren Thomas Trüper (Stadtrat in Mannheim), Tobias Pflüger (MdB und verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion im Bundestag), Jessica Tatti und Gökay Akbulut.

Tatti und Akbulut fassten die wesentlichen Ergebnisse der beiden Foren, die nicht jeden Tagungsteilnehmer vollends zufrieden stellten, in kurzen Worten zusammen:

Der Flüchtlingsrat bleibt ein wichtiger Partner für die Partei, sowie für ehrenamtliche Flüchtlingshelfer und weitere Akteure in diesem Bereich. Die Unterbringung von Geflüchteten und die Wohnsituation von und für Migranten wird weiterhin in vielen Fällen als unbefriedigend eingestuft. Die Situation an EU-Außengrenzen wird als menschenunwürdig und desolat beschrieben. Frontex und Hot-Spot-Konzepte funktionieren in der Praxis nicht. Die Entwicklung von Dublin I zu IV brachte nur Verschlechterungen für Geflüchtete in der Europäischen Union. Wohnungs- und Arbeitsmarkt, sowie gelungene Integration und Bildung sind die primären Herausforderungen.

Tobias Pflüger

Tobias Pflüger benannte die Herausforderungen, die für die Partei während dieser Fachtagung in Mannheim entstanden sind und möchte diese beim Bundesparteitag im Juni 2018 in Leipzig weiter thematisieren. Baden-Württemberg nimmt weiter eine Vorreiterrolle bei Abschiebungen ein. Die grün-schwarze Landesregierung spricht sich bis dato und im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht kategorisch gegen die Einrichtung sogenannter Anker-Zentren (Zentren für „Ankunft, Entscheidung, Rückführung“) für nach Deutschland Geflüchtete aus. Auch bei der Zunahme von Abschiebungen nach Afghanistan nimmt, so Pflüger, das Bundesland Baden-Württemberg eine Spitzenposition ein. Er berichtete von seinem kürzlich stattgefundenen Besuch gemeinsam mit Ursula von der Leyen in Kabul (Afghanistan), der nur unter allerhöchsten Sicherheitsmaßnahmen stattfinden konnte und fragte: „Ist dieses Land ein sicheres Herkunftsland?“ Er kritisierte die Waffenlieferungen der Bundesregierung an die Türkei und den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Türkei auf die kurdische Bevölkerung. Am Beispiel der Stadt Cizre in der Türkei (Nordanatolien; Grenzgebiet zu Syrien), die von türkischen Armeeeinheiten massiv angegriffen wurde und wonach im Anschluss die Anzahl der Asylantragsteller aus dieser Stadt in Deutschland, vor allem in Hamburg, nachweislich stark angestiegen sind, machte Tobias Pflüger eindrücklich auf die Problematik aufmerksam. Der Redner kritisierte die Bundesregierung scharf, was die Schaffung von Fluchtursachen angeht. Ebenso verantwortlich sei die EU-Politik in Brüssel für die Verschlechterung der Situation vieler Geflüchteter durch eine immer weiter voranschreitende repressive Asylpolitik.

Thomas Trüper

Wohnen, Bildung und Sicherheit waren die Themen, welche vom Kommunalpolitiker Thomas Trüper bei seinem Vortrag in den Vordergrund gestellt wurden. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum sei nicht Migranten und Geflüchteten in Mannheim geschuldet. Das Problem ist hausgemacht und werde von der linken Stadtratsfraktion seit Jahren intensiv bearbeitet. Nach zähen Verhandlungen stimmten die im Stadtparlament vertretenen Parteien mit knapper Mehrheit Anfang Mai 2018 (mit den Stimmen von SPD, die Grünen und die Linke) einer verbindlichen 30%-Quote zu. Steigende Geburtenraten und der Mangel an qualifizierten Lehrkräften und Sozialarbeitern sind ein weiteres Aufgabengebiet, welches auf kommunaler Ebene zusätzlichen bildungspolitischen Einsatz erfordert. Was die Sicherheit angeht, hob Trüper die kritische Situation mit einer Gruppe von etwa 30 unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten aus Maghreb-Staaten hervor. Diese hatten in 2017 hunderte von Taschendiebstählen im Stadtgebiet begangen. Erst nachdem ein Brandbrief des Mannheimer OB’s Dr. Peter Kurz (SPD) gerichtet an den Innenminister von Baden-Württemberg, Thomas Strobl (CDU), an die Öffentlichkeit gelangte, folgten Taten. Die minderjährigen Straftäter wurden bundesweit in geeignete Sozialaufnahmeeinrichtungen verlegt. Seitdem ist dieses Sicherheitsproblem für Mannheim gelöst. Thomas Trüper berichtete weiter, dass sich die Zahl der Geflüchteten in Mannheim mit ca. eintausend Menschen derzeit auf einem absoluten Tiefststand befindet. Im Vergleich dazu befanden sich 2015/2016 bis zu knapp 15.000 Geflüchtete in Landeserstaufnahme- und Bedarfseinrichtungen im Stadtgebiet. Als besondere Herausforderung bezeichnete Thomas Trüper in puncto Migration und Integration den Zuzug von rund 10.000 Menschen aus Bulgarien und Rumänien binnen der letzten 5 Jahre nach Mannheim. An dieser Stelle bestünde noch sehr viel Handlungsbedarf. Trüper skizzierte in einem Exkurs die destruktive Arbeit ehemaliger AfD-Mitglieder im Gemeinderat (ex-LKR (Liberal-Konservative Reformer) und jetzt „Bürgerfraktion“) an einem Beispiel wie versucht wird Ausländerfeindlichkeit und Alltags-Rassismus ins Stadtparlament zu transportieren. In der Frage (im Gemeinderat), ob es in Mannheim zu viele oder zu wenige Papierkörbe im öffentlichen Raum gäbe, soll der Sprecher der rechtspopulistischen „Bürgerfraktion“ gesagt haben (sinngemäss): „Wenn wir die (Menschen) nicht reingelassen hätten, dann müssten wir uns diese Frage nicht stellen“.

Einige Stimmen und Fragen von TagungsteilnehmerInnen in der Podiumsdiskussion:

  • „Wer schützt ehrenamtliche Flüchtlingshelfer und Menschen die in der Asylberatung tätig sind vor Übergriffen aus dem rechtsextremistischen Umfeld?“
  • „Man sollte als Partei mehr Solidarität mit dem BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) zeigen“
  • „Die Tagungsergebnisse blieben unter den Erwartungen; es konnten keine konkreten Resultate präsentiert werden“
  • „Gemeinsamkeiten in wichtigen Punkten müssen mit anderen Partnern gefunden werden. Neue Bündnisse gilt es zu schmieden.“
  • „Partei muss mehr gegen Fluchtursachen ankämpfen“

 

Unterstützt wurde die Tagung u.a. durch das Mannheimer Bündnis gegen Abschiebungen, Asylcafe Mannheim und Mannheim sagt Ja!.

 

(Bericht und Fotos: Christian Ratz

Tagungsprogramm und -unterlagen (in Auszügen für die Berichterstattung verwendet): Gökay Akbulut, Dr. Sabine Skubsch und Christoph Cornides, Die Linke Baden-Württemberg)

 

Fotogalerie:




„Frieden in Syrien – JETZT“ – Immer, jedoch nicht so (Kommentar mit Bildergalerie)

Für die Öffentlichkeit im Rhein-Neckar-Raum kam es mehr als überraschend, dass „Evolution. Jetzt“ am 22.04.18 eine Kundgebung am Mannheimer Paradeplatz angemeldet hatte. Dementsprechend schwach war mit in der Spitze rund 20 TeilnehmerInnen auch die Resonanz. Verschwörungstheorien, pauschal-Kritiken und der Hinweis darauf, dass die Presse regierungsgesteuert sei (N.B.: eine Presseanfrage dieser Redaktion blieb bis zum heutigen Zeitpunkunkt unbeantwortet) bestimmten das sehr überschaubare Programm. Bereits existierende Initiativen und Vereine in Mannheim, die sich aktuell und auch schon in der Vergangenheit bereits intensiv mit der Thematik öffentlichkeitswirksam platziert hatten, waren mehr als überrascht, dass der Anmelder sich nicht mit diesen in Kontakt gesetzt hatte.

Die Chronologie:

Vollkommen überrascht von diesem Vorstoß zeigten sich beispielsweise die Initiative „Nein zum Krieg – Solidarität mit Afrin“ und der gemeinnützige Verein „Mannheim sagt Ja!“, welche beide in der Vergangenheit und auch schon in diesem Jahr hinsichtlich der Thematik aktiv waren. Zu erwarten gewesen wäre, dass sich „Evolution.Jetzt“ mit diesen und anderen Akteuren in der Stadt ins Einvernehmen setzt.

Der erste Rap-Beitrag am vergangenen Sonntagnachmittag zum Auftakt war schon ein Desaster. Anlage schwach, kein Playback. Der Versuch einer Impro war nicht besser; weder gesanglich noch inhaltlich.
Markus wurde als Redner über die mitgeführte Lautsprecheranlage angekündigt. Was am Versammlungsort gesprochen wurde konnte man nur aus maximal 10-20 Metern Entfernung vernehmen. Bei Markus handelt es sich sehr wahrscheinlich um Markus Raphael (aus Ludwigshafen/Rhein), der eine „Evolution.Jetzt“-Seite im Internet betreibt.

Er und weitere RednerInnen strapazierten folgende Punkte und Themen, die ich mir aufgeschrieben habe. Hier eine Auswahl:

– Grobe Pauschalkritik an/m 7-jährigen Syrienkrieg, Weißhelmen, Merkel, NATO, USA, Fake News und Russland
– „(zuletzt erfolgte) Giftgasanschläge in Syrien seien nicht bewiesen“
– Gutachten der Bundesregierung dazu versus Angela Merkel (Luftschläge gegen militärische Ziele nahe Damaskus)
– Massenmedien würden die Regierung kontrollieren versus „Lügenpresse“ berichtet im Sinne der Bundesregierung
– „Die Täuschung der Bevölkerung hat bereits mit dem Vietnam-Krieg begonnen“
– „Ein Krieg im Irak hat nie stattgefunden. Hierbei würde es sich um eine Manipulation der Öffentlichkeit handeln.“
– Die Medien hätten die Pro-Gaddafi-Demos verschwiegen
– „Das ZDF würde gefälschte Filmbeiträge über den Kriegsbeginn in Syrien verbreiten“
– Russland würde sich an keinen militärischen Aktionen (in Syrien) beteiligen. „Hierfür gäbe es keine Belege“.
– Kriegspropaganda würde „Made in USA“ sein; CIA-getrieben aus geopolitischen Interessen.
– „Kriegsverbrechen in Syrien“ wären erfunden
– Jugoslawien-Krieg-Hufeisenplan 1999 soll sich jetzt angeblich auswirken
– Montagsmahnwachen (2015) in Mannheim sollen gut gewesen sein

Der Rap-Song, der vorgetragen wurde zum Abschluss der ca. 90-minütigen Kundgebung, war eben so schlecht, wie der am Anfang.

Ich habe mir das volle Programm dieser Leute, die für Frieden in Syrien einstehen wollten, angetan. Ich glaube, dass diese Menschen und ich in total anderen Welten leben und denken. Wenn Redner es vermeiden Quellen für ihre Behauptungen zu nennen und lediglich zweimal auf die nicht unumstrittenen „Nachdenkseiten“ verweisen bzw. auf den dubiosen Watchblog „Propagandaschau“, dann bekomme ich spätestens dann ein ungutes Gefühl.

Fazit

„Nicht alles was gut gemeint ist, wird auch gut gemacht.“ Diese Aussage trifft im vollen Umfang auf besagte Kundgebung zu, da weder ein klares Ziel, noch eine weitere Aktion erkennbar war oder den wenigen Zuhörern und zufällig vorbeilaufenden PassantInnen kommuniziert wurde. Es gab weder Banner, noch Plakate, auch keine Flyer. Es gab nichts, ausser verschwörerischer Theorien und dem innigen Wunsch nach Frieden in Syrien.

(Kommentar und Fotos: Christian Ratz)

Weitere Bilder des Tages

 




Grenzen der Toleranz – rechte Gewalt [mit Bildergalerie]

Anlässlich der einander Aktionstage veranstalteten Mannheim sagt Ja! und Aufstehen gegen Rassismus Rhein-Neckar in Räumlichkeiten des Förderband e.V. am 24.10.17 eine Lesung mit der Fotojournalistin und Buchautorin Andrea Röpke. Rund 50 Besucher*Innen lauschten interessiert den Ausführungen der Autorin, die aus ihrem aktuellen Sachbuch „2017 Jahrbuch rechte Gewalt“ las und in ihrem Vortrag Erkenntnisse ihrer journalistischen Recherchearbeit mit den Gästen teilte. Beispielhaft beleuchtete Andrea Röpke auch die Neo-Nazi-und Reichsbürger-Szene in Baden-Württemberg, dem Rhein-Neckar-Raum und in Mannheim. Im Anschluss folgte zwischen Publikum und Autorin eine ausgiebige Diskussion

Rasant ansteigende Radikalisierung

Andrea Röpke berichtete über eine spürbare Radikalisierung im rechten Spektrum seit 2014. Offizielle Zahlen, wie z.B. 217 Angriffe auf Flüchtlingshilfeorganisationen und -Helfer in 2016, belegen dies. Zudem wird ihren Worten zufolge ein starker Zulauf von Hooligans (Hooligans gegen Salafisten; GSD – Gemeinsam sind wir stark Deutschland etc.) und Rockern (z.B. Hells Angels, Bandidos, Gremium) in das rechtsextremistische Spektrum wahrgenommen. Profiteure und Nutznieser dieser Entwicklung sind Parteien wie die AfD, der III. Weg, die NPD und völkische Organisationen wie die Identitäre Bewegung. Diese Parteien und rechtsfaschistischen Strukturen würden die Kooperation, wie auch mit rechts-nationalen Burschenschaften gerade nur so suchen.

Die bundesweit zersplitterte PEGIDA-Bewegung (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) hat nach den Ausführungen der Autorin zufolge in den letzten Jahren zusätzlich zur Radikalisierung bestimmter Bevölkerungsschichten beigetragen. Kontakte zwischen der PEGIDA-Leitung, unter dem mehrfach vorbestraften Lutz Bachmann in Dresden, und Vertretern z.B. der AfD sind öffentlich bekannt.

Auch außerhalb Deutschlands lassen sich solche Zustände beobachten, wusste Andrea Röpke zu berichten. Sie sprach über Ausschreitungen gegen Minoritäten in Tschechien, wie über die Verbindungen zwischen Neo-Nazi’s in Skandinavien und hier zu Lande, am Beispiel der „Nordfront“ (Nordic Ressistance Movement – Schweden) und dem Dritten Weg in Deutschland.

Soziale Netzwerke und ihre Auswirkungen

Nach Informationen der Autorin liegen radikalisierende Parteien und Organisationen in Internet Plattformen wie bspw. Facebook auf den vorderen Rängen: AfD auf Platz1; gefolgt von der NPD auf dem zweiten Rang. PEGIDA (Dresden) verzeichnet 3 Mio. Likes (Zustimmungen) und binnen 18 Monaten (Betrachtungszeitraum) 570.000 Nutzer-Kommentare auf Facebook. Auf VK.com, dem russischen Pendant zu Facebook, so wurde in der Diskussion mit dem Publikum festgestellt, ist Haus und Tür geöffnet seitens des Netzwerkbetreibers unkontrolliert, unmoderiert Hass und Hetze zu verbreiten.

Konkret vor Ort

Andrea Röpke erwähnte bei ihrem Vortag auch das Mannheimer NPD-Stadtratsmitglied Christian Hehl und dessen Verbindungen in die Rechts-Rock-Musikszene. Beispielhaft für die Reichsbürger-Bewegung im Rhein-Neckar-Raum wurde Burkhard B. (alias Druide Burgos von Buchonia), seit 2016 in Haft wegen illegalem Waffenbesitz und weiteren Vorwürfen.

In der Diskussion zwischen Autorin und dem Publikum wurde auch die Frage nach Feminismus bei den Rechten gestellt und welchen Stellenwert Frauen im aktuellen Umfeld dort einnehmen. Andrea Röpke antwortete sinngemäß, dass bestimmte Positionen durchaus besetzt seien, jedoch aus dem rechts-ideologischen Schemata heraus, die Frau eher zurück gedrängt würde.

Anhand der Tatsache, dass z.B. Ricarda Riefling (NPD – Vorsitzende des Ringes Nationaler Frauen (RNF), Melanie Dittmer (Hauptakteurin der Identitären Aktion (Untergruppierung der Identitären Bewegung) und Ester Seitz (vollumfänglich gescheitert bei „Widerstand Karlsruhe“) mehr oder minder erfolgreich am extrem rechten Rand agieren, gibt es sich zu erkennen, dass Frauen durchaus eine maßgebliche Rolle bei den Rechten spielen können.

Kein Raum für Rechts

Exemplarisch nannte die vielfach für ihre Arbeiten ausgezeichnete Journalistin (u.a. 2015 mit dem Paul-Spiegel-Preis prämiert, 2012 als Journalistin des Jahres im Fachbereich Politik geehrt, und bereits schon 2006 als Reporterin des Jahres ausgelobt und in 2007 für besondere publizistische Leistungen ausgezeichnet) einen interaktiven Platz im Internet, welchen sie mit anderen Mitstreitern entwickelt hat. „Wie erkenne ich einen Neo-Nazi?“ und „Was kann ich dagegen tun?“

Link-Tipp: http://www.kein-raum-fuer-rechts.de/

(Christian Ratz)

 

Bildergalerie

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Eine fantastische Frau – Una mujer fantastica

Geschlecht – selbstbestimmt
Wie lebt es sich mit Trans- und Intersexualität?

Noch immer wenig akzeptiert und wenig verstanden: Transsexualität. Auch in Mannheim leben transsexuelle und intersexuelle Menschen, die um ihre Anerkennung kämpfen. Menschen mit so genannten „geschlechtlichen Normabweichungen” brauchen jedoch eine medizinische Behandlung, die ohne geschlechtliche Deutung auskommt und in der sie in ihrem eigenen Geschlecht von Anfang an respektiert werden. Wenn diese Menschen medizinische oder psychotherapeutische Maßnahmen wünschen, brauchen sie eine gesundheitliche Versorgung und Diagnostik, die diesen Umstand berücksichtigt. Der mit dem Drehbuch-Bär der Berlinale 2017 ausgezeichnete Film wurde am 30.09.17 in einer Sondervorführung gezeigt.

Nach dem Film diskutierte das Publikum, moderiert von Dr. Tobias Vahlpahl, das Thema „geschlechtliche / körperliche Variationen“ intensiv. Rede und Antwort stand Sarah R., eine Frau auf einem nicht immer einfachen Weg zur gewünschten Selbstbestimmung.

Eine Veranstaltung von Mannheim Sagt Ja! e.V. und Atlantis/Odeon Kinos im Rahmen der „einander Aktionstage 2017“ in Mannheim (30.09.-28.10.17)

(Christian Ratz)

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