Massive Proteste gegen Veranstaltungen der AfD in Bruchsal und Mannheim (mit Kommentar und Bildergalerien)

Am 02.06.18 veranstaltete die AfD in Bruchsal und Mannheim zwei Großveranstaltungen mit Björn Höcke und Alice Weidel. Die Rechtsaußenpartei, im Vorwahlkampfmodus, konnte in beiden Städten zusammen nur knapp 600 Unterstützer auf die Straßen bzw. den Saal bringen. Die Gegenproteste in Bruchsal waren stärker, als die in Mannheim. In der badischen Stadt zeigten über 1.200 Menschen klare Kante gegen die Rechtspopulisten. In der Quadrate-Stadt protestierten etwa 100 AntifaschistInnen gegen das 5-jährige Bestehen der AfD.

 

Björn Höcke und sein „Volk“ in Bruchsal:

Authentisch rassistisch, Sabotageversuch und die Mobiltoiletten vom Friedrichsplatz    

Über 1.200 Menschen demonstrieren in Bruchsal gegen Björn Höcke und seine menschenverachtende Propaganda. Höcke war authentisch rassistisch und wurde von seinen Gleichgesinnten mit „Höcke, Höcke“ Rufen gefeiert. Der wegen rechter Äußerungen umstrittene thüringische AfD-Fraktionsvorsitzende hat am Samstag bei einer Kundgebung in Bruchsal kaum mehr als 350 ZuhörerInnen auf den Friedrichsplatz locken können.

Darunter auch einschlägige Neonazis und ein NPD-Funktionär. Ein Ewiggestriger trug ein T-Shirt des Rechtsrockers „Lunikoff“. Der Mannheimer NPD-Funktionär Christian Hehl war ebenfalls dabei.

Die Propaganda der AfD selbst sprach von „mehr als tausend Patrioten.“  Das ist nicht der einzige wahnhafte Widerspruch, der an diesem Samstagnachmittag in der Bruchsaler Innenstadt sicht- und hörbar war. Unsere Schätzungen der Teilnehmerzahl wurden auf Nachfrage von der Polizei gegenüber der Kommunal-Info Mannheim bestätigt.

Gegen Björn Höcke und den AfD Aufmarsch war der Gegenprotest deutlich in der Überzahl, es protestierten mehr als 1.200 Aktivisten*innen mit einer Menschenkette und lautstarken Protesten in Sicht- und Hörweite. Bunt und mit Trommeln, Trillerpfeifen und Sprechchören zeigten sie ihren Widerstand deutlich. Immer wieder riefen sie: „Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda.“

Von einem primitiv zusammengebauten Rednerpult, geschmückt mit zerflederten Deutschlandfähnchen, kam das übliche reißerisch, hetzerische, hasserfüllte BlaBla der AfD.

Rainer Balzer (AfD MdL BaWü) machte den Anfang und bereitete das „Volk“ auf die Rede von Höcke vor. Der Landtagsabgeordnete zeichnete ein düsteres Bild unserer Gesellschaft.  Er sprach von einer „Erosion der öffentlichen Ordnung“.  Als Beispiele dienten Schmierereien und unsaubere Parkanlagen bis zur erwartenden Hetze gegen einen Asylsuchenden aus Togo in Ellwangen, dessen Abschiebung zunächst von anderen Asylbewerbern verhindert wurde. „Merkt denn keiner, was hier passiert?“, fragte Balzer und legt mit Überfremdung nach.

Nur er und seine Partei können natürlich eine Lösung herbeiführen. Die AfD sei die „Partei gegen Denkverbote“: „Dieses Land hat eine bessere Regierung verdient. Wir können das besser.“  In eine „Zuwanderergesellschaft“ wird man sich nicht integrieren lassen, da wird dann auch schon mal der Gegenprotest als linke kriminelle Vereinigung beschimpft und Menschen aus Afrika als Schmarotzer, die man hier nicht braucht, diffamiert.

Höcke sprach sich ebenfalls gegen Zuwanderung von Flüchtlingen aus und forderte, „dass die Asylindustrie stillgelegt wird“. Deutschland befinde sich angesichts der Flüchtlingspolitik in einem absurden Zustand. In Bruchsal war in den Reden auch eine deutlich antifeministische und menschenfeindliche Richtung gezielt auf Ausgrenzung und Angstmache zu spüren. Auch der Islam wurde von Höcke bedient, „Die Heimat des Islam ist der Orient, sie ist nicht in Baden, nicht in Deutschland“. „Meinetwegen in Schwarzafrika oder meinetwegen in Pakistan – aber nicht hier“.

„Jetzt ist Widerstand und ziviler Ungehorsam Bürgerpflicht, liebe Menschen die Deutschland lieben“. Das kommt an der Bushaltestelle auf dem Friedrichsplatz gut an. „Wir sind das Volk“ ruft die Menge.

Wer an der Bushaltestelle „Friedrichsplatz“ in den Reden auf neue Erkenntnisse oder gar politische Lösungen für Deutschland gehofft hatte, wurde natürlich enttäuscht, im Nachgang nichts anderes als die übliche Hetze, Panikmache und Schüren von Ängsten, ganz im Stile von Rechtspopulisten.  

Die AfD wurde an diesem Samstag auch noch Opfer eines Sabotageversuchs, so raunzt ein AfD-Redner ins Mikrofon und beklagte sich, dass für die heutige Kundgebung der Partei keine Mobiltoiletten zur Verfügung gestellt worden sind. Die anwesenden Journalisten forderte er auf, „Das könnten Sie als Systempresse ruhig mal schreiben“.

Selbstverständlich schreiben wir das: „Sabotage – AfD ohne Mobiltoiletten an der Bushaltestelle.“

Die Polizei war mit dem „Bruchsaler Tag“ zufrieden. Mit einem Aufgebot von ca. 600 BeamtInnen gab es keine größeren nennenswerten Probleme. Die zwei bereit gestellten Wasserwerfer wärmten ihren Inhalt in der Sonne auf und kamen nicht zum Einsatz. Für Ina Rau, die Pressesprecherin der Stadt Bruchsal, war die Menschenkette am Vormittag durch die Stadt ein großartiges Signal. Mehrere hundert Menschen versammelten sich unter dem Motto „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Die AfD wurde mit dem richtigen Signal empfangen: Bruchsal ist bunt und vielfältig und jeder ist dort willkommen. Außer eben der AfD.

 

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5 Jahre AfD in Mannheim – Nach Meinung zahlreicher Menschen sind das 5 Jahre zu viel

Das Offene Antifaschistische Treffen Mannheim hatte den Gegenprotest zum 5-jährigen Bestehen der AfD in Mannheim angemeldet. Rund 100 Antifaschist- Innen schlossen sich dem Straßenprotest an, welcher auch von der Bündnisregionalgruppe Aufstehen gegen Rassismus Rhein-Neckar (AgR) u.v.m. unterstützt wurde. Der KV der AfD hatte u.a. die Co-Fraktions-vorsitzende der Rechtsausleger-Partei im Bundestag, Alice Weidel, ins Schützenhaus nach Mannheim-Feudenheim eingeladen, um das 5-jährige Bestehen der Partei zu zelebrieren. Etwa 200-250 Menschen folgten der Einladung. Ein Großaufgebot der Polizei, darunter auch eine Reiterstaffel, war im Einsatz. Zu nennenswerten Vorfällen war es nicht gekommen.

 

 

Ansprachen beim Gegenprotest hielten Vertreter des OAT und von AgR.

Der Wortbeitrag des OAT (es gilt das gesprochene Wort):

K. Paskuda, AgR Rhein-Neckar

Der Redner von AgR Rhein-Neckar kritisierte das Zitat von AfD-Gauland beim Bundeskongress der Jungen Alternativen am vergangenen Wochenende „Hitler und die NSDAP (mit 50 Mio. Toten) seien nur ein Vogelschiss in 1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“ mit den Worten „die AfD solle zeitnah ein Vogelschiss deutscher Geschichte werden, gleich ihren Vorgängerparteien in Parlamenten wie die Republikaner und die NPD.“ Er mahnte vor allem die jungen ZuhörerInnen um mehr Aufmerksamkeit was rechte Umtriebe angeht, die ihm Sorgen bereiten, und warb um Unterstützung was das Engagement von Aufstehen gegen Rassismus in der Rhein-Neckar Region angeht.

 

 

 

 

Die Demonstranten riefen in Richtung der AfD-Gäste: „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“ und „Siamo tutti antifascisti“.

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Kommentar zur AfD-Veranstaltung in Mannheim (Christian Ratz):

AfD, Polizei und Staatsschutz versuchen Pressearbeit zu behindern

Um 19:05 Uhr haben ich und ein Kollege der Beobachter News (BN) um Einlass auf das Gelände (Schützenhaus Mannheim-Feudenheim) gebeten, um unsere Arbeit machen zu können. Der AfD-Ordner (Beisitzer im KV Mannheim und Bezirksbeirat im Stadtteil Schönau) fragte uns, ob wir eingeladen wären. Wir verneinten dies, da es sich ja um eine öffentliche Veranstaltung handeln würde. Er sagte, „ihre“ Presse wäre schon da und meinte damit den Mannheimer Morgen, den Rheinneckarblog und die Junge Freiheit. Er könne da „nichts machen“. Wir beschwerten uns auch bei den umstehenden Polizeibeamten wegen dieser presserechtlich nicht statthaften Exklusion. Diese zuckten nur mit den Schultern oder schauten desinteressiert aus ihren Uniformen. Ca. 10 Minuten darauf kam ein Staatsschutz-Beamter und hörte uns und drei weitere frei-arbeitende Journalisten, die ebenso von der Berichterstattung ausgeschlossen wurden, an. Er sagte, dass die AfD Hausrecht habe, es sich aber andererseits um eine öffentliche Veranstaltung handeln würde. „Es wäre ganz schwierig“, meinte er. „Wir könnten uns ja im Nachgang bei der AfD beschweren“ oder sinngemäss Protest beim Presserat einlegen. Wir erteilten dem Beamten einen Crash-Kurs in Sachen Presserecht und -freiheit. Daraufhin wurde er aktiv. 40 Minuten nach Beginn der AfD-Veranstaltung durfte der Kollege der BN für 10 Minuten in den Saal um 3-5 Bilder zu machen. 90 Minuten nach Veranstaltungsbeginn, um 20:30 Uhr, bekam dann auch ich die Gelegenheit dazu max. 5 Fotos zu machen. Der AfD-Mann, der mich auf Schritt und Tritt begleitete, schien mich zu kennen, da er sagte: „Ich solle bitte nicht wieder so einen Scheiß über die AfD schreiben.“ „Fotografieren wäre ein echtes Problem, da schon AfD-Sympathisanten ihren Job verloren hätten, nachdem Fotos von ihnen in Berichten erschienen sind.“ „Das ich keine Angst haben müsse, das Grillen für die AfD-Gäste wäre bereits beendet“.

Auf meine Frage vor wem oder was ich Angst haben sollte, erhielt ich von dem AfD-„Bewacher“ keine Antwort.

Angst haben kritische FotojournalistInnen – zu denen ich mich zähle -, die im rechts-populistischen/-extremistischen Spektrum recherchieren und darüber berichten ohnehin nicht. Ansonsten würden wir unseren Job nicht machen können.

AfD und Mut zu Wahrheit:

Zum einen muss diese Partei und ihre in der Öffentlichkeit auftretenden RepräsentantInnen, ob als Ordner oder sonst etwas, lernen, was Presse-Recht und -Freiheit angeht. Gleiches gilt für BeamtInnen der Polizei und des Staatsschutzes. Zum anderen müssen sich die AfD-Akteure kritisch hinterfragen, ob über ihre Partei wahrheitsgemäß berichtet werden soll, ob man sich weiter in die Opfer-Rolle versteifen möchte oder, ob die AfD die vermeintliche Lügenpresse weiter repressiv behandeln möchte? Den Vorzug den eigenen SchreiberInnen der AfD-Presse zu geben kann keine Alternative sein.

Als ich meine Foto-Aufnahmen bei der Rede von Alice Weidel machte, konnte ich hören was Weidel in diesem Moment (sinngemäss) sagte: „Wie schwer es der Partei (der AfD) gefallen sei sich von Frauke Petry zu trennen.“ „Ein Video-Film (nicht näher spezifiziert) hätte sie (Petry) entlarvt.“ „Wir (die AfD) stehen jetzt wieder auf einer soliden patriotisch-völkischen Basis“. 

 

 (Bericht/Kommentar: John Brambach und Christian Ratz – Fotos: John Brambach und Christian Ratz bzw. Andreas Scheffel)




Kandel im Ausnahmezustand – Etwa 3000 Menschen demonstrierten aus unterschiedlichsten Motiven (mit Fotogalerie)

Die südpfälzische Kleinstadt Kandel (ca. 8500 Einwohner) war am vergangenen Samstag, den 3.3.2018, erneut im Belagerungszustand. Die Verunsicherung der KandelerInnen ist groß. Geschlossene Fensterläden, ein Polizeihelikopter kreist über der Stadt, die Lage ist angespannt; auch unter den rund 500 polizeilichen Einsatzkräften, die an diesem Tag in Kandel Dienst tun.

 

Für den 28.1. rief der Mannheimer Marco Kurz, mit seinem zweifelhaften „Frauenbündnis Kandel“ zur Demonstration auf (wir berichteten), davor am 2.1. zu einem „Trauermarsch“ (wir berichteten), diesmal war es die AfD um die Landtagsabgeordnete Dr. Christina Baum mit ihrer Initiative „Kandel ist überall – Das Frauenbündnis“. Marco Kurz, mit seiner Bürgerinitiative „Der Marsch 2017“ gescheitert, war von den AfD-Machern für diese Veranstaltung ausgebootet worden und sah sich daher genötigt eine Gegen-Gegen-Demo anzumelden.

Rechte mobilisieren für zwei Protestkundgebungen

Nicht nur auf AfD-Onlineseiten wurde zur Teilnahme an diesen Veranstaltungen aufgerufen, beworben wurden sie auch in einschlägigen rechten Internetforen und per E-Mail in AfD-Kreisen was zur Folge hatte, dass der Zulauf aus dem rechtsextremen, rechtsradikalen Spektrum aus ganz Deutschland und dem angrenzenden Ausland extrem hoch war. Gesicht zu zeigen in Kandel forderte auch die Nazi-Band Kategorie C mit dem Aufruf anschließend zu deren Konzert im Raum Karlsruhe zu kommen. Diese Veranstaltung fand nach Erkenntnissen dieser Redaktion in Malsch, nur 30 Minuten von Kandel entfernt, statt.

Als Versammlungsleiter der AfD-„Kandel ist überall“-Demonstration fungierte, die sich auf dem Mitfahrerparkplatz trafen, das Westerwälder AfD-Mitglied Torsten Frank, der 2015 auf der Facebookseite der Bundesregierung für Furore sorgte, in dem er einen gesunden Rassismus forderte. Dies führte zu einem Parteiausschlussverfahren über dessen Ausgang der Öffentlichkeit keine Erkenntnisse vorliegen. Schon zu Beginn machte der Versammlungsleiter deutlich, dass es an diesem Tag keine rote Linie nach rechts Außen geben würde, er begrüßte die Anwesenden mit dem von Hogesa (Hooligans gegen Salafisten) bekannten Schlachtruf “Ahu!”. „Sie sollten nur daran denken, keine Bilder wie in Köln zu produzieren.“ Frank ist einer der führenden Köpfe der Bewegung „Bekenntnis zu Deutschland“. Die Gruppierung machte durch Proteste gegen eine Erstaufnahmeeinrichtung der Landesregierung Rheinland-Pfalz für Geflüchtete auf sich aufmerksam. Damian Lohr, Bundesvorsitzender der Jungen Alternative, sagte dem ARD-Fernsehen im Interview (sinngemäss): „Die Teilnehmer würden keinem Gesinnungscheck unterzogen werden.“

Vertreter verschiedenster rechtsextremer Gruppierungen und Kleinstparteien kamen nach Kandel. Ob Neonazis vom III. Weg, deren Parteiführung teilweise mitlief, oder Vertreter der seinerzeit vom Verfassungsschutz beobachteten islamfeindlichen Partei „Die Freiheit“ aus Bayern (2016 aufgelöst), PEGIDA-Aktivisten aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden, Pseudo-Bürgerwehr-Vertreter von den „Soldiers of Odin“, NPD-Funktionäre, Identitäre Bewegung oder Reichsbürger, gewaltbereite Hooligans, wie beispielsweise „Berserker Pforzheim“. Alle waren bei den beiden rechten Demonstrationen willkommen.

Die Identitäre Bewegung bildete während der Demonstration sogar einen eigenen Block.

Der Fall Kandel zeigt deutlich, dass die AfD und der Marsch 2017 keine Berührungsängste mehr mit Rechtsextremen haben. Die Masken sind an diesem Tag endgültig gefallen. Die Organisatoren feiern den Aufmarsch mittlerweile als “Durchbruch im Westen” – „1989 liegt in der Luft“.

Ein größerer Teil der Demonstranten waren AfD-Anhänger und -Politiker, darunter die Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst, der Essener Guido Reil, der Landtagsabgeordnete Rüdiger Klos, der 2016 das Direktmandat im Mannheimer Norden gewann, und allen voran der AfD-Bundestagabgeordnete Thomas Seitz, der ebenfalls zur Demonstration aufrief. Auch Imad Karim, Gründer der islamfeindlichen Facebookgruppe „Deutschland mon Amour“ und für die AfD als Filmproduzent tätig, aus Mannheim trat, wie bereits am 28.1., ans Mikrofon. Gesehen wurden aus Heidelberg die AfD-Stadträte Anja Markmann und Matthias Niebel, sowie der bei der Bundestagswahl 2017 als AfD-Direktkandidat gescheiterte Dr. Malte Kaufmann.

Von Seiten der AfD-Initiative wurde, wie andere Medien berichteten, an diesem Tag nur ein älterer Teilnehmer ausgeschlossen. Dieser empfand eine Rede gegen den Islam als zu hetzerisch und wurde von Ordnern rabiat des Kundgebungsplatzes verwiesen. Insgesamt gab es in den Redebeiträgen keine inhaltlichen Grenzen.

Bevor es im Demonstrationszug durch Kandel ging, verkündeten die Organisatoren noch einen kruden Forderungskatalog (Manifest Kandel), der selbst das Positionspapier von PEGIDA (Dresden) in den Schatten stellt.

Auszug:

-Die deutschen Grenzen sollten geschlossen werden und alle Illegalen seien sofort abzuschieben.

-Keine doppelte Staatsbürgerschaft mehr, nur Assimilation berechtige zum Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft. Grundsätzlich solle wieder das alte Abstammungsprinzip für die Vergabe der Staatsbürgerschaft gelten.

-Moscheen solle es nicht mehr geben, nur “unpolitische Muslime”, gleichzeitig fordern sie insgesamt weniger politische Einmischung von den Kirchen und Betrieben.

-Die Wehrpflicht solle wiedereingeführt werden, um unsere Land sicher zu schützen.

-Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz soll sofort gestrichen werden.

Die Reden endeten mit dem zweimaligen Singen der Nationalhymne – und der Aufforderung, sich das Land zurückzuholen.

Während die Demonstration „Kandel ist überall“, mit knapp 2000 Personen, durch die Rheinstraße marschierte, sprach die Polizei von gezielten Provokationen. Laut Mitteilung der Polizei wurden zwei Demoteilnehmer festgenommen und ein Polizeibeamter verletzt. Einmal mussten die Beamten eingreifen – Anlieger der Rheinstraße brachten ihren Unmut gegen die auswärtigen Rechten mit Plakaten an ihren Hauswänden zum Ausdruck-  und wurden zunächst verbal und dann körperlich angegriffen. Die Polizei konnte schlimmeres verhindern. Zur Gefahrenabwehr musste Pfefferspray gegen die Angreifer eingesetzt werden, nachdem diese Flaschen und andere Gegenstände geworfen hatten und den Anweisungen der Einsatzkräfte nicht Folge leisteten.

Die Teilnehmer der zweiten rechtsmotivierten Versammlung trafen sich in der Holbeinstraße. Dorthin organisierte Marco Kurz seine eigene Gegen-Gegen-Demo als „Frauenbündnis Kandel – Der Marsch 2017“. Er konnte rund 150 Teilnehmer aus der rechten Szene mobilisieren. Darunter Parteifunktionäre der NPD u.a. aus dem Saarland und mit dem Mannheimer Stadtrat Christian Hehl, der am 5.3. im NSU-Untersuchungsausschuss des Stuttgarter Landtags vorgeladen war. Mit dabei auch die Parteivorstände der Neonazi-Partei „Der dritte Weg“ Klaus Armstroff und Mario Matthes (beides ehemalige NPD-Funktionäre in Rheinland-Pfalz und Hessen). Nur eine sehr überschaubare Anzahl an Teilnehmern waren der Aufforderung von Marco Kurz gefolgt und kamen mit roten Kopfbedeckungen und Karten, um der „Antifa“ die rote Karte zeigen zu können. Ein mitgeführtes Transparent mit der Aufschrift „1933 SA – 2018 Antifa“ wurde von der Polizei beanstandet und musste eingerollt werden.

Die Demonstrationszüge waren durchzogen mit aufgeheizter und aggressiver Stimmung. In einem dieser Redaktion bekannten Fall wurde eine ältere Kandler Bürgerin, die an der Demostrecke lebt, von Angehörigen übers Wochenende evakuiert, um ihre Sicherheit zu gewährleisten.

 

Kandel wehrt sich

Gegenprotest gab es in Kandel auch. „Wir sind Kandel“, ein vor knapp 10 Tagen gegründetes Bündnis aus Vereinen, Parteien, Kirchengemeinden, Gewerkschaften und Einzelpersonen zeigten, gemeinsam mit der Kurfürstlich Kurpfälzischen Antifa und Aufstehen gegen Rassismus Südpfalz Paroli. Die InitiatorenInnen wollen nicht zulassen, dass ihre Stadt zu einem „Aufmarschgebiet“ einer PEGIDA 2.0-Bewegung oder gar einem Hotspot von Rechtsextremen wird. Mindestens 600 Menschen demonstrierten gegen Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung und Rassismus. 200 weiße Luftballons stiegen symbolisch in den Himmel. Damit wollten sie nach eigenem Bekunden ein Zeichen setzen „für ein friedliches Zusammenleben ohne Hass und Fremdenfeindlichkeit.“

Das Bündnis  „Aufstehen gegen Rassismus Südpfalz“ war mit einem Info- und Aufklärungsstand in der Stadthalle Kandel präsent. Über 1.200 Aufklärungsflyer konnten während der laufenden Energiemesse und im Vorfeld an interessierte Personen verteilt werden. Diese Aufstehen gegen Rassismus-Regionalgruppe beteiligte sich mit Vertretern der Regionalgruppen Rhein-Neckar und Weinheim ebenfalls an der Demonstration. Die Gegendemo angemeldet von der Kurfürstlich Kurpfälzischen Antifa unter dem Motto „Für Demokratie und Frauenrechte – bunte Schirme, viel Verstand, Nazis raus aus unsrem Land“ war bunt, friedlich und musikalisch. Unterstützung erfuhr dieser Aufzug durch rund 80 meist junge Antifaschisten*Innen, die kurz davor noch eine Spontankundgebung in der Ortsmitte durchgeführt hatten und von Polizeikräften zum Versammlungsort der Gegendemo in der Nansenstraße eskortiert wurde. Laut und mit bunten Schirmen, Regenbogenfahnen und Transparenten zog dieser Protestzug parallel zu den beiden rechten Demos durch Kandel. Diese Demonstration verlief ohne Vorfälle. Vor und nach der Demo wurden verschiedene Reden gehalten. U.a. vom parteilosen MEP Stefan Bernhard Eck, der bereits bei der Gegendemo am 28.1. gesprochen hatte und von Die Partei unterstützt wird. Musikalisch begleitet wurde diese Veranstaltung von Uli Valnion.

 

Rechte Presseprovokateure vor Ort

Provoziert wurden die Gegendemonstranten durch den Video-Filmer Michael Stürzenberger (ehemaliger Parteifunktionär „Die Freiheit“, PEGIDA München-Aktivist und Autor bei PI-News) und durch den Fotografen Christian Jung, der auf rechten Blogseiten wie Opposition 24 und Metropolico, publiziert. Beide kritisieren seit dem Wochenende im Internet, dass ihre Arbeit durch die Polizei unterbunden und damit die Pressefreiheit eingeschränkt worden sei. Weiter wird unterstellt, dass die Polizei Hand-in-Hand mit den „Linksfaschisten“ gearbeitet hätte. Unseren Beobachtungen zufolge hatten beide Journalisten des rechten Spektrums, die sich den Demoteilnehmern anfänglich nicht oder gar nicht, als solche zu erkennen gaben, ausreichend Zeit um Videoaufnahmen zu fertigen, Fragen zu stellen und Fotos von den Teilnehmern zu machen. In beiden Fällen haben die Polizeikräfte besonnen und richtig gehandelt. Die geäußerten Unterstellungen, auf einschlägig bekannten Internetseiten in Wort, Bild und im Film publiziert, dass die Polizei parteiisch vorgegangen wäre, sind an den Haaren herbeigezogen.

Solidarität

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) solidarisierte sich mit den Bürgern in Kandel. „Ich sehe mit Erschrecken, wie hier eine Tat für pauschalen Fremdenhass instrumentalisiert wird“. Sie stand mit ihrer Pressemitteilung an der Seite von Bürgern aus Kandel, die sich für ein Miteinander und gegen Hass engagierten. Vertreten wurde die Ministerpräsidentin am 3.3. durch den SPD-Fraktionsvorsitzenden im Mainzer Landtag Alexander Schweitzer. 

Quo vadis?

Für den 24.3. kündigt die AfD-Initiative „Kandel ist überall“ eine weitere Demonstration in Kandel an. Eigentlich hatten die Verantwortlichen verlautbart, dass nun Schluss sei in Kandel und man nun den „Widerstand“ auf andere Orte und Bundesländer ausdehnen wolle. Ein Interview des Kandler Stadtbürgermeisters Günther Tielebörger am 5.3. beim SWR scheint diese Überlegungen wieder rückgängig gemacht zu haben.

Ab dem 7. April will „Der Marsch 2017 – Frauenbündnis Kandel“ monatlich bis Ende des Jahres auf dem Marktplatz protestieren.

Im Moment sieht es nicht danach aus, dass in Kandel endlich Ruhe einkehren könnte. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Vor Ort werden die Bündnispartner gegen rechts und Rassismus und für Demokratie, Frauenrechte und Vielfalt augenscheinlich noch länger als gedacht engagiert sein müssen.

(Bericht und Bilder: Johnny Brambach und Christian Ratz)

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AfD und weitere bundesweit mobilisierte Rechte werden in Kandel auf Gegenproteste stoßen – PEGIDA 2.0 in der Region verhindern

(Archivbild)

Kandel wird am 03.03.18 erneut zum ungewollten Schauplatz für rechtslastige, parteipolitisch motivierte und rassistische Aufzüge werden. (wir berichteten) Zwei Demos, die eindeutig der AfD und dem Marsch 2017 zuzurechnen sind, wurden angemeldet. Diese Aufzüge drehen sich alleinig um die Sorge, „wie kann man deutsche Frauen und Mädchen vor Übergriffen durch Migranten und Asylantragsteller“ schützen. Die dritte Demonstration, der Kurfürstlich Kurpfälzischen Antifa, wird unter dem Motto „Bunte Schirme – Viel Verstand / Nazis raus aus unsrem Land!“ auf die Straße gehen. Die bundesweit aktive Kampagne „Aufstehen gegen Rassismus“ wird mit Infostand in Kandel präsent sein. Weitere Gegenproteste kündigten sich bereits an.

Starker bunter antirassistischer/-faschistischer Gegenprotest

Das in der vergangenen Woche gebildete bürgerliche Bündnis „Wir sind Kandel“, diverse antifaschistische Gruppierungen und die bundesweit aktive Kampagne „Aufstehen gegen Rassismus“ haben ihre Präsenz am 03.03.18 in Kandel angekündigt. Deren Mobilisierungen könnten bis zu 1000 Demonstranten*Innen auf die Straßen bringen. Weitere Aktivisten wollen mit Aktionen am kommenden Samstag ihren Protest friedlich, aber laut auf die Straße bringen und damit gleichzeitig ihre Solidarität mit den Bürgern vor Ort und mit den für die Flüchtlingsarbeit verantwortlichen Personen in Kandel öffentlich machen.

Spaltungen und Zwietracht in rechten Lagern

Die AfD-Initiative „Kandel ist überall“ vollzieht sich kurz nach der Formierung bereits dem ersten Make-Up und will sich künftig nur noch „Das Frauenbündnis“ nennen. Dies könnte ein weiterer Hinweis darauf sein, dass dahinter eine bundesweite, von der AfD betriebene, Kampagne stecken könnte. Dieses Ansinnen würde sich decken mit Beobachtungen in Richtung Kooperationen mit rechtsextremen Milieus, wie z.B. PEGIDA u.v.m. Aktuell (Stand 01.03.18 19:30 Uhr) haben auf Facebook nur 301 Personen bei der öffentlich einsehbaren Veranstaltung zugesagt; über 400 Personen sind weiter interessiert.

Der Marsch 2017 mit Marco Kurz scheint vollends aufs Abstellgleis gestellt worden zu sein. „Das Frauenbündnis“ teilte kürzlich auf Facebook mit, dass man sich von dieser Person getrennt hätte. Der Marsch 2017 biedert sich jedoch weiterhin der AfD und Vertretern aus der Reichsbürger-nahen und Neo-Nazi-Szene als Plattform an. Ein Redakteur eines regionalen Radiosenders teilte dieser Redaktion mit, dass „Der Marsch 2017“, nach Recherchen des Radiosenders, wohl kaum mehr als 20 Menschen nach Kandel mobilisieren könne.

PEGIDA 2.0 in der Region unerwünscht

Diverse Stimmen werden immer lauter, die eine PEGIDA-Bewegung in der Region kategorisch ablehnen und die Bildung einer solchen bekämpfen wollen. 2014/2015 war dies bereits in Mannheim und im Rhein-Neckar-Raum erfolgreich möglich. „Manngida“ konnte damals bereits im Anfangsstadium verhindert werden. Gelingt es den Aktivisten*Innen im Großraum Kandel auch? Dazu nötig ist nur eine gehörige Portion Zivilcourage und ein breites, in sich geschlossenes Bündnis mit klarer Zielsetzung. Man könnte sich an Mannheim ein Beispiel nehmen.

Laut verschiedener Quellen könnten in Kandel am 03.03.18 bis zu 3000 Demonstranten erwartet werden. Dies u.a. auch durch die Mobilisierung durch die Neo-Nazi Band „Kategorie C“, die dazu aufruft erst in Kandel ein Zeichen zu setzen, um dann anschließend nahe Karlsruhe deren Konzert zu besuchen, welches vermutlich im Elsass stattfinden wird.

Die Polizei wird mit einem Großaufgebot an Einsatzkräften in Kandel präsent sein.

(Bericht und Bilder Christian Ratz)