Mietpreissituation in Mannheim – Die Forderungen Der Linken passen „wie Faust aufs Auge“

Wohnen ist Menschenrecht und größte Sorge der meisten Menschen – auch in Mannheim

Die Lage auf dem Mietwohnungsmarkt in Mannheim schreit förmlich nach Grundlegenden Änderungen im Miet- und Immobilienrecht, welche im Bundestag endlich verabschiedet werden müssen. Im Bundestagswahlkampf hat dieser zentrale Punkt fast kaum eine Rolle gespielt. Das „Asylantenproblem“ wurde von der AfD unter Ausbeutung vierer horribler Mordanschläge auf TOP 1 gepuscht. Die meisten anderen Parteien meinten, von diesem Hype etwas abstauben zu müssen und zu können – worin sie sich aber getäuscht haben. Es war die beste Unterstützung für die AfD.

Ein ausgeprägtes wohnungspolitisches Programm hat Die Linke aufzuweisen, und wenn wir uns die Entwicklung auf dem Mannheimer Wohnungsmarkt genau ansehen, muss man sagen: Die Forderungen „passen wie Faust auf’s Auge“.

Spekulationsgetriebene Mietpreisexplosion

Die Mieten steigen in Mannheim wie auch in anderen Metropolen. Inzwischen ist die „Angespanntheit“ des Mietwohnungsmarktes in Mannheim sogar auch von der Landesregierung anerkannt worden. Die Kaltmieten, die Eingang in den Mietspiegel fanden, haben sich seit 1997 fast verdoppelt. Die „Angebotsmieten“, die man zu zahlen hat, wenn man hier und heute eine neue Wohnung braucht, haben sich seit 2009 verdoppelt.

„Die Baupreise sind eben gestiegen“ lautet die gängige Erklärung. Die sind zwar tatsächlich in den letzten Jahren tatsächlich explodiert, und erst recht die Bodenpreise. Aber das kann allein nicht die Entwicklung der durchschnittlichen Preise der „Bestandswohnungen“ erklären, die weit vor der Kostenexplosion gebaut wurden. Angesichts des Mangels an preisgünstigen Wohnungen müssen Wohnungssuchende zahlen, was die Vermieter verlangen und angesichts von Menschenschlangen bei Besichtigungsterminen auch durchsetzen können.  Die Nettolohnentwicklung ist hinter der Mietenentwicklung lt. Mietspiegel deutlich zurückgeblieben. Diese ist viermal schneller gestiegen als die Nettolöhne:

Daraus kann man nur die Schlussfolgerung ziehen: In den „freien Mietwohnungsmarkt“ muss regulierend eingegriffen werden. Die Linke fordert deshalb:

Mietendeckel jetzt!

„Wir fordern einen bundesweiten Mietendeckel! Unser Ziel: Die Explosion der Mieten
nicht nur bremsen, sondern beenden und rückgängig machen. In angespannten Wohnungsmärkten müssen besonders hohe Mieten abgesenkt werden. Als Sofortmaßnahme müssen Mieterhöhungen für die nächsten sechs Jahre ausgeschlossen werden. Die Tricks der Vermieter für höhere Mieten müssen abgeschafft werden: Staffelmieten und Indexmietverträge wollen wir verbieten und möblierte Wohnungen streng regulieren.“

Der Miet(erhöhungs)spiegel muss dringend reformiert werden

Der Mietspiegel ist für Bestandsmietverträge zwar eine Barriere gegen beliebig hohe und willkürliche Mietsteigerungen, weil die Mietenden einer Erhöhung über den Mietspiegelpreis hinaus erfolgreich widersprechen können. Aber der Mietspiegel ist selbst auch höchst problematisch: Er bildet nur diejenigen Mieten ab, die innerhalb der letzten sechs Jahre „vereinbart“ (also diktiert) oder „geändert“ (also erhöht) wurden. Es handelt sich somit um einen Mieterhöhungsspiegel. In die statistischen Erhebungen fließen neben den in den letzten sechs Jahren nicht erhöhten Mieten (ist bei jahrzehntealten Mietverträgen von Kleinvermietern durchaus nicht selten) die Mietpreise in öffentlich geförderten Wohnungen („Sozialwohnungen) und in Ein-/Zweifamilienhäusern nicht ein. Die Linke fordert daher eine grundlegende Änderung des §558 BGB:

„Einen neuen Mietspiegel! Alle Mieten müssen in die Berechnung einfließen, nicht nur die der letzten sechs Jahre. Für Städte muss ein Mietspiegel verpflichtend werden.“

Die Angebotsmieten gehen durch die Decke

Wer umziehen muss oder gerne würde, z.B. von einer zu großen in eine kleinere Wohnung, ist auf dem „freien Mietwohnungsmarkt“ Freiwild. Es sei denn, die „Mietpreisbremse“ gilt (noch), dann kann der Mieter auch nachträglich die Miete auf 10% über dem entsprechenden Mietspiegelwert kürzen – nervige Auseinandersetzungen mit dem Vermieter inbegriffen, und immer noch viel zu teuer. Die Angebotsmieten liegen in Mannheim keine 10% über der Mietspiegelmiete, sondern ca. 25% darüber.

Ein wesentlicher Punkt bei der Mietpreisexplosion ist der Mieterwechsel durch Kündigung seitens des Mieters oder – wegen der Unmöglichkeit, die letzte Mieterhöhung auch noch zu verkraften, durch Eigenkündigung des/der Mietenden. Hierzu fordert Die Linke:

Kündigungsschutz verbessern und Bestandswohnungen schützen!

„Viel zu oft kündigen Vermieter, um bei Neuvermietung höhere Mieten zu nehmen. Wir wollen den Kündigungsschutz ausweiten und fordern Dauermietverträge für alle. Eigenbedarfskündigungen müssen auf Verwandte ersten Grades beschränkt werden. Mietwohnungen müssen durch ein generelles Umwandlungsverbot geschützt werden.“

Ein weiterer Mietpreistreiber sind Sanierungs- und Modernisierungskosten:

Sanierung sozial

„Immobilienkonzerne dürfen Sanierungen nicht nutzen, um die Miete zu erhöhen. Deshalb wollen wir die Umlage für energetische Sanierung abschaffen und das Konzept der Warmmietenneutralität verankern: Die Summe aus der Kaltmiete und der durch die Sanierung tatsächlich eingesparten Energiekosten muss gleichbleiben. Wir unterstützen das gemeinsame Drittelmodell von Mieterbund und BUND.“

Was bei Betrachtung der Mietpreise in Mannheim auch auffällt, ist die Wichtigkeit des nicht profitgesteuerten gemeinwohlorientierten Wohnungsmarkts. Die GBG liegt nach eigenen Angaben bei 95% ihrer Mieten unter dem Mietspiegel. Das zeigt, wie wichtig das viel zu kleine gemeinwohlorientierte Wohnungsangebot durch GBG, die meisten Genossenschaften oder auch Wohnprojekte wie Mietshäusersyndikat ist. Hierzu fordert Die Linke:

Neue Wohnungsgemeinnützigkeit!

„Die Einführung der neuen Wohngemeinnützigkeit durch die Ampel ist eine Enttäuschung! Wir wollen die neue Wohngemeinnützigkeit zum Instrument machen, um mittelfristig einen Anteil von 30 Prozent gemeinnütziger Wohnungen zu erreichen. Mit Steuerbefreiungen und Bevorzugung bei Fördermitteln und öffentlichen Grundstücken wollen wir starke Anreize dafür schaffen, sich am Aufbau eines gemeinnützigen Wohnungsmarktsektors zu beteiligen, in dem sich die Mieten an den realen Kosten orientieren und die Profite gedeckelt werden.
Wir wollen das kommunale Vorkaufsrecht wieder einführen und stärken. Mit einem (Re-) Kommunalisierungsfonds sollen Kommunen unterstützt werden, Wohnungen in die öffentliche Hand (zurück) zu holen. Wir setzen uns für ein preislimitiertes Vorkaufsrecht ein, das sich nicht am spekulativen „Marktpreis“ orientiert, sondern an für die Bewohner*innen bezahlbaren Mieten (sozialer Ertragswert).

Die Umsetzung dieser Forderungen würde die Leistungskraft z.B. der GBG (die ihre Gemeinnützigkeit kraft schwarz-gelben Gesetzes 1991 verloren hat) zur Erstellung preisgünstiger Wohnungen stärken und auch den Aufbau des kommunalen „Bodenfonds“ unterstützen.

Einmal Sozialbindung – immer Sozialbindung!

Seit Jahrzehnten sank die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen in Mannheim durch Auslaufen der Belegungs- und Preisbindung. Inzwischen kehret sich bei etwa 4.500 Sozialwohnungen der Trend um durch die vom Gemeinderat eingeführte Sozialquote und durch neue Anstrengungen der GBG. Die kurzen Bindungsfristen (zwischen 10 und neuerdings 40 Jahren) halten den Sozialwohnungsbestand jedoch weiterhin klein. Dazu fordert Die Linke:

„Die Regierung hat nur ein Viertel der Sozialwohnungen gebaut, die sie versprochen hat. In den Neunziger Jahren gab es noch 4 Millionen – jetzt gibt es nur noch eine Million. Egal ob im Bestand oder beim Neubau, wir fordern: einmal Sozialbindung, immer Sozialbindung.“

Ganz wichtig: In diesem Beitrag ist nur von der Kaltmiete die Rede. Die Linke hat natürlich auch wegweisende Forderungen zur Senkung der Nebenkosten in ihrem Wahlprogramm, deren Darstellung den Rahmen sprengen würde.

Wie auch immer die neue Bundesregierung aussehen wird: Es gibt viel zu kämpfen, damit Wohnen kein Luxus wird.

Thomas Trüper

Quellen: Bundestagswahlprogramm Die Linke 2025, und Themen: Wohnen bezahlbar machen.
Die Daten für die beiden Grafiken (KIM) stammen aus: Wohnungsmarktmonitoring Mannheim , Mietspiegel Mannheim, Geschäftsberichte der GBG Unternehmensgruppe Mannheim, jeweils verschiedener Jahrgänge, sowie Nettolohnstatistik aus Sozialpolitik aktuell; eigene Berechnungen.

 




Dokumentation der Mietpreisexplosion: Wohnungsmarkt-Monitoring 2023

Seit 14 Jahren gibt die Stadt Mannheim den Wohnungsmarkt-Monitoringbericht heraus, zuletzt 2023 den Bericht für das Jahr 2022. Das Drama der heutigen Mietpreise (und auch der Immobilienpreise, die ja die Basis für die Mietpreise sind) lässt sich in den Monitoring-Berichten gut verfolgen. Die Berichte bilden den jeweiligen Ist-Zustand des „Wohngsmarktes“ empirisch ab. Die Frage ist: Anhand welcher Kriterien wird der Wohnungsmarkt beleuchtet. Dies sind von Anfang an: Die Bevölkerungsentwicklung, die Zahl der Bestands- und neu gebauten Wohneinheiten, deren Miet- bzw, Kaufpreise bezogen auf die Größe der Wohnungen und Art der Häuser. Nicht betrachtet werden bis heute wichtige Daten über die „Marktteilnehmer:innen“: die Zahl der Haushalte mit Transferleistungsbezug, die Zahl der Wohnberechtigungsscheine und die Warteliste der GBG als größter Vermieterin in Mannheim. Das Monitoring ist sozial blind. Das ändert sich erst beim aktuellen Wohnungsmarkt-Monitoring

2007 (damals gehörte der Fachbereich Wohnen und Stadterneuerung zum Geschäftsbereich des Dezernats 2 unter Christian Specht, CDU) wurde die Aufgabe der Wohnungspolitik noch folgendermaßen beschrieben: „Wohnungspolitik ist im Zusammenhang mit der Stadtentwicklung zu sehen. ‚Attraktives Wohnen in Mannheim 2020‘ ist nicht nur ein ‚Slogan‘, sondern es soll ein Programm sein, mit dem Mannheim auf dem Gebiet des Wohnens auf die Herausforderungen der demografischen Entwicklung und des Strukturwandels reagiert.“ Man könnte meinen: Alle haben eine passende Wohnung, nur muss man auf die Attraktivität noch ein bisschen achten. Dass es Arme und Reiche gibt mit jeweils unterschiedlichen Bedürfnissen, bleibt außen vor. Fröhlich schreibt der damalige Fachbereichsleiter Cibis in der Einleitung: „Der Wohnungsmarkt ist differenzierter geworden und damit stellen sich auch aus Sicht der kommunalen Wohnungspolitik neue Fragen. Die Zeit der direkten Steuerung des Wohnungsbaus und der Wohnungsversorgung durch entsprechend breit angelegte Förderprogramme ist vorbei.“ Das Ende der Wohnungsgemeinnützigkeit liegt damals schon 17 Jahre zurück.

In der Einleitung zum Monitoring-Bericht 2023 schreibt hingegen der Dezernent Ralf Eisenhauer (SPD): „Die in diesem Jahr durch den Gemeinderat beschlossene Wohnungspolitische Strategie hat zum Ziel, die Schaffung zusätzlicher Wohnungsangebote, insbesondere preisgünstige Wohnungen für einkommensschwache, erwerbstätige Haushalte zu ermöglichen und soll so den Nachfragedruck auf dem Mannheimer Wohnungsmarkt mindern. Die Berücksichtigung preisgünstigen Wohnraums im Wohnungsneubau im Rahmen des Quotenmodells stellt einen wichtigen Faktor zur Schaffung einer stabilen Mischung im Quartier dar und beugt Segregation vor.“

Zwischen beiden Statements liegt ein langer und beschwerlicher Weg, dessen Zäsur die Verabschiedung des 12-Punkteprogramms unter besonderer Berücksichtigung preisgünstigen Wohnens mit der Mehrheit aus SPD, Grünen und Linken war. Die Wohnungspolitik ist echtes „Bohren dicker Bretter“ und erfordert einen langen Atem. Und ohne linke Puste wäre es nicht so weit gekommen und würde es auch nicht erfolgreich weitergehen.

Zahlen, Daten, Fakten

Mannheim verfügt im Jahr 2022 über 171.240 Wohneinheiten. 2014 waren es ca.169.200 Wohneinheiten, 2006 165.101. Der Wohnungsbau dümpelte jahrelang bei ca. 600 neuen WE pro Jahr, erreichte 2021 einen Spitzenwert von 2.166 fiel dann 2022 auf 915 neue Wohnungen zurück. Geplant sind für die Jahre bis 2030 jeweils jeweils 1.000 neue Wohnungen.

Die Zahl der Privathaushalte am 31.12.2022 betrug 175.547. Das sind 4.300 mehr als es Wohnungen gibt. Das Verhältnis kann jedoch als ausgeglichen betrachtet werden, da z.B. in Wohngemeinschaften oft mehrere Haushalte leben. Die Wohnungsnot resultiert nicht primär aus der zu knappen Zahl von Wohnungen, sondern aus dem häufig nicht passenden Angebot, was Wohnungsgröße und -preis betrifft.

Da Mannheim entgegen den Bevölkerungsprognosen bis zur Flüchtlingsbewegung 2015 und der Freizügigkeit der EU-2-Bewohner:innen (Bulgarien und Rumänien) keine schrumpfende sondern eine Stadt mit zunehmender Bevölkerung ist (positiver Wanderungssaldo z.B. 2022 von 4.081 Menschen), besteht trotzdem erheblicher Neubaubedarf. Ende 2022 hatten 325.691 Personen ihren Hauptwohnsitz in Mannheim. Davon waren per saldo 3.889 aus der Ukraine gekommen. Die Zeiten, das man aus der Alterstruktur der Bevölkerung und aus dem „generativen Verhalten“ der Menschen Hochrechnungen für die nächsten 10 Jahre machen konnte, sind definitiv vorbei. Mannheim ist eine Einwanderungsstadt. Viele Menschen kommen mit Fluchtgeschichte nach Mannheim (Kriege in den Kurdengebieten, Syrien, Ukraine, Unterdrückung, wirtschaftliche Not und Hunger), viele davon verlassen im Laufe der Zeit auch wieder die Stadt. Berechenbar sind diese Bevölkerungsbewegungen nicht, ein Ende ist nicht absehbar, die weltweite Klimakrise wird ihr Übriges beitragen. Ohne die Zuzüge aus Deutschland und der Welt würde Mannheim schrumpfen – so aber ist offenkundig ein deutlicher Zuwachs an Wohnraum erforderlich.

Das Mietpreispreis-Desaster

Nach Messung der Mietspiegel haben sich die Durchschnitts-Kaltmieten in Mannheim seit 1994, also innerhalb 30 Jahren, ziemlich exakt verdoppelt – von den Arbeitseinkommen und Transferleistungen kann man dies nicht behaupten:

Der Mietspiegel, welcher ein Mieterhöhungsspiegel ist, gewährt in bestehenden Mietverträgen einen wichtigen Schutz vor willkürlichen Mieterhöhungen.

Wer jedoch eine Wohnung sucht, ist auf die Wohnungsangebote angewiesen, deren Mieten sich nicht am Mietspiegel orientieren, sondern an dem, was der Markt hergibt.

So liegen 2022 nur drei Stadtteile mit ihren durchschnittlichen Angebotsmieten unter dem Mietspiegel-Durchschnitt (Hochstätt, Herzogenried und Schönau-Nord). Der Mannheimer Durchschnitt liegt bei 10,83 EUR/m² kalt. Spitzenreiter sind der Jungbusch (!) nach der „Stadtteil-Verbesserung“ und das Neubaugebiet Franklin mit 12,02  bzw. 12,26 EUR/m².

Benjamin-Franklin-Village überwiegend hochpreisig. (Bild: MWSP)

Im Jungbusch beträgt  die Steigerung der Durchschnitts-Kaltmiete in den letzten acht Jahren 30%, in Neckarstadt-West 27,2%. Diese Ergebnisse sind eindeutig das Ergebnis einer Wohnungspolitik, die nicht die nötigen Instrumente bereithält, um dieser Preisexplosion Einhalt zu gebieten. Der freie Markt in seinem Lauf regelt nichts außer das Desaster.

Die Neubaumieten im Geschoßwohnungsbau betragen 2023 durchschnittlich 12,54 EUR/m² kalt.

Auch der Eigentumswohnungsmarkt muss betrachtet werden. Erstens ist bzw. war er für Menschen mit mittleren Einkommen eine Alternative zur lebenslangen Mietzahlung mit „open end“. Zweitens aber tauchen viele der Eigentumswohnungen nach dem „ersten Vermarktungsschritt“ als Mietwohnungen auf dem Markt auf; denn sie dienen gut situierten Privatpersonen oder auch profitorientierten Wohnungsunternehmen als Kapitalanlage. Die Miete wird natürlich primär durch den Wohnungspreis bestimmt.

Der Durchschnittspreis von Eigentumswohnungen lag 2010 bei 1.700 EUR/m², 2018 bei 3.100 EUR/m² (+ 82,4%). 2021 betrug der Durchschnittskaufpreis bereits 3.900 EUR/m². Für Eigentumswohnungen im Erstbezug betrug 2022 der durchschnittliche Kaufpreis 5.300 EUR/m².

 

Sozialwohnungen?

Im Jahr 2022 gab es noch 5.197 Wohnungen mit Belegungs- und Mietpreisbindung nach dem Landeswohnraumförderungsgesetz – immerhin aber 180 mehr als 2021. Der durch das Auslaufen der Bindungsfristen vorprogrammierte Abwärtstrend im Bestand der Sozialwohnungen wird gegenwärtig gestoppt und leicht gedreht: „Seit Beschluss des Quotenmodells für preisgünstigen Mietwohnungsbau im Mai 2018 wurden bei mehreren Vorhaben verbindliche Verträge zur Umsetzung von rund 800 bezahlbaren Mietwohnungen im Rahmen des Quotenmodells abgeschlossen,“ heißt es im Wohnungsmarkt-Monitoring 2023. In Summe würden dem Mannheimer Wohnungsmarkt „in den nächsten Jahren mehr als 2.000 zusätzliche bezahlbare Mietwohnungen zugeführt werden.“ Über die Bindungsfristen gibt das Monitoring nach wie vor keine Auskunft.

Schönau-Nord als Beispiel für Abweichungen von der langjährig beständigen Aufwärtsentwicklung der Preise / Mieten (rote Linien). Die graue Linien bilden die gesamtstädtische Entwicklung ab. Dort ist zumindest bei den Angebotsmieten ein winziger Rückgang von 10,92 auf 10,83 EUR/m² Kaltmiete festzustellen. Die Kurve flacht sich ab – auf hohem Niveau. (Quelle: Stadt Mannheim, Wohnungsmarkt-Monitoring 2023)

Trendwende bei Immobilien und Mieten?

Bei Betrachtung der stadtteilbezogenen Angebots-Immobilienpreise und -Mieten fällt auf, dass teilweise die Immobilienpreise, teils aber auch die Angebots-Mieten von 2021 auf 2022 sinken – Letzteres v.a. in Stadtteilen wie Hochstätt, Herzogenried und Jungbusch. Bei den Immobilienpreisen könnte sich der Trend abzeichnen, der bei Neubauten zum fast völligen Stillstand geführt hat. Aufgrund der geringen Fallzahlen in 2021/2022 (möglicherweise auch durch die Covid-Pandemie verursacht) ist aus  vereinzelten Zacken nach unten jedoch noch keine ernsthafte Schlussfolgerung zu ziehen.

Fazit

Seit den 90er Jahren (Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit) ging die Mannheimer Wohnungspolitik davon aus, dass es – insbesondere im Vergleich mit Heidelberg, Karlsruhe, Freiburg oder Stuttgart – einen deutlich entspannteren Mietwohnungsmarkt gebe. Wer eine preisgünstige Wohnung benötigt sei bei der GBG gut aufgehoben. Der Rest sei das Bemühen um „Attraktivität“ des Wohnens in Mannheim.

Erst 2017 gelang eine gewisse Wende in der Wahrnehmung dringender Aufgaben einer sozialen Bodennutzungs- und Wohnungspolitik: Mit der Sozialquote von (zunächst!) 30%, Konzeptvergaben an Investoren statt meistbietend, Berücksichtigung (wenn auch keine wirksame Förderung) von gemeinwohlorientierten Wohngruppen-Projekten, erste zaghafte Anfänge eines Bodenfonds, (unzureichende) Vergabe vergünstigter Erbbaurechte. Dazu kommt eine Änderung der GBG-Strategie, die auch auf Sicherung preisgünstiger Mieten durch Erwerb von Bestandshäusern im Streubesitz fokussiert sowie auf die Erstellung preisgünstiger Wohnungen – nach den teuren Ausflügen in das Geschäft mit teuren Eigentumswohnungen.

All diese Instrumente, die erst am Anfang stehen, sind akut gefährdet, wenn die konservativen Kräfte bei der Kommunalwahl die Mehrheit erreichen sollten. Sie wollen erklärtermaßen hauptsächlich Einfamilienhäuschen (für mindestens ½ Million Euro) in Mannheim erreichten. Mieterinnen und Mieter sollten in diesem Bewusstsein unbedingt zur Gemeinderatswahl gehen.

Thomas Trüper

 

 

 

 




Der Mietspiegel muss auf die Werkbank! Er bedient die Immobilienpreisblase

Der Mannheimer Mietspiegel 2020-2021 ist erschienen und tritt nach zu erwartender Billigung durch den Gemeinderat am 16.12.20 für 2 Jahre in Kraft. Wie nicht anders zu erwarten dokumentiert der Mietspiegel erneut eine erhebliche Steigerung des Mietpreisniveaus in Mannheim: 8,6% durchschnittliche Steigerung der Mietpreise innerhalb von zwei Jahren. Die „Durchschnittsmiete“ liegt jetzt bei 8,37 EUR/m²; 2018 betrug sie noch 7,71 EUR/m². Vor 10 Jahren waren es 6,01 EUR/m². Mithin beträgt die Steigerung in diesem Zeitraum 2,36 EUR/m² oder 39,3%. Wessen Einkommen hat in den letzten 10 Jahren einen solchen Sprung gemacht? Und wir sprechen hier nur von der Netto-Kaltmiete! Der Anteil der Mietbelastung an den Haushaltseinkommen ist entsprechend immer weiter gestiegen und liegt für viele – gerade nicht so betuchte – Haushalte weit über der allgemein anerkannten Zumutbarkeitsgrenze von 30% für die Warmmiete. Und wer will ernsthaft behaupten, dass für Bestandshäuser die Kapital- und Erhaltungskosten der Vermieter um 40% gestiegen seien? Ein 20 Jahre altes Haus, damals schon mit niedrigen Zinsen finanziert, kann heute nicht 40% teurer sein als vor 10 Jahren. Nein – „der Markt gibt es her“ und die Kapitalanleger*innen nehmen von den Mieter*innen in der Regel, was sie bekommen können; insbesondere institutionelle Anleger und die großen bundesweiten Vermietungsunternehmen.

Die Grafik zeigt das kontinuierliche Ansteigen der „durchschnittlichen Mietpreise“ lt. Mietspiegel seit 1997 (blaue Säulen), sowie das Auseinanderdriften der Zunahme der Lebenshaltungskosten gegenüber dem Vorjahr in v.H. (grüne Linie) und derjenigen der Mieten (rote Linie). Die Einkommen sind in den letzten Jahren oft sogar weniger als die allgemeinen Lebenshaltungskosten gestiegen. (Grafik: KIM. Quellen: Mietspiegel der Stadt Mannheim versch. Jahrgänge, Statistisches Bundesamt.)

Der gesetzlich geregelte Mietspiegel ist ein Mieterhöhungsspiegel

Nach vier Jahren wurde also das Mannheimer Mietpreisniveau durch Stichproben neu ermittelt. Vor zwei Jahren war es nur eine Fortschreibung. Der neue Mietspiegel stützt sich auf eine repräsentative Erhebung von 2.485 Mietverhältnissen (Vermietende und Mietende) durch ein externes Fachinstitut.

Gemäß den Vorgaben der §558ff BGB bezieht sich diese Erhebung jedoch keineswegs auf alle 168.000 Wohneinheiten in Mannheim, sondern nur auf etwa zwei Drittel davon. Für das restliche Drittel gilt der Mietspiegel nicht oder nicht unmittelbar. Er gilt nicht für nach einer Förderung mietpreisgebundene Wohnungen („Sozialwohnungen“), für Jugend-, Studierenden- und Altenheime. Von dort werden auch keine Daten erhoben. Nur als Orientierungshilfe gilt er für Ein- und Zweifamilienhäuser, Doppelhaushälften, Reihenhäuser, Dienst- und Werkswohnungen. Somit bildet das Datenmaterial preisgebundene und erfahrungsgemäß eher preisgünstige Wohnungen nicht ab.

Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Beschränkung der Datenerfassung auf solche Mietverträge, die innerhalb der letzten sechs Jahre neu abgeschlossen oder durch Mieterhöhungen (Senkungen kommen wohl nie vor) verändert wurden. Mieten, die sechs Jahre lang nicht erhöht wurden, werden nicht erfasst. Solche ruhigen und friedlichen Mietverhältnisse bei Vermietenden ohne Dollarzeichen in den Augen fallen also nicht durchschnittssenkend ins Gewicht.

Da natürlich die unmittelbaren Ergebnisse der Erhebung selbst bei gleicher Quadratmeterzahl eine sehr große Bandbreite zeigen, ist der nächste Schritt die Definition von Kriterien, die annähernd eindeutig die vorgefundene Streuung sortieren und erklären können. So kommt es zur konkreten „örtlichen Vergleichsmiete“, seit 2016 in Mannheim nach der kriterienreichen „Regressionsmethode“.

Bedeutung des Mietspiegels hat zugenommen

Ist ein Mietspiegel nicht letztlich eine Plage für die Mieter*innen? Dies kann man nur mit Ja und Nein gleichzeitig beantworten. Einerseits ist er preistreibend, andererseits stellt er gegenüber vollständiger Marktfreiheit der Vermieter*innen, die die Wohnungsnot bis zum Wucher ausnutzen könnten, trotzdem eine Schranke dar. Und vor allem erspart er im Streitfalle über Mieterhöhungen in der Regel eine gerichtliche Auseinandersetzung (Rechtssicherheit und „Rechtsfrieden“).

Seit 2008 dient der Mitspiegel mit der örtsüblichen Vergleichsmiete der Festlegung der Mietpreise bei preisgebundenen Wohnungen (“Sozialmieten“). Diese bestimmen sich nach örtlicher Satzung in Mannheim beispielsweise durch einen Mindestabstand von 10% unter der jeweiligen Vergleichsmiete (bis 2008 galt die „Kostenmiete).

Seit Aufnahme von Mannheim in den Kreis der Orte mit „angespanntem Mietwohnungsmarkt“ gilt nun auch hier die sog. Mietpreisbremse. Diese schützt wenigstens (in den meisten Fällen) vor beliebiger Preistreiberei bei Neuabschlüssen von Mietverträgen: Die dort vereinbarten Mieten dürfen „nur“ noch 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Dies gilt aber nicht bei Neubauten und Vollmodernisierungen. Hier kann die Mietpreisexplosion weiterbetrieben werden, so lange es „der Markt“ hergibt.

Auch für die Mietpreisbildung bei den Wohnungen der „Sozialquote“ lt. 12-Punkteprogramm der Stadt Mannheim  (Landes- oder kommunale Förderung i.V.m. Mietpreisbindung) ist der entsprechende Mietspiegelpreis die Leitgröße, davon dann ein Abzug von 33%. Auf diese Weise reißt die Mietpreisentwicklung auch die Mieten für neue  „Sozialwohnungen“ und „preisgünstige“ Wohnungen in die Höhe.

Nochmal Käfertaler Str. 89: Der geniale Investor sorgt dafür, dass von 10 Wohnungen nur zwei dem Mietspiegel unterliegen werden. Die restlichen werden zimmerweise vermietet – da gilt der Mietspiegel ebenso wenig wie bei der gewerblichen Nutzung letztendlich durch AirB+B. (Bild: KIM)

Jenseits der Durchschnittsmiete

Kaum jemand wird genau die statistisch ermittelte Durchschnittsmiete von 8,37 Euro/m² nach einer Preissteigerung gegenüber dem Vorjahr um 4,3% zu zahlen haben, sondern eben die ortsübliche Vergleichsmiete, die durchaus auch eine differierende Preissteigerungsrate aufweisen kann. Das sei anhand von einigen Zahlen dargestellt:

Schon die „Basismiete“ je Quadratmeter differiert je nach Größe der Wohnung erheblich. Am teuersten ist die Basismiete in kleinen Wohnungen bzw. Appartements. Der Mietspiegel beginnt überhaupt erst bei eine Fläche von 25m². Hier beträgt die Basismiete 11,42 gegenüber 10,48 EUR/m² vor zwei Jahren, eine Steigerung von 4,5% pro Jahr. Der niederste Basispreis findet sich im Bereich von 60 bis 70 m² mit 8,07 EUR/m² (+ 4,3% pro Jahr). Dann nimmt die Basismiete kontinuierlich zu auf 9,00 EUR/m² bei einer Wohnungsgröße von 150 m². Die Preissteigerungsrate sinkt gegenüber dem Vorjahr Richtung 2,5%. Kleine Wohnungen bis ca. 40 m² sind also relativ teuer und unterliegen zudem der höchsten Teuerungsrate bei der Basismiete.

Die weitere Differenzierung der Vergleichsmieten erfolgt sodann durch prozentuale Zu- und Abschläge anhand einem im Laufe der Jahre gewachsenen Kriterienkatalog, als da wären:

  • Baujahr,
  • Bauausstattung (Bad zwischen -5% und +5%, und ggf. Einbauküche bis zu 20%),
  • „sonstige Ausstattung“ (Heizungsversorgung, Fußböden, Videogegensprechanlage und Aufzug bewegen sich zwischen -6% für Einzelöfen und +11% für Fußbodenheizung; in Summe zwischen -10% und +29%),
  • Modernisierungsmaßnahmen in den letzten 10 Jahren (max. +12%)und
  • Lage (Entfernung „zu Eingängen des zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt, also Planken, Breite Straße und G2/H2 bis G5/H5 oder zu den Stadtteilzentren, jeweils unter 300 m fußläufig ergeben +9% bzw. +4%. Eine Entfernung von über 600 m zum nächsten Lebensmittelmarkt bringt -2%, mehr als 300 m fußläufig zu einer Park- oder Grünanlage bringen -4% Abzug).

Bei den Baujahren gibt es Abschläge für die Jahrgänge bis 1977 von -8% bzw. -11%. Die Jahrgänge 1978 bis 2009 bewegen sich zwischen -4% bis +4%. Die Baujahre 2010 bis 2016 bewirken Zuschläge von +10% und Neubauten ab 2018 von +20%. Hierin spiegelt sich die Preisexplosion bei Neubauten. Vor zwei Jahren waren es noch +17%.

Die hier zugrunde gelegten Kriterien erstaunen in ihrer Auswahl bzw. im Ausschluss von andern Kriterien, die auch denkbar wären und naheliegen. Die Mietspiegelerläuterung nennt u.a.:  Anzahl der Geschosse | einfach-, Mehrfachverglasung  | Balkon/Loggia/(Dach-)Terrasse nicht vorhanden  | mindestens ein gefangener Wohnraum  | Abstellraum außerhalb der Wohnung vorhanden (Keller, Speicher, Dachboden,  externer Raum)  | Abstellraum innerhalb der Wohnung vorhanden  | Gartennutzung  | Wäschetrockenraum  | Waschmaschinenraum  | Fahrradabstellraum  | überdachter Fahrradabstellplatz. Eine Auswirkung dieser Kriterien sei nicht messbar gewesen. Die Kriterien können jedoch bei ausführlicher Begründung herangezogen werden für Zu- oder Abschläge von bis zu 19% über / unter der eigentlich ermittelten Vergleichsmiete.

Vor zwei Jahren tauchten bei der Lage noch die Kriterien Erreichbarkeit von Schulen, Kitas, Ärzt*innen und ÖPNV auf. All dies ist jetzt ersetzt durch Zentrennähe. In den Mietspiegeln vor Einführung der Regressionsmethode 2016, die wesentlich simpler aufgebaut waren, fanden sich immerhin auch Kriterien wie Lärm oder z.B. Geruchs-Immissionen oder die Verkehrsdichte vor dem Haus.

Was auch in der alten „tabellarischen“ Methode fehlte, sind energetische Kriterien, wie Abzüge bei schlechter Wärmeisolierung oder ineffizienten Heizungen, die jeweils zu erhöhten Nebenkosten führen.

Die Spannbreite im Mietwohnungsmarkt nimmt zu – Richtung oben. Der Mietspiegel liefert angebliche Kriterien

Während nach dem letzten tabellarischen Mietspiegel 2014 der billigste Quadratmeterpreis mit 4,32 EUR und der höchste Preis mit 10,72 EUR ausgewiesen war (248% des billigsten Quadratmeters), beträgt die Spanne zwischen dem billigsten Quadratmeter mit den höchsten denkbaren Abschlägen (5,96 EUR)  und dem teuersten mit den höchst denkbaren Zuschlägen (20,90 EUR) 351%.

Die Erläuterungen zum Mietspiegel sinnieren über diese Spanne wie folgt: „Der Mietspiegel kann durch die in den Tabellen angeführten Merkmale wesentliche Mietpreisunterschiede erklären. Trotzdem verbleibt auf dem freien Wohnungsmarkt ein Streubereich der Nettomieten für gleichartige Wohnungstypen, der statistisch nicht erklärt werden kann.“ Für Preis-Ausreißer nach unten finden die Autor*innen immerhin eine sehr plausible Erklärung: Es könnten da „individuell bewertete Wohnwertmarkmale“ zur Wirkung kommen, die im BGB nicht vorgesehen sind, „z.B. Mietdauer, soziale Verantwortung“. Damit treffen die Autor*innen den Nagel auf den Kopf. Tatsächlich kennt man ja durchaus Vermieter*innen, die beispielsweise mit ihren langjährigen Mieter*innen im Geschoßwohnungsgebäude unter einem Dach wohnen und lange Zeit gar nicht und wenn dann nur sanft erhöhen, aus den eben genannten Gründen.

Wie aber sieht es am oberen Rand aus? Die enorme Spanne dorthin müsste eigentlich im gegenteiligen Sinne erklärt werden: Profitgier und soziale Verantwortungslosigkeit. So würde ein Schuh daraus. Die Mietpreise liegen eindeutig über der tatsächlichen Kostenentwicklung. Dieser Spekulations-Speck müsste vor Ermittlung von Kriterien zur Erklärung und Analyse des Mietpreises erst einmal abgeschnitten werden. Stattdessen werden die Bewertungen der Kriterien immer weiter gespreizt, siehe z.B. bei Neubauten. Dies ist ein systemischer Fehler der Mietspiegel. 2018 betrug die Distanz zwischen den höchst denkbaren Zu- und Abschlägen 106 %-Punkte, 2020 beträgt sie schon 121%-Punkte. Der Spekulations-Speck muss eben statistisch amhamd von Kriterien erschlossen werden.

Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung nennt den „Speck“ beim Namen: Immobilienpreisblase.

„Die Deutsche Bundesbank ging schon 2018 davon aus, dass Wohnimmobilien in Deutschland in städtischen Gebieten zwischen 15 und 30 Prozent überbewertet sind. Auch die IMK- Wissenschaftler sehen „ein deutliches Warnsignal für das Vorhandensein einer Immobilienpreisblase“, weil die Preissteigerungen zum Teil auf  Kapitalanlagemotive, insbesondere von Vermögenden, und nicht allein  auf die Nachfrage nach Wohnraum zurückzuführen sind. Das Verhältnis  der Häuserpreise zu Mieten oder Einkommen deutet ebenfalls auf  Überbewertungen hin: Beim Preis-Miet-Verhältnis oder dem Preis- Einkommens-Verhältnis zeigten sich im internationalen Vergleich für  Deutschland und China die größten Ausschläge.“ (https://www.boeckler.de/pdf/pm_imk_2020_11_02.pdf)

Fazit:

Die Mietspiegel-Systematik muss dringend geändert werden. Sie darf nicht einfach die Immobilienpreisblase mit angeblich wissenschaftlichen Kriterien ausschmücken und dadurch auch das preisliche Mittelfeld nach oben ziehen. Außerdem muss die Datenbasis alle Mietwohnungen, auch die bisher ausgeschlossenen und dies über 10 Jahre erfassen, und nicht nur die letzten besonders krassen Mieterhöhungsfälle beleuchten.

Das ist eine Aufgabe der Bundespolitik. Aber auch auf kommunaler Ebene muss über die statistischen Kriterien und ihre Bewertung diskutiert werden, die von den Instituten unter Zustimmung der Mieter*innen- und Vermieter*innen-Verbände und des Gemeinderats dann Rechtskraft erlangen. Die zunächst als analytische Instrumente fungierenden Kriterien werden schließlich nach ihrer Veröffentlichung sofort zu Instrumenten der „Preisbildung“ nach oben Richtung Preisblase. Damit muss Schluss sein.

Was wäre sonst noch zu tun?

Die Mietspiegel-Systematik kräftig zu überarbeiten, sie quasi auf die Werkbank zu legen, ist das Eine. Aber lässt sich denn nichts am Marktgeschehen selbst ändern, evtl. sogar mit positiven Wirkungen auf den Mietspiegel?

Marktradikal würde die Antwort lauten: „Bauen, bauen, bauen!“ Aber ohne massive Förder-Intervention kommen dabei nur möglichst profitable Wohnobjekte im Privateigentum heraus. Diese tragen dann zur Beschleunigung der Preissteigerungen bei – denn an eine Übersättigung des Mietwohnungsmarktes ist in den Metropolen so schnell nicht zu denken – es sei denn, die Blase platzt.

Also müssen viele Wohnungen bei gemeinwohlorientierten Trägern entstehen und möglichst auch Bestandswohnungen dorthin in Sicherheit gebracht werden. Sobald hier irgendwelche öffentlichen Förderleistungen im Spiel sind, werden diese Wohnungen aber keinen Eingang in die Mietspiegelerhebungen geben (s.o.). Der Abstand zwischen gemeinwohlorientierten Mieten und jenen auf dem „freien Markt“, die immer mehr spekulative Preisanateile enthalten, wird dadurch immer größer – vorausgesetzt, die gemeinwohlorientierten Träger wie z.B. die GBG folgen nicht – wie es früher Routine war – im Wesentlichen der Mietspiegelentwicklung. Nein – sie müssen kostenorientiert immer deutlicher unter dem Mietspiegelniveau bleiben. Mögen Verbände wie Haus und Grund noch so toben.

Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE, Fraktionsvorsitzender LI.PAR.Tie.

 




Streit um Mietspiegel: Gutachter Walter Krämer wird vom Mieterverein abgelehnt

Auseinandersetzung um Mietspiegel zwischen „Haus und Grund“ und Mieterverein

Wohnen in Mannheim | Symbolbild: Archiv

Das Verfahren, in dem es um den Mannheimer Mietspiegel geht, ist am 23. November 2018 durch das Mannheimer Amtsgericht eröffnet worden und läuft seit her. Der vom Gericht berufene Gutachter, der Dortmunder Professor für Statistik, Walter Krämer, hat nun ein 23-seitiges Gutachten über den Mannheimer Mietspiegel verfasst und „massive Mängel“ festgestellt. Der Mannheimer Mieterverein, hat aus gutem Grund einen Befangenheitsantrag gegen den Gutachter gestellt.

Darüber wird das Gericht in den kommenden Tagen entscheiden. Erst danach wird sich das Gericht mit dem eigentlichen Gegenstand (Rechtmäßigkeit der Mieterhöhung und damit korrespondierend Rechtmäßigkeit des Mannheimer Mietspiegels) befassen. Wenn es dann zu einer Entscheidung kommt, ist damit zu rechnen, dass das Verfahren in höheren Instanzen seine Fortsetzung finden wird. Mit einer rechtsgültigen Entscheidung wäre laut MM vom 12.09.2019 frühestens 2021 zu rechnen.

Um was geht es im Verfahren?

Der Mannheimer Eigentümer- und Vermieterverband „Haus & Grund Mannheim Immobilien GmbH“ will den Mannheimer Mietspiegel zu Fall bringen. Er will Mieterhöhungen oberhalb des Mannheimer Mietspiegels durchsetzen.

Dafür nutzt er zwei Fallbeispiele. In einem der Öffentlichkeit bekannten Beispiel geht es um eine Mieterhöhung einer Feudenheimer Mietwohnung von 630 auf 734, 34 €. Mit dieser satten Mieterhöhung läge die Miete deutlich über dem Mannheimer Mietspiegel. Der Mieter, vertreten durch den Mannheimer Mieterverein, verweigert aus diesem Grund die Zahlung der Mieterhöhung. Dagegen wiederum klagt jetzt die Vermieterin, die ihrerseits rechtlich von Haus & Grund vertreten wird.

Von vornherein hat Haus & Grund erklärt, dass es ihm nicht nur um die von ihm vertretenen Fälle geht, sondern darum, den Mannheimer Mietspiegel zu Fall zu bringen. Sinniger Weise führt für Haus & Grund Rechtsanwalt Josef Piontek dieses Verfahren. Er ist gleichzeitig dessen Vorsitzender.

Zankapfel Mannheimer Mietspiegel

Haus & Grund moniert die Einbeziehung der GBG-Wohnungen in den Mannheimer Mietspiegel, da diese Wohnungen mit durchschnittlichen Mietpreisen unterhalb des durchschnittlichen Mietniveaus liegen und damit den Mietspiegel nach unten drücken würden.

Da Haus & Grund mit dieser Argumentation schwerlich vor Gericht durchkommen dürfte, verlegt er sich nun offensichtlich mit seiner Argumentation darauf, dem Mannheimer Mietspiegel schwere statistische Mängel zu unterstellen. Hierfür kommt ihm der Statistikprofessor Walter Krämer gerade recht, der nun als Gutachter berufen worden ist.

Der Gutachter Walter Krämer

Der Gutachter Walter Krämer wird vom Rechtsanwalt des Mietervereins, Alexander Sauer, aus gutem Grunde, abgelehnt. Krämer habe sich schon vorher ganz klar gegen Mietspiegel generell geäußert und sei damit befangen. Ein Ablehnungsgrund wäre laut MM ein Interview, das Krämer am 21. März 2019 in der „Wirtschaftswoche“ geführt habe. Darin äußert sich Krämer dezidiert u.a. so: „Außer in München gibt es derzeit unter den mir bekannten Mietspiegeln keinen einzigen qualifizierten in Deutschland“. Der Artikel ist überschrieben mit: „Mietspiegel – Ein Amateurprodukt voller Fehler“. Krämer behauptet laut MM, dass die vom Anwalt des Mietervereins zitierten Passagen aus dem Zusammenhang gerissen seien. Im Interview habe er darauf hingewiesen, „dass es in vielen Städten gute Mietspiegel gibt“.

Wer sich die Mühe macht, sich den Artikel gegen Entgelt von der Wirtschaftswoche zu besorgen, der wird feststellen, dass die von Krämer behauptete Aussage in keiner Weise getätigt worden ist. Die Frage ist nun: Wer behauptet hier nun Falsches? Der Redakteur des Mannheimer Morgen oder der Statistik-Professor?

Liest man den Artikel der Wirtschaftswoche in Gänze und außerdem noch andere Publikationen, die z.T. im Internet einlesbar sind, so tun sich eher Abgründe auf. Krämer zeigt sich generell als harter Gegner gesetzlicher Regelungen pro Mieterschutz. Im besagten Artikel sagt er: „Das Problem in Deutschland ist ein Zuviel an rechtlichem Mieterschutz“. „Der beste Mieterschutz sind nicht mieterfreundliche Gesetze, sondern mehr Wohnungen.“ So ist es nicht verwunderlich, dass ausgerechnet die Stadt Wien, die allenthalben von Wohnungspolitikern ob ihrer Wohnungspolitik gelobt wird, von Krämer als Negativ-Beispiel genannt wird. Letztlich entpuppt sich Krämer als knallharter Neoliberaler, dem Sozialregelungen vom Prinzip ein Dorn im Auge sind.

Doch damit nicht genug: Bei Recherchen über die Person Walter Krämer fällt auf, dass er auch eine Flanke nach Rechtsaußen offen hat. In der Wirtschaftswoche vom 12. Juni 2014 erklärt das FDP-Mitglied Krämer auf die Frage: „Mit ihren Positionen wären sie in der „Alternative für Deutschland“ doch besser aufgehoben. Und mit vielen Ökonomen-Kollegen in bester Gesellschaft?“ „Ich habe die (die AfD, die Red.) auch gewählt. Vor Hans-Olaf Henkel und Bernd Lucke, den ich seit vielen Jahren gut kenne, habe ich Riesenrespekt. Die haben meine volle Sympathie.“

Bis 2015 hat Krämer auch mehrmals auf Veranstaltungen der AfD gesprochen. Das einschlägig bekannte Medium „Übermedien“ schreibt im August 2016 von der „Pegidahaftigkeit des Vereins Deutsche Sprache“, dessen Vorsitzender Krämer selber ist.“ So wettere Krämer etwa gegen „den aktuellen Meinungsterror der weitgehend linksgestrickten Lügenmedien.“

Der Befangenheitsantrag gegen Walter Krämer erfolgt zu Recht. Es wäre ein Skandal, wenn das Gutachten eines Menschen mit solch zweifelhafter Expertise die Wohnungspolitik bestimmen sollte.

Am Schluss noch ein kleiner Hinweis: Über die Anforderungen an einen qualifizierten Mietspiegel kann man natürlich durchaus verschiedener Meinung sein. Zur Zeit ist ja so, dass nur Mietänderungen und Neumietverträge innerhalb der letzten vier Jahr in die Berechnungen des Mietspiegels einfließen. Der Deutsche Mieterbund z.B. fordert, dass alle Mieten, also auch die Bestandsmieten zur Berechnung des Mietspiegels heran gezogen werden. Das wäre in der Tat dann transparent und sozialpolitisch sinnvoll. Das ist aber was ganz Anderes, was Walter Krämer vorgibt.

(Roland Schuster)




Mietpreisdämpfend oder mietpreistreibend? – Die Mietpreispolitik der GBG in der Kritik

Kommentar zur Pressemitteilung des Stadteiltreffens OST zu Mieterhöhungen der GBG

Heftige Vorwürfe gegenüber der GBG macht das Offene Stadtteiltreffen Neckarstadt in einer Presseerklärung (siehe unten). In einem uns vorliegenden und dokumentierten Fall handelt es sich um eine Erhöhung der Kaltmiete von 9,3 %. 

Die GBG lässt durch ihren Leiter für Unternehmenskommunikation Heiko Brohm erklären, dass solche Erhöhungen nicht der Regel entsprechen. Man müsse den Einzelfall und die konkreten Umstände betrachten.

In den vergangenen Jahren, insbesondere in den letzten zwei Jahren wären die Mieterhöhungen der GBG weit unter dem Niveau des Mietspiegels und dessen Steigerungsraten geblieben. Er bezieht sich hierbei auf den Geschäftsbericht der GBG von 2018.

Dort heißt es:

Trotz unserem klaren Fokus auf der Verbesserung der Wohnqualität und der Wohnsubstanz, haben wir in nur sehr geringem Umfang Mietanpassungen vorgenommen. Hierdurch haben sich unserer Nettosollmieten im Vergleich zum Vorjahr nur moderat um 0,61 % erhöht (T€ 81.361 zu T€ 80.870 in 2017). Während der Mietspiegel 2016 einen Durchschnittsmietpreis von 7,05 € und der im Dezember 2018 erschienene Mietspiegel einen Durchschnittsmietpreis von 7,71 € – jeweils je qm Wohnfläche monatlich – ausweist, vermieten wir unsere frei finanzierten Wohnungen zu sozial angemessenen Preisen von durchschnittlich € 6,40 (€ 6,26 in 2017) je qm Wohnfläche (ca. 9 % bzw. 17 % unter Marktpreis).
(Geschäftsbericht der GBG, Seite 58)

Das ist von 2017 auf 2018 eine Steigerung um 2,23% statt Mietspiegel + 9,36%.

Dass die GBG „den aktuellen Mietspiegel mit gutem Mietanpassungspotenzial“ generell zum Anlass nehmen will für Mietsteigerungen, dem widerspricht Brohm von der GBG. Die Formulierung im Geschäftsbericht drücke das finanzielle Potenzial der GBG aus, und das sei wichtig gegenüber Wirtschaftsprüfung und Banken. Sie drücke aber nicht die Absicht aus, dieses Mietanpassungspotenzial konkret umzusetzen.

Wenn man diese Darstellung zu Grunde legt, ist die von einem Einzelfall abgeleitete Rechnung, die in der Pressemitteilung des OST dargestellt ist, zumindest problematisch. Sonst müssten die Zahlen der GBG andere sein. Allerdings beziehen sich die Zahlen der GBG auf den Zeitraum 2016 bis 2018.

Bezüglich 2019 liegen die Zahlen noch nicht vor. Für 2019 werden laut Brohm allerdings Mieterhöhungen, „wo notwendig“ vorgenommen. Allerdings wäre das nicht flächendeckend für alle Wohnungen und auch nicht in der Höhe von 8,5%.

Wenn man das uns von der Mieterinitiative Fairmieten zur Verfügung gestellte Mieterhöhungsschreiben der GBG anschaut, dann wird mit der Möglichkeit der Anpassung an den Mietspiegel argumentiert.

Nach § 558 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind wir berechtigt, die mit Ihnen vereinbarte Miete zu erhöhen, wenn üblicherweise für vergleichbare Wohnungen in Mannheim eine höhere Miete gezahlt wird. Von dieser Möglichkeit machen wir hiermit Gebrauch, weil die von Ihnen gezahlte Miete unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt und die Vorraumsetzungen für eine Mieterhöhung vorliegen.

In dem konkreten Fall mit der Mieterhöhung von 9,3% bleibt der qm-Preis 5,90 € aber immer noch erheblich unter dem Mannheimer Mietspiegel von 2018. Die Berechnungen der GBG gehen bei dieser Wohnung von einer ortsüblichen Vergleichsmiete von einem qm-Preis von 7,32 € aus. Die Grundmiete bleibt auch nach der Erhöhung immer noch deutlich, nämlich 18,84% unter dem Mietspiegel. Das Mietanpassungspotenzial“ ist offensichtlich nur bedingt ausgeschöpft worden.

Transparenz und Systematik bei den jeweiligen Mieterhöhungen sind erst einmal nicht klar ersichtlich. Hier ist Aufklärung seitens der GBG geboten.

Um auf die in der Überschrift gestellte Ausgangsfrage zurückzukommen: Die letzten Jahre waren die Mieten der GBG ganz offensichtlich mietpreisdämpfend. Sind die von OST reklamierten Mieterhöhungen von 2019 Einzelfälle oder eine Änderung der bisherigen Geschäftspolitik der GBG? Eine Änderung der Geschäftspolitik wird von der GBG bestritten. Gerade in Zeiten des allgemeinen Mietenwahnsinns wird man genau hinsehen. Mieterhöhungen der GBG werden in Zukunft noch kritischer beurteilt werden. Anlässlich der Forderungen bzgl. Mietpreisbegrenzung (Mietmoratorium, Mietpreisbremse, Mietendeckel etc.) ist hier natürlich auch die Politik gefordert.

(Roland Schuster)

 


Pressemitteilung des OST (Offenen Stadtteiltreffens) Neckarstadt

Mieterhöhungen der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft GBG unverantwortlich!

Sie verhöhnen die Versprechen der Parteien vor der Kommunalwahl, sich für „bezahlbares Wohnen“ einzusetzen! 

Die GBG hat in den letzten Wochen eine Vielzahl von Mieter*innen mit recht drastischen Mieterhöhungen brüskiert: Mit ca. 8,5 % höheren Mieten sendet sie zudem das falsche Signal aus. Vermieter*innen werden verstärkt dem Beispiel der GBG, die zu 100 Prozent im Besitz der Stadt ist, folgen. Damit dreht die GBG mit an der Preisspirale auf dem Wohnungsmarkt, was gerade für den Wohnraum von Menschen mit geringem/durchschnittlichen Einkommen negative Auswirkungen hat – der Slogan „Bezahlbaren Wohnraum schaffen“ scheint für Politik (und GBG) nur ein Wahlkampfmanöver für die Kommunalwahl gewesen zu sein, denn… 

… Jetzt mussten wir im brandneuen Geschäftsbericht der GBG lesen, dass der Geschäftsführer der GBG, Herr Frings, „den aktuellen Mietspiegel 2018 mit gutem Mietanpassungspotential (zum Anlass nehmen will), steigende Umsätze zu generieren.“

Die GBG erhöhte die Miete um 30,20 Euro bei einer 50 qm Wohnung. Die GBG hat 18.000 Mietwohnungen. Gesetzt den Fall, es wären alles nur 50 qm Wohnungen, würde sie durch die Mieterhöhung 540.000 € im Monat mehr einnehmen. Im Jahr sind das 6,48 Millionen Mehreinnahmen. Auffällig ist, dass wir darüber nichts im Mannheimer Morgen lasen: dort wird die GBG nur mit ihrem „netten“ Gesicht gezeigt, wen sie fördert, um was sie sich „kümmert“… – Unsere Forderung „Keine Profite mit der Miete“ muss auch für die GBG gelten!

Angesichts stark steigender Mieten in Mannheim (allein von 2016 bis 2018 laut Mietspiegel 9,2 % Steigerung) und unzahlbarer Mieten auf dem Angebotsmarkt fordern wir die Stadt Mannheim (den Gemeinderat und die Mitglieder des Aufsichtsrates der GBG) auf, ein Moratorium, d.h. einen Mietpreisstopp der GBG-Mieten für die nächsten 5 Jahre zu erwirken. Von der Landesregierung Baden-Württemberg fordern wir die sofortige Einführung eines Mietendeckels, damit die Mieten in BaWü in den nächsten 5 Jahre nicht steigen können. Die GBG sollte in Mannheim mit gutem Beispiel voran gehen, denn Mieterhöhungen der GBG setzen auch den Mietspiegel weiter unter Druck. Oder bedeutet die Gemeinnützigkeit im Namen etwa: „Wer gemein ist, kann nicht nützlich sein?!“

Unsere Forderungen:

  • Moratorium der GBG-Mieten für die nächsten 5 Jahre!
  • In dieser Zeit alles dafür zu tun, die Mietpreise darüber hinaus stabil zu halten!
  • Keine Profite mit der Miete!

Offenes Stadtteiltreffen Neckarstadt – jeden 2. Freitag im Monat, 19 Uhr im Bürgerhaus Neckarstadt

(Offenes Stadtteiltreffen Neckarstadt)




Hauseigentümerverband will Mietspiegel kippen

Extreme Mieterhöhung soll erzwungen werden

Am 23. November 2018 fand vor dem dem Amtsgericht Mannheim ein wichtige Verhandlung statt, die möglicherweise Bedeutung über Mannheim hinaus hat. Es geht darum, wieviel darf ein Hauseigentümer die Miete erhöhen und wieweit ist er durch den Mietspiegel gebunden.

Ein erster Verkündungstermin des Gerichts erfolgt am 15. Januar um 15 Uhr, Amtsgericht Mannheim, Zimmer 228.

Um was geht es?
Eine Hausbesitzerin will die Miete, die schon jetzt oberhalb des qualifizierten Mannheimer Mietspiegels liegt, nochmals um über 15% erhöhen. Die Mietpartei wehrt sich gegen die Mieterhöhung und bekommt rechtlichen Beistand vom Mieterverein Mannheim.
Die Vermieterin wird unterstützt vom Eigentümerverband „Haus und Grund“. Die rechtliche Vertretung übernimmt deren Vorsitzender persönlich, Rechtsanwalt Josef Piontek.

Rechtsanwalt Piontek zweifelt die Rechtmäßigkeit des Mannheimer Mietspiegels an. Die Erhebung des Mietspiegels sei nicht nach wissenschaftlichen Maßstäben erfolgt, sondern politisch motiviert. Mit dem Mietspiegel betreibt die Stadt Mannheim Wohnungspolitik. Ihn stört vor allem, dass die Mietwohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GBG mit einer Durchschnittskaltmiete von 6,19 € / qm keine marktgerechten Preise abbilde. Der Mietspiegel werde damit künstlich nach unten gedrückt und sei nicht marktkonform. Der neue Mietspiegel ist mit 9,40€ um 3,20€ darüber. Ohne die GBG-Wohnungen wäre der Mietspiegel aber höher. Haus und Grund will die GBG-Wohnungen bei der Berechnung des Mietspiegels am liebsten ganz draußen haben. Hilfsweise argumentiert der Verband aber, dass auf jeden Fall die Gewichtung mit 14% zu hoch sei.

Rechtsanwalt Sauer vom Mannheimer Mieterverein weist das Ansinnen von Haus und Grund als eine „Klage zur Unzeit“ zurück. Jahrelang habe Haus und Grund den Mannheimer Mietspiegel als Richtgröße akzeptiert. Trotz immenser Mieterhöhungen in den letzten Jahren – in Mannheim in den letzten beiden Jahren 9% Mietsteigerung, die zwei Jahre zuvor 7% Mietsteigerung – sei das für Haus und Grund offensichtlich immer noch nicht genug. Haus und Grund instrumentalisiere das Verfahren für seine Interessen und habe schon angekündigt, notfalls auch in die höhere Instanz zu gehen. Dies sei schändlich und so Sauer gegenüber der Presse eine „unschöne Ausformung des Kapitalismus“. Zum Mannheimer Mietspiegel meinte Sauer, dass dieser auf jeden Fall den gesetzlich geforderten Kriterien genüge.

Rechtsanwalt Piontek konterte, dass es Haus und Grund nicht um ein Politikum gehe, sondern einfach um die Korrektheit des Mietspiegels. Rechtsanwalt Sauer fragte im Gegenzug, wenn Haus und Grund die GBG-Wohnungen draußen haben wolle, weil sie angeblich zu niedrig seine, dann müsste nach dieser Logik, auch die überteuerten Mieten, die weit über dem Marktpreis sind, herausfallen. Aber genau das mache Haus und Grund gerade nicht. Deshalb ginge es dem Verband nur um noch höhere Mieten und darum, eine Regulierung der Mietpreise abzuschaffen.

Wie geht es jetzt weiter?
Die Richterin hat angekündigt, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Der Klägeranwalt hat schon einmal Bedenken angekündigt, wenn das Gericht den vom Rechtsanwalt des Mietervereins vorgeschlagenen Gutachter, einen renommierten und einschlägig bekannten Experten, bestellen werde. Das Gutachten soll zur Klärung beitragen, ob der qualifizierte Mannheimer Mietspiegel den wissenschaftlichen Anforderungen entspreche. Und damit letztlich die weitere Gültigkeit des Mietspiegels klären.

Der Vekündungstermin über die Bestellung des Gutachters ist am 15. Januar 2019. Das Verfahren ist in der Sache aber hiermit mit großer Wahrscheinlichkeit nicht beendet und wird dann erst richtig losgehen.

Das Verfahren hat in der Tat eine große und übergeordnete Bedeutung. Aus Sicht des Deutschen Mieterbundes und des Mietervereins Mannheim ist die Erhebung des Mietspiegels, die gesetzlich festgelegt ist, nicht ideal und bedarf einer gesetzlicheb Überarbeitung.

Der Mieterverein stellt fest:
„Der Mietspiegel bildet gemäß § 558c BGB, nicht den gesamten Querschnitt des Mietwohnungsmarktes (Bestandsmieten) ab, sondern nur die Mieten, die innerhalb der letzten vier
Jahre erhöht wurden.
Der Mietspiegel schützt die Mieter bei Neuvermietungen vor allzu übermäßigen Mietsteigerungen.
Da nur Neumieten der letzten vier Jahre erfasst werden, die Altmieten aber außen
vor bleiben, hat der Mietspiegel auf den allgemeinen Mietspiegel aber auch eine preistreibende
Wirkung. Damit wird die ursprüngliche Intention des Mietspiegels in sein Gegenteil
verkehrt.“

Die Existenz eines Mietenspiegel, so unvollkommen er gegenwärtig ist, wirkt als allgemeine Bremse für extreme Mieterhöhungen.

Umso schändlicher ist nun, wenn „Haus und Grund“ als Interessenorganisation der Vermieter, nun auch eine der letzten Schranken für übermäßige Mieterhöhungen kippen will. Das darf nicht sein!

Roland Schuster




Mannheimer Mietspiegel 2016 – Mit 5,2% geringerer Anstieg als vor zwei Jahren – weit über Anstieg der Lebenshaltungskosten

Mannheimer Mietspiegel 2016:

Mit 5,2% geringerer Anstieg als vor zwei Jahren – weit über Anstieg der Lebenshaltungskosten

Die Stadtverwaltung veröffentlichte im Dezember den neuen Mannheimer Mietspiegel, der die Entwicklung der Jahre 2015 und 2016 abbildet. Der Gemeinderat stimmt dem mit dem Mannheimer Mieterverein und der Eigentümervereinigung „Haus und Grund“ als gerichtlich verwertbare Sammlung „ortsüblicher Vergleichsmieten“ nach § 558 BGB zu. Dieser Mietspiegel gilt für etwa 115.000 freifinanzierte Mietwohnungen (außer in Ein- und Zweifamilienhäusern).

Die Neuausgabe des Mietspiegels, der auf Zufallsstichproben sowohl bei Mietern wie Vermietern beruht, belegt erneut: mit 2,6% pro Jahr steigen die Mieten weit mehr als die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Seit dem Jahr 2000 sind lt. den jeweiligen Mietspiegeln die „ortsüblichen Vergleichsmieten“ um 39% gestiegen, von einem Mittelwert von 5,05 EUR/m² auf 7,05 EUR/m². Die Lebenshaltungskosten stiegen im gleichen Zeitraum um 25%.

Der Mietspiegel ist von Gesetzes wegen ein Preistreiber

§ 558 (2) BGB definiert die ortsübliche Vergleichsmiete: Sie „wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde […] für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 [Betriebskosten] abgesehen, geändert worden sind.“ Das heißt: Es werden nicht alle Mietverhältnisse, also auch die mit nicht erhöhten Mieten, erhoben, sondern nur diejenigen, wo sich „etwas“ getan hat: Entweder Neuvertrag (in aller Regel eine Gelegenheit für den Vermieter, die Miete zu nehmen, die er auch dem für ihn sehr günstigen Wohnungsmarkt durchsetzen kann) oder Erhöhung in einem laufenden Mietverhältnis. Unveränderte Bestandsmieten bleiben ebenso außen vor wie Mieten für mietpreisgebundene Wohnungen. Insofern bildet der Mietspiegel nur das Erhöhungsgeschehen ab, nicht den Durchschnitt der Mietpreise insgesamt.

Für die Bundestagswahl und darüber hinaus sind deshalb Forderungen wichtig, wie sie die Linke erhebt: Sie forderte im Juni 2015 die Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass „die ortsübliche Vergleichsmiete auf der breitest möglichen Basis der in einer Gemeinde vereinbarten Entgelte für Wohnraum zu ermitteln ist, indem alle Entgelte für Mietwohnungen in einer Gemeinde in die Berechnung des Mietspiegels einbezogen werden.“ (Bundestagsdrucksache 18/5230)

Auch die Mieten der wenigen Sozialwohnungen werden nach Mietspiegel festgelegt

Öffentlich geförderte Wohnungen mit Mietpreisbindung oder durch sonstige Gesetze mietpreisgebundene Wohnungen gehen nicht in die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete ein, weil sie eher dämpfend wirken würden. Jedoch wird seit 1.1.2009 für öffentlich geförderte Wohnungen nicht mehr eine „Kostenmiete“ erhoben, sondern die Kommunen haben durch eine Satzung die Mietpreisberechnung zu regeln. Der Mannheimer Gemeinderat hat in diesem Sinne 2008 die Mietkosten an die Ortsübliche Vergleichsmiete gebunden: Die Miete darf höchstens in Höhe der Vergleichsmiete abzüglich 10 Prozent liegen. Deswegen sind Sozialmieten für Wohnungen jüngeren Datums in der Regel höher als auf dem Markt befindliche frei finanzierte oder nicht mehr mietpreisgebundene Wohnungen aus früheren Baujahren. In Mannheim gibt es gegenwärtig noch ca. 5.500 mietpreisgebundene Wohnungen. Im Jahre 1990 waren es noch über 21.000 Wohneinheiten, im Jahr 2000 noch 11.700. Zwischen den Jahren 2000 und 2006 wurden in Mannheim ganze 165 Wohnungen neu in die Mietpreisbindung genommen. Dagegen wurden 678 Eigentumswohnungen und -häuser öffentlich gefördert.

Wer heute umziehen muss, zahlt im freien Markt wesentlich mehr als die Mietspiegel-Miete

Das tatsächliche Preisgeschehen wird mittlerweile von Wohnungsmarktportalen im Internet abgebildet. So weist die Plattform immowelt.de für Mannheim im Dezember 2016 bei 124 Wohnungen unterschiedlicher Größe und Lage einen Durchschnitts-Quadratmeterpreis von 10,46 inklusive Kleinwohnungen bis 40m² aus, ohne Kleinwohnungen von 9,93 EUR. Bei Neuverträgen existiert keinerlei rechtliche Grenze nach oben, es sei denn der Mietwucherparagraf. Selbst die Mietpreisdeckelung in manchen Kommunen bei Neuvermietung hilft nicht viel; denn je enger der Wohnungsmarkt, umso mehr Menschen sind gezwungen, überhöhte Mieten einfach (erst einmal) zu akzeptieren.

In Mannheim besteht eine große Fluktuation von Haushalten und damit jährlich eine erhebliche Zahl neu abgeschlossener Mietverträge. Geht man davon aus, dass im Durchschnitt je Haushallt knapp 2 Personen leben, gibt die jeweils halbierte Zahl der Bevölkerungsfluktuation in etwa die Zahl neuer Mietverträge an (natürlich gibt es auch Kauf und Verkauf von Eigentumswohnungen: Das waren im Jahr 2013 1.099 Verkäufe). Nach der Wanderungsstatistik 2013 (noch ohne Landeserstaufnahme für Geflüchtete) sind knapp 23.000 Menschen innerhalb Mannheims umgezogen und 45.000 aus Mannheim weg, aber 48.000 nach Mannheim hinzugezogen. Da ist „so mancher“ Mietvertrag neu abgeschlossen worden, und garantiert nicht preisgünstiger als der vorherige! Einer solchen Tendenz kann nur entgegengewirkt werden, wenn das Wohnungsangebot deutlich erhöht wird, und das heißt durch Neubauten. Diese aber sind ohne öffentliche Förderung ihrerseits ein Preistreiber.

Der nicht profitorientierte Wohnungssektor in Mannheim ist viel zu klein, die öffentliche Förderung immer noch vollkommen unzureichend

Der Grundstückseigentümerverband in Mannheim beschwerte sich anlässlich der Herausgabe des neuen Mietspiegels darüber, dass in der ursprünglichen Stichprobe zu viele, da über dem Marktanteil liegende GBG-Wohnungen vertreten waren. Dies hätte die Mieten zu sehr gedämpft. Damit hat „Haus und Grund“ aus seiner Sicht Recht. Damit ist auch deutlich, welch große Rolle die Wohnungsbestände der GBG (19.000) sowie der Wohnungsbau- und Vermietungsgenossenschaften haben. Der GBG als Wohnungsbauunternehmen mit dem größten Anteil in Mannheim vertretener Unternehmen kommt dabei eine große Bedeutung und Verantwortung zu. Sie liegt immerhin mit ihren Bestandswohnungen stabil etwa 1 Euro unter dem Mietspiegel-Niveau. Dass sie vor zwei Jahren die Mietspiegel-Erhöhung von damals 7,2% auch für ihre Mietpreise nachvollzog, trug mit zu dem Erhöhungsniveau des jetzigen Mietspiegels bei. Nach der aktuellen Mietspiegel-Erhöhung sollte die GBG dringend auf eine nennenswerte Erhöhung ihrer Mieten verzichten und die Distanz zum Mietspiegel wieder etwas wachsen lassen. Sehr wichtig ist jedoch, dass die GBG und die Genossenschaften bei Mieterwechsel nur nach Modernisierungsmaßnahmen und auch nur das nur sehr maßvoll anheben, so dass ihre Wohnungsbestände weit unter den oben zitierten heutigen Angebotsmieten von 10 Euro liegen. Auch verzichten diese Bauträger nach Auslaufen von Preisbindungen auf schnellstmögliche Anpassung an den Mietspiegel.

Genau diese Bauträger müssten sehr viel mehr Wohnungen im bezahlbaren Bereich in Mannheim bauen und sie dann auch langfristig und zuverlässig auf dem bezahlbaren Niveau halten. Wenn das Land endlich die öffentliche Förderung erhöht, dann sollte sie nur solchen Bauträgern gewidmet sein. Tatsächlich gibt es in Baden-Württemberg jedoch immer noch keine effiziente öffentliche Wohnungsbauunterstützung, die über die Zinssubventionierung hinausginge im Sinne einer Tilgungshilfe und somit einer merklichen Absenkung der Wohnungskosten. Eine nennenswerte Zuschussförderung könnte vielleicht auch die Altgenossenschaften dazu bewegen, noch einmal in den Neubau von Wohnhäusern zu investieren. Diese Genossenschaften „mauern“ nämlich immer noch mit dem Argument, dass sie nur ihre Mitglieder zu versorgen hätten, und dass sie dafür genug Wohnungen im Bestand hätten.

Leider nur einen sehr kleinen Anteil von ca. 100 Wohneinheiten haben die Mietshäuser-Syndikats-Gruppen, die nach ihrer „Eigenversorgung“ in Mannheim auf Sulivan noch ein weiteres Wohnprojekt in Angriff genommen haben. Sie geben ein Beispiel, wie jenseits des spekulationsgetriebenen Mietwohnungsmarktes dauerhaft preisgünstiger Wohnraum geschaffen werden kann.

Thomas Trüper