Mitgliederversammlung Mieterverein Mannheim: Wohnungspolitik der Stadt Mannheim im Fokus

Lob für Baubürgermeister Eisenhauer / Kritik an der Wohnungspolitik der Stadt Mannheim

Am 27. April fand turnusgemäß die alle zwei Jahre stattfindende Mitgliederversammlung in der Kulturhalle in Mannheim-Käfertal statt.

Der Antrag des Vorstands, den Vorstand für eine Laufzeit von 4 Jahren wie statt wie bisher 2 Jahre, wurde mehrheitlich angenommen.

Vorstandswahl mit neuen Gesichtern

Wiedergewählt wurden als Vorsitzender Gabriel Höfle und stellvertretender Vorsitzender Alexander Sauer. Neuer stellvertretender Vorsitzender ist Damian Wiench, der bisher das Amt als Schriftführer begleitete. Dieses Amt übernimmt zukünftig Silke Lulay, die neu in den Vorstand gewählt wurde. Ebenso neu im Amt sind Belamir Eyyüp Evisen als Kassier, Günter Bergmann und Stefan Keller (Beisitzer). Bergmann ist bekannt als Vertreter des Mietshäusersyndikats.

Nicht mehr kandidiert haben die zum Teil langjährigen Vorstandsmitglieder Karlheinz Paskuda, Achim Rathgeb, Barbara Kladt und Benjamin Klingler. Die Gründe hierfür waren ausschließlich persönlicher Natur.

Insgesamt war die Versammlung von ca. 60 Mitgliedern besucht.

Bürgermeister Ralf Eisenhauer, zuständig bei der Stadt Mannheim für Planung, Bauen, Verkehr und Sport, hielt ein Grußwort und gab einen Input zum Wohnungsmarkt in Mannheim. Er hob die Bemühungen der Stadt Mannheim für den Wohnungsbau hervor und erwähnte insbesondere den Runden Tisch Wohnen in Mannheim, der im Dezember 2021 ins Leben gerufen wurde. In seinem fünften Treffen im 4. Quartal 2022 werde der Runde Tisch voraussichtlich eine Handlungsempfehlung für den Gemeinderat aussprechen. Anschließend stellte er sich einigen Fragen.

Lob…

Gabriel Höfle, begrüßte, dass „die Stadt zu einem dialogischen Prozess in der Wohnungs- und Mietpolitik zurückgekehrt“ ist.

Der Runde Tisch Wohnen, den die Stadt Mannheim installiert habe, sei grundsätzlich positiv. Er solle aber nicht nur über die Ergebnisse oder Ausweitungen des 12 Punkte-Programms diskutiert werden. Der Runde Tisch müsse aus seiner Sicht ein Gremium werden, das den Gemeinderat neben mietpolitischen Steuerungsinstrumenten auch in vielfältiger Weise zu Themen des Wohnungsbaus und der Stadtentwicklung berät.

…und deutliche Kritik an der Stadt

Neben dem Lob musste sich Eisenhauer aber auch deutliche Kritik an der Stadt bzw. an den städtischen Gesellschaften anhören.

Nach dem Jungbusch ist laut Gabriel nun auch die Neckarstadt-West in den Fokus der Investoren gerückt.

Enorme Mietverlangen gehen mit Instandsetzungen von Wohnungen einher. Im Rahmen von Wiedervermietungen werden enorme Summen aufgerufen:

Er nannte jüngste Beispiele aus dem aktuellen Immobilienscout für Mannheim: für ein 50 m²-Wohnung 700 € monatliche Miete, für eine 65 m²-Wohnung 820 €, für eine 85 m²-Wohnung 1.050 €.

Es gäbe zwar immer noch Angebote der städtischen Gesellschaft GBG für Wohnungen von unter 8 €/m², und selbst bei Haus & Grund fänden sich Angebote unter 8,50€/m². Die Entwicklung gehe aber in die andere Richtung.

Kein Verständnis habe er daher für Passagen aus dem Bericht von LOS Lokale Stadterneuerung, wo das Problem der Mietensteigerungen weitgehend geleugnet werde. Er kritisierte, dass sich die Stadt im Rahmen ihres LOS-Berichts schützend vor eine große Investorengruppe (Thor-Gruppe) stelle.

Wörtlich sagte Höfle: „Als Mieterverein Mannheim haben wir kein Verständnis für eine derartige schützende Argumentation für private Investoren.“

Höfle kritisierte heftig das Vorgehen beim Teilabriss der GBG-Wohnblocks am Adolf-Damaschke-Ring in Feudenheim. Ursprünglich wurde dem Mieterverein zugesagt, dass es hierzu nochmals eine Überprüfung und einen Dialog geben würde. Der habe aber gar nicht stattgefunden.

Auch nicht nachzuvollziehen sei das Vorgehen der Stadt bzw. der GBG bei der sogenannten „grünen Mitte“ auf Franklin. Hier wäre deutlich mehr Transparenz notwendig gewesen. Die Stadt müsse hier ihrer Vorbildfunktion gerecht werden und die Quote für bezahlbaren Wohnraum anwenden. Er fragte: „Wenn nicht die kommunale Gesellschaft bei derartigen Neubauprojekten Vorbildfunktion ist, mit welchem moralischen Recht will sie dies dann gegenüber privaten Investoren einfordern?“

Die Verantwortung für die Versäumnisse der Stadt wollte Höfle nicht an Baubürgermeister Ralf Eisenhauer festmachen, der erst seit Januar letzten Jahres im Amt sei. Vielmehr sehe er sein Bestreben, den Wohnungsmarkt in Mannheim zu stabilisieren.

Er unterstrich an Bürgermeister Eisenhauer gerichtet, dass der Mieterverein sich gerne in einen kooperativen aber auch kritischen Prozess mit der Stadt einbringen werde.

Klage gegen Mietspiegel abgewehrt – Erfolgreiche Klagen wegen Mietpreisbremse

Alexander Sauer als stellvertretender Vorsitzender und Rechtsanwalt des Mietervereins ging auf wichtige rechtliche Auseinandersetzungen ein.

Im Februar 2022 wies das Mannheimer Amtsgericht eine Klage einer Wohnungseigentümerin gegen den Mannheimer Mietspiegel zurück. Die Vermieterin monierte , dass die im Mietspiegel enthaltenen Wohnungen der GBG den Mietspiegel nach unten drücken würden. Die Mieten der GBG-Wohnungen müssten aus dem Mietspiegel rausgenommen werden. Sie würde dadurch daran gehindert, noch höhere Mieten zu verlangen. Das Besondere hierbei ist, dass die Vermieterin anwaltlich von Joseph Piontek, dem Vorsitzenden des Eigentümerverbandes Haus und Grund Mannheim, vertreten wird. Der Mieter wiederum wird durch RA Sauer vertreten. Sauer hob hervor, dass das Gericht der Argumentation des Mietervereins gefolgt sei. Piontek kündigte an, in Berufung zu gehen. Man kann gespannt sein.

Sauer erwähnte, dass der Mieterverein Mieter unterstützt, wenn gegen die Mietpreisbremse verstoßen werde. Er verwies auf eine laufende Klage gegen einen Vermieter und Investor in der Neckarstadt-West. Die Miete liege erheblich über der Mietpreisbremse. Zuviel bezahlte Miete (monatlich im dreistelligen Bereich) müsse voraussichtlich auch nachträglich zurückbezahlt werden. Man werde mit diesem Fall voraussichtlich an die Öffentlichkeit gehen.

 

Roland Schuster




Streit um Mietspiegel: Gutachter Walter Krämer wird vom Mieterverein abgelehnt

Auseinandersetzung um Mietspiegel zwischen „Haus und Grund“ und Mieterverein

Wohnen in Mannheim | Symbolbild: Archiv

Das Verfahren, in dem es um den Mannheimer Mietspiegel geht, ist am 23. November 2018 durch das Mannheimer Amtsgericht eröffnet worden und läuft seit her. Der vom Gericht berufene Gutachter, der Dortmunder Professor für Statistik, Walter Krämer, hat nun ein 23-seitiges Gutachten über den Mannheimer Mietspiegel verfasst und „massive Mängel“ festgestellt. Der Mannheimer Mieterverein, hat aus gutem Grund einen Befangenheitsantrag gegen den Gutachter gestellt.

Darüber wird das Gericht in den kommenden Tagen entscheiden. Erst danach wird sich das Gericht mit dem eigentlichen Gegenstand (Rechtmäßigkeit der Mieterhöhung und damit korrespondierend Rechtmäßigkeit des Mannheimer Mietspiegels) befassen. Wenn es dann zu einer Entscheidung kommt, ist damit zu rechnen, dass das Verfahren in höheren Instanzen seine Fortsetzung finden wird. Mit einer rechtsgültigen Entscheidung wäre laut MM vom 12.09.2019 frühestens 2021 zu rechnen.

Um was geht es im Verfahren?

Der Mannheimer Eigentümer- und Vermieterverband „Haus & Grund Mannheim Immobilien GmbH“ will den Mannheimer Mietspiegel zu Fall bringen. Er will Mieterhöhungen oberhalb des Mannheimer Mietspiegels durchsetzen.

Dafür nutzt er zwei Fallbeispiele. In einem der Öffentlichkeit bekannten Beispiel geht es um eine Mieterhöhung einer Feudenheimer Mietwohnung von 630 auf 734, 34 €. Mit dieser satten Mieterhöhung läge die Miete deutlich über dem Mannheimer Mietspiegel. Der Mieter, vertreten durch den Mannheimer Mieterverein, verweigert aus diesem Grund die Zahlung der Mieterhöhung. Dagegen wiederum klagt jetzt die Vermieterin, die ihrerseits rechtlich von Haus & Grund vertreten wird.

Von vornherein hat Haus & Grund erklärt, dass es ihm nicht nur um die von ihm vertretenen Fälle geht, sondern darum, den Mannheimer Mietspiegel zu Fall zu bringen. Sinniger Weise führt für Haus & Grund Rechtsanwalt Josef Piontek dieses Verfahren. Er ist gleichzeitig dessen Vorsitzender.

Zankapfel Mannheimer Mietspiegel

Haus & Grund moniert die Einbeziehung der GBG-Wohnungen in den Mannheimer Mietspiegel, da diese Wohnungen mit durchschnittlichen Mietpreisen unterhalb des durchschnittlichen Mietniveaus liegen und damit den Mietspiegel nach unten drücken würden.

Da Haus & Grund mit dieser Argumentation schwerlich vor Gericht durchkommen dürfte, verlegt er sich nun offensichtlich mit seiner Argumentation darauf, dem Mannheimer Mietspiegel schwere statistische Mängel zu unterstellen. Hierfür kommt ihm der Statistikprofessor Walter Krämer gerade recht, der nun als Gutachter berufen worden ist.

Der Gutachter Walter Krämer

Der Gutachter Walter Krämer wird vom Rechtsanwalt des Mietervereins, Alexander Sauer, aus gutem Grunde, abgelehnt. Krämer habe sich schon vorher ganz klar gegen Mietspiegel generell geäußert und sei damit befangen. Ein Ablehnungsgrund wäre laut MM ein Interview, das Krämer am 21. März 2019 in der „Wirtschaftswoche“ geführt habe. Darin äußert sich Krämer dezidiert u.a. so: „Außer in München gibt es derzeit unter den mir bekannten Mietspiegeln keinen einzigen qualifizierten in Deutschland“. Der Artikel ist überschrieben mit: „Mietspiegel – Ein Amateurprodukt voller Fehler“. Krämer behauptet laut MM, dass die vom Anwalt des Mietervereins zitierten Passagen aus dem Zusammenhang gerissen seien. Im Interview habe er darauf hingewiesen, „dass es in vielen Städten gute Mietspiegel gibt“.

Wer sich die Mühe macht, sich den Artikel gegen Entgelt von der Wirtschaftswoche zu besorgen, der wird feststellen, dass die von Krämer behauptete Aussage in keiner Weise getätigt worden ist. Die Frage ist nun: Wer behauptet hier nun Falsches? Der Redakteur des Mannheimer Morgen oder der Statistik-Professor?

Liest man den Artikel der Wirtschaftswoche in Gänze und außerdem noch andere Publikationen, die z.T. im Internet einlesbar sind, so tun sich eher Abgründe auf. Krämer zeigt sich generell als harter Gegner gesetzlicher Regelungen pro Mieterschutz. Im besagten Artikel sagt er: „Das Problem in Deutschland ist ein Zuviel an rechtlichem Mieterschutz“. „Der beste Mieterschutz sind nicht mieterfreundliche Gesetze, sondern mehr Wohnungen.“ So ist es nicht verwunderlich, dass ausgerechnet die Stadt Wien, die allenthalben von Wohnungspolitikern ob ihrer Wohnungspolitik gelobt wird, von Krämer als Negativ-Beispiel genannt wird. Letztlich entpuppt sich Krämer als knallharter Neoliberaler, dem Sozialregelungen vom Prinzip ein Dorn im Auge sind.

Doch damit nicht genug: Bei Recherchen über die Person Walter Krämer fällt auf, dass er auch eine Flanke nach Rechtsaußen offen hat. In der Wirtschaftswoche vom 12. Juni 2014 erklärt das FDP-Mitglied Krämer auf die Frage: „Mit ihren Positionen wären sie in der „Alternative für Deutschland“ doch besser aufgehoben. Und mit vielen Ökonomen-Kollegen in bester Gesellschaft?“ „Ich habe die (die AfD, die Red.) auch gewählt. Vor Hans-Olaf Henkel und Bernd Lucke, den ich seit vielen Jahren gut kenne, habe ich Riesenrespekt. Die haben meine volle Sympathie.“

Bis 2015 hat Krämer auch mehrmals auf Veranstaltungen der AfD gesprochen. Das einschlägig bekannte Medium „Übermedien“ schreibt im August 2016 von der „Pegidahaftigkeit des Vereins Deutsche Sprache“, dessen Vorsitzender Krämer selber ist.“ So wettere Krämer etwa gegen „den aktuellen Meinungsterror der weitgehend linksgestrickten Lügenmedien.“

Der Befangenheitsantrag gegen Walter Krämer erfolgt zu Recht. Es wäre ein Skandal, wenn das Gutachten eines Menschen mit solch zweifelhafter Expertise die Wohnungspolitik bestimmen sollte.

Am Schluss noch ein kleiner Hinweis: Über die Anforderungen an einen qualifizierten Mietspiegel kann man natürlich durchaus verschiedener Meinung sein. Zur Zeit ist ja so, dass nur Mietänderungen und Neumietverträge innerhalb der letzten vier Jahr in die Berechnungen des Mietspiegels einfließen. Der Deutsche Mieterbund z.B. fordert, dass alle Mieten, also auch die Bestandsmieten zur Berechnung des Mietspiegels heran gezogen werden. Das wäre in der Tat dann transparent und sozialpolitisch sinnvoll. Das ist aber was ganz Anderes, was Walter Krämer vorgibt.

(Roland Schuster)