Weinheim: Protest gegen Naziaufmarsch zu Ehren des verstorbenen Günter Deckert

300 Antifaschist:innen haben gestern in Weinheim gezeigt, wo braune Haufen hingehören! Zwar hat die Polizei schon früh versucht, den Gegenprotest zu spalten und aufzuhalten, letztlich konnten Antifaschist:innen aber dafür sorgen, dass die kleine Gruppe Nazis (erbärmliche 40 waren dem Ruf Jan Jaeschkes gefolgt) nur auf geänderter Route unter lautstarker Begleitung herumstolpern konnte. Besonders die Gedenkminute für Günter Deckert verlief nicht in ihrem Sinne und wurde stattdessen vom Gegenprotest dazu genutzt, der Wut über den rechten Abschaum Luft zu machen.

Die Cops, die durchweg martialisch auftraten, hielten Menschen auf dem Weg zu Kundgebungen auf und erteilten ohne jede Rechtsgrundlage Platzverweise. Später ließen sie per Lautsprecher verkünden, dass der Gegenprotest illegal und die Meinungsfreiheit zu respektieren sei. Wir sagen: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Antifaschismus ist und bleibt notwendig!«

(Antifaschistische Initiative Heidelberg /iL)

 




Erfolgreiche Blockaden in Worms – Düstere Zukunft für Nazis – TddZ am Ende [mit Fotogalerie]

Gerade einmal knapp 300 Meter konnten die Nazis durch Worms laufen. Rund tausend Gegendemonstrant*innen auf der Route verhinderten den eigentlich geplanten Marsch durch die Innenstadt. Der „Tag der Deutschen Zukunft“ wurde zum Sinnbild des Niedergangs der Neonazi-Bewegung, die an diesem Tag gerade einmal 50 „Kamerad*innen“ nach Worms mobilisieren konnte. Die Gegendemonstrant*innen zahlten für ihren Erfolg einen hohen Preis. Rund 500 von ihnen wurden von der Polizei festgesetzt und bekamen Anzeigen wegen Landfriedensbruch.

 

Hunderte Gegendemonstrant*innen bei Blockaden und Kundgebungen

Aufgerufen zum Gegenprotest hatten vor allem das Wormser Bündnis gegen Naziaufmärsche, das sich seit vielen Jahren gegen rechts engagiert und das überregionale Blockadebündnis Block TddZ, das von ca. 50 Organisationen getragen wird, darunter Antifa-Gruppen, Linksjugend, Grüne Jugend, Jusos, Fridays for Future und viele weitere.

Block TddZ schreibt in einer Mitteilung: “Dank des vielfältigen und breit aufgestellten antifaschistischen Protests, gelang es, den Naziaufmarsch nach nur 260 Metern in der Renzstraße zu stoppen. Die ca. 50 angereisten Faschist*innen mussten umkehren und zu ihrem Kundgebungsort zurückkehren. (…) Das Bündnis begrüßt ausdrücklich die Vielfalt der Proteste und auch die zahlreichen Aktivitäten ohne physische Präsenz, wie die Beschallung des Kundgebungsplatzes mit Glockengeläut.”

Gleich nach Ankunft der Bahnen hatten sich die angereisten Antifaschist*innen mit den Leuten vor Ort getroffen und waren durch die Innenstadt in Richtung der Nazi-Route gezogen. Immer wieder gab es Zusammenstöße mit der Polizei, die Straßen sperrte und versuchte, die Blockierer*innen zu stoppen. Dabei wurde Pfefferspray und Schlagstöcke eingesetzt. Demosanis berichten, dass sie 45 durch Pfefferspray verletzte Personen behandeln mussten und vermuten eine hohe Dunkelziffer weiterer Verletzter. Die Polizei berichtet von Steinwürfen, Pyrotechnik sowie Schlägen und Tritten durch Demonstrant*innen.

500 Anzeigen wegen Landfriedensbruch

Das rund zwei Stunden dauernde Katz-und-Maus-Spiel führte dazu, dass Teile der Route nicht von den Nazis abgelaufen werden konnten. An zwei Standorten setzte die Polizei 500 mutmaßliche Blockierer*innen fest. Diese wurden allesamt in eigens dafür aufgebauten Zelten kontrolliert, durchsucht und fotografiert. Nach sogenannter „Erkennungsdienstlicher Behandlung“ wurden die Personen mit einer Anzeige wegen „Verdacht auf Landfriedensbruch“ wieder frei gelassen. Dem KIM wurde ferner berichtet, dass Aufenthaltsverbote ausgesprochen wurden und seitens der Polizei der Vorwurf „Verstoß gegen Corona-Verordnung wegen Nichteinhaltung der Abstandsregeln“ geäußert wurde. Dies sorgte für Empörung, da erst nach der Einkesselung durch die Polizei eine beengte Situation entstanden sei.

 

Verkürzte Route und getrübte Stimmung bei den Rechten

Dem „Tag der Deutschen Zukunft“ war eine juristische Auseinandersetzung vorausgegangen. Die Stadt Worms hatte versucht sowohl die Neonazi-Demo, wie auch alle Gegenveranstaltungen zu verbieten, war jedoch vor Gericht gescheitert. Die Entscheidung fiel erst am Tag zuvor.

Gegen 13 Uhr trafen die Nazis auf dem Bahnhofsvorplatz ein und wurden dort von fast allen Seiten mit Protest konfrontiert. Musik, Glockengeläut, Trillerpfeifen und bunte Transparente an den Häusern sorgten dafür, dass sich die Nazis nicht wohl fühlen konnten. Diese waren hinter Gittern abgesichert, umringt lediglich von Polizei und Pressefotograf*innen.

Nach längerer Wartezeit und einer Auftaktkundgebung, in der gegen Migration gehetzt und die Corona-Pandemie als Vorwand, eine Diktatur zu errichten, bezeichnet wurde, setzte sich der kleine Zug in Bewegung. Nach wenigen Metern kam er wegen Straßenblockaden zum Stehen. Als sich die Neonazis nach erneuter Wartezeit wieder in Bewegung setzten konnten, wurde von der Polizei nur eine kleine Runde um den Block genehmigt. Am Bahnhof wurden die letzten „TddZ T-Hemden“ für 15 Euro verscherbelt und quäkende Musik über die Lautsprecher auf dem Kleinbus aus Pirmasens abgespielt. Im Vorfeld hatten die Veranstalter gemeldet, dass es Anschläge auf Fahrzeuge gegeben hätte, die für den TddZ eingeplant gewesen seien. Die rechte Truppe verabschiedete sich, nachdem sie zum Abschluss noch einen Platzregen ertragen musste, mit der Mitteilung, dass es künftig vermutlich keine weiteren TddZ-Kampagnen mehr geben werde.

Keine Zukunft für Nazis

Der TddZ fand seit 2009 einmal jährlich in verschiedenen Städten statt und war als „überparteiliche“ Demonstration ein festes Event im Jahreskalender der rechten Szene. Zu ihren besten Zeiten konnten sie bis zu 1000 Nazis mobilisieren, wie 2016 in Dortmund. Davon ist nicht viel übrig geblieben.

Der Niedergang der Neonazi-Bewegung dürfte neben internen Streitereien auch mit dem Aufstieg der AfD zusammen hängen. Mit dem Erfolg der blau-braunen Partei hat sich ein rechter Politikstil durchgesetzt, der sich in vielen Punkten von der Politik klassischer Neonazis unterscheidet. Die neuen Rechten wollen nicht als „rechts“ bezeichnet werden und vermeiden das Image der „Stiefelnazis“ mit Glatze, wie man sie aus früheren Tagen kennt. Statt offenem Sympathisieren mit historischen Nazis, werden Anspielungen und Zweideutigkeiten geäußert. Politik findet vermehrt in den sozialen Medien und weniger auf der Straße statt. Die „Neo“-Nazis um Christian Worch und Dieter Riefling wirkten am Samstag wie Auslaufmodelle einer einst modernen Nazi-Subkultur.

(cr/ifc/cki/ARP)

 

Siehe auch

Pressemitteilung des Bündnis Block TddZ Worms

Videobeitrag „Von Mannheim nach Worms die Nazis blockieren“

Worms: Faschistischen TddZ am 06.06.20 verhindern

 

Bildergalerie




Gelbwesten-Kundgebung in Mannheim: Nazi-Hetze bleibt nicht unwidersprochen [mit Bildergalerie]

Eine Gegenkundgebung des Offenen Antifa Treffens fand auf der anderen Straßenseite statt

Erneut veranstalteten rechte Aktivist*innen eine Kundgebung in Anlehnung an die französische Gelbwesten-Bewegung, diesmal am Neckartor. Inhaltlich blieb es jedoch sehr deutsch: übelste Hetze gegen Geflüchtete, Muslime, Gewerkschaften, SPD, Grüne und Antifaschist*innen. Die Veranstaltung blieb nicht unkommentiert. Das Offene Antifaschistische Treffen Mannheim hatte zur Gegenkundgebung mobilisiert. Auf der anderen Straßenseite und direkt neben der rechten Kundgebung widersprachen Antifaschist*innen den menschenverachtenden Parolen.

Mit neongelben Westen und französischen Nationalflaggen verkleideten sich die Rechten erneut im Stil der französischen Bewegung der „Gilet jaune“, die seit Monaten gegen die Politik von Macron auf die Straßen geht. Vor einigen Wochen hatte bereits eine ähnliche Veranstaltung am Nationaltheater stattgefunden. Doch inhaltlich wurde sich weniger an Frankreich, sondern vielmehr an der Politik von AfD und NPD orientiert. Flüchtlinge seien an den sozialen Problemen Schuld, die Bevölkerung würde „ausgetauscht“ und die etablierten Parteien und Gewerkschaften wären die Feinde des Volkes und der Freiheit, was beispielsweise an den Dieselfahrverboten zu sehen sei.

Das Motto der gut zweistündigen Veranstaltung lautete „Spaltung der Gesellschaft“. Es nahmen rund 40 Personen teil. Die komplette Veranstaltung wurde von den Rechten auf Video aufgenommen und anschließend über Facebook auf verschiedenen Kanälen publiziert.

Erneut Seite an Seite: Redner von AfD und NPD

Die Veranstaltung kann als rechte Bündnisaktion gesehen werden. Viele der Redner sind von Auftritten in Kandel bekannt, wo sich Anfang 2018 eine rassistische Bewegung formierte. Als Redner traten sowohl Mitglieder der NPD (Jonathan Stumpf aus Mannheim) und der AfD (Ralph Bühler aus Nußloch), wie auch parteiunabhängige Personen auf. Einer stellte sich als Arif Rudolf Ultler aus Heidelberg vor, der aus einer knapp 20 seitigen „Anklageschrift“ vorlas, was wie eine Mischung aus Verschwörungstheorie und kruder Gesellschaftsvorstellung daher kam. Sie standen hinter einem gebastelten Rednerpult mit der Aufschrift „Mahnmal gegen die Politik“ aus dem blutverschmierte Hände empor ragten.

Kurzfristig war die Kundgebung vom Vorplatz der Abendakademie auf die andere Seite der Fußgängerzone verlagert worden. Laut Polizeieinsatzleiter sei die Absprache erfolgt, da in der Abendakademie Prüfungen stattfänden. Dies hatte zur Folge, dass die Gegenveranstaltung des Offenen Antifaschistischen Treffens in größerer Entfernung stattfand. Mit Bannern, Fahnen und Musik wurde auf die rechte Veranstaltung aufmerksam gemacht. An einem Infostand konnten sich Passant*innen informieren.

Widerspruch gegen die rechten Parolen

Protest direkt neben der rechten Kundgebung

Eine Gruppe Antifaschist*innen versammelte sich direkt neben der Gelbwesten-Kundgebung, verteilte Flugblätter und demonstrierte später auch mit Transparenten und Parolen gegen die Rassist*innen an. Die Polizei verstärkte ihr Aufgebot und ließ den Protest in nächster Nähe zu. Das Verteilen von Flugblättern wurde allerdings untersagt.

Im Verlauf der Veranstaltung orientierten sich die rechten Redner immer mehr an den Gegendemonstrant*innen. Die ersten Redner Arif Rudolf Ultler und Kevin Kießling hielten sich noch zurück, ein als Robert vorgestellter Redner schimpfte dann aber lauthals in schwäbisch Richtung Gegendemo und Polizei, dann über die Regierung und drohte „Bald wird es richtig blutig hier!“. Bei diesem Redner handelt es sich vermutlich um einen Robert Vogelmann, der als „Robert Einzelfall“ bundesweit bei Anti-Flüchtlingsprotesten mit einer „Leine des Grauens“ agitiert. Diese „Leine“ ist eine Aneinanderreihung grausamer Bilder, die Gewaltverbrechen darstellen, für die allesamt Flüchtlinge verantwortlich gemacht werden.

Ralph Bühler (AfD) provozierte in seiner Rede dermaßen, dass ihn ein Veranstalter zur Seite nahm und nach dem Beitrag die anderen ermahnte, bitte nicht so „extreme“ Reden zu halten, da man ja noch öfter in Mannheim demonstrieren wolle.

NPD mit populistischen Parolen für die Querfront

Rainer Berberich, ein NPD-Anhänger aus Mannheim, stellte sich als ehemaliger Linker vor. „Ich war auch mal Kommunist“, die Linken hätten aber die Revolution vergessen. Er hetzte namentlich gegen einige Privatpersonen. Jonathan Stumpf (NPD) schlug bei seiner „Stehgreif-Rede“ ruhigere Töne an. Er sprach von Angriffen auf die Arbeiterklassen. Er behauptete, er wolle mit allen Reden und schlug vor, dass Linke und Rechte „gemeinsam gegen die Globalisierung und den Neoliberalismus“ auf die Straße gehen sollten. Seiner Meinung nach sei das so in Frankreich geschehen. Dafür bekam er von den anwesenden Gegendemonstrant*innen Widerspruch: „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!“ Durch den Gegenprotest und die Zwischenrufe bei seiner Rede, wurde Stumpf immer wieder aus dem Konzept gebracht.

Die menschenfeindliche, rassistische Ideologie musste man bei Stumpf zwischen den Querfront-Parolen suchen. Als er die französische Gelbwesten-Bewegung lobte, sprach er davon, dass diese aus „autochthonen“ Franzosen bestehe und die Randalierer aus den Banlieues davon ausgegrenzt seien. Dies entspricht jedoch nicht der Wahrheit. Die „Gilet jaune“ sind eine sehr heterogene Bewegung und in Frankreich auch regional sehr unterschiedlich aufgestellt. In manchen Ortsgruppen geben Rechte der „Front National“ den Ton an, in anderen sind Linke und Migrant*innen aktiv. Dieser Konflikt wird innerhalb der Bewegung durchaus ausgetragen, es ist keinesfalls so, dass eine „Volksgemeinschaft“ gegen das Establishment entstanden sei.

Gelbwesten in Mannheim: Problem für die AfD, Chance für die NPD

Die französische Bewegung der „Gilet jaune“ bietet für Rechte in Deutschland durchaus Identifikations- und Anknüpfungspunkte. Zudem besteht ganz offensichtlich der Vorteil, dass eine politische Einschätzung für außenstehende schwieriger wird. Wäre die Kundgebung unter AfD- oder NPD-Flagge gelaufen, hätten ihr viele Passent*innen viel schneller den Rücken gekehrt. Die gelben Westen zogen aber durchaus Aufmerksamkeit auf sich und Passant*innen brauchten sichtlich länger, bis sie die Reden inhaltlich zuordnen konnten.

Für die Mannheimer AfD sind Veranstaltungen, wie diese Gelbwesten-Kundgebung oder die Aktion der Jungen Alternative gegen eine Grünen Veranstaltung nicht unproblematisch. Zwar versammelt sich dort das Wählerklientel der AfD, es wird aber offener Rassismus ungeniert ausgelebt. Krude Verschwörungstheorien und Gewaltphantasien sind genauso Teil der Reden, wie wüste Drohungen und Beschimpfungen gegen politische Gegner. Der Mannheimer AfD Kreisverband bemüht sich dagegen sehr um ein seriöses Image und die Vermeidung von Skandalen in der Öffentlichkeit. Daher war von den Spitzenkandidaten der Mannheimer AfD wohl auch niemand auf dieser Nazi-Kundgebung zu sehen. Die NPD witterte dagegen ihre Chance und konnte sich gleich mit ihrem Spitzenkandidaten präsentieren. Auch bei den Rechten ist der Wahlkampf in vollem Gange.

(red)

 

Bildergalerie