BlockTDDZ – Von Mannheim nach Worms die Nazis blockieren [Videobeitrag]

Eine Neonazi-Demonstration mit dem Titel „Tag der deutschen Zukunft“ versuchten hunderte Gegendemonstrant*innen zu blockieren. Das Bündnis Block TDDZ hatte dazu für den 6. Juni 2020 in Worms aufgerufen. Im Stadtgebiet kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstrant*innen, es gab zahlreiche Verletzte durch Pfefferspray. Die gerade einmal 50 Nazis mussten wegen der Blockaden eine stark verkürzte Route laufen und kündigten an, dass dies der letzte sogenannte „TDDZ“ gewesen sei. (cki)

 

Pressemitteilung des Bündnis Block TddZ Worms

“Heute ging von Worms ein starkes Zeichen des Antifaschismus aus!”

Nach Schätzung des Bündnisses “Block TddZ Worms” protestierten am heutigen 6. Juni rund 1000 Aktivist*innen und engagierte Bürger*innen gegen den rechtsradikalen “Tag der deutschen Zukunft”. Davon seien ca. 700 Antifaschist*innen dem Aufruf von “Block TddZ Worms” gefolgt und hätten sich auf unterschiedliche Weise dem geplanten Naziaufmarsch in den Weg gestellt. 

“Dank des vielfältigen und breit aufgestellten antifaschistischen Protests, gelang es, den Naziaufmarsch nach nur 260 Metern in der Renzstraße zu stoppen. Die ca. 50 angereisten Faschist*innen mussten umkehren und zu ihrem Kundgebungsort zurückkehren.”, so Luise Neubert, Pressesprecherin des Blockadebündnisses. Worms habe heute ein starkes Zeichen der Solidarität gegen Rassismus und Diskriminierung jeglicher Form gesetzt. Das Ziel, die Geschichte des TddZ mit einem Scheitern in Worms enden zu lassen, sei damit offenkundig erfüllt worden.

“Wir sind sehr froh, dass es den Nazis nicht gelang, sich in Worms breit zu machen und ihre menschenverachtenden Inhalte auf die Straße zu tragen. Zusammen mit vielen Aktivist*innen aus der Region haben wir gezeigt, dass Nazis in Worms nicht widerstandslos die Staße überlassen wird”, so Co-Sprecher Jonathan Zell. Das Bündnis begrüßt ausdrücklich die Vielfalt der Proteste und auch die zahlreichen Aktivitäten ohne physische Präsenz, wie die Beschallung des Kundgebungsplatzes mit Glockengeläut;  einzelne vorsorgliche Distanzierungen anderer Protestgruppen im Vorfeld seien dagegen völlig unbegründet geblieben.

Leider sei es mehrfach zu Übergriffen der massiv auftretenden Polizei auf Gegenproteste gekommen. Die Polizei ging an verschiedenen Orten unverhältnismäßig mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen Demonstrant*innen vor. “Unter Berufung auf die Infektionsschutzverordnung spontane Demonstrationen zusammen zu drängen und stundenlang zu kesseln, ist unsinnig und zynisch. Die Gegenproteste haben sich an Bedeckungspflicht und Abstandsgebot gehalten, wann immer es die Situation zugelassen hat.”, so Neubert. Die durch die Polizei eskalierten Situationen hätten dies jedoch an einigen Stellen unmöglich gemacht.




Landau: Starker antifaschistischer Protest beim Aufzug des rechten „Frauenbündnis Kandel“ (mit Fotogalerie)

Seitdem in Kandel Großbaustellen bestehen und dort keine Aufzüge mehr, wie im Jahr 2018, stattfinden können, hat sich der Fokus des rechtsradikalen „Frauenbündnis“ im Wesentlichen auf Landau gerichtet. Bereits mehrfach in diesem Jahr gingen Menschen in der südpfälzischen Universitätsstadt gegen die Aufzüge der von vielen BeobachterInnen als neo-faschistisch und migrationsfeindlich, Pegida-ähnlichen, Gruppierung klassifiziert auf die Straßen. So auch am 05.10.19 unter dem Motto „Solidarität, statt Hetze“. Angemeldet wurde der Gegenprotest von der Linksjugend solid Landau/Südliche Weinstraße. Viele kamen und zeigten entschieden und deutlich, dass das Frauenbündnis auch weiterhin in Landau nicht willkommen ist.

„Antifa auf dem Abstellgleis“, so der Frauenbündnis-Führer 

Wer genau gemeint und wo stehen solle, sagte der Verführer des sogenannten Frauenbündnis, Marco Kurz, bei der Auftaktkundgebung in der Ostbahnstraße nicht. Julia, selbstbekennende Sängerin des aktiven Widerstands, unterstellte in ihrer Rede der „Antifa“ anti-feministische Wesenszüge. Diese würde sich nicht für die Rechte von unterdrückten Migrantinnen einsetzen. Als Zeichen der Unterdrückung von Muslimas nannte sie „Kopftuch, Burka und Niqab“. Zu hören waren daraufhin, aus der Hooligan- und Nazi-Szene bekannte, „Ahu-ahu-ahu“- und „Widerstand“-Rufe.

Kritik wurde auch an Klimaaktivisten geübt. Diese würden die von der Bundesregierung initiierte Masseneinwanderung nicht integrierbarer Gewalttäter unterstützen. „Alle kämen nach Europa“, so Kurz bei einer Zwischenkundgebung. Kurz lies auch eine „Volkszählung“ durchführen, speziell für die Tageszeitung Die Rheinpfalz, wie er sagte. Nach seiner Zählung nahmen am Aufzug seines rechten Frauenbündnis 130 besorgte Wutbürger teil. Aufgerundet von Kurz auf „gute 150 Teilnehmer“. Quittiert wurde die Zählung, man hatte es nicht anders erwartet, mit „Lügenpresse“-Rufen. Die Polizei nannte später „in der Spitze (ebenfalls) 150 Teilnehmer“. Realistisch betrachtet waren es eher nur rund 80 Personen.

Alle zusammen gegen den Faschismus 

An der Gegenprotestveranstaltung nahmen etwa 100 Personen teil. „In der Spitze 120 Teilnehmer“, vermeldete hingegen die Polizeidirektion Landau in einer Pressemitteilung am Samstagabend. 

Isa (*) von der Linksjugend Worms warnte in ihrer Rede vor Leuten wie Marco Kurz. „…Faschisten wie Marco Kurz würden von den Missständen in der Gesellschaft profitieren und den Reichen dienen. Durch ihren Populismus versuchen Menschen mit rechter Gesinnung einfache Antworten auf diverse Krisen zu liefern. Die Schuldfrage drücken sie an Flüchtlinge ab, um uns zu spalten. Doch Schuld an unserer Not sind nicht ethnische Minderheiten. Deshalb müssen wir alle zusammenstehen. Gegen den Kapitalismus sowie Faschismus und für Solidarität.“ (Zitat Ende)

Hingewiesen wurde auf den sogenannten „Tag der deutschen Zukunft“ (TddZ), der am 06.06.2020 in Worms stattfinden soll. Bei diesen alljährlich, in unterschiedlichen Städten, stattfindenden TddZ-Veranstaltungen handelt es sich um die mit größten Nazi-Aufzüge im Bundesgebiet. Kommendes Jahr findet der TddZ, der bislang immer von massiven Gegenprotesten begleitet wurde (z.B. 2016 in Dortmund, 2017 in Durlach, 2018 in Goslar und 2019 in Chemnitz) wohl zum ersten Mal in Rheinland-Pfalz statt. Gruppen und Organisationen, die sich an der Planung des Gegenprotest beteiligen möchten, können sich an die Linksjugend Worms wenden.

„Ich würde mich freuen, am 06.06.2020 ganz viele von euch wiederzusehen. Denn die Zukunft gehört uns und sie ist antifaschistisch! Hoch die internationale Solidarität!“, ergänzte Isa ihre Rede.

„ Wir schicken solidarische Grüße an das antirassistische Netzwerk Baden-Württemberg, deren Aktionstag rund um den Abschiebeknast in Pforzheim heute stattfindet. Weil in Deutschland Menschen unrechtmäßig inhaftiert und dann abgeschoben werden, in Länder in denen Sie von Krieg, Hunger, Verfolgung und Folter bedroht sind. Danke an das antirassistische Netzwerk für euere großartige und wichtige Arbeit.

Solidarische Grüße auch an die Menschen, die heute besonders in Norddeutschland gegen Kohle und für Klimaschutz kämpfen. In Hamburg, Flensburg und Salzgitter werden heute Kraftwerke, Bahngleise, Zufahrtswege und sogar ein Schiff blockiert. Wir stehen hinter den Menschen, die – trotz Gefährdung Ihrer Gesundheit und unter massiver polizeilicher Repression – dort aushalten.

Grüße auch an die Menschen, die heute in Berlin gegen Neo-Nazis auf die Straße gehen und klare Kante zeigen.

Und natürlich schicken wir auch unsere herzlichen Glückwünsche nach Hamburg. Die rote Flora hat gestern ihren 30. Geburtstag gefeiert.“, so Doro (*) von Kandel gegen Rechts bei einer Zwischenkundgebung.

Mark (*) vom Verein für Toleranz und Menschlichkeit Südpfalz sagte bei der Abschlusskundgebung: „…Das selbsternannte Frauenbündnis Kandel mit seinem neofaschistischen Marco-Kurz-Führer-Kult hat jeglichen Bezug zur Menschlichkeit verloren. Sie pochen auf die Unterschiede zwischen sich und den Hilfesuchenden, die nach Europa kommen. Sie kategorisieren und pauschalisieren. So entsteht überhaupt erst ein Gefühl von „Wir und die anderen“. „Bist du ein Mensch, so fühle meine Not.“ Nehmt euch Goethe, einen deutschen Dichter, zu Herzen, wenn ihr wieder mal nur an euch und eure eigenen Nöte denkt und es auf ein einfaches Feindbild zu projizieren versucht. Schaut mal über euren Tellerrand, statt alle vorzuverurteilen. Wo ist eure Menschlichkeit? … Und wir, die wir hier gemeinsam stehen? Uns eint die Menschlichkeit. Der Wille, Hass und Hetze nicht hinzunehmen. Unser Mitgefühl für alle Opfer der verfehlten Politik und jegliche gruppenbezogene Gewalt. Die Menschlichkeit eint uns mehr, als Hautfarbe, Religion, Geschlecht, Sozialstatus, Alter oder Nationalität es könnten. Solange Hetzer in faschistoider Manier durch die Straßen ziehen und die Gesellschaft zu vergiften versuchen, solange Menschen aufgrund äußerer Merkmale diskriminiert werden und solange die Politik sich nicht dessen annimmt und ihre Verantwortung anerkennt, ja, solange werden Menschen wie wir auf der Straße stehen und die Stimme erheben. Alle zusammen für Toleranz und Menschlichkeit. Alle zusammen für ein lebenswertes Leben für alle.
Alle zusammen gegen den Faschismus!“ (Zitat Ende)

Bannerverbot wegen weniger Zentimeter 

Keinerlei Toleranz liesen die Vertreter der Ordnungsbehörde bei Bannern zweier Unterstützergruppen beim Gegenprotest walten.

Nur wenige Zentimeter waren ausschlaggebend dafür, dass diese Banner nicht gezeigt werden durften. Berufen hat man sich auf den Auflagenbescheid, indem wohl die Maße von Bannern festgelegt worden waren. Dies war offenbar von den Anmeldern so akzeptiert worden.

Weshalb man die Verwaltungsauflage derart überbürokratisch penibel und durch Nachmessen akribisch genau durchsetzte, blieb ein Rätsel. Toleranz und gesunder Menschenverstand hätte den Vertretern der Ordnungsbehörde in dieser Situation sicherlich Sympathien entgegengebracht. So wurde allerdings genau das Gegenteil erreicht. Und da war noch die Sache mit der Frau, den drei Heranwachsenden und dem Hund. Die Menschen durften am Gegenprotest teilnehmen. Die Vertreter der Ordnungsbehörde befanden, dass der Hund ausgeschlossen wird. Wird wohl auch irgendwo in den Versammlungsauflagen gestanden haben.

Strafanzeige wirft Fragen auf 

Gegen 16:25 Uhr war an der Kreuzung Martin-Luther-Straße und Ostring die Aufnahme einer Strafanzeige durch Polizeibeamte zu beobachten. Dies geschah wenige Minuten nachdem sowohl das Frauenbündnis als auch die GegendemonstrantInnen diese Stelle passiert hatten und sich auf dem Weg zu ihren ursprünglichen Kundgebungsorten in der Ostbahnstraße bzw. in der Nähe des Schwanenweihers befanden.

Der unmittelbar danach vor Ort befragte polizeiliche Einsatzleiter verfügte über keine Informationen zu diesem Vorfall. Auf telefonische Rückfrage sagte ein Pressesprecher der Polizeidirektion Landau diesem Reporter sinngemäß: „Anzeige sei von einer Teilnehmerin des Frauenbündnis gegen einen Teilnehmer des Linksjugend-Protests erstattet worden.“ Grund: Beleidigung durch zeigen des ausgestreckten Mittelfingers. So war es später auch in der Pressemitteilung der Polizei Landau nachzulesen und, dass „die strafrechtlichen Ermittlungen eingeleitet wurden.“

Eine schriftliche Anfrage dieses Reporters bei der Linksjugend Landau zu dem Vorfall blieb bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung unbeantwortet.

 

(*) = Namen von der Redaktion geändert

 

(Bericht und Fotos: Christian Ratz) 

Fotogalerie:




Mannheimer Antifaschist in Karlsruhe Durlach zu Geldstrafe verurteilt

Proteste gegen den „Tag der deutschen Zukunft“ in Karlsruhe-Durlach

Am Amtsgericht Durlach wurde am 27.03.18 ein Mannheimer Antifaschist, der sich an den Protesten gegen den von der neonazistischen Partei „Die Rechte“ organisierten „Tag der deutschen Zukunft“ beteiligt hat, zu 40 Tagessätzen a 15 Euro verurteilt. Laut Anklageschrift wurden dem Antifaschisten ein tätlicher Angriff auf einen Polizeibeamten, sowie Widerstandshandlungen zur Last gelegt. Vor Gericht war zumindest der Vorwurf des tätlichen Angriffs nicht von Bestand und wurde fallen gelassen. Im Gerichtssaal fand sich eine größere Gruppe solidarischer Prozessbeobachter*innen aus der Region ein.

Der sogenannte „Tag der deutschen Zukunft“ selbst war von Polizeigewalt, und wie sich im Laufe des Gerichtsverfahrens gezeigt hatte, von diffusen Rechtsauslegungen der Polizei gezeichnet. Die Polizei hinderte eine große Gruppe Antifaschist*innen am Zugang zu einer angemeldeten Kundgebung, weswegen es zu Rangeleien und schließlich zum Pfeffersprayeinsatz und teilweise massiver Gewalt gegen die Demonstrierenden kam. Wer den offensichtlich rechtswidrigen Polizeieinsatz angeordnet hatte, konnte im Rahmen der Verhandlung nicht umfassend geklärt werden. Die Polizisten verwiesen auf eine nicht näher definierte Einsatzleitung, welche den Befehl zur Aufstockung des Demonstrationszuges gegeben haben soll. Weitere Einlassungen zu den Ereignissen, wollte der geschädigte Polizeikommissar Wilhelm Otto „aus einsatztaktischen Gründen“ nicht machen.

Während der besagten Auseinandersetzung wurde der angeklagte Antifaschist unter Schlägen und Tritten seitens der Polizei aus der Demonstration herausgegriffen und festgenommen. Im Zuge der polizeilichen Maßnahmen erlitt der Antifaschist Prellungen, Schürfwunden und eine Gehirnerschütterung. Grund für die Verhaftung waren laut Aussage der drei geladenen Polizeizeugen Schläge auf die Hände eines Polizisten, welcher vor Gericht zugab, diese während des Geschehens nicht gespürt zu haben.

Die Aussagen der Polizisten und die Beweisführung der Staatsanwaltschaft waren insgesamt von Erinnerungslücken und nicht vorhandenen Beweisen gekennzeichnet. Ein von der Beweis- und Festnahme Einheit aus Erfurt angefertigtes Video, welches den Tathergang belegen sollte, war nicht auffindbar und keiner der drei geladenen Polizisten konnte genaue Angaben zum Tathergang machen. Es blieben lediglich Indizien und Mutmaßungen, welche letztlich dennoch zur Verurteilung führten.

Während des Prozesses verlas der Angeklagte eine eindrückliche Stellungnahme, welche sowohl aus persönlich-biographischen, als auch gesamtgesellschaftlichen Gründen die Notwendigkeit antifaschistischen Engagements verdeutlichte. Für den Angeklagten sind „antifaschistische Proteste keine Besonderheit, sondern sollten von allen Menschen, die es mit den Grundwerten einer friedlichen Demokratie halten, als notwendiger Akt gelebter Zivilcourage verstanden werden.“ Zusätzlich zur Stellungnahme konnte die Verteidigung ein entlastendes Video in den Prozess einbringen, welches eindrücklich die Gewaltanwendung durch die Polizisten dokumentierte. Die Verteidigung forderte aufgrund der dürftigen Beweislage einen Freispruch, während die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen a 15 Euro forderte. Der Richter, der sich durchaus kritisch gegenüber dem Polizeieinsatz äußerte, blieb mit 40 Tagessätzen unter der Forderung der Staatsanwaltschaft.

(hrb)