Initiative „Nein zum Krieg – Solidarität mit Afrin“ demonstriert für den Rückzug türkischer Streitkräfte aus Nordsyrien [mit Video und Bildergalerie]

Am 14.04.2018 folgten rund 600 Personen dem Aufruf der Initiative „Nein zum Krieg – Solidarität mit Afrin“. Die Initiative, welche sich vor wenigen Monaten in Mannheim gegründet hat, zählt derzeit 40 unterstützende Organisationen. Starke Polizeikräfte, auch zu Pferd, begleiteten und überwachten den Demonstrationszug durch die Innenstadt hautnah. Zu Provokationen aus dem türkisch-nationalistischen Umfeld kam es an verschiedenen Stellen, welche jedoch von der Polizei umgehend und konsequent beendet wurden.

Auftaktkundgebung auf dem Ehrenhof des Mannheimer Schloss

Auftakt am Schloss

Roland Schuster, Versammlungsleiter, begrüßte die TeilnehmerInnen und verlas die Auflagen. U.a. wies er daraufhin, welche Flaggen und Symbole gezeigt werden durften und welche verboten waren. Explizit erlaubt war das Zeigen der YPG- und YPJ-Symbolen (kurdische Milizen in Nordsyrien), wohin gehend verboten waren Bilder des inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan und von ermordeten kurdischen Widerstandskämpfer*innen.

Die wesentlichen Hauptanliegen, die auch in späteren Ansprachen thematisiert wurden, waren

Banner von DIDF

Die Türkei, NATO-Mitglied und EU-Beitrittskandidat, führt seit dem 20. Januar einen völkerrechtswidrigen, blutigen und zerstörerischen Belagerungs- und Besatzungskrieg gegen die kurdische Enklave Afrin in Nordsyrien. Mithilfe der Luftwaffe, Bomben-/Raketeneinsätzen und Leopard-Panzern aus deutscher Produktion gelang es nach schwerer Gegenwehr die Region Afrin militärisch zu besetzen. Die Folge: Hunderttausende Menschen auf der Flucht – unzählige Tote und Verletzte. Der türkische Staatspräsident Erdogan will sich damit aber nicht zufriedengeben. Er hat den Angriff auf weitere Städte und Regionen angekündigt. Erdogan will einen Gouverneur in Afrin einsetzen und Menschen, die in der Türkei als sunnitische Flüchtlinge leben, in der kurdischen Region ansiedeln anstatt der dort vertriebenen Menschen. Das nennt man ethnische Säuberung. Hierfür sollen zynischer Weise die gerade von der EU an die Türkei als Flüchtlingshilfe überwiesenen 3 Mrd. € verwendet werden. In die verlassenen Häuser sollen ebenso Kämpfer der mit der Türkei verbunden islamistischen Milizen einziehen. Es wird angekündigt, dass sie die türkische Staatsangehörigkeit bekommen sollen. Offensichtlich will Erdogan seine immer wieder geäußerten Expansionspläne Stück für Stück umsetzen. Viele haben noch die Fernsehbilder im Kopf, wie die mit der Türkei verbundenen Milizen der sog. „Freien Syrischen Armee“ bei der Eroberung von Afrin Geschäfte und Häuser plünderten. Ja sogar Gräber sind geschändet worden. Der Krieg ist von Anfang an einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gewesen. Es entpuppt sich als glatte Lüge, dass die Türkei angegriffen worden sei. Die expansionistische Kriegspolitik von Erdogan wird die Situation in dieser Region, in und um Syrien, ja im gesamten Nahen Osten weiter destabilisieren und in ein Pulverfass verwandeln. Laut einem internen Bericht des Bundesnachrichtendienstes hat sich die Türkei zur „zentralen Aktionsplattform für islamistische Gruppierungen“ entwickelt. Angesichts dieses Szenarios gerät der Kriegskurs von Erdogan immer mehr in die Kritik. Der Protest von Europaparlament, Europarat, den meisten Bundestagsparteien und nun auch Angela Merkel ist aber mehr als halbherzig. Den Worten müssen auch Taten folgen! Doch wo bleibt der Einsatz der Großmächte, der EU und Deutschland für die Menschen in Afrin? Menschenrechte gelten für Alle! Die deutsche Politik darf sich nicht zum Erfüllungsgehilfen von Erdogan machen lassen. Es darf nicht sein, dass kurdische Vereinigungen aus diesem Grund verboten werden. Es darf nicht sein, dass kurdische und türkische Menschen, die in Deutschland leben, vom türkischen Staat zu Tausenden überwacht werden, und ggf. bei der Einreise in die Türkei deswegen von politischer Verfolgung bedroht sind.

Die Initiative fordert deshalb:

– Internationale Ächtung des türkischen Angriffskriegs

– Die türkischen Streitkräfte müssen hinter die türkische-syrische Grenze zurückgezogen werden.

– Solange die Türkei dieser Forderung nicht nachkommt, muss die Zusammenarbeit mit der türkischen Regierung auf Eis gelegt und sanktioniert werden.

– Anerkennung der kurdischen Selbstverwaltung in den kurdischen Gebieten. Sie ist friedlich, demokratisch, ökologisch und basiert auf der Gleichheit von Frauen und Männern, sowie der Gleichheit der Religionen und Nationalitäten.

– Keine Waffenlieferungen an die Türkei – Die Pläne von Rheinmetall für die Modernisierung der Leopard-Panzer und Errichtung einer Panzerfabrik in der Türkei müssen sofort gestoppt werden!

 

Bernd Köhler

Weiter wurde Kritik am völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der USA mit Unterstützung Englands und Frankreichs geübt. Massive Kritik wurde auch an der schwachen Haltung der Bundesregierung und der EU seit Beginn der türkischen Militäroffensive auf die kurdische Bevölkerung in Syrien geübt.

Den musikalischen Rahmen bildeten Gizem und Bernd Köhler.

 

Gizem Gözüacik

Grenzenlose Solidarität

Die Demonstrierenden zogen vom Schloss aus entlang des Paradeplatz, am Marktplatz vorbei. An beiden Orten gab es kurze Zwischenkundgebungen, ohne dass der Marsch zum Stillstand kam. Hier und entlang der Breiten Straße kam zu Provokationen von vermutlich türkisch-stämmigen Nationalisten. Die Polizeikräfte schritten rigoros ein und verhinderten damit weitere Konfrontationen.

 

 

[Videobeitrag bei Youtube]

 

Starke Abschlusskundgebung auf dem Alten Messplatz

Kurz nachdem die TeilnehmerInnen, weiterhin unter starker Beobachtung der Polizei, am Ort der Abschlusskundgebung angekommen waren, traten weitere RednerInnen ans Mikrofon.

Auch hier unterhielten Bernd Köhler und Gizem das Publikum mit Musikbeiträgen.

Liste der RednerInnen:

  • der Vorsitzende des Kurdischen Gemeinschaftszentrum Mannheim/Ludwigshafen
  • ein Vertreter der kurdisch/türkischen Organsiation HCK
  • eine Vertreterin der türkischen Bündnisorganisation Edi Bese
  • eine Vertreterin der DIDF-Jugend Mannheim
  • eine Vertreterin der bundesweiten kurdischen Dachorganisation NAV-DEM
  • eine Vertreterin der Interventionistischen Linke Rhein Neckar und der Antfaschistischen Initiative Heidelberg
  • Maria Rigot für das Friedensplenum Mannheim
  • Wolfgang Alles, Überbetriebliches Solidaritätskomitee Rhein-Neckar
  • Mareille Große Beilage, Kreissprecherin der GRÜNEN Mannheim
  • Christoph Cornides, Die LINKE Mannheim und Landesvorstand Baden-Württemberg

 

Erklärung der Initiative „Nein zum Krieg – Solidarität mit Afrin“:

Demonstration „Rückzug der türkischen Streitkräfte aus den kurdischen Gebieten in Nordsyrien – Solidarität mit Afrin!“ setzt ein Zeichen für Friedenslösung

Zahlreiche YPG- und YPJ-Fahnen waren zu sehen

Das Polizeiaufgebot war martialisch und sollte nach Auskunft der Polizei mögliche Auseinandersetzungen zwischen kurdischen Aktivisten und türkischen Nationalisten verhindern.  Die Menschen der Demonstration verhielten sich friedlich. Seitens türkischer Nationalisten gab es vereinzelte verbale Provokationen. Einige Menschen wohl türkischer Herkunft filmten ungestört am Straßenrand die Teilnehmer der Demonstration. Es ist anzunehmen, dass dieses Filmmaterial in Ankara landen wird. Die Auflagen bzgl. dem „Verbot des Werbens für die PKK“ wurde von den Veranstaltern eingehalten. Es wurden keine Fahnen „mit PKK-Bezug“ und keine Bilder von Abdullah Öcalan gezeigt. Wir halten das Polizeiaufgebot für weit überdimensioniert und es wirkte abschreckend auf die Öffentlichkeit.

Zum Angriffskrieg der Türkei erklären wir:

Der Angriff ist barbarisch und trifft eine Region, die bisher weitgehend von dem kriegerischen Geschehen in Syrien verschont blieb. Tausende Menschen wurden getötet oder verwundet. Hunderttausende wurden zu Flüchtlingen gemacht.

Demospitze

Der Krieg ist gegen die Selbstverwaltung der kurdischen Gebiete in Afrin und Rojava gerichtet. Die Selbstverwaltung ist friedlich, demokratisch, ökologisch und basiert auf der Gleichheit  von Frauen und Männern sowie der Gleichheit der Religionen und Nationalitäten.

Angesichts dieser Tatsachen fragen wir uns: Wo ist der Protest der Weltmächte, der EU und Deutschlands?

Syriens Machthaber Assad und Russland wird wegen dem Krieg in Syrien die Schuld gegeben. Wo aber bleibt die Verantwortung derjenigen Mächte, die der Türkei mit Waffenexporten diesen Krieg erst ermöglicht haben? Wo bleibt die Verantwortung derjenigen, die mit der Waffenexporten nicht nur die Türkei sondern Saudi-Arabien, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten zu Unterstützer der dschihadistischen Terrormilizen gemacht haben?

Banner der Linken

Wir sagen: Schluss damit! Nein zum Krieg – für politische statt militärische Lösungen! Die Türkei muss sich aus den besetzten Gebieten in Nordsyrien zurückziehen. Die Rüstungsexporte an die Türkei müssen umgehend beendet werden. Die Selbstverwaltung in den kurdischen Gebieten in Afrin und Rojava muss Teil einer Friedenslösung sein!

Für diese Ziele treten wir ein und werden weiterhin die Öffentlichkeit informieren und mobilisieren.

14. April 2018

Initiative „Nein zum Krieg – Solidarität mit Afrin“ Mannheim“

 


 (Text: Christian Ratz ; Video und Fotos: CKI und Christian Ratz)

 

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Weitere Bilder des Tages

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Ostermarsch Rhein-Neckar 2018 (mit Bildergalerie)

Unter dem Motto „Abrüsten statt aufrüsten! Fluchtursachen beseitigen – Kriege beenden“ veranstalteten das Friedensbündnis Heidelberg und das Friedensplenum Mannheim am 31.03. den diesjährigen Ostermarsch durch Heidelberg. Zahlreiche Organisationen und Initiativen schlossen sich dem Aufruf an. Knapp 1000 Personen, mehr als von den Veranstaltern erwartet, nahmen teil.

 

 

 

Auftaktkundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz

Mehrere hundert TeilnehmerInnen wurden von Renate Wanie (Heidelberger Friedensratschlag) zum Ostermarsch Rhein-Neckar kurz nach 12 Uhr begrüßt. Es folgten Ansprachen und Grußworte von Thomas Wenzel (DGB Heidelberg/Rhein-Neckar), Joachim Guilliard (Friedensbündnis Heidelberg) und Roland Schuster (Friedensplenum Mannheim). Themen, die angesprochen wurden waren Abrüstung, Fluchtursachen und das Coleman-Areal in Mannheim. Bernd Köhler aus Mannheim sorgte für die musikalische Begleitung. Gegen 13 Uhr setzten sich die nunmehr knapp 1000 Ostermarsch-Teilnehmer in Bewegung. Unter Polizeischutz ging es zunächst über die Kurfürstenanlage und Bergheimer Straße zur Zwischenkundgebung in der Rohrbacher Straße.

Rüstungsdivestment

Vor der Commerzbank-Filiale in der Rohrbacher Straße sprach Renate Wanie bei der Zwischenkundgebung kritische Worte über die Rüstungsfinanzierung und über Möglichkeiten wie man diese, wenn schon nicht beenden, dann jedoch aber erschweren könnte. Musikalisch gestaltete auch hier Bernd Köhler das Programm.

Quer durch die Innenstadt zum Universitätsplatz

Nach der Zwischenkundgebung ging es über den Bismarckplatz, die Hauptstraße zum Uniplatz, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Farbenfroh und laut zogen die Ostermaschierer die Fußgängerzone entlang. Dies unter großer Beachtung vieler Menschen, die noch die letzten Ostereinkäufe erledigten, oder Touristen, die Heidelberg aus anderen Gründen besuchten.

Kurz nachdem der Marsch den Uniplatz erreicht hatte eröffnete der Frankfurter Musiker Ernesto Schwarz das Musikprogramm.

Reden wurden gehalten von Arnulf Weiler-Lorentz (Heidelberger Stadtrat Bunte-Linke), Irem Gözüacik (DIDF Mannheim und Initiative „Nein zum Krieg. Solidarität mit Afrin!“), Kerim (NAV-DEM) und Stephan Brues (Friedensbündnis Heidelberg). Die Themen in den Ansprachen reichten von Atomwaffenpolitik, dem türkischen Angriffskrieg in Nordsyrien bis hin zu Überlegungen wie man Sicherheit neu denken könnte.

 

Die wesentlichen Themen und Forderungen des Ostermarsch Rhein-Neckar 2018 zusammengefasst:

  • Für Frieden im Nahen Osten – gegen deutsche Kriegsbeteiligung
  • Türkei: Keine Unterstützung der repressiven Innen- und aggressiven Außenpolitik
  • Deutsche Bundeswehrauslandseinsätze beenden, für eine friedliche Außenpolitik
  • Grenzen öffnen für hilfesuchende Menschen – Grenzen schließen für Waffen
  • Abrüsten statt Verdoppelung der Militärausgaben – zivile Produktion statt Rüstung
  • Für eine Welt ohne Massenvernichtungswaffen
  • Coleman-Areal für militärische Nutzung schließen – von unserer Region geht Krieg aus

 

Erwähnung fanden auch die nächste Kundgebung von „Nein zum Krieg. Solidarität mit Afrin!“ am 14.4. ab 13 Uhr in Mannheim (Start im Ehrenhof des Schlosses), „Frieden geht! Staffellauf gegen Rüstungsexporte“ u.a. am 24./25.5. in Heidelberg und Mannheim, sowie vom 23.6. bis 1.7. die Aktionen von „Stopp Airbase Ramstein 2018“ (u.a. Kundgebung und Großdemo am 30.6.).

 

(Bericht: Christian Ratz / Fotos: John Brambach, Uwe April und Christian Ratz)

Weitere Bilder des Tages:

 

 




Antikriegsdemo nach türkischen Militärschlägen: „Afrin ist nicht allein“ [mit Bildergalerie]

Aus Protest gegen die militärischen Aktionen der türkischen Armee in der syrisch-türkischen Grenzregion gingen am Samstag hunderte Kurdinnen und Kurden auf die Straße. Wie in vielen anderen Städten versammelten sich auch in Mannheim besorgte Menschen aus der Community, um ihre Solidarität mit den Menschen in der Stadt Afrin auszudrücken. Seit Freitag bombardiert die türkische Armee das Gebiet um die Stadt, auch von Bodenangriffen durch syrische Milizen, die vom türkischen Militär unterstützt werden, wird berichtet. Tote und Verletzte, darunter auch Zivilisten, wurden bereits gemeldet.

Das Erdogan-Regime begründet die Angriffe damit, dass sie die kurdischen Milizen YPG und YPJ schwächen wolle, die als Schwesterorganisationen der PKK im syrischen Staatsgebiet gelten. Anlass war die Ankündigung der USA, wonach sie eine 30.000 Kämpfer*innen starke Grenzschutzarmee aufbauen wolle, die zu großen Teilen aus der YPG bestehen würde. Diese solle die nordsyrische Region gegen Angriffe des IS schützen. Die YPG gilt für die USA als verlässlicher Partner im Kampf gegen Islamisten – für die Türkei ist sie jedoch Teil der PKK, die als „Terrororganisation“ seit Jahrzehnten erbittert bekämpft wird.

„Erdogan Terrorist“

„In Afrin leben eine halbe Million syrische Flüchtlinge“, berichtet ein Teilnehmer der Demonstration. Die Militärschläge würden sicherlich auch zahlreiche Zivilisten treffen. Im Gegensatz zur Stadt Kobane sei Afrin bisher von schweren Kämpfen verschont geblieben. Man habe den IS vor der Stadt stoppen können. Es habe zwar einige Selbstmordattentate der Islamisten gegeben, aber kein Bombardement, weshalb die Stadt auch bei Flüchtlingen als relativ sicherer Zufluchtsort galt.

Immer wieder skandierte die Menge „Erdogan Terrorist“ und Solidaritätsbekundungen mit den Menschen in den vom Krieg erschütterten kurdischen Regionen. In den Augen vieler Demonstrationsteilnehmer*innen sind die Milizen YPG und YPJ legitime Grenzschutz- und Verteidigungseinheiten der kurdischen Autonomieregion. Sie schützen die Menschen vor den Angriffen der Islamisten, während der Türkei in einigen Fällen direkte Unterstützung für IS-Kämpfer geleistet habe, erklärte ein Sprecher. Die Position des Assad-Regimes sei unklar, bisher wurden die Autonomiebestrebungen in den kurdischen Regionen aber weitgehend toleriert, berichtet ein anderer Teilnehmer. Probleme mache vor allem der türkische Staat, der einerseits Terroristen des IS Unterschlupf gewährt habe und jetzt für die erneute Eskalation verantwortlich sei. Auch die Rednerinnen und Redner der Veranstaltung griffen den türkischen Präsidenten für eine Politik der Eskalation an und forderten die deutsche Politik dazu auf, Position zu beziehen. „Die Welt darf nicht länger weg schauen!“, rief eine Rednerin den Passant*innen zu.

Polizei überwachte die Kundgebung

Währenddessen beobachtete die Polizei die Veranstaltung genau. Zu Beginn durchsuchten Beamte den vom Veranstalter aufgebauten Pavillon und inspizierten Fahnen, Schilder und Transparente. Auf Nachfrage erklärte der Einsatzleiter gegenüber dem KIM, die Polizei habe geprüft, ob verbotene Symbole auf den Materialien abgebildet seien. Das Innenministerium habe vergangenes Jahr eine ganze Reihe kurdischer Symbole verbieten lassen, darunter beispielsweise auch die der Milizen YPG und YPJ. Er habe aber keine verbotenen Symbole finden können. Es gebe allerdings Grenzbereiche, darunter den Umgang mit der Abbildung des PKK-Chefs Öcalan. Die Abbildung des Portraits sei zwar nicht prinzipiell verboten, er habe aber den Ordnern das Tragen ihrer Warnwesten mit entsprechendem Aufdruck untersagt, um deren neutrales Auftreten zu gewährleisten. Die Ordner mussten ihre Warnwesten umdrehen.

500 Leute liefen mit

Ansonsten habe es keine Zwischenfälle gegeben. Auch die Veranstalter waren zufrieden. Die Polizei zählte bei der Auftaktkundgebung an der Abendakademie noch rund 250 Teilnehmer*innen, korrigierte nach Aussage der Veranstalter diese jedoch im weiteren Verlauf nach oben, so dass zuletzt gut 500 Personen geschätzt wurden.

Organisator der Kundgebung war der Kurdische Kulturverein Rhein-Neckar, der seinen Sitz in Ludwigshafen hat und im Dachverband der kurdischen Vereine NAV-DEM organisiert ist. Weitere kurdische, alevitische und linke Organisationen unterstützen die Veranstaltung. Roland Schuster sprach für Die Linke, Kreisverband Mannheim ein Grußwort.

Nach der Auftaktkundgebung vor dem Gebäude der Abendakademie mit Reden in kurdischer und deutscher Sprache lief die Menge mit einem kurzen Demonstrationszug über die Kurpfalzbrücke zum Alten Messplatz. Dort gab es weitere Beiträge, bis die die Versammlung im strömenden Regen gegen 16 Uhr aufgelöst wurde.

(cki)

 

Bildergalerie

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Erster HDK-A-Kongress im Rhein-Neckar-Raum

Rund 40 Personen nahmen am 1. Kongress der HDK-A-Regionalgruppe Mannheim (Halkarin Demokratik Kongresi – Almanya / Demokratischer Kongress der Völker – Deutschland), die sich für den Rhein-Neckar-Raum als Ansprechpartner erklärt, in den Räumlichkeiten der Kurdischen Gemeinde in Ludwigshafen/Rhein teil.

Ein kritischer Rückblick auf das Jahr 2017 wurde gemäss Tagesordnung durch verschiedene Redner*Innen vorgenommen. Eine ausführliche Aussprache folgte unter den Anwesenden. Programmpunkte für 2018 wurden angeregt. Mitglieder für einen eventuell künftigen e.V. wurden durch die Anwesenden als Vorstandsmitglieder gewählt. In einer konstituierenden Versammlung sollen die Gewählten die Funktionen im Vorstand selbst bestimmen. Die verstärkte Öffnung und Kooperation mit sozial-links-demokratischen Parteien, Gewerkschaften und Antifaschistischen-Gruppierungen sollen das Fundament für eine erfolgreiche HDK-Arbeit in der Rhein-Neckar-Region künftig bilden.

Die Kongress-Sprache war türkisch. Dolmetscher*Innen standen dem Berichterstatter zur Verfügung, der als einziger Pressevertreter am Kongress teilgenommen hat.

Wer ist der HDK?

Der demokratische Kongress der Völker, Anfang 2017 auf europäischer Ebene in Brüssel (Belgien) gegründet versteht sich als überparteiliche Initiative und als Interessensvertreter kurdischer Belange partei- und organisations-übergreifend. Diese Struktur gilt auch für Deutschland mit der Bildung regionaler Gruppierungen. So geschehen mit der HDK-A-Gruppe Mannheim, die den ersten Kongress im Rhein-Neckar-Raum veranstaltete. Verankert in der HDK sind Menschen, die in den 1970er Jahren als Gastarbeiter zu uns gekommen sind, deren und hier geborene Kinder und Menschen, die aus politischen Gründen, z.B. wegen ihres kurdischen Ursprungs, jetzt oder schon vor langer Zeit um Asyl in Deutschland bitten mussten.

Die Mannheimer Gruppe, die sich Anfang 2017 gebildet hat, versteht sich als Anlaufstelle für Interessierte im gesamten Rhein-Neckar-Raum und pflegt Kontakte mit der HDK-Bündnisspitze in Deutschland (mit zwei Delegierten auf Bundesebene vertreten) und weiteren Gruppierungen und Organisationen in der Region.

Der Kongress: Status Quo 2017 – Quo Vadis 2018

Am Kongress nahmen rund 40 Personen teil. Nach der Begrüßung der Anwesenden durch ein Vorstandsmitglied der Kurdischen Gemeinde Ludwigshafen wurde eine Schweigeminute für im bewaffneten Kampf gefallene kurdische Kämpfer*Innen und ermordete Oppositionspolitiker*Innen abgehalten. Danach folgte ein mehrminütiger multimedialer Beitrag der die Aktivitäten 2017 Revue passieren ließ. Sodann wurden 3 Moderatoren für den Kongress bestimmt, welche durch Vertreter der HDK-A Mannheim und NAV-DEM (Demokratisches kurdisches Gesellschaftszentrum Deutschland) gestellt wurden. Nach der Vorstellung des Tagungsprogramms wurde über dieses abgestimmt. Die Annahme erfolgte einstimmig. Ein Protokollführer wurde gewählt.

Den Einstieg in den Kongress bildeten verschiedene Redebeiträge. Als Anlass für die Gründung des HDK-A wurde die kritische politische und gesellschaftliche Situation in der Türkei und in Kurdistan genannt. Im Dankwort durch einen NAV-DEM-Redner wurde der 10.12., Tag der internationalen Menschenrechte, hervorgehoben. Seinen Worten zufolge würden diese in der Türkei nicht respektiert. Seit dem gescheiterten Putschversuch gegen das AKP-Regime in der Türkei würden Oppositionelle, Journalisten und Kurden extremsten Repressalien ausgesetzt und dies nicht nur in der Türkei. Bis heute, so ein Redner, seien dadurch rd. 4.500 Menschen zu Tode gekommen oder würden in Haft sitzen und insgesamt 130.000 Menschen wurden seit dem insgesamt Opfer der Erdogan-Politik, deren Ziel es zu sein scheint das Land durch andauernde Gesetzesänderungen destabilisieren zu wollen. Des weiteren wurde ausgeführt, dass sich die Regierungspartei nur noch deshalb an der Macht halten kann, da es an einer in sich geschlossenen und damit wirksamen Opposition fehlt.

Andere Stimmen sagten, dass alle demokratischen Kräfte, auch Generationen übergreifend, unabhängig der jeweiligen spezifischen Ideologiemuster und Programatiken zusammen arbeiten müssten um das gemeinsame Ziel erreichen zu können.

„Heute muss der Kampf gegen den Faschismus beginnen“, so ein weiterer Redner.

In der sich anschließenden Aussprache wurden die akuten Probleme und Handlungsfelder in der Türkei und Kurdistan, sowie in Deutschland thematisiert. Konsens unter den Kongressteilnehmern schien gewesen zu sein, dass die Kräfte noch zu schwach sind um im Bündnis wirksam agieren zu können. Man sieht sich jedoch auf einem guten Weg. Aktionen die 2017 durchgeführt wurden, wie z.B. die Organisation von Protesten und Demonstrationen zugunsten kurdischer Organisationen und der Freilassung des inhaftierten, ehemaligen PKK-Führers Abdullah Öcalan bzw. gegen türkische Nationalisten in Mannheim, Maßnahmen im Rahmen der Hayir-Plattform beim Türkeireferendum, diverse Infostände und Flugblattaktionen, Plenumsveranstaltungen und die Kooperationen mit den Parteien HDP (Demokratische Partei der Völker) und die Linke scheinen nicht ausreichend zu sein, um die angestrebten Ziele zu erreichen.

Das HDK-Programm für Europa liegt dieser Redaktion als Druckschrift in türkischer Sprache vor.

Mit Hinblick auf 2018 wurde diskutiert und dem Vernehmen nach auch beschlossen, dass der HDK-A Mannheim sich verstärkt demokratischen Parteien, Gewerkschaften und antifaschistischen Organisationen zuwenden möchte. Es wurde der Vorschlag einer Vereinsgründung mit eigenen Räumlichkeiten erörtert. Diese Maßnahme könnte dazu dienen sich der breiteren Öffentlichkeit als Netzwerkpartner anzubieten und einen Raum zu öffnen für gemeinsame Treffen und Diskussionen.

Der Kongress schloss mit der Wahl von 16 Vorstandsmitgliedern des HDK-A Mannheim. Der neugewählte Vorstand will sich in einer konstituierenden Sitzung intern über die Besetzung der Funktionen einigen.

Der HDK-A Mannheim beteiligt sich an den europaweiten Aktionstagen am 16. und 17.12.17. Am 14.12. wurde hierzu eine gemeinsame Fahrt zu einem Kongress in Straßburg/Frankreich organisiert.

Christian Ratz