Eskalation nach Demonstration gegen syrischen Musiker Ali Al Deek

Versammlung vor der Halle | Bild: privat

Nachdem es im Vorfeld von verschiedenen Seiten Proteste gegen den Auftritt des syrischen Sängers Ali Al Deek gegeben hatte, kam es am Silvesterabend vor dem Veranstaltungssaal in Mannheim-Neckarau erneut zu einer Demonstration. Die Versammlung syrischer Oppositioneller drohte außer Kontrolle zu geraten und wurde vorzeitig aufgelöst. Anschließend kam es zu Zusammenstößen mit Besucher*innen der Silvestergala.

Kritik an Musiker wegen Nähe zu Assad-Regierung

Als sich vor einigen Wochen die Nachricht verbreitete, dass der bekannte syrische Musiker Ali Al Deek für eine Silvestergala in Mannheim angekündigt wurde, rief das syrische Oppositionelle aus der Region auf den Plan. Der Musiker wird für seine Nähe zum Assad-Regime kritisiert, das für Menschenrechtsverletzungen und Unterdrückung der Opposition verantwortlich gemacht wird. Syrische Oppositionelle werfen dem Musiker vor, mit seiner Musik Propaganda für ein diktatorisches System zu verbreiten.

Anfang Dezember hatten Assad-Gegner*innen eine Kundgebung in Mannheim organisiert (KIM berichtete) und weitere Proteste für Silvester angekündigt. Auch Politiker der Grünen und die Stadtverwaltung kritisierten das geplante Konzert.

Silvesterdemo in Neckarau

Obada B. hatte an Silvester eine Kundgebung vor der Rüya-Hallo im Neckarauer Gewerbegebiet organisiert. Die Halle war von einem nicht näher bekannten Geschäftsmann mit libanesischem Hintergrund für die Silvestergala mit Ali Al Deek angemietet worden. Im Gespräch mit KIM berichtet Obada, dass schon am frühen Abend sehr viele Teilnehmer*innen ankamen und er nicht mit so vielen Personen gerechnet hätte. Auch bekannte syrische Aktivisten und Youtuber hätten aufgerufen und viele Demonstrant*innen waren offenbar weit angereist. In Absprache mit der Polizei begann er mit der Veranstaltung früher, wurde jedoch von der immer größer werdenden Menschenmenge überrascht.

Die Stimmung sei zum Teil aggressiv gewesen. Unter den Teilnehmer*innen hätten sich auch islamistisch orientierte Personen befunden, von denen er sich abgrenze. Diese hätten auch problematische Parolen und Beleidigungen gerufen. Es sei ihm als Versammlungsleiter nicht gelungen, diese Personen auszuschließen. Die Ordner hätten sehr viel zu tun gehabt. Im großen und ganzen sei es weitgehend friedlich geblieben. Nach Absprache mit der Polizei habe er die Versammlung vorzeitig beendet.

Eskalation nach Auflösung der Versammlung

Die Pressestelle der Polizei berichtete am 1. Januar von ca. 600 Teilnhemer*innen und einer „hochemotionalen und teilweisen aggressiven Stimmung“. Auch Feuerwerk sei gezündet worden. Gegen 20:50 Uhr sei die angemeldete Versammlung vorzeitig beendet worden.

Im Anschluss sei es zu weiteren spontanen Versammlungen und Aktionen gekommen. Die Polizei habe eine größere Personengruppe abdrängen müssen. Anschließend sei eine Kreuzung blockiert worden. Die Polizei berichtet weiter, dass Eier und Steine auf anreisende Besucher*innen der Silvestergala geworfen wurden. Von Augenzeugen wird berichtet, dass „zu Revolutionsliedern auf Autos getanzt wurde“. Ein hochwertiger PKW sei laut Polizei erheblich beschädigt worden. Weiter seien zwei Personengruppen aneinander geraten. Bei dieser Auseinandersetzung seien drei Tatverdächtige festgenommen worden. Gegen 23 Uhr habe sich die Lage entspannt, schreibt die Polizei in ihrer Mitteilung.

Versammlungsleiter Obada B. spricht rückblickend von einer „Katastrophe“. Zwar sei er zunächst über die große Teilnehmerzahl erfreut gewesen, doch die teils aggressive Stimmung habe schnell dazu geführt, dass die Veranstaltung gekippt sei. Es sei ein Gemisch aus verschiedenen politischen Strömungen gewesen.

Er selbst grenzt sich von islamistischen Gruppierungen ab. Mit weiteren syrischen Oppositionellen in Deutschland habe er eine überregionale Vernetzung „Freier Syrer“ gegründet, mit denen sie die friedliche Revolution in Syrien unterstützen wollen. Islamismus und Gewalt habe bei ihnen keinen Platz, sagt Obada, doch er weist auch darauf hin, das es in der syrischen Opposition verschiedene politische Strömungen gibt.

Konzert mit Ali Al Deek „kein Erfolg“

Er berichtet weiter, dass er Bilder und Videos von der Silvestergala gesehen habe, die darauf hindeuten, dass es beim Auftritt von Ali Al Deek politisch zugegangen sei. Auch Fahnen der Assad-Regierung seien geschwenkt worden. Im Vorfeld hatte der Veranstalter öffentlichkeitswirksam eine Erklärung bekannt gegeben, wonach sich der Musiker bei seinem Auftritt in Mannheim nicht politisch äußern wolle. Obada hält das für Unsinn: „Die Grundlage der Musik von Ali Al Deek ist politisch.“ Er vermutet, dass der Veranstalter der Silvestergala der Hisbollah nahe stehe. Beweisen kann er das nicht. Die Hisbollah ist eine schiitische libanesische Partei mit einem militärischem Arm, die als Verbündete der Assad-Regierung gilt und im syrischen Bürgerkrieg mitmischt. In einigen Ländern wird sie als Terrororganisation eingestuft.

Dennoch vermutet Obada, dass die Silvestergala kein Erfolg war. Nach Polizeiangaben waren rund 400 Personen bei der Veranstaltung mit Ali Al Deek. 1200 seien laut Obada erwartet worden.

(cki)

Anmerkung:

Der Veranstalter Obada B. erklärt im obigen Artikel gegenüber dem Kommunalinfo, dass er von der Teilnehmerzahl, der Teilnahme von offensichtlich islamistischen Gruppen und der Gewaltbereitschaft einiger Akteure der Gegendemonstration überrascht gewesen sei. Dies darf zumindest bezweifelt werden. Die Gegendemonstration ist im Internet bundesweit beworben worden. Schon nach der Kundgebung am 9. Dezember am Hauptbahnhof musste man eigentlich davon ausgehen, dass sich auch islamistische Gruppierungen an diesem Protest beteiligen. Die Art des Protestes, der jegliche politische Verhandlungen mit dem „Massenmörder Assad“ radikal ablehnt, ist ja auch geeignet, solche Akteure anzuziehen. Die angebliche Überraschung über die eskalierende Auseinandersetzung ist wenig überzeugend. Im Artikel des Mannheimer Morgen (09.12.2019) wird Obada A. indirekt zitiert: „.Es könne rund um die Veranstaltung am 31. Dezember durchaus zu Auseinandersetzungen kommen“.

Roland Schuster

Siehe auch

Kundgebung: Syrische Oppositionelle fordern Konzertabsage [mit Videobeitrag]

Wirbel um Auftritt eines syrischen Popstars




Wirbel um Auftritt eines syrischen Popstars

Anhänger des Assad-Regimes bei einer Kundgebung in Mannheim | Archivbild 2012

Syrische Geflüchtete schlagen Alarm: Ein glühender Anhänger des Assad-Regimes will an Silvester in Mannheim auftreten. Der Musiker Ali Aldeek soll militaristische Propaganda für die syrische Regierung verbreiten.

Ein Schnäppchen ist diese Silvestergala nicht gerade. Die günstigen Tickets gibt es laut einem im Internet kursierenden Flyer für 60 Euro, für die Premium-Variante werden 190 Euro verlangt – Abendessen inklusive. Neben weiteren Musikern wird Ali Aldeek als Star des Abends präsentiert. Doch an dieser Person gibt es Kritik.

Seine Auftritte in sozialen Medien lassen erahnen, dass er in der arabischen Welt große Bekanntheit genießt. In einem Musikvideo tritt er in Armeekleidung auf und huldigt laut syrischen Aktivisten dem Diktator Assad. Überprüfen lässt sich das ohne entsprechende Sprachkenntnisse schwer, doch die Bilder sprechen eine deutliche Sprache.

Gegenüber dem SWR kündigen syrische Oppositionelle, die in Deutschland als Asylsuchende leben, Proteste gegen das Konzert an. Bereits am 23. November hatte eine kleine Gruppe vor dem Veranstaltungshaus in Mannheim-Neckarau demonstriert.

Dieser Flyer zur Veranstaltung kursiert in sozialen Medien – auch in durchgestrichener Variante | Quelle: Facebook

Bei der Mannheimer Stadtverwaltung traf eine regelrechte Protestwelle ein. Syrische Oppositionelle aus ganz Deutschland hatten sich gemeldet und ein Verbot der Veranstaltung gefordert. „Uns erreichten in den letzten Tagen circa 1.300 Äußerungen zum betreffenden Fall.“ teilte ein Stadtsprecher dem SWR mit. Obwohl die Äußerungen des Musikers bei der Stadt auf Ablehnung stoßen, fehle eine rechtliche Grundlage, um die Veranstaltung verbieten zu können.

Veranstalter soll ein Geschäftsmann aus Heidelberg sein, der die Silvestergala im Veranstaltungshaus der „Rüya Hochzeit und Konzert Organisation“ ankündigt. Dieser private Saal im Neckarauer Gewerbegebiet wird für Hochzeiten und Geburtstage genutzt und ist in migrantischen Communitys bekannt.

Auftritte von Unterstützer*innen faschistischer Regime gab es auch in der Vergangenheit. Insbesondere die türkische Community in Mannheim wird immer wieder mit Kriegspropaganda aufgestachelt. Diskussionen gab es beispielsweise um ein militaristisches Theaterstück, das als Werbeveranstaltung für Erdogans Kriegspläne kritisiert wurde.

Ob das Engagement der syrischen Oppositionellen Wirkung zeigt, bleibt abzuwarten. Bislang zeigt sich der Veranstalter uneinsichtig. Er lässt mitteilen, dass er keine politischen Absichten habe und lediglich eine schöne Silvesterparty wolle.

(cki)