Hauptausschuss des Gemeinderats: Maßnahmenpaket zur Haushaltskonsolidierung und Mietpreisbremse – zwei Themen, die tief in das Leben der Menschen eingreifen

Die Hauptausschusssitzung am 2. Dezember hatte es in sich. Sie befasste sich mit dem Maßnahmenpaket, welches die Haushalts-„Verbesserungen“ garantieren soll, die zu einem ausgeglichenen Haushalt und der Herstellung der gesetzlichen Mindestliquidität bis 2028 führen soll – ein Haushalt der Grausamkeiten. Einige von den geplanten Kürzungen Betroffene, so z.B. die DLRG, die erfolgreich die Beibehaltung der verbilligten Bäder-Nutzung für ihre gemeinnützige Arbeit forderte, hatten sich vor dem Sitzungssaal versammelt.
Die Haushaltsthematik stand oben auf der Tagesordnung. Unten auf dem letzten öffentlichen Punkt stand das Aufregerthema, dass Mannheim durch die neue Landesverordnung zur Mietpreisbremse aus der „Gebietskulisse“ herausfallen soll, aufgrund eines statistischen Gutachtens, in welchen Kommunen von einem „angespannten Mietwohnungsmarkt“ gesprochen werden könne und in welchen nicht (wir berichteten). Auch zu diesem Thema empfingen Demonstrant*innen die Ausschussmitglieder vor dem Gemeinderatssaal mit der Forderung nach Aufrechterhaltung der Mietpreisbremse.

Maßnahmenkatalog zum Nachtragshaushalt 2025/26: Hauptausschuss empfiehlt dem Gemeinderat mehrheitlich die Zustimmung

„Wir retten Leben, keine Stadtkasse!“ Protest der DLRG gegen Gebührenerhöhungen für die Nutzung der Bäder. Die DLRG-Jugend ist auch Mitglied im Stadtjugendring. Dessen Protest weiter unten.

Eigentlich hätten die Mitglieder des Hauptausschusses die Absetzung des 55-seitigen Vorlage V648/2025 von der Tagesordnung fordern können. Sie wurde erst am Vorabend in das Gemeinderatsinformationssystem hochgeladen und für die Öffentlichkeit erst am Sitzungstag selbst im Bürgerinformationssystem. Ein Skandal, wenn man bedenkt, was hier alles zu verhandeln war. Wer sollte das alles gelesen und sich mit seiner Fraktion abgestimmt haben. Der Tagesordnungspunkt wurde am 27.11. nachgetragen mit dem Vermerk: „Vorlage folgt“. Die folgte jedoch nicht mindestens vier Tage vor der Sitzung (so verlangt es in diesem Fall die Geschäftsordnung des Gemeinderats), sondern eben viel zu spät.
Ein Protest der Ausschussmitglieder blieb jedoch aus – die Beratungen nahmen ihren üblichen Verlauf in einer eigentümlichen Stimmungslage: Die Vertreter*innen der Fraktionen, die der Vorlage dann nach wenigen Fragen zustimmen, versäumen nicht, sich beim Oberbürgermeister und der Verwaltung herzlich zu bedanken für die kooperative Arbeitsatmosphäre und die „meist“ gute Informationslage für die Gemeinderäte. Sie berichten von sehr anstrengenden, oft bis in die Nacht reichenden Sitzungen des nicht öffentlichen Haushaltsausschusses und darüber hinaus von interfraktionellen Besprechungen und Klärungsgesprächen mit Fachleuten der Verwaltung. Die abzustimmende Vorlage war inhaltlich den Ausschussmitgliedern also – wenn auch nicht im Detail – bekannt, und sie enthielt viele Punkte, die in vorausgehenden Vorlagen bereits angeschnitten waren. Für die Öffentlichkeit jedoch ist die Vorlage ein weiterer Stoß in der Schocktherapie, mit der der Oberbürgermeister das Thema Nachtragshaushalt und Konsolidierungsprogramm versucht über die Bühne zu bringen unter dem Motto: Nur ja keine ausufernden öffentlichen Diskussionen, die dann auch in den Gemeinderat schwappen.
Tatsächlich gab es gegenüber dem Entwurf nach dem Beratungsmarathon nur vier verbessernde Korrekturen: Die nur schrittweise und nicht auf einen Schlag erfolgende Abschaffung der Zuschüsse zu den Kita-Gebühren (die sollten ein Schritt hin zur Gebührenfreiheit für Kitas sein), die Weiterführung des personellen Aufbaus der Schulsozialarbeit statt Stillstand, die Weiterexistenz der Stadtbibliothek Friedrichsfeld und die nun doch erfolgende Sanierung des Jugendtreffs in Feudenheim.
Dies bei einem bisherigen Einsparvolumen von 271 Mio. EUR bis 2028. Erneut stand der große weiße Elefant im Raum: Abwendung der Übernahme der Haushaltshoheit durch das Regierungspräsidium, wenn dessen Forderungen nach einem ausgeglichenen Haushalt nicht erfüllt wird. Die erste Station dieser Kontrollübernahme wäre gewesen, den erforderlichen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr 2025 nicht bis 31.12.25 beschlossen zu haben. Hinter dem ganzen gehetzten Fahrplan der Haushaltskonsolidierung mit immer wieder sehr kurzen Diskussionsmöglichkeiten steht in der Tat das Regierungspräsidium mit einer CDU-Präsidentin an der Spitze und dem Kommunalen Haushaltsrechts im Rücken. Bei weiterhin bestehenden Rahmenbedingungen wie zurzeit, lassen sich tatsächlich nur kleine Erfolge erzielen, von denen dann nicht klar ist, ob sie die nächste Stufe 2026 überleben. Denn das Einsparziel ist erst zu 2 Fünfteln erreicht.

Rahmenbedingungen der Kommunalfinanzen unerträglich

Die Rahmenbedingungen wurden neben Reinhold Götz (SPD) am klarsten von Dennis Ulas (LTK) kritisiert: Verletzung des Konnexitätsprinzips durch den Bund, der Aufgaben für die Gemeinden beschließt, ohne das notwendige Geld mitzugeben. Soweit üben auch die Konservativen Kritik. Wenn es aber an die gesellschaftliche Ressourcenverteilung, um die Steuergesetze, um die Zunahme der Multimilliardäre in den letzten Jahren, um die erforderliche Rückverteilung des Reichtums an die diesen Reichtum erarbeitende Gesellschaft geht, dann schweigt man rechts. Die Kommunalpolitik stößt schlicht an ihre Grenzen. Den wohlhabenden Sparaposteln im Gemeinderat ist diese Zwangslage letztlich willkommen. Sie stoßen sich hauptsächlich an den Gebührenerhöhungen, die sie als ultima ratio bezeichnen.
Ulas erkennt einige positive Maßnahmen an, die mit Verbesserung von Arbeitsabläufen und weiterer kostensparender Digitalisierung zu tun haben. Aber er kritisiert eine Auswahl von Punkten, die in eine falsche Richtung weisen, z.B. die Kürzung der Bezirksbeiratsbudgets um 5%, die die Arbeit in den Stadtteilen unterstützen, die Verschiebung der Renaturierung des Neckarvorlands auf Höhe Alter Messplatz und Dammstraße, die Kürzung des Betriebskostenzuschusses für den Eigenbetrieb Stadt-Raum-Service um über drei Millionen, obwohl der gegenüber seinen vielseitigen Aufgaben vollkommen unterfinanziert ist. Verschiebung notwendiger Reparaturen im Infrastrukturbereich und Zunahme der Vermüllung der Stadt werden die unweigerlichen Folgen sein. Ulas kritisiert die Halbierung der Einzahlungen in den Bodenfonds, der eine Grundstücksreserve für öffentliche Aufgaben und insbesondere für preisgünstiges Wohnen schaffen soll und die vielfältigen Gebührenerhöhungen von Kitas bis Schwimmbäder. Er nennt auch Gegenfinanzierungsmöglichkeiten wie die Verpflichtung für den Flughafen, Pacht zu zahlen. Er kündigt deswegen Ablehnung der Vorlage durch die LTK-Fraktion an aus „Verantwortung für die Menschen“.
Am Ende wird die Vorlage mehrheitlich dem Gemeinderat vom Ausschuss zur Annahme empfohlen. Änderungsanträge lagen nicht vor – die wurden vereinzelt in den Vorberatungen mündlich eingebracht und teils erfolgreich eingearbeitet.

Stadtjugendring Mannheim warnt vor Kürzungen in der Jugendarbeit – Appell an Bund und Länder

Der Stadtjugendring Mannheim kritisiert das aktuelle Konsolidierungsprogramm der Stadtverwaltung scharf. „Es fehlt ein schlüssiges Gesamtkonzept, das klare Prioritäten für Kinder und Jugendliche setzt“, heißt es in einer Stellungnahme an den Jugendhilfeausschuss aus dem Hauptausschuss des Stadtjugendrings. Stattdessen werden wichtige Ressourcen in der Jugendarbeit gestrichen. „Wir erkennen den enormen finanziellen Druck auf die Kommunen an, aber die Lösung darf nicht auf dem Rücken junger Menschen erfolgen“, betont der Vorsitzende des Stadtjugendrings, Theo Argiantzis. Die im Stadtjugendring organisierten Jugendverbände fordern den Gemeinderat und die Stadtverwaltung auf, keine weiteren Kürzungen im Bereich Jugendhilfe und Jugendarbeit vorzunehmen.
Stattdessen müsse die Kommune politische Initiativen ergreifen, um Bund und Länder in die Pflicht zu nehmen. „Bund und Länder haben die Möglichkeiten und die Pflicht, die kommunale Arbeit für Kinder und Jugendliche ausreichend zu finanzieren“, so der Appell. Darüber hinaus fordert der Stadtjugendring konkrete Maßnahmen zur Steigerung kommunaler Einnahmen, die von finanzstarken Teilen der Stadtgesellschaft getragen werden, anstatt die Schwächsten weiter zu belasten. Leistungskürzungen sowie Erhöhung von Gebühren und Eintritten öffentlicher Einrichtungen treffen insbesondere die einkommensschwachen Teile der Bevölkerung, wie Familien, Alleinerziehende und in besonderem Maße Kinder und Jugendliche, die in der Regel über kein eigenes Einkommen verfügen.
Über 20% der Mannheimer Kinder und Jugendlichen sind von Kinderarmut betroffen oder gelten als armutsgefährdet. Steigende Gebühren in der Kita, steigende Preise für Parks und Schwimmbäder, steigende Gebühren für Vereine für die Überlassung von Sporthallen, sinkende Zuschüsse für freie Träger und ehrenamtliche Jugendverbandsarbeit wirken sich sehr direkt auf Teilhabechancen, Bildungszugänge und die Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen in Mannheim aus. „Wir dulden in keiner Weise, dass an Mitteln für die Jugend gespart wird. Hier lebt unsere demokratische Gegenwart und Zukunft – und wir lassen uns nicht wegsparen“, heißt es abschließend.
PM SJR 2.12.2025

Mietpreisbremse: Ringen um weitere Gültigkeit auch für Mannheim

Die Linke protestiert gegen die Herausnahme von Mannheim aus der Gebietskulisse für die Mietpreisbremse. Sie fordert im übrigen einen bundesweiten Mietendeckel.

Der Schock für weite Teile der Bevölkerung sitzt tief, dass Mannheim nach der neuen Landesverordnung für eine Mietpreisbremse nicht mehr durch diese geschützt ist vor einem neuen Schub von Mieterhöhungen bis hin zur Erhöhung der Sozialmieten. Anträge von LTK, SPD und Grünen forderten den OB auf, sich in Stuttgart stark zu machen für einen Verbleib Mannheims in der „Gebietskulisse“ der Gültigkeit der Mietpreisbremse und notfalls juristisch vorzugehen. Dies und die Tatsache, dass das Mietpreisniveau die Menschen bis tief in „die Mitte der Gesellschaft“ beschäftigt, hatte OB Specht tatsächlich veranlasst, in Stuttgart für ein Anhörungsverfahren zu werben, welches dann auch am 4. November stattfand.

Specht kam mit einer schriftlichen Einlassung zur Qualität des von der Landesregierung beauftragten Gutachtens. In dieser Stellungnahme wird das Gutachten ziemlich zerpflückt. Es seien teils veraltete und teils schlechtere Daten auf Basis des Census in dem Gutachten verwendet worden, obwohl die Stadt Mannheim über zuverlässige, aktuelle und exakte Daten verfüge. Das statistische Verfahren brauche aufgrund seiner Kompliziertheit auch Ermessensspielräume, um die Mietwohnungsmarktlage in den jeweiligen Kommunen, auch unter Berücksichtigung von Sondereffekten richtig bewerten zu können. In Mannheim ist ein so nicht wiederholbarer  Sondereffekt der forcierte Wohnungsbau auf den Konversionsflächen.

Specht sprach sich gegen einen Angriff auf die von dem Gutachter angewandte Methode aus, da diese bereits zum dritten Mal zu Einsatz gekommen sei, einmal auch zum Vorteil für Mannheim. Das Risiko sei, dass mehr Kommunen als zuvor ab 1.1.26 profitieren und somit ein Interesse an der neuen Landesverordnung zur Mietpreisbremse haben. Sollte das gesamte Gutachten zu Fall gebracht werden, wäre damit die gesamte Landesverordnung hinfällig. Für diesen Weg werde man nicht mit der Solidarität der Kommunen rechnen können, die Teil der Gebietskulisse seien. Vielmehr müsse man die besseren Daten „anbieten“ und darauf dringen, dass die Bewertung der Mannheimer Situation neu bearbeitet werde.

Da der 31.12. dicht vor der Tür stehe, werde man vor dem 1.1.26 keine Neubewertung mehr erreichen können. Von daher hält Specht es für erfolgversprechender, die Landesregierung zu einer Verlängerung der bestehenden Gebietskulisse um ein Jahr aufzufordern, innerhalb derer die korrekte Mannheimer Datenlage eingearbeitet werden könne. Specht habe sich diesbezüglich auch an den Ministerpräsidenten gewandt, weil die Regierungskoalition in sich uneinig sei; da müsse er die Linie vorgeben. Auch mit dem OB der ebenso wie Mannheim betroffenen Stadt Konstanz sowie mit dem Städtetag sei er im Gespräch. Die Entscheidung der Landesregierung müsse aber unbedingt noch in diesem Monat fallen, sonst ist Mannheim „draußen“. Dennis Ulas hatte noch darauf hingewiesen, dass auch Hessen die Gebietskulisse bei seiner Landesverordnung verlängert habe, weil sonst die Mietpreisbremse in Frankfurt/M (!) nicht mehr gegolten hätte.
Die zur Mietpreisbremse Antrag stellenden Fraktionen haben OB Specht aufgefordert, im Falle des Scheiterns juristisch vorzugehen. Auch eine Resolution des Gemeinderats wie in Konstanz wird vorgeschlagen. Gegen diese spricht sich CDU-Mann Hötting aus. Die Mietpreisbremse sei sowieso keine Dauerlösung. Es gelte vielmehr „bauen! bauen! bauen!“. Diese Marktgläubigkeit hilft den Menschen aber nichts, wenn das Gebaute unerschwinglich ist. Die CDU schwebt hier in anderen Sphären. Es bleibt spannend.

Thomas Trüper | Bilder: KIM




Gebietskulisse der „Landesmietpreisbegrenzungsverordnung“ ohne Mannheim: Fragen, die gestellt und geklärt werden müssen.

Es gibt wohl niemanden (außer Fans von „Haus und Grund“), der es spontan für nachvollziehbar hält, dass Mannheim nach fünf Jahren plötzlich nicht mehr zum Kreis der Städte und Gemeinden gehören soll, für die ein „angespannter Wohnungsmarkt“ festgestellt wurde. Mit der Folge, dass für Vermieter höhere Kappungsgrenzen für ihre Mietpreisforderungen gelten als in den letzten fünf Jahren. Sie dürfen wieder mehr zulangen. Was ist da Positives in den letzten fünf Jahren geschehen, dass man angeblich entspannt und easy zu einer passenden und leistbaren kommt und dass die Kappungsgrenzen keine Rolle mehr spielen sollen? Jede und jeder, der eine neue Wohnung benötigt, macht die gegenteiligen Erfahrungen – diejenigen mit wenig Geld sowieso, aber auch in der „Mitte“ wird es eng. Aber das sind ja „nur“ die Erfahrungen der Menschen. Das Ganze muss wissenschaftlich analysiert und mit Indikatoren der „Angespanntheit“ belegt werden, bevor ein die Mieter:innen etwas entlastender Mechanismus aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 556 d BGB) zum Einsatz kommt.

Die Geschichte der Feststellungen bzw. Nicht-Feststellungen

Zur Erinnerung:
2015 ging es zum ersten Mal um die Feststellung eines angespannten Wohnungsmarktes, die dann die Inkraftsetzung von Mietpreiskappungsgrenzen ermöglicht hätte. Mannheim ging damals leer aus. 2014 gab es in Mannheim 177.703 Privathaushalte, aber nur 164.562 Wohnungen. Es klaffte eine Lücke von 13.141 Wohnungen. Wie kann das sein? Z.B. so, dass 4 Privathaushalte sich zusammen eine Wohnung teilen (Studis in Wohngemeinschaft). Wohnungslose Couchsurfer:innen, die auch als ein Privathaushalt gelten und irgendwo in einem anderen Haushalt unterkommen. Oder erwachsene Kinder, die noch bei Mutti wohnen, weil sie sich keine eigene Wohnung leisten können.

2020 ging es in die nächste Runde: Mannheim bekam es amtlich, dass dort ein angespannter Wohnungsmarkt herrsche. 2019 gab es jeweils am 31.12. 173.294 Privathaushalte und 167.312 Wohnungen – zwischen beiden bestand „nur“ noch eine Lücke von knapp 6.000.

Und jetzt – 2025? Es gab am 31.12.24  178.589 Privathaushalte und 174.979 Wohnungen – eine Lücke von 3.610. – Verständlich, dass nun die große Entspannung eingetreten ist?

Nein, ganz und gar nicht. Denn der Bedarf an Wohnungen ist ja nie der nach einer x-beliebigen, wie es die nackte Statistik unterstellt.  Für den weitaus größeren Teil der Gesellschaft kommt es neben der passenden Größe der Wohnung auf den leistbaren Preis an. Wenn man eine Wohnung braucht, die man sich aber nicht leisten kann, dann bedeutet das echte „Anspannung“.  Die Grafik zeigt, wie schnell seit 1997 die Mietspiegelpreise geklettert (um fast 100%) und wie lahm die Nettolöhne gestiegen sind (um ca. 20%). Und die Angebotsmieten liegen inzwischen durchschnittlich 3 EUR über den Mietspiegelpreisen.

Grafik: KIM

Nach Entspannung sieht hier nichts aus. Es wird deutlich, dass unterschiedliche Faktoren herangezogen werden müssen, die am Ende vielleicht geeignet sind, die Situation auf dem Wohnungs-, besonders auf dem Mietwohnungsmarkt zu charakterisieren. Die aus dem Mannheimer Statistikatlas, der Mannheimer Mietspiegelstatistik sowie aus dem Statistischen Bundesamt stammenden Daten, die eigentlich unmittelbar plausibel die „Angespanntheit“ des Wohnungsmarktes aufzeigen, sind offenkundig nicht die, die das Gutachten der Landesregierung verwendet. Und dann kommt es ja noch auf die „Aufbereitung“ der Daten bzw. deren Eindampfung zu einer schlichten JA-NEIN-Entscheidung hinsichtlich der Gebietskulisse an.

Eine wichtige Größe ist z.B. auch die Mietbelastung der Haushalte, das ist der Anteil der Warmmiete am verfügbaren Nettoeinkommen. Dazu müsste man wissen, wie hoch die Einkommen der Haushalte einer Stadt sind, und wie sie gestreut sind. Diese Zahlen gibt es aber amtlich nicht. Die Wissenschaft greift hier auf die Erhebungen des großen Marktforschungsinstituts GfK zurück. Ebenso bei der Frage, wie viele Privathaushalte es in Baden-Württemberg gibt. Mannheim kennt seine Haushalte über das Einwohnermeldeamt. Das Land hat vor ein paar Jahren aufgehört, diese Daten zu sammeln.

Vorrang für kommunale Daten! Betrachtung von Teilgebieten der Stadt!

Bei all den Berechnungen, die das beauftragte Institut FuB GmbH anzustellen hat, ist zu klären, und zu verhandeln, welche Daten es heranzieht. Die Stadt Mannheim verfügt über eine auf die Meldekarten gestützte, jederzeit aktuelle Einwohner- und Haushaltsstatistik. Diese differiert z.B. bei den Einwohnerzahlen um ca. 10.000 Menschen, die die Stadt mehr als das Statistische Landesamt zählt (daraus erwuchs eine Klage der Stadt und vieler anderer ebenfalls betroffener Gemeinden gegen das Land, welches sich auf seinen Census 2011 berief).

Die Verwendung kommunaler Daten hätte auch einen weiteren Vorteil: Das BGB geht davon aus, dass auch besonders belastete Teilgebiete einer Stadt in die Gebietskulisse aufgenommen werden können. Die Landesregierung lehnt dies glatt ab: „Wir haben dazu auf Landesebene keine Daten!“ Die Stadt hat sie für jeden Stadtbezirk!

GfK-Daten, die in die Berechnungen Eingang finden, beruhen auf Umfragen, sind also nicht exakt.

Warum werden nicht die kommunalen Daten herangezogen, so sie qualifiziert vorliegen? Die Einheitlichkeit der Datenquellen spielt bei der Berechnung der Gebietskulisse keine Rolle, weil es um die Verhältnisse in den einzelnen Gemeinden geht, die hier nicht miteinander in Konkurrenz liegen wie z.B. bei Zuteilungen aus Finanzausgleichstöpfen.

Öffentlichkeit der Daten und Berechnungswege!

Bei der Berechnung der Gebietskulisse, welche Gemeinde einbezogen wird und welche nicht, geht es um Einiges. Für die Mieter:innen, ob ihre Miete 5% höher ist oder nicht (bei einer Monatskaltmiete von 800 EUR sind das 480 EUR pro Jahr haben oder nicht haben. Es geht auch um Kündigungsfristen.

Für die Gemeinden ist das Mietniveau am Ort ebenfalls unmittelbar haushaltsrelevant: Für Bezieher:innen von Grundsicherung oder Sozialhilfe muss die Gemeinde die Wohnungsmiete ganz oder teilweise übernehmen. Dies ist einer der Kostentreiber bei den Sozialausgaben der Kommunen.

Weil die Rechte der Öffentlichkeit bei der Herausgabe der Förderkulisse 2015 von der Landesregierung nicht geachtet wurden, kassierte das Oberlandesgericht Stuttgart 2019 die ganze Verordnung der Landesregierung. 2020 wurde erstmals das gesamte Gutachten von FuB vorgelegt, in diesem Jahr ebenfalls. Dieses Gutachten enthält jedoch nicht die verwendeten Originaldaten, sondern deren „operationalisierte“ Verarbeitung mittels der „Nutzwertanalyse“, die für Laien schwer verständlich und schon gar nicht überprüfbar ist. Das Institut schreibt wie zur Bestätigung: „Der Nachteil der Nutzwertanalyse ist, dass die im Modell festgelegten Grenzen der Kriterien, der Gewichtungen und der endgültigen Auswahlgrenzen nicht auf einer reinen statistischen Ableitung, sondern auf einer sinnvollen und fundierten Begründung für den Sachverhalt beruhen. Diese teilweise subjektive [!] Festlegung ermöglicht es jedoch, die in der gesetzlichen Grundlage des § 556d Absatz 2 BGB festgelegten Grundlagen direkt im Modell abzubilden und mit entsprechenden Begründungen und Erläuterungen zu untermauern.“ Hier ist viel Raum zur „freien Gestaltung“, wo Gemeinderäte zu unterrichten und um ihre Meinung gefragt werden müssten, z.B. zu Gewichtungsfragen. Am Ende wird das ganze Zahlenwerk auf die 5 vom BGB vorgegebenen Indikatoren mit je 20% Gewichtung eingedampft, aus dem dann ein Punktsystem hervorgeht – und plötzlich ist Mannheim wie auch Konstanz draußen. Den Autor:innen des Gutachtens wird hier nicht unterstellt, dass sie hier irgendwelche geheime Aufträge oder Ambitionen verfolgen. Aber sie haben ein System aufgebaut, welches am Ende jeglicher Evidenz und Plausibilität entbehrt.

Die rausgefallenen Gemeinden sind in ihren Rechten beschnitten

Die Daten der rausgefallenen Gemeinden tauchen in den Ergebnistabellen des Gutachtens überhaupt nicht auf und entziehen sich so der Überprüfung. (Das war auch schon 2015 so. Die LINKE im Gemeinderat musste erst per Antrag 208/2015 fordern, die Verwaltung solle die  Landesregierung die Nichtaufnahme in die Gebietskulisse begründen lassen. Was dann auch erfolgte. Es stellte sich heraus, dass die Stadt haarscharf an der Gebietskulisse vorbeigeschlittert ist. Das was schon damals nicht plausibel.)

Bei so knappen Entscheidungen muss ein Korridor der Verhandelbarkeit bestehen, wo der Daten- und Methoden-Unschärfe die Evidenz der tatsächlichen Situation in den jeweiligen Kommunen entgegengestellt werden kann. Insbesondere kommt es darauf an, dass nicht nur die Zahl der Einwohner*innen und die Zahl nicht weiter definierter Wohnungen gegenübergestellt wird, sondern dass nach Größe und Preisklasse der Wohnungen und nach Größe der Haushalte und deren Einkommen eine Gegenüberstellung vorgenommen und Ungleichgewichte festgestellt werden. Denn selbst bei einem Verhältnis 1 : 1 von abstrakten Einwohnern und abstrakten Wohnungen wird sich bei genauerem Hinsehen herausstellen, dass ein viel zu großer Anteil des Wohnungsbestandes für breite Schichten der Gesellschaft  finanziell nicht erreichbar sind. Dies ist dann tatsächlich eine „Angespanntheit“ und ein Notstand, auf den u.a. mit der Mietpreisbremse reagiert werden muss.

Lediglich den „Gewinnern“ wird dargelegt, warum sie gewonnen haben. „Verlierer“ haben aber naturgemäß das größere Darlegungsinteresse. Für „Haus und Grund“ sieht das allerdings genau andersherum aus: Wo die Mieter:innen in einer Gemeinde die „Gewinner“ sind, sieht sich die Vermieter-Lobby als Verlierer. So beklagte sich auch Haus und Grund Mannheim im Jahr 2020 jämmerlich über das Gutachten, das Mannheim in die Gebetskulisse aufgenommen hatte. In diesem Jahr haben sie wohl nichts auszusetzen.

Thomas Trüper




Mietpreisbremse: Linke und LTK fordern Einschreiten seitens der Stadt gegenüber dem Land

Die Linke Mannheim und die Gemeinderatsfraktion LTK (Die Linke, Tierschutzpartei, Klimaliste) kritisieren den Herausfall Mannheims aus der Mietpreisbremse ab dem 01.01.2026. Voraussetzung für das Inkrafttreten der Mietpreisbremse in einer Stadt ist ein Gutachten des Landes, bei dem vier von fünf Kriterien für einen angespannten Wohnungsmarkt erfüllt sein müssen. In den letzten viereinhalb Jahren galt sie in Mannheim, wodurch die Kappungsgrenze bei Neuvermietung auf 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete reduziert worden ist. Ab 2026 können Mieten wieder bis zu 20 % höher liegen.

Die Linke fordert von der Landesregierung eine Offenlegung der Methodik und der Ergebnisse der Mietpreisbremse sowie eine Überarbeitung der baden-württembergischen Rechtsverordnung. Momentan müssen in Baden-Württemberg vier von fünf Kriterien erfüllt sein, damit in einer Stadt ein angespannter Wohnungsmarkt gilt, was Voraussetzung für die Mietpreisbremse ist.

Philipp Fränkle, Sprecher der Linken in Mannheim: „Aus Sicht der Linken sollten auch drei der fünf Kriterien für die Mietpreisbremse ausreichen. Außerdem ist nicht klar, ob WG-Zimmer in der Methodik berücksichtigt werden, die in einer Uni-Stadt wie Mannheim einen beachtlichen Anteil am Mietwohnungsmarkt haben. Die aktuelle Rechtsverordnung und Methodik des Landes ist demzufolge intransparent und berücksichtigt offensichtlich nicht alle Städte, in denen der Wohnungsmarkt tatsächlich angespannt ist.“

Anna Roth, Sprecherin der Mannheimer Linken: „Ein Wegfall der Mietpreisbremse in Mannheim wird dazu führen, dass die Mieten noch stärker ansteigen als in den letzten Jahren und dass Wohnen zu einer noch größeren finanziellen Belastung für viele Menschen wird. Für uns ist es unverständlich, dass die von der grün-schwarzen Landesregierung festlegten Kriterien dazu führen, dass eine Großstadt wie Mannheim angeblich keinen angespannten Wohnungsmarkt mehr hat und aus der Mietpreisbremse herausfällt. Landesbauministerin Nicole Razavi hofft sogar, dass es bald keine Mietpreisbremse mehr braucht und diese nach 2029 nicht verlängert werden muss.“

„Wir fordern Oberbürgermeister Specht auf, sich bei der Landesregierung für die Offenlage der Bewertungsergebnisse und für ein Nachbessern oder ein alternatives Gutachten für Mannheim einzusetzen. Der Oberbürgermeister von Konstanz, Uli Burchardt (CDU), übt scharfe Kritik an der Methodik und dass auch seine Stadt aus der Mietpreisbremse fällt. Die Stadt Konstanz unterstützt daher den landesweiten Appell, die Gebietskulisse der Mietpreisbremse nachhaltig und verlässlich zu gestalten, damit Städte nicht fortlaufend umplanen müssen. Auch Oberbürgermeister Specht und die Stadt Mannheim müssen sich dem Appell anschließen und sich dafür einsetzen. Notfalls sollte die betroffenen Kommunen den Klageweg beschreiten. Schließlich betrifft es alle Mannheimer Miethaushalte“, fordert Dennis Ulas, Linke-Stadtrat und wohnungspolitischer Sprecher der LTK.

Die Linke Mannheim

Gemeinderatsfraktion LTK Linke/Tierschutzpartei/Klimaliste




Eile ist geboten: Mannheim darf nicht aus der Mietpreisbremse herausfallen!

Oberbürgermeister Specht muss sich im Interesse der Mannheimer Bürgerinnen und Bürger gegen die Landesregierung wehren!

1012 Sozialwohnungen in Mannheim fallen in den kommenden 10 Jahren aus der  Mietpreisbindung. (Bild: KIM)

Das Land Baden-Württemberg will die Mietpreisbremse bis Ende 2029 verlängern.

Aber: Ab dem 1. Januar 2026 soll Mannheim aus dem Geltungsbereich der Mietpreisbremse herausfallen, nachdem die Mietpreisbremse in Mannheim für vier Jahre gegolten hat. In 130 Gemeinden, aktuell sind es 89, soll die Mietpreisbremse gelten, da dort im Gegensatz zu Mannheim ein „angespannter Wohnungsmarkt“ herrsche. 84 Städte und Gemeinden werden neu in die Mietpreisbremse aufgenommen, 46 Städte und Gemeinden bleiben in der Gebietskulisse und 43 Städte und Gemeinden fallen heraus. Dazu gehören auch einige größere Städte wie Mannheim und Konstanz. Unter dem Strich fallen auf die Bevölkerungsanzahl heruntergebrochen weniger Menschen in den Geltungsbereich der Mietpreisbremse. Waren es vorher 36%, so sollen es zukünftig nur noch 33% sein.

Es stellen sich viele Fragen:

Warum gilt in Mannheim nicht die Mietpreisbremse, welche Indikatoren sprechen dafür und welche dagegen? Wie ist das genaue Ergebnis der Einordnung von Mannheim? Aus dem Gutachten, das die Landesregierung beauftragt hat,  ist nur die Einordnung der Gemeinden dokumentiert, die es in den Geltungsbereich der Mietpreisbremse geschafft haben.

Ist es nachvollziehbar, dass die Großstadt Mannheim nicht unter die Mietpreisbremse fällt, auch nicht die kreisfreie Stadt Weinheim, dafür eher kleinere und z-T. ländlich geprägte Gemeinden im Rhein-Neckar-Kreis wie Edingen-Neckarhausen, Heddesheim, Reilingen und Neulußheim unter die Mietpreisbremse fallen?

Der Mieterverein Stuttgart ist empört:

„Wenn in den Städten Leinfelden-Echterdingen, Ditzingen, Bietigheim-Bissingen, Remseck, Weinstadt, Wendlingen, Winnenden und Waiblingen zum 1. Januar 2026 die Mietpreisbremse aufgehoben wird, werden die Angebotsmieten dort ungebremst steigen.“ Damit steige auch der Druck auf den Wohnungsmarkt in Stuttgart.

Der Deutsche Mieterbund Baden-Württemberg hält vor: „Wenn gemäß dem neuen Gutachten nun Städte wie Konstanz, Mannheim und viele Gemeinden im Umland der Ballungszentren, wie beispielsweise um Freiburg, herausfallen, so verkennt das Gutachten der Landesregierung die reale Situation am Wohnungsmarkt und ist grundsätzlich in Frage zu stellen. Nichts verdeutlicht dies mehr als ein tagesaktueller Blick auf die überhöhten Angebotsmieten in einschlägigen Wohnungsportalen.“

Deutscher Mieterbund DMB: Auch in Mannheim nicht nachvollziehbar

Der Deutsche Mieterbund hält in besagter Erklärung auch die Einordnung Mannheims nicht nachvollziehbar:

Kein „angespannter Wohnungsmarkt“ in Mannheim?

„So sind heute bei der Suche nach einer Drei-Zimmer-Wohnung mit 75 qm in Mannheim 256 Angebote bei Immoscout gelistet. Bei einer Begrenzung der Suche auf Angebote mit einer Kaltmiete pro Quadratmeter von 14 Euro sind es gerade noch 59 Angebote und bei einem Quadratmeterpreis von 10 Euro Kaltmiete sind es nur noch drei Angebote. Dabei weist der aktuelle Mietspiegel für Mannheim eine Durchschnittsmiete von 9,19 €/qm. Weil die Mietpreisbremse bei 10 Prozent über Mietspiegelwert greift, liegen gerade einmal 13 von 256 Angeboten im Durchschnitt unterhalb des gesetzlich zulässigen Mietpreises.“

Offensichtlich gilt die Mietpreisbremse z.T. in Gemeinden mit vergleichsweise niedrigerem Mietniveau als in Gemeinden mit höherem.

Zweifel an der Systematik und Wissenschaftlichkeit des Gutachtens

Es werden deshalb berechtigte Zweifel an der Systematik des Gutachtens geäußert.

„Die extrem hohen Angebotsmieten in vielen Kommunen des Landes zeigen den angespannten Wohnungsmarkt mehr als deutlich und dass das Gutachten und die zugrundeliegenden Kriterien zwingend zu überarbeiten sind. Es kann nicht sein, dass immer mehr Menschen keine bezahlbare Wohnung mehr finden, es immer weniger Sozialwohnungen gibt, die Baugenehmigungen im Keller sind und gleichzeitig das einzige Instrument gegen unverhältnismäßig steigende Angebotsmieten trotz großem Wohnungsmangel beseitigt werden soll“, so Rolf Gaßmann vom DMB Baden Württemberg weiter.

Und weiter der DMB: „So gibt es gute Argumente dafür, drei statt vier Kriterien als Nachweis für mangelnde Wohnraumversorgung für ausreichend zu erachten. So interagieren die Kategorie des Wohnungsversorgungsgrads sowie die Kategorie des Verhältnisses der Zuzüge von Haushalten und der Neubaustätigkeit miteinander. Wenn die Zahl der Haushalte wächst, ist zwangsläufig auch ein Zuzug von Haushalten mit enthalten. In Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten erreicht das Bevölkerungswachstum eine Grenze: Wenn es keine freien Wohnungen gibt, kann die Bevölkerung auch nicht mehr wachsen.“

Die Linke, die Fraktion LTK, SPD und Grüne halten dagegen

Die Linke und die Fraktion LTK fordern eine Offenlegung der Kriterien für die Mietpreisbremse auch für die Gemeinden, die nicht unter die Mietpreisbremse fallen. Aufgrund der systemischen Mängel des vorliegenden Gutachtens fordern sie, dass die Stadt Mannheim mit anderen Kommunen ein alternatives Gutachten beauftragt. Sie fordern Oberbürgermeister Specht auf, sich aktiv diesbezüglich gegen die Landesregierung zu wehren. Gegebenenfalls sollte die Stadt Mannheim den Klageweg beschreiten.

Die Landesregierungen der einzelnen Bundeländer haben in ihrer Rechtsverordnung eine gewisse Gestaltungsfreiheit bzgl. der Umsetzung der Mietpreisbremse.

In der Rechtsverordnung in Baden-Württemberg wurde festgelegt, dass bei den Gemeinden von fünf Indikatoren mindestens vier zutreffen müssen, damit die Mietpreisbremse gilt. In Mannheim haben offensichtlich nur drei Indikatoren zugetroffen. Es könnte sein, dass drei Indikatoren übererfüllt worden sind, zwei Indikatoren knapp gerissen. Dann fällt die Gemeinde aus dem Geltungsbereich. Andersherum kann eine Gemeinde vier Indikatoren gerade so erfüllen, ein fünfter Indikator klar verfehlen, so erhält diese Gemeinde die Einordnung als Gemeinde mit angespanntem Wohnungsmarkt.

Mietpreisbremse von der Landesregierung in Baden-Württemberg unerwünscht?

In Bayern fallen 208 Gemeinden unter die Mietpreisbremse, in Baden -Württemberg sind es 130 Gemeinden. Wie ergibt sich dieser Unterschied von über 50%, obwohl der Bevölkerungsunterschied von Baden-Württemberg zu Bayern nur 18 % beträgt? Offensichtlich sind die Vorgaben der Baden-württembergischen Landesregierung so gestaltet, dass die Zahl der Gemeinden mit Mietpreisbremse prozentual wesentlich viel niedriger in Baden-Württemberg als in Bayern.

Während SPD, Grüne(*), Linke und der Deutsche Mieterbund für ein Bestehen und einen Ausbau der Mietpreisbremse werben, ist die Wirkung nicht unumstritten: Marktkonforme Politiker, einige marktkonforme Ökonomen und Interessenvertreter wie Haus und Grund meinen, die Preisbremse hemme den Wohnungsbau und die Vermietung.

Bauministerin Razavi erklärte am 14.10.: „Mir wäre es am liebsten, wenn wir dieses Instrument nicht bräuchten.“ Sie hoffe, dass es gelingt, den Wohnungsbau in den kommenden Jahren mit passenden Maßnahmen so zu fördern, dass die jetzige Verlängerung die letzte ist und die Mietpreisbremse Ende 2029 endgültig ausläuft.“

Offensichtlich ist die Mietpreisbremse von dieser Landesregierung gar nicht gewollt. Entsprechend ist das Ergebnis.

(*) Die Grünen erklären sich zwar gegen den Rausfall Mannheims und anderer Kommunen aus dem Geltungsbereich der Mietpreisbremse. Sie hätten sich aber auf den Kompromiss eingelassen, um die Verlängerung der Mietpreisbremse nicht grundsätzlich zu gefährden. Die Erklärung klingt doch ziemlich wachsweich. Immerhin stellen sie in Baden-Württemberg den Ministerpräsidenten, der von seiner Richtlinienkompetenz hätte Gebrauch machen können.

Eile ist geboten.

Wenn politische Parteien und Verbände die beschlossene Rechtsverordnung zur Mietpreisbremse zu Fall bringen wollen, ist dringende Eile geboten. Wann das Gespräch von OB Specht und den anderen betroffenen Bürgermeistern stattfindet ist unbekannt. Der Termin wird aber unmittelbar bevorstehen.

Die Forderungen sind klar:

  • Genaue Überprüfung des Gutachtens auf Transparenz und Sinnhaftigkeit durch Parteien, Verbände und die betroffenen Kommunen. Eine Zusammenarbeit aller betroffenen Kommunen wäre wünschenswert.
  • Änderung der baden-württembergischen Rechtsverordnung, damit mehr Gemeinden in den Geltungsbereich der Mietpreisbremse kommen.
  • Wenn alle Stricke reißen, sollte von den betroffenen Kommunen der Klageweg bestritten werden.

Es darf nicht sein, dass sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt weiter verschärft, sich dies aber nicht in der Umsetzung der Mietpreisbrems wiederfindet.


Hintergrund: In den Kommunen, in denen die Mietpreisbremse greift, darf die Miete bei Neuvermietung die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens zehn Prozent überschreiten. Ausgenommen sind Neubauten, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals vermietet wurden sowie umfassend energetisch sanierte Wohnungen und möblierter Wohnraum. Bereits heute gilt auch außerhalb der betroffenen Kommunen eine 20-Prozent-Grenze als Höchstwert, deren Überschreitung mit Bußgeldern belegt werden kann. Klagen muss aber jeweils der Mieter. Es gilt hier bedauerlicher Weise der Grundsatz: wo kein Kläger ist, ist kein Richter. Bei Mieten, die mehr als 50 Prozent über dem Vergleich liegen, droht bundesweit eine strafrechtliche Verfolgung wegen Mietwuchers. Ein Wegfall der Mietpreisbremse würde zu einer weiteren Steigerung der Mietpreise führen. Aufgrund der Ausnahmeregelungen und der Klageerfordernis durch den Mieter gilt die Mietpreisbremse allerdings als kein scharfes Schwert. Ein bundesweiter Mietendeckel, wie es Die Linke befürwortet, wäre als zusätzliches Instrument natürlich sehr sinnvoll.


Roland Schuster




Die Linke Mannheim und die Fraktion LTK protestieren gegen die geplante Aussetzung der Mietpreisbremse für Mannheim

Stark Steigende Mieten in Mannheim – Kein Grund für eine Mietpreisbremse?

Die Landesregierung Baden-Württemberg plant, Die Mietpreisbremse ab 2026 für Mannheim auszusetzen. Laut einem von der Landesregierung beauftragten Gutachten sei der Wohnungsmarkt nicht mehr angespannt.

Diese Argumentation halten wir völlig abwegig. Von 2018 bis 2025 sind die durchschnittlichen Mieten um 19.2 % auf 9.19 Euro pro Quadratmeter gestiegen, die Angebotsmieten für Neuvermietungen nochmals um einiges mehr.

Von der Abschaffung der Mietpreisbremse wäre aber auch die bisher geltende Kappungsgrenze betroffen. Diese regelt, dass Mieten in einem laufenden Vertrag innerhalb von drei Jahren um maximal 15 % erhöht werden dürfen.  Auch das Verbot der Zweckentfremdung , wie es der Mannheimer Gemeinderat mit Unterstützung der Linken beschlossen hat, wäre damit gefährdet.

Wir fordern die Landeregierung auf, die geplante Abschaffung der Mietpreisbremse für Mannheim zurückzunehmen. Von Herrn Oberbürgermeister Christian Specht erwarten wir, dass er sich zum Wohle der Mannheimer Bürgerinnen und Bürger für den Erhalt der Mietpreisbremse bei der Landesregierung einsetzt.

Stattdessen müssten die Regelungen der Mietpreisbremse erweitert werden. Bei Neuvermietungen und umfassenden Sanierungen z. B. gilt die Mietpreisbremse nicht. Nicht weniger sondern mehr Mietpreisbremse ist notwendig!

Richtig wirksam wäre vor allem die Einführung eines bundesweiten Mietendeckels. Dafür tritt Die Linke zusätzlich ein.

Roland Schuster für Die Linke Mannheim

Dennis Ulas für die Fraktion LTK


Anmerkung:

Grüne und CDU haben sich trotz aller Proteste letztlich auf die von der Landesbauministerin Nicole Razavi (CDU) avisierte Lösung geeinigt. Demnach soll die Mietpreisbremse für Neuvermietungen in angespannten Wohnlagen nun wie geplant zum 1. Januar 2026 um weitere vier Jahre verlängert werden. Mannheim und Konstanz bleiben aber außen vor. Die erklärte Absicht der Grünen, die Kriterien der Mietpreisbremse so zu verändern, dass Mannheim und Konstanz auch künftig unter den Schutzmechanismus fallen, wurde nicht berücksichtigt. Es soll aber noch eine Anhörung der Gutachter und der betroffenen Rathauschefs geben. Es ist unwahrscheinlich, dass OB Specht seinen Parteigenossen ins Handwerk pfuscht. Der bürgerliche Block in Mannheim mit CDU, FDP und dem Haus- und Grundeigentümerverband Haus und Grund hat sich ja schon pro Wegfall der Mietpreisbremse positioniert. Die Hoffnung stirbt aber bekanntlich zuletzt. (ros)




Der neue Mietspiegel der Stadt Mannheim überrascht im positiven Sinne

Der neue qualifizierte Mannheimer Mietspiegel für die Jahre 2023 und 2024 wird mit zwei Monaten Verspätung am 7. Februar vom Gemeinderat voraussichtlich einstimmig „anerkannt“ und wird damit rechtswirksam.

Erstmals seit den 90er Jahren beträgt die Steigerungsrate pro Jahr unter 1%, nämlich 0,7%. Lag die durchschnittliche Miete für 2021/22 bei 8,37 EUR/m², beträgt sie für 2023/24  „nur“ 8,48 EUR/m². Die beiden vorangegangenen Mietspiegel wiesen Steigerungsraten für je zwei Jahre von 9,4 und 8,6% aus.

Quelle: Stadt Mannheim, Präsentation zum Mietspiegel 2021/22 im Ausschuss für Umwelt und Technik am 3.12.2020. Für 2022 wären 1,3% zu ergänzen.

Weiterhin viel zu hohes Niveau

Selbstverständlich handelt es sich bei den Mietspiegel-Mieten nur um die Netto-Kaltmiete. Das große Problem in den kommenden beiden Jahren werden mehr denn je die Betriebs- oder Nebenkosten sein, für die man bisher grob 30% der Kaltmiete rechnen musste.

Zu behaupten, dass die Durchschnittsmiete auf „nur“ 8,48 EUR/m² steigt, ist absolut gesehen natürlich fast schon zynisch. Denn die auf diesem Niveau zusammenkommende Miete für z.B. eine 85-m²-Wohnung führt zu einer Warmmiete von um die 1.000 EUR, die vom Nettoeinkommen zu bezahlen ist. Für sehr viele Mieter:innen bis „in die Mitte der Gesellschaft“ sind das deutlich mehr als die 30%, die als Mietbelastung allgemein noch für vertretbar gehalten werden.

Von der Höhe der Durchschnittmiete je m² sind die Bewohner:innen kleiner Wohnungen besonders betroffen. 51% aller Mannheimer Haushalte sind Single-Haushalte.

Am teuersten sind Appartements und Kleinwohnungen bis 30 m². Bei ihnen liegen auch die höchsten Mietsteigerungsraten. Die tatsächliche Miete je m² wird in den seltensten Fälle so wie in dieser -Tabelle anfallen. Der Mannheimer Mietspiegel weist seit 2016 ein System von Zu- und Abschlägen auf, um die geforderten Mieten den unterschiedlichen Wohnungsqualitäten wie Baujahr, Lage und Ausstattung korrekt und wiederholbar zuordnen zu können. Die Abschläge können bis zu 25% für Einfachstwohnungen in ungünstiger Lage betragen, die Zuschläge für Neubauwohnungen in bester Lage und mit bester Ausstattung können bis zu 86% ausmachen.

Seit 2009 sind in Mannheim die maximalen Miethöhen für Sozialwohnungen an die Mietspiegelwerte gebunden. Sie dürfen höchstens 90% dieser Werte erreichen. Insofern ist das Ergebnis der Mietspiegelfortschreibung auch für Inhaber von Sozialwohnungen eine gute Botschaft.

Mögliche Gründe für den Rückgang der Mietpreissteigerung

Die Frage erhebt sich, warum nach der lebhaften Mietpreisentwicklung der letzten Jahrzehnte plötzlich ein regelrechter Absturz der Steigerungsrate zu verzeichnen ist:

Hierfür können einige Faktoren zusammenwirken, die hier kurz erörtert werden sollen, die allerdings durchaus spekulativen Charakter haben:

  • Die durchschnittlichen Mietpreise sind im Gegensatz zu den älteren Mietspiegeln vor 2016 reine Basispreise, die nur nach Wohnungsfläche unterschieden werden. Früher waren Baujahr und Ausstattung in die Durchschnittsbildung einbezogen. Das heißt konkret: Die inzwischen vielen teuren Neubauwohnungen, die in der Stichprobensammlung entsprechend häufig auftauchen müssen, gehen nur mit ihrem Basiswert in die Durchschnittsbildung ein. Der 20%-Aufschlag für Neubauten fließt hier nicht ein.
  • Der neue Mietspiegel ist eine Fortschreibung des vorangegangenen. Es wurden dafür weniger Daten erhoben als bei einer vollkommen neuen Ermittlung, die nur alle vier Jahre fällig ist. Die Systematik und die Werte der Zu- und Abschläge wurde nicht verändert. Das ist insbesondere bei der Ermittlung von ortsüblichen Vergleichsmieten bei Neubauten sicherlich preisdämpfend.
  • Die 30%-Sozialquote, die inzwischen aufgrund des 12-Punkteprogramms für preisgünstige Mieten bei vielen Neubauten greift, findet nur teilweise Eingang. Denn bei der Erhebung der statistischen Daten zur Feststellung der örtlichen Vergleichsmiete dürfen nur Mieten herangezogen werden, die unter Bedingungen des „freien Marktes“ zustande kommen: „Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist“, heißt es dazu in § 558 (2) BGB. Dazu gehören auf jeden Fall Wohnungen, die aus Mitteln des Landeswohnraumförderungsprogramms gefördert sind. Auch Grundstückspreisnachlässe durch Übererfüllung der 30%-Quote sind eine solche Förderzusage.
  • Eine Auswirkung hat mit Sicherheit die Mietpreisbremse für Kommunen mit „angespannter Wohnungsmarktlage“, zu denen Mannheim seit 2020 gehört.
  • Der Marktanteil der GBG-Wohnungen von um die 10% bei den auswertbaren Mieten (also ohne Sozialmieten) wirkt sich deutlich preisdämpfend aus – sehr zum Missfallen des Haus- und Grundstückseigentümerverbandes, der in Mannheim mit einer Klage gegen die Einbeziehung der frei finanzierten GBG-Wohnungen in die Datenbasis des Mietspiegels vor Gericht gescheitert ist.
  • Nicht auszuschließen ist, dass die zwei Corona-Jahre ebenfalls einen mietpreisdämpfenden Einfluss hatten. Denn viele Vermietende hatten die Thematik von Stundungs- und Nachlassvereinbarungen wegen mangelnder Zahlungsfähigkeit ihrer Mietenden. In dieser Phase, die immerhin ein Drittel des Betrachtungszeitraums von 6 Jahren ausmacht, dürfte das Thema Mieterhöhung oftmals nicht auf der Tagesordnung gestanden haben. Schlimme Ausnahmen bestätigen die Regel.

 

Ausblick auf die Mietpreispolitik der GBG

Die GBG legt aufgrund ihres öffentlichen sozialen Auftrags Wert auf den Abstand ihrer Durchschnittsmiete zum Mietspiegel-Durchschnitt. In der Tat hat sich dieser Abstand in den letzten Jahren vergrößert. Lt. Geschäftsbericht der GBG für das Jahr 2021 betrug die Durchschnittsmiete 6,99 EUR/m², die Mietspiegel-Durchschnittsmiete 8,37 EUR je m².
Die Erhöhung gegenüber dem Vorjahr betrug bei der GBG 3,1%. Für das Jahr 2023 muss die GBG unter der jetzigen Erhöhung des Mietspiegels von 1,3% auf 2 Jahre bleiben, um ihrer Aufgabe als soziales Wohnungsunternehmen der Stadt Mannheim gerecht zu werden. Die Preissteigerungen, die auch vor der GBG nicht Halt machen, sind das Eine, die Überschüsse aus dem Vermietungsgeschäft das Andere, was hier zu berücksichtigen ist.

 

Thomas Trüper