Der neue Mietspiegel der Stadt Mannheim überrascht im positiven Sinne

Der neue qualifizierte Mannheimer Mietspiegel für die Jahre 2023 und 2024 wird mit zwei Monaten Verspätung am 7. Februar vom Gemeinderat voraussichtlich einstimmig „anerkannt“ und wird damit rechtswirksam.

Erstmals seit den 90er Jahren beträgt die Steigerungsrate pro Jahr unter 1%, nämlich 0,7%. Lag die durchschnittliche Miete für 2021/22 bei 8,37 EUR/m², beträgt sie für 2023/24  „nur“ 8,48 EUR/m². Die beiden vorangegangenen Mietspiegel wiesen Steigerungsraten für je zwei Jahre von 9,4 und 8,6% aus.

Quelle: Stadt Mannheim, Präsentation zum Mietspiegel 2021/22 im Ausschuss für Umwelt und Technik am 3.12.2020. Für 2022 wären 1,3% zu ergänzen.

Weiterhin viel zu hohes Niveau

Selbstverständlich handelt es sich bei den Mietspiegel-Mieten nur um die Netto-Kaltmiete. Das große Problem in den kommenden beiden Jahren werden mehr denn je die Betriebs- oder Nebenkosten sein, für die man bisher grob 30% der Kaltmiete rechnen musste.

Zu behaupten, dass die Durchschnittsmiete auf „nur“ 8,48 EUR/m² steigt, ist absolut gesehen natürlich fast schon zynisch. Denn die auf diesem Niveau zusammenkommende Miete für z.B. eine 85-m²-Wohnung führt zu einer Warmmiete von um die 1.000 EUR, die vom Nettoeinkommen zu bezahlen ist. Für sehr viele Mieter:innen bis „in die Mitte der Gesellschaft“ sind das deutlich mehr als die 30%, die als Mietbelastung allgemein noch für vertretbar gehalten werden.

Von der Höhe der Durchschnittmiete je m² sind die Bewohner:innen kleiner Wohnungen besonders betroffen. 51% aller Mannheimer Haushalte sind Single-Haushalte.

Am teuersten sind Appartements und Kleinwohnungen bis 30 m². Bei ihnen liegen auch die höchsten Mietsteigerungsraten. Die tatsächliche Miete je m² wird in den seltensten Fälle so wie in dieser -Tabelle anfallen. Der Mannheimer Mietspiegel weist seit 2016 ein System von Zu- und Abschlägen auf, um die geforderten Mieten den unterschiedlichen Wohnungsqualitäten wie Baujahr, Lage und Ausstattung korrekt und wiederholbar zuordnen zu können. Die Abschläge können bis zu 25% für Einfachstwohnungen in ungünstiger Lage betragen, die Zuschläge für Neubauwohnungen in bester Lage und mit bester Ausstattung können bis zu 86% ausmachen.

Seit 2009 sind in Mannheim die maximalen Miethöhen für Sozialwohnungen an die Mietspiegelwerte gebunden. Sie dürfen höchstens 90% dieser Werte erreichen. Insofern ist das Ergebnis der Mietspiegelfortschreibung auch für Inhaber von Sozialwohnungen eine gute Botschaft.

Mögliche Gründe für den Rückgang der Mietpreissteigerung

Die Frage erhebt sich, warum nach der lebhaften Mietpreisentwicklung der letzten Jahrzehnte plötzlich ein regelrechter Absturz der Steigerungsrate zu verzeichnen ist:

Hierfür können einige Faktoren zusammenwirken, die hier kurz erörtert werden sollen, die allerdings durchaus spekulativen Charakter haben:

  • Die durchschnittlichen Mietpreise sind im Gegensatz zu den älteren Mietspiegeln vor 2016 reine Basispreise, die nur nach Wohnungsfläche unterschieden werden. Früher waren Baujahr und Ausstattung in die Durchschnittsbildung einbezogen. Das heißt konkret: Die inzwischen vielen teuren Neubauwohnungen, die in der Stichprobensammlung entsprechend häufig auftauchen müssen, gehen nur mit ihrem Basiswert in die Durchschnittsbildung ein. Der 20%-Aufschlag für Neubauten fließt hier nicht ein.
  • Der neue Mietspiegel ist eine Fortschreibung des vorangegangenen. Es wurden dafür weniger Daten erhoben als bei einer vollkommen neuen Ermittlung, die nur alle vier Jahre fällig ist. Die Systematik und die Werte der Zu- und Abschläge wurde nicht verändert. Das ist insbesondere bei der Ermittlung von ortsüblichen Vergleichsmieten bei Neubauten sicherlich preisdämpfend.
  • Die 30%-Sozialquote, die inzwischen aufgrund des 12-Punkteprogramms für preisgünstige Mieten bei vielen Neubauten greift, findet nur teilweise Eingang. Denn bei der Erhebung der statistischen Daten zur Feststellung der örtlichen Vergleichsmiete dürfen nur Mieten herangezogen werden, die unter Bedingungen des „freien Marktes“ zustande kommen: „Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist“, heißt es dazu in § 558 (2) BGB. Dazu gehören auf jeden Fall Wohnungen, die aus Mitteln des Landeswohnraumförderungsprogramms gefördert sind. Auch Grundstückspreisnachlässe durch Übererfüllung der 30%-Quote sind eine solche Förderzusage.
  • Eine Auswirkung hat mit Sicherheit die Mietpreisbremse für Kommunen mit „angespannter Wohnungsmarktlage“, zu denen Mannheim seit 2020 gehört.
  • Der Marktanteil der GBG-Wohnungen von um die 10% bei den auswertbaren Mieten (also ohne Sozialmieten) wirkt sich deutlich preisdämpfend aus – sehr zum Missfallen des Haus- und Grundstückseigentümerverbandes, der in Mannheim mit einer Klage gegen die Einbeziehung der frei finanzierten GBG-Wohnungen in die Datenbasis des Mietspiegels vor Gericht gescheitert ist.
  • Nicht auszuschließen ist, dass die zwei Corona-Jahre ebenfalls einen mietpreisdämpfenden Einfluss hatten. Denn viele Vermietende hatten die Thematik von Stundungs- und Nachlassvereinbarungen wegen mangelnder Zahlungsfähigkeit ihrer Mietenden. In dieser Phase, die immerhin ein Drittel des Betrachtungszeitraums von 6 Jahren ausmacht, dürfte das Thema Mieterhöhung oftmals nicht auf der Tagesordnung gestanden haben. Schlimme Ausnahmen bestätigen die Regel.

 

Ausblick auf die Mietpreispolitik der GBG

Die GBG legt aufgrund ihres öffentlichen sozialen Auftrags Wert auf den Abstand ihrer Durchschnittsmiete zum Mietspiegel-Durchschnitt. In der Tat hat sich dieser Abstand in den letzten Jahren vergrößert. Lt. Geschäftsbericht der GBG für das Jahr 2021 betrug die Durchschnittsmiete 6,99 EUR/m², die Mietspiegel-Durchschnittsmiete 8,37 EUR je m².
Die Erhöhung gegenüber dem Vorjahr betrug bei der GBG 3,1%. Für das Jahr 2023 muss die GBG unter der jetzigen Erhöhung des Mietspiegels von 1,3% auf 2 Jahre bleiben, um ihrer Aufgabe als soziales Wohnungsunternehmen der Stadt Mannheim gerecht zu werden. Die Preissteigerungen, die auch vor der GBG nicht Halt machen, sind das Eine, die Überschüsse aus dem Vermietungsgeschäft das Andere, was hier zu berücksichtigen ist.

 

Thomas Trüper




Landgericht Mannheim weist Klage von Haus und Grund gegen Mietspiegel zurück

Das Mannheimer Landgericht hat die Berufungsklage des Eigentümerverbandes Haus und Grund in zweiter Instanz zurückgewiesen. Da die Rechtslage eindeutig sei, wurde eine Revision vom Gericht nicht zugelassen. Rechtsanwalt Sauer vom Mieterverein teilt ergänzend mit, „dass vorliegend der Streitwert bei unter 5.000 € liegt und eine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof damit unzulässig ist.“

Stein des Anstoßes: Die Mieten der GBG

Ausgangspunkt der Klage ist eine Mieterhöhung für eine Wohnung in Mannheim-Feudenheim von 630 € auf  734 €. Da die Miete erheblich über dem Mietspiegel der Stadt Mannheim lag, verweigerte der Mieter, ein Ehepaar, die Mieterhöhung. Der Vermieter, vertreten und durch Haus und Grund, erhoben Klage und gingen vor Gericht. Das Mieterehepaar wird durch den Mieterverein Mannheim, rechtanwaltlich durch Alexander Sauer, vertreten.

In der Sache geht es Haus und Grund darum, dass die Mieten der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GBG nicht im Mietspiegel berücksichtigt werden. Wäre die Klage erfolgreich gewesen, so würden die Mieten schätzungsweise um 10% angehoben werden können. Das käme noch oben drauf auf eine Mietpreisentwicklung, die in Mannheim in den letzten 10 Jahren bei ca. 50% bei Neuvermietungen betragen hat. Insofern hat das Urteil verhindert, wie der Mieterverein zurecht bemerkt, dass das Mietpreisniveau noch weiter in die Höhe getrieben wird (Pressemitteilung siehe unten).

Haus und Grund Mannheim war in diesem aufwändigem Verfahren offensichtlich auch davon beseelt, mit einem auch bundesweit bedeutendem Verfahren Geschichte zu schreiben. Das Landgericht Mannheim hat dem jetzt erst einmal einen Riegel vorgeschoben.

In seiner Etat-Rede hat Oberbürgermeister Kurz, Haus und Grund zu Recht kritisiert. Die GBG sei ein Unternehmen, dass sich wirtschaftlich tragen müsse. Trotzt einer Nichtzulassung der Revision hat der Geschäftsführer von Haus und Grund angekündigt, weitere juristische Mittel zu prüfen. Dazu gehöre auch, ein neues erstinstanzliches Verfahren zu beginnen. Es gibt bestimmt viele verantwortliche Vermieter. Aber ebenso gibt auch solche, denen Profit und Rendite über alles geht. Haus und Grund scheint die zweitere Sorte der Vermieter zu vertreten.

(scr)


MIETERVEREIN MANNHEIM E. V. PRESSEMITTEILUNG

Das Landgericht Mannheim hat die Berufung der Vermieterseite gegen das Urteil des Amtsgerichts in der Klage „gegen“ den Mannheimer Mietspiegel zurückgewiesen.

Die von Haus und Grund Mannheim e. V. initiierte Klage, welche das Ziel hatte, das Mietpreisniveau in Mannheim weiter nach oben zu treiben ist damit auch endgültig gescheitert. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde, entgegen dem Antrag der Vermieterseite, nicht zugelassen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

Das über 4 Jahre andauernde Verfahren war komplex und für die betroffenen Mieter, die Mitglieder des Mieterverein Mannheim e. V. sind, belastend. Das Verfahren war auch für den gesamten Mannheimer Wohnungsmarkt bedeutsam. Die Argumentation der Vermieterseite, der Mietspiegel der Stadt Mannheim sei nicht qualifiziert, weil nicht hinreichend wissenschaftlich erstellt, hat für Verunsicherung gesorgt. Umfangreiche und teure Gutachten wurden eingeholt. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass es sich um einen qualifizierten Mietspiegel handelt, der eine Vermutungswirkung für die ortsübliche Vergleichsmiete entfaltet.

Auch die Behauptung, die Mieten der GBG Mannheim seien für die Abfragen für den Mietspiegel insgesamt nicht zu berücksichtigen, weil diese „zu niedrig“ seien, war nicht haltbar und wurde durch die Gerichte widerlegt. Diese Mieten weichen nicht so stark vom Durchschnitt der Mannheimer Mieten ab, dass eine Extremwertbereinigung diesbezüglich erfolgen muss. Insbesondere spielt die subjektive Motivation für die Mietpreisfestsetzung im Vergleichsmietensystem keine Rolle.

Es ist nicht zu beanstanden, wenn eine Kommune bei eigenen Wohnungsbestand im Rahmen der Vermietungspraxis verantwortungsvoll zeigt und keine Höchstpreise aufruft. Würde man die Mieten der GBG bei der Mietspiegelerfassung unberücksichtigt lassen, wäre zu befürchten, dass die Mieten in Mannheim Steigerungen von weitere(!) ca. 10 % erfahren würden. Bei knapp 120.000 Mietwohnungen in Mannheim würde dies jährlich eine Belastung von über 50 Mio. Euro für die Mieter bedeuten.

Die politische Brisanz dieses Versuchs, die Mieten nach oben zu treiben, ergibt sich letztlich daraus, dass ohnehin in den letzten 10 Jahren die Mieten rasant angestiegen sind und sich von der allgemeinen Lohnentwicklung entkoppelt haben. Wenn dann auch noch weitere, geradezu neoliberale, Preistreiberei stattfinden soll, die damit begründet wird, dass die Kommune über erheblichen Wohnungsbestand verfügt, der nicht zu Höchstpreisen vermietet wird, kann hierfür kein Verständnis mehr aufgebracht werden. Solche Vorstöße führen in letzter Konsequenz auch zu gesellschaftspolitischen Verwerfungen.

Die Mitglieder des Mietervereins Mannheim, die in beiden Instanzen auch durch Rechtsanwalt Alexander R. Sauer, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Mietervereins vertreten wurden, können nunmehr aufatmen, das Verfahren ist rechtskräftig abgeschlossen. Die verlangte Mieterhöhung wurde in beiden Instanzen vollständig abgewiesen.

Mannheim, 12. Oktober 2022rden

Das Landgericht Mannheim hat die Berufung der Vermieterseite gegen das Urteil des Amtsgerichts in der Klage „gegen“ den Mannheimer Mietspiegel zurückgewiesen.

Die von Haus und Grund Mannheim e. V. initiierte Klage, welche das Ziel hatte, das Mietpreisniveau in Mannheim weiter nach oben zu treiben ist damit auch endgültig gescheitert. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde, entgegen dem Antrag der Vermieterseite, nicht zugelassen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

Das über 4 Jahre andauernde Verfahren war komplex und für die betroffenen Mieter, die Mitglieder des Mieterverein Mannheim e. V. sind, belastend. Das Verfahren war auch für den gesamten Mannheimer Wohnungsmarkt bedeutsam. Die Argumentation der Vermieterseite, der Mietspiegel der Stadt Mannheim sei nicht qualifiziert, weil nicht hinreichend wissenschaftlich erstellt, hat für Verunsicherung gesorgt. Umfangreiche und teure Gutachten wurden eingeholt. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass es sich um einen qualifizierten Mietspiegel handelt, der eine Vermutungswirkung für die ortsübliche Vergleichsmiete entfaltet.

Auch die Behauptung, die Mieten der GBG Mannheim seien für die Abfragen für den Mietspiegel insgesamt nicht zu berücksichtigen, weil diese „zu niedrig“ seien, war nicht haltbar und wurde durch die Gerichte widerlegt. Diese Mieten weichen nicht so stark vom Durchschnitt der Mannheimer Mieten ab, dass eine Extremwertbereinigung diesbezüglich erfolgen muss. Insbesondere spielt die subjektive Motivation für die Mietpreisfestsetzung im Vergleichsmietensystem keine Rolle.

Es ist nicht zu beanstanden, wenn eine Kommune bei eigenen Wohnungsbestand im Rahmen der Vermietungspraxis verantwortungsvoll zeigt und keine Höchstpreise aufruft. Würde man die Mieten der GBG bei der Mietspiegelerfassung unberücksichtigt lassen, wäre zu befürchten, dass die Mieten in Mannheim Steigerungen von weitere(!) ca. 10 % erfahren würden. Bei knapp 120.000 Mietwohnungen in Mannheim würde dies jährlich eine Belastung von über 50 Mio. Euro für die Mieter bedeuten.

Die politische Brisanz dieses Versuchs, die Mieten nach oben zu treiben, ergibt sich letztlich daraus, dass ohnehin in den letzten 10 Jahren die Mieten rasant angestiegen sind und sich von der allgemeinen Lohnentwicklung entkoppelt haben. Wenn dann auch noch weitere, geradezu neoliberale, Preistreiberei stattfinden soll, die damit begründet wird, dass die Kommune über erheblichen Wohnungsbestand verfügt, der nicht zu Höchstpreisen vermietet wird, kann hierfür kein Verständnis mehr aufgebracht werden. Solche Vorstöße führen in letzter Konsequenz auch zu gesellschaftspolitischen Verwerfungen.

Die Mitglieder des Mietervereins Mannheim, die in beiden Instanzen auch durch Rechtsanwalt Alexander R. Sauer, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Mietervereins vertreten wurden, können nunmehr aufatmen, das Verfahren ist rechtskräftig abgeschlossen. Die verlangte Mieterhöhung wurde in beiden Instanzen vollständig abgewiesen.

Mannheim, 12. Oktober 2022