Bündnis 90/Die Grünen in Rheinland-Pfalz: „Klima, Klima, Klima“ – „zur Not auch mit der Linkspartei im Bundestag“

Nahezu mantramäßig bemühten sich die Kandidaten der ehemaligen Friedenspartei um das Thema „Klima“. Vermutlich ziemlich enttäuschend für einige BesucherInnen der Wahlkampfveranstaltung am 09.09.2021 in Ludwigshafen/Rhein. Außer dem nicht unwichtigen Thema, wurden kaum weitere Inhalte des Wahlprogramms in den Fokus gerückt. Bei der Fragerunde drehten sich 80% der Fragen um das Thema „Klima“. Rund 70-80 Personen folgten der Einladung. Beim Einlass wurde peinlichst auf die 3G-Regel geachtet; besser als bei der CDU-Veranstaltung noch vor wenigen Wochen an gleichem Ort. Dafür Note 1 mit Sternchen.

Paradebeispiel dafür, wie man das Thema „Klimaschutz“ zu Tode reiten kann

90 Minuten nur Klima-relevante Themen zu bemühen ist letzendlich der Partei unwürdig. Im Wahlprogramm der Partei stehen noch weitere Themen. Das Thema „Klima“ ist wichtig, aber es gibt auch weitere Themen, die man hätte ansprechen können. Diese Chance hat man vertan. Der Spitzenkandidat der Partei in Rheinland-Pfalz, Dr. Tobias Lindner, trat so blässlich auf, wie man es von seinen Reden im Deutschen Bundestag kennt. Prof. Dr. Armin Grau („O-Ton: 60 Jahre jung), Wahlkreiskandidat für Ludwigshafen/Frankenthal versprühte keinerlei Aufbruchstimmung. Lindner, wie Grau sagten Vieles was richtig und wichtig ist, konnten aber nicht überzeugen.

Einzig, das „Megafon aus Bayern“ Dr. Toni Hofreiter, konnte ansatzweise bei dem überschaubaren thematisch bedienten Bogen der Veranstaltung gewisse Akzente setzen und für seine Partei punkten.

„Ruder rumreissen beim Klimaschutz und zur Not mit den Linken koalieren“

Nachvollziehbare Argumtente, was den Klimaschutz angeht, und weshalb man seine Partei wählen könnte, lieferte einzig Hofreiter.“Erfolgreich bewiesene Photovoltaik“, „Ausbau der Windkraftenergie“ (Die Kandidaten besuchten am Veranstaltungstag das Unternehmen GAIA in Lambsheim), „Ausstieg aus dem EEG“ und „deutliche Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommensgruppen, bei den Stromkosten“.

Wer diesen Umstieg in den nächsten 1-2 Jahrzehnten bezahlen soll; diese Frage blieb offen. „Neuverschuldung nicht ausgeschlossen“; kein Problem für die Grünen, da „die schwarze Null“ der aktuellen Bundesregierung ohnehin eine Mogelpackung wäre.

Mit Der Linken würde man gerne koalieren, nach dem 26.09.2021. Dafür müsste sich die Linkspartei aber in den nächsten Wochen als regierungsfähig beweisen. Hofreiter, Fraktionsvorsitzender seiner Partei im Bundestag, mahnt an: „Die Linkspartei muss interne Hausaufgaben erledigen. Wir sind nicht deren Erziehungsberchtigte. Einige Personen in der Linkspartei würden diese zurückwerfen. (was die Regierungsfähigkeit angeht; Anm.d.Red.)

Tenko Saphira Bauer (Vorstandssprecherin – Bündnis 90/Die Grünen) moderierte die Veranstaltung

Viele Wahlkampfthemen der grünen Partei wurden nicht angesprochen

Unbeantwortet bis schwammig blieben, im tieferen Sinne, die Fragen nach der sozialen Gerechtigkeit. Man schnitt diese, randmäßig an, wenn es z.B. um E-Mobilität ging, woher die Rohstoffe kommen und wie diese mit Nachhaltigkeit verarbeitet und wie diese später umweltverträglich entsorgt werden könnten. Und wie dies mit Menschenrechten in den Herkunftsländern der Rohstoffe vereinbar wäre.

Schwammig auch, wie man sich innerhalb der EU sieht. Mal Pro, mal weniger. Kontra-CETA als abgeluschtes Wahlkampfthema scheint bei den Grünen immer noch zu laufen.

Bezahlbarer Wohnraum, Pflege, Aussen- und Innenpolitk, Feminissmus und Antirassimus – Fehlanzeige. Themen, denen man sich an diesem Abend nicht stellen wollte oder konnte.

Fazit:

Grüne unter sich; geringe Medienpräsenz (gefühlte minus 90% im Vgl: zur CDU an selber Stelle vor wenigen Wochen); Gegenprotest keiner. Ein rechter Blogger aus der Metropolregion Rhein-Neckar erhielt keinen Zugang zur Veranstaltung. Weil dieser Mensch keine der 3G-Auflagen erfüllen konnte; wurde dieser „Pseudo.-Journalist“ nach Meinung der Veranstalter abgewiesen. Die Partei präsentierte sich forsch, aber am Ende kämpferisch-lasch. Aus diesem Abend hätte man mehr thematisch machen können und müssen, wenn man bei Umfragen im Dauerwettstreit mit SPD und CDU, aktuell eher im Hintertreffen ist und künftig mit Annalena Baerbock die nächste Kanzlerin stellen möchte. Irgendwie auf der Flucht nach „Oben“ und immer mit dem Blick nach Hinten…

(Bericht und Fotos: Christian Ratz)

 




Kretschmann: „Impfen ist eine tolle Sache“ – Ministerpräsident auf Stippvisite in Mannheim

Auf Einladung der Mannheimer Stadtspitze besuchte MP Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) am 02.07.2021 den Stadtteil Neckarstadt-West. Auf dem Programm standen das Impfzentrum im Bürgerhaus, die Baustelle „Kaisergarten“ und das Kulturprojekt ALTER. Konfrontiert wurden der Ministerpräsident und der OB Dr. Kurz (SPD) mit Kritiken und Forderungen von GentrifizierungsgegnerInnen. In dieser Diskussion machte der Mannheimer Oberbürgermeister keine gute Figur.

Impfzentrum Bürgerhaus

Dr. Tobias Vahlpahl, Impfkoordinator und Koordinator Quartiermanagement in Mannheim, führte den Ministerpräsidenten durch das Impfzentrum. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor, wenn nicht der entscheidende, so die Verantwortlichen, ist das ehrenamtliche Engagement. Ohne dieses, so würdigten es auch MP und OB, könne man die Menschen in diesem Stadtteil nicht erreichen und von der Wichtigkeit einer freiwilligen Imfpung überzeugen. Hervorgehoben wurde auch die Relevanz von sozialem Status und Gesundheitsvorsorge. Dort wo es sich anbietet, ist es sinnvoll in die Quartiere zu gehen. MP Kretschmann: „Mannheim kann mit diesem Ansatz für Baden-Württemberg ein gutes Beispiel sein“.

Dr. Vahlpahl sagt dem KIM auf Nachfrage: „Im Bürgerhaus wird das Covid19-Vakzin des Herstellers Moderna verimpft. Zwischen 20. Juni und 04. Juli 2021 konnten 4.500 Personen aus dem „Kiez“ auf freiwilliger Basis geimpft und geschützt werden. Dies zeige den hohen Bedarf an Gesundheitsschutz in Pandemiezeiten in diesem Stadtteil.“ Mit dieser hohen Impfbereitschaft hatten Vahlpahl und sein Team zu Beginn der Aktion nicht gerechnet.

„Kaisergarten“ wird Kinder- und Jugendzentrum

Ab 2022 soll das ehemalige und aus der Kaiserzeit stammende Veranstaltungsgebäude in neuem Glanz erstrahlen. Vor Ort lies sich MP Kretschmann über den Umbaufortschritt und die künftige Nutzung informieren. Künftig soll es in dem neuen Zentrum für junge Menschen in diesem Stadtteil sowohl kulturelle Angebote, als auch Betreungsmöglichkeiten geben. Die Kosten für den Umbau tragen Land und Stadt.

Zwischenstopp Neumarkt

Hier finden aktuell umfangreiche Sanierungsarbeiten statt, die der Neugestaltung dienen. Hier vor allem der großen Grünfläche. Diese hatte in den letzten Jahren ziemlich „gelitten“ und sah optisch nicht mehr gut aus. Man darf auf das Neue gespannt bleiben.

Projekt ALTER und Wohnen in der Neckarstadt-West

Bei der Ankunft am Neckarufer warteten schon dutzende GentrifizierungsgegnerInnen auf den grünen Landesvater.

Kretschmann und Kurz stellten sich bereitwillig den DemonstrantInnen, um deren Forderungen und Kritiken zu hören. Bemängelt wurden von den AktivisitInnen beispielsweise, dass die Stadt zu wenig von ihrem Vorkaufsrecht bei Immobilien gebrauch machen würde und dass die Mietpreise insgesamt zu hoch seien. OB Dr. Kurz zog sich auf den Punkt zurück, dass oft Preise aufgerufen würden, bei denen die GBG einfach nicht mitbieten würde. Kapitalstarke Investoren haben damit die Oberhand. Defensiv sagte der OB, dass man sich gezielt, auch im Stadtteil Jungbusch, gegen weitere Gentrifizierungstendenzen einsetze. Auch und um u.a. bulgarischen Migranten bessere Wohnmöglichkeiten bieten zu können. Oft habe die Stadt aber gar keine Möglichkeiten ihr Vorkaufsrecht auszuüben.

„Mietpreise für knapp 1.000,- Euro im Monat für ein Studi-Zimmer“ war ein weiteres Reizthema. Darauf konnte OB Dr. Kurz nur sagen, dass dies etwas mit Abfindungszahlungen zu tun hätte und die Stadt in diesem Fall nicht tätig werden konnte. Was dies auch immer heißen mag? Es schien so, dass der MP „gute Miene zum bösen Spiel“ machte.

ALTER rockt. Das noch recht frische Kultur- und Kunstprojekt wird – pandemiebedingt – erst jetzt durchstarten können. Ausgehen tut dies vom allbekannten Einraumhaus. Nun erweitert um die Flächen des ehemaligen Eichbaum-Biergartens entsteht dort ein neues Kunst-/Kulturangebot gepaart mit Sport und urbaner Mobilität. Plus kleiner Gastronomie. Finanziert wird das Projekt auch mit Mitteln der Stadt.

 

(Bericht und Fotos: Christian Ratz)

Weiterführende Links:

https://www.alter-mannheim.de/

https://www.mannheim.de/de/seiten?fulltext=impfzentrum+neckarstadt

https://www.mannheim.de/de/nachrichten/kaisergarten-wird-saniert




Landtagswahl Baden-Württemberg: Der Kommunalinfo-Kandidat*innen-Check im Videointerview

Kommualinfo Mannheim hat für euch Kandidat*innen zur Landtagswahl Baden-Württemberg interviewt. 10 Fragen querbeet durch die Themen der Landespolitik und die Antworten in maximal 20 Sekunden – das war die Herausforderung. Rede und Antwort standen uns Susanne Aschhof (Bündnis 90/Die Grünen), Boris Weirauch (SPD), Jessica Martin (Klimaliste Baden-Württemberg) und Sven Metzmaier (Die Linke). Anfragen gab es auch an Die Partei und Volt, mit denen jedoch keine Interviews zustande kamen. Viel Spaß beim Anschauen, bildet euch eure Meinung und nutzt eure Möglichkeiten, die Landespolitik mitzugestalten! (cki/scr)

Link zum Youtube-Video: https://youtu.be/sSFpd5h-q50




„Gemeinsam gegen Faschismus, Gemeinsam für Demokratie“ (mit Fotogalerie)

Am Sonntag, den 09.02.2020, versammelten sich etwa 150 Menschen auf dem Heidelberger Bismarckplatz zur Kundgebung unter dem Motto „Gemeinsam gegen Faschismus, Gemeinsam für Demokratie“.
Vorangegangen waren der Versammlung die unsäglichen Ereignisse um die Wahl des Ministerpräsidenten im Thüringer Landtag.

 

Die Wahl von Thomas Kemmerich, die FDP in Thüringen mit gerade einmal 5, 0005% völlig unbedeutend repräsentierend, wurde in der vergangenen Woche mit Hilfe der Stimmen der AfD gewählt. Die CDU und FDP paktierte dazu mit einer Partei, dessen Landeschef zu Recht Faschist genannt werden darf.
Die Empörung darüber schlug bundesweit hohe Wellen und mobilisierte überall Kundgebungen und Demonstrationen. Der weitere Verlauf und auch die Vorgeschichte dieses Tabubruchs sind inzwischen bekannt, und darum ließ sich auch niemand von Kemmerichs Rücktritt beschwichtigen und folgte den zahlreichen Aufrufen zum Protest.

In Heidelberg wurde dieser von den Schwetzinger Linken organisiert, ein Blick nicht nur in die Reihen der Redner*innen, sondern vor allem auch in die Reihen der Teilnehmer*innen zeigte, hier war die bürgerliche Mitte auf dem Platz. Die bürgerliche Mitte darf nicht von Faschisten definiert werden, soviel war gleich klar.

Dorothea Kaufmann, Stadträtin der Grünen in Heidelberg

Dorothea Kaufmann, Stadträtin der Grünen in Heidelberg mahnt:
„Wir müssen uns viel wärmer anziehen und darüber nachdenken, was die AfD als nächstes tun könnte. Weil ich befürchte, dass einige zu naiv an die Sache heran gehen. Damit will ich niemandem einen Vorwurf machen – der größte Vorwurf gebührt in diesem Moment mir selbst. Überlegt euch deshalb immer gut, wie es weiter gehen könnte, wenn ihr irgend ein politisches Amt habt, setzt euch dafür ein, dass die AfD keinen Einfluss hier bei uns, und auch sonst nirgendwo in irgendeiner Form haben wird.“

Die Vertreterin der „Omas gegen Rechts Rhein Neckar“ spricht über Anstand:
„In Thüringen ließ die Landesvorsitzende der Partei Die Linke, Susanne Henning-Wellsow demonstrativ den Blumenstrauß, der für den Sieger der Wahl zum Ministerpräsidenten gedacht war, vor Kemmerich auf den Boden fallen. Höcke, Anführer des rechtsextremen Flügels, Faschist und Königsmacher hingegen, schüttelte Kemmerich demonstrativ die Hand. Und Kemmerich nahm den Handschlag an.
Wer war hier nun anständig, und wer nicht?“
„Anstand bedeutet auch: Keinen Fuß breit den Faschisten. Und dazu gehört, Faschisten eben nicht mit den sonst üblichen Gepflogenheiten und Höflichkeiten zu bedienen, die im demokratischen Diskurs Standard sind. Diese Gepflogenheiten basieren auf gegenseitigem Respekt. Dass die AfD unsere Demokratie nicht respektiert, und ihre politischen Gegner schon gar nicht, hat sie in Thüringen mehr als deutlich gezeigt. Stattdessen bediente sie sich demokratischer Mittel, um die Demokratie ins Wanken zu bringen. Eine perfide Taktik, die sich schon die NSDAP zueigen machte, und nun lehrbuchartig von der AfD wiederholt wurde.“
„Nun rät Gauland, der den Faschisten Höcke als „Mitte der Partei“ bezeichnet, der AfD in Thüringen an, für Ramelow zu stimmen, um diesen dann zum Rücktritt zu nötigen. Also taktisch FÜR den Gegner zu stimmen, damit man ihn los werden kann. Ist das anständig?“

Omas gegen Rechts Rhein-Neckar (Archivbild)

Gauland tut damit das, was der einzige Antrieb der faschistischen AfD ist, das einzige Ziel, das sie kennt: zerstören. Er hat inzwischen völlig ausgeblendet, dass Politik nur demokratisch sein kann, wenn sie diskutiert und konstruiert.
Für jede*n die/der es ernst meint mit der Politik kann das nur bedeuten, und sie bringt das klar auf den Punkt:
„Wer Anstand und Integrität besitzt, wird nicht mit Faschisten paktieren. Weder öffentlich noch hinter verschlossenen Türen. Wer Anstand und Integrität besitzt, verharmlost eine von Faschisten gestützte Wahl nicht als demokratisch, denn Faschisten sind von Grund auf undemokratisch, und bedienen sich lediglich demokratischer Mittel, um genau mit diesen die Demokratie selbst auszuhöhlen.
Wer Anstand und Integrität besitzt, wird nicht mit Phrasen wie „Es war eine demokratische Wahl“ versuchen, die bewusste Inanspruchnahme der Stimmen von Faschisten zu verharmlosen. „

Sahra Mirow, Stadträtin Die Linke in Heidelberg

Sahra Mirow, Stadträtin für Die Linke in Heidelberg:
„Antifaschist*in zu sein, ist heut zu Tage in der öffentlichen Wahrnehmung linksextrem. Das ist bullshit – Antifaschist*in zu sein ist Bürgerpflicht. Das muss durch alle gesellschaftlichen Schichten gehen, das ist keine Sache von linken, das muss etwas sein das uns konkret vereint. Es ist wichtig, dass wir hier heute stehen und zeigen, dass wir Gegendruck aufbauen, dass wir uns das nicht gefallen lassen, dass es nicht das ist wie wir uns eine Gesellschaft vorstellen. Diesen öffentlichen Druck dürfen wir nicht fallen lassen.“
Applaus erntet sie für den Vorschlag von Neuwahlen in Thüringen: „Gerne Neuwahlen, mit 37% und der CDU im Keller haben wir eine stabile rot/grün Mehrheit. Selbst Angela Merkel sagt, man braucht wieder stabile Verhältnisse in Thüringen.“

Hieronymus Eichengrün, FDP in Heidelberg

Hieronymus Eichengrün, vertretend für die Heidelberger FDP, beteuert wie beschämend diese Ereignisse sind „“Ich bin angewidert von den Ereignissen in Thüringen, ich habe mich geschämt.“ Er fordert seine Partei auf, das Geschehen aufzuarbeiten. Aber auch den Heidelbergern zeigt er Position, erst in einer Entschuldigung für das Verhalten der FDP und auch, in dem er das Gespräch anbietet.
Er nutzt damit eine Chance, die eine scheue Heidelberger CDU verstreichen ließ. Vertreter der CDU suchte man vergebens, das ist gerade an Tagen enttäuschend, an denen es geboten ist, zusammen Haltung zu zeigen. Hier sollte man Ressentiments ablegen und Demokratie als das verteidigen, was sie ist: Meinungsvielfalt, nicht immer Meinungsgleichheit, aber immer und ohne Ausnahme eine klare Haltung gegen jene, die sich als Feinde der Demokratie zeigen.

Der Abend, schloss mit einem gemeinsamen „Bella ciao“

(Bericht/Bilder: Daniel Kubirski)




Eine Antwort der Interventionistischen Linken: Arroganz statt Augenhöhe – Die (Selbst-)Zerstörung der SPD

Kommentar der Interventionistischen Linken Rhein-Neckar zum Artikel „Die Jungbuschvereinbarung – Verteidigung einer dialogbasierten Stadtteilpolitik“ von Isabel Cademartori, stellvertretende Vorsitzende der SPD Mannheim 

Wir sind sicher keine Sozialdemokrat*innen. Denn wir sind uns bewusst, dass Kapitalanhäufungen Partikularinteressen nach sich ziehen, die mit dem Gemeinwohl ebenso wenig in Einklang zu bringen sind wie mit einer demokratischen Gesellschaft. Und dass die Vertreter*innen dieser Partikularinteressen ihre Privilegien nicht freiwillig durch einen Appell an Anstand und Moral abgeben werden. Was wir aber sind: Zuverlässig, bündnisfähig und realistisch. Das können all jene bestätigen, mit welchen wir in den letzten Monaten und Jahren vertrauensvoll zusammengearbeitet haben, sei es bei #FridaysForFuture, #Seebrücke, #EndeGelände, dem Silent-Dance gegen Videoüberwachung oder eben unseren langjährigen stadtpolitischen Aktivitäten, die vorwiegend im Rahmen des stadtpolitischen Bündnisses „Wem gehört die Stadt?“ (WGDS) stattfanden. 

Dass es der SPD – im Unterschied etwa zu den Grünen oder der Partei Die Linke – nicht gelingt, sich in diese (nicht mehr ganz so) neuen Bewegungen aus der Zivilgesellschaft einzuklinken, hat eine Reihe von Gründen. Anlässlich der von der SPD-Vizevorsitzenden Cademartori in der Kommunalinfo Mannheim formulierten „Verteidigung einer dialogbasierten Stadtteilpolitik“ [1], welche gegen Ende zu einer Schmähschrift gegen (Zitat) „Interventionistische Linke, Antifa, WGDS“ gerät, möchten wir in einer Stellungnahme auf diese Gründe aufmerksam machen. Hierbei geht es uns nicht um einen Schlagabtausch in Bezug auf den vorangegangenen Artikel [2], dessen Autor sicher adäquat antworten wird, sofern er ob Cademartoris „Verteidigung“ hierzu Veranlassung sehen sollte. Auch geht es uns nicht um die Auseinandersetzung mit Einzelpersonen. Gemeinsam mit dem Bündnis WGDS? haben wir immer mit allen zusammengearbeitet, mit denen Absprachen sinnvoll und möglich waren. Etwa schien uns der Quartiersmanager der Neckarstadt, der zugleich Vorsitzender des Mietervereins ist, einen deutlich sozialeren Umgang mit der Mietentwicklung zu haben als einige andere Stellen. Die Zusammenarbeit zwischen WGDS? und Mieterverein lief jedenfalls reibungslos. Uns geht es vielmehr um die viel interessantere Frage, weshalb die SPD die sozialen Initiativen im Bereich Stadtentwicklung (im Unterschied etwa zum breiten Engagement bei „Mannheim gegen Rechts“) nicht als Bündnispartner ansieht, sondern als Gegenspieler, die es zu spalten oder zu vereinnahmen gilt – und damit fortwährend über ihre eigenen Beine stolpert. 

OB Dr. Kurz bei der Eröffnung des Nachtwandel im Jungbusch

Dazu eine eindrückliche Anekdote vorweg: Im Rahmen des WGDS?-Bündnisses haben wir über Jahre hinweg Offene Stadtteiltreffen im Jungbusch veranstaltet (hierzu später mehr), in der uns zahlreiche Betroffene über ihre Erfahrungen mit ihren Vermietern berichtet haben und welche wir je nach Einzelfall an den Mieterverein vermittelt und/oder mit Öffentlichkeitsarbeit unterstützt haben, wodurch unter anderem die Kampagne #KardesBleibt entstanden ist. An einem dieser Treffen nahm auch Frau Cademartori teil und teilte zum Erstaunen der sonstigen Anwesenden mit: Unser Problem sei, dass wir auf Augenhöhe mit der Stadt sprechen wollten. Dieser Anspruch sei vermessen. Von dieser Haltung handelt dieser Text.  

  1. Gentrifizierung als offizielle Stadtdoktrin

Aber zurück zum Anfang: Bereits im Februar 2014 machte die Initiative „FairMieten – Gegen Mietwucher in der Neckarstadt-Ost“ in einem Schreiben an alle Stadträt*innen [3] auf „exorbitante Mieterhöhungen in der Neckarstadt-Ost“ aufmerksam und forderte eine Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB („Milieuschutzsatzung“). Die Antwort des SPD-Oberbürgermeisters [3] lässt tief blicken und gibt noch heute die offizielle Doktrin der Stadt authentisch wieder, weshalb sich ein Zitat im Wortlaut lohnt: „Die soziale Mischung in den Quartieren der Innenstadt und den direkt angrenzenden Stadtteilen ist […] ein wichtiges Ziel der Stadtentwicklung. Neben der Sicherung bezahlbaren Wohnraums gehört dazu auch die Schaffung attraktiver Angebote für Menschen mit höheren Einkommen, die in der Bevölkerungsstruktur der Innenstadt und der angrenzenden Quartiere bisher unterrepräsentiert sind.“ 

Um eins vorweg zu nehmen: Entgegen der abschätzigen Unterstellung von Frau Cademartori romantisieren wir soziale Segregationsprozesse nicht. Wir sind uns auch durchaus unseren eigenen Rollen in diesen Prozessen bewusst, auch wenn wir weitaus heterogener aufgestellt sind als Frau Cademartori dies (wiederum) unterstellt. Gerade aufgrund unserer verschiedenen Lebensrealitäten ist es uns wichtig, in diesen Prozessen Position zu beziehen: Statt ohnehin privilegierten Bevölkerungsgruppen den roten Teppich auszurollen, sollte die Stadt nichtprivilegierte Bevölkerungsgruppen in ihrem eigenen Vorankommen unterstützen. Zudem finden Segregationsprozesse auf beiden Seiten der Medaille statt: Wo sind die Programme der Stadt zur Schaffung günstigen Wohnraums in Quartieren mit hohen Mieten, in denen Menschen mit niedrigeren Einkommen „unterrepräsentiert sind“? Durchmischung von Quartieren mit geringem Einkommen ohne gleichzeitige Durchmischung von Quartieren mit hohen Einkommen ist nichts anderes als Verdrängung. 

Zeitgleich zu der Forderung von FairMieten zum Beschluss einer Milieuschutzsatzung gründeten wir mit einigen weiteren Initiativen das stadtpolitische Bündnis „Wem gehört die Stadt?“ Schnell rutschte das Thema Mietpreisentwicklung und Gentrifizierung in unseren Fokus, das wir mit zahlreichen Informations- und Diskussionsveranstaltungen auf die Agenda setzten. Angefangen von einem Vortrag von Andrej Holm (welcher später kurzzeitig Staatssekretär für Stadtentwicklung und Wohnen der rot-rot-grünen Landesregierung in Berlin wurde), Stadtforscherin Pelin Tan sowie dem Journalisten Peter Nowak, über Filmvorführungen, Infostände und „Recht auf Stadt“-Ratschläge. Für diese Veranstaltungen erhielt WGDS? viel Zuspruch, die Beteiligten des Bündnisses merkten aber auch: Allein das theoretische Verständnis über das Problem genügt nicht. 

  1. Praktische Solidarität statt Symbolpolitik: Besetzung der Carl-Benz-Straße 82 und Veranstaltung Offener Stadtteiltreffen

Denn die Gentrifizierung der „Innenstadt und der angrenzenden Quartiere“ schritt mit großen Schritten voran. Auf den Veranstaltungen berichteten Betroffene von dem geplanten Abriss der 129 GBG-Wohnungen in der Carl-Benz-Straße. Die Häuser waren zu diesem Zeitpunkt bereits fast vollständig entmietet, nur eine Handvoll Mieter*innen harrten noch in den Wohnungen aus und widersetzen sich den Plänen der GBG, unterstützt durch den Mieterverein, FairMieten – und dann eben auch WGDS?. Nach Aussage des ehemaligen Geschäftsführers der GBG war bei den geplanten Neubauten ein Mietpreis unter 10 € pro Quadratmeter nicht zu machen – gegenüber den bisherigen Preisen eine Verdoppelung. Die Bewohner*innen schilderten ihre Ängste und Empörung darüber, dass sie aus ihren langjährigen Wohnungen gedrängt werden sollten. Und darüber, dass die GBG sie über ihre Absichten lange Zeit im Dunkeln ließ. Allen Beteiligten im Bündnis war klar: Wenn wir es ernst meinen mit der Solidarität, dann müssen wir besser gestern als morgen handeln und in jene Prozesse eingreifen, die wir bislang lediglich kritisiert hatten. 

Am 5. März 2015 fand schließlich ein Akt praktischer Solidarität statt. Räume in der Carl-Benz-Straße 82 wurden besetzt [4]. Nachdem die Besetzung am 5. März um 13 Uhr bekannt gegeben worden war, fanden sich schnell zahlreiche Interessierte und Pressevertreter*innen ein, Anwohner*innen und Passant*innen zeigten sich offen und solidarisch, diskutierten über die Entwicklung im Stadtteil und ihre eigenen Erfahrungen mit Vermietern und dem Wohnungsmarkt. Andere unterstützen die Aktion, in dem sie spontan Sitzmöbel, Lampen oder Lebensmittel spendeten. Über den Tag verteilt besuchten gut 200 Menschen die besetzten Wohnungen und brachten ihre Unterstützung für die vorgebrachten Anliegen zum Ausdruck. Die GBG blieb stur, die Gebäude wurden abgerissen, daran konnte auch eine anschließende Demonstration [5] nichts mehr ändern. Aber die Aufgabe der GBG, preisgünstigen Wohnraum zu schaffen und nicht an den Preissteigerungen mitzuwirken, wurde durch die Besetzung wieder stärker in das Bewusstsein gerufen. Wir wissen, dass WGDS? mit seiner Unterstützung auch die Verhandlungsposition der verbliebenen Mieter*innen gestärkt hat.

Aber auch im Jungbusch waren Anzeichen des geplanten Wandels in der Bevölkerungsstruktur deutlich zu sehen. Aufgrund der gewonnenen Aufmerksamkeit wurden diverse Beschwerden an WGDS? herangetragen. Wir waren auch selbst unter den Betroffenen und erhielten Mieterhöhungsverlangen von Hildebrandt & Hees. Offenbar betrachteten viele Menschen aus dem Viertel WGDS? als Ansprechpartner für ihre Probleme. Wir mussten also einen Ort schaffen, wo diese Sorgen vorgetragen werden können, Menschen zusammenkommen können und Stadtteilpolitik von Unten betrieben werden kann. Aus diesem konkreten Bedürfnis nach Hilfe und Solidarität heraus und nicht – wie Cademartori wiederum behauptet – aus dem Wunsch, etwas zu inszenieren, entstand die Idee des eingangs erwähnten Offenen Stadtteiltreffens (OST) Jungbusch. Unsere Erfahrung: Der „Klassenkampf“, den Cademartori dem Bereich der Fiktion zuordnet, fand zu diesem  Zeitpunkt bereits statt – nicht nur, aber auch und insbesondere durch Hildebrandt & Hees. In der Form drastischer, aber legaler Mietsteigerungen. Und in der Form von legalen und illegalen Drangsalierungen der Mieter*innen wie unrechtmäßigen Kündigungen, teilweise gar fristlosen Kündigungen und Räumungsverlangen zur Unzeit (z. B. kurz vor Weihnachten). Eine Menge Menschen kommen bei diesem „Klassenkampf“ von oben unter die Räder, ohne dass die SPD-geführte Stadtverwaltung diesem wirksame Maßnahmen entgegensetzen würde. 

Dabei traf es nicht nur das von Frau Cademartori in ihrem Kommentar herabgesetzte Café Kardes, in dem eine alleinerziehenden Mutter ihren Lebensunterhalt bestritt, sondern auch Familien, die teilweise schon über 15 Jahre den Jungbusch ihr Zuhause nannten. So etwa Familie B.: Diese musste schließlich im Januar 2019 den Jungbusch und das soziale Gefüge, in dem die zwei Töchter aufgewachsen sind, verlassen. Die Kündigung, welche sich auf einen Mietrückstand aufgrund eines von Familie B. unverschuldeten Fehlers des Jobcenters begründete, konnte auch durch den Mieterverein nicht mehr abgewendet werden. Familie B. wohnt inzwischen in Ludwigshafen, die Wohnung wurde saniert und wird nunmehr von einer zahlungskräftigeren Studi-WG bewohnt. Wer durch die Häuser von H&H geht, wird überwiegend nur noch solche WGs finden. Wie das zu einer „sozialen Durchmischung mit positivem Effekt für die Bevölkerung“ beitragen soll, bleibt fraglich.

  1. Reagiert die Stadt? Der 10-Punkte-Plan und die Besetzung der Hafenstraße 66

Am 27. Juni 2017 verabschiedete der Mannheimer Gemeinderat schließlich das „12-Punkte-Programm für preisgünstigen Wohnraum“ [6]. Hierzu hat das Bündnis WGDS? eine Erklärung abgegeben [7], die durchaus Unterstützung zum Ausdruck bringt, jedoch auch klar die bestehenden Leerstellen benennt: Nämlich „jede Aussage dazu, wie die Stadt auf den Aufkauf ganzer Straßenzüge reagieren möchte, wie er derzeit im Jungbusch durch den Immobilienfond BNP Paribas und die Immobilienverwaltung Hildebrandt & Hees erfolgt.“ Ferner machte das Bündnis darauf aufmerksam, dass die Bewohner*innen leichte Beute für ein entsprechendes Agieren von Immobilienverwaltungen darstellen: „Gerade Familien mit Migrationshintergrund und EU-Bürger*innen mit unsicherem Aufenthaltsstatus sind von unberechtigten Kündigungen und drastischen Mieterhöhungen betroffen. Private Vermieter*innen und Wohnungsgesellschaften nutzen deren prekäre Lage bewusst aus, mit dem Ziel, freiwerdende Wohnungen zu sanieren und zu deutlich höheren Quadratmeterpreisen neu zu vermieten.“ 

Eben dieses Fehlen einer Strategie, Bewohner*innen in Stadtvierteln wie dem Jungbusch vor steigenden Mieten und der damit verbundenen Verdrängung zu schützen wurde auch am 30. Juli 2017 bei einer Veranstaltung der SPD in der „Harbour Bar“ (Jungbuschstraße) von Vertreter*innen des Offenen Stadtteiltreffens Jungbusch kritisiert [8]. Die dort anwesenden Vertreter*innen der Bundes- und Landespolitik der SPD (MdB Stefan Rebmann, MdL Andreas Storch, MdL Boris Weirauch) sowie Isabel Cademartori als Vorsitzende der SPD-Innenstadt/Jungbusch stellten dabei den Besucher*innen ihre Konzepte vor, wie bezahlbarer Wohnraum zu schaffen sei. Andreas Storch erkannte dabei richtigerweise, dass es „der Markt [nicht] richten wird“. Mehrfach wurde betont, wie wichtig es sei etwa mit einem Liegenschaftsfond Häuser im Jungbusch aufzukaufen, um der Mietpreisspirale entgegen zu wirken. Als von den Besucher*innen die Frage aufkam, welche Häuser im Jungbusch angekauft werden sollen und was mit dem leerstehenden Haus in der Hafenstraße 66 geschehe, welches sich bereits im Besitz der Stadt befand, trat betretenes Schweigen unter den SPD-Vertreter*innen auf. Schließlich teilte Boris Weihrauch nach kurzem Überlegen und fast kleinlaut mit, dass es für die Hafenstraße 66 andere Pläne gäbe: Das Haus solle an die Kreativwirtschafts- Gmbh der Stadt verkauft werden. Es sollten Büros ähnlich wie im Kreativwirtschaftszentrum C-Hub gegenüber entstehen. Verständlicherweise trat Empörung unter den Besucher*innen darüber auf, dass in einem der beiden bislang aufgekauften Häuser (Beilstraße 19 und Hafenstraße 66) kein preisgünstiger Wohnraum entstehen soll. Nein, stattdessen sollten dort Büros und Arbeitsplätze welche die „Attraktivität“ des Viertels weiter steigern sollen, entstehen – mit entsprechenden Folgen für die Bestandsmieter*innen.

 Eine Woche später wurde die Hafenstraße 66 besetzt [9]. Die Aktivist*innen wollten dafür sorgen, dass in der Hafenstraße 66 Wohnraum entsteht und Aufmerksamkeit auf die Problematik im Jungbusch lenken. Spontan wurde gefordert, dort ein Projekt des Mietshaussyndikates zu schaffen – ein Finanzierungskonzept, mit welchem ein Wohnhaus dauerhaft dem Immobilienmarkt entzogen werden kann. Der Tag der Besetzung war von großer Solidarität von Anwohner*innen, zahlreichen und sehr wohlwollenden Pressegesprächen sowie intensiven Verhandlungen mit Vertreter*innen der Stadt geprägt. Zu den Erfahrungen dieses Tages gehört daher auch, dass Vertreter*innen der Stadt ganz anders mit stadtpolitisch Aktiven sprechen können, wenn sie es denn wollen: Petar Drakul (SPD), persönlicher Referent des Oberbürgermeisters, zeigte sich zwar sehr angespannt, suchte jedoch unentwegt das Gespräch mit den Aktivist*innen. Selbst Quartiermanager Michael Scheuermann, der stadtpolitisch Aktive ansonsten meidet wie der Teufel das Weihwasser, machte sich bekannt und tauschte Handynummern aus. Am Ende konnte eine vorläufige Einigung erzielt werden: Es wurde freies Geleit und ein ernsthaftes Gespräch im Rathaus vereinbart. Die Besetzer*innen verließen das Haus und die Vertreter*innen der Stadt am nächsten Tag die Gesprächsführung auf Augenhöhe. Als je ein Vertreter von WGDS, OST-Jungbusch und dem SWK (Wohnprojekt im Mietshausyndikat auf Turley) am nächsten Montag im Rathaus ankamen, saßen sie 17 Personen der Steuerungsgruppe Wohnen gegenüber. In einem einstündigen Monolog der Steuerungsgruppe wurde groß und breit erklärt, was die Stadt schon alles unternehme. Trotz angespannter Atmosphäre und verbaler Angriffe („Ihr habt nichts! Kein Haus! Kein Geld! Kein Konzept!“) konnte sich am Ende auf eine gemeinsame Erklärung geeinigt werden. Den Besetzer*innen wurde Unterstützung zugesichert, falls diese konkrete Schritte zur Realisierung eines Mietshaussyndikats unternehmen möchten. 

Einige Monate später teilte uns die Stadt mit, sie hätte vor, die Hafenstraße 66 an die GBG zu verkaufen; diese solle dort preisgünstigen Wohnraum für Familien schaffen [10]. Dieser Schritt wurde von uns und WGDS? begrüßt, da es von Anfang an das zentrale Anliegen war, dass in der Hafenstraße 66 preisgünstiger Wohnraum entsteht. Dass nun nicht WGDS?, sondern die GBG sich um die Umsetzung kümmert, lag angesichts unserer knappen Kapazitäten als in unserer Freizeit stadtpolitisch Aktive in unserem Interesse.  

Durch die spontane Besetzung wurde neben der großen medialen Aufmerksamkeit auch ein enormer Druck auf die Stadtpolitik erzeugt. Während Oberbürgermeister Kurz (SPD) Anfang des Jahres auf einer Veranstaltung zum neu entstehenden Quartier in Franklin noch erklärt hatte, Mannheim sei nicht reich genug für Gentrifizierung, versicherte er 10 Monate später zur Eröffnung des Nachtwandels, die Stadt nehme sich der Probleme im Jungbusch an und werde auch eine Lösung für die Hafenstraße 66 finden. 

  1. Von der Jungbuschversammlung zur „Jungbuschvereinbarung“

Dieser Druck auf Stadtpolitik und Verwaltung führte letztendlich auch zur Einberufung der „Jungbuschversammlung“ im Winter 2017 in der Jungbuschhalle + X. Schon im Vorfeld der Versammlung wurde die Strategie der Stadt klar: Ziel war es, die eigene Stadtteilpolitik zu beschönigen, Probleme zu relativieren und damit wieder Frieden in den Jungbusch zu bringen. Die danach angekündigte „Jungbuschvereinbarung“ sollte suggerieren, dass die Stadt die Sorgen und Nöte der Anwohner*innen ernst nimmt. Entsprechend gab Benjamin Herrmann (SPD) bei einer Veranstaltung der Falken am 10. Mai 2019 kund: „In erster Line dient die Vereinbarung dazu, den Jungbusch wieder zu befrieden, dort gab es ja sogar eine Hausbesetzung.“ Gerade das ist das Traurige und Zynische an der bisherigen, SPD-geführten, Stadtteilpolitik: Dass sie nicht dem Zweck dient, die Probleme der Bewohner*innen ernst zu nehmen und diese bei ihrem Kampf gegen steigende Mieten und Verdrängung zu unterstützen, sondern vornehmlich darum, die Deutungshoheit wieder zu erlangen. 

Wie Cademartori in ihrem Artikel in der Kommunalinfo selbst andeutete, durften zu der handverlesenen Gruppe, welche die „Jungbuschvereinbarung“ erarbeiten sollte („Monitoringgruppe“), auf seiten der Mieter*innen keine Interessenvertreter*innen teilnehmen. Zu ergänzen ist: Ebenso nicht teilnehmen sollten Personen, die den kommunalen Strukturen bereits „unangenehm“ aufgefallen sind. Anfangs gehörte zu der Gruppe auch eine Person, welche sich im WGDS?-Bündnis engagierte und selbst Geschädigte von Hildebrandt & Hees ist (wobei sie nach unserem letzten Stand bislang alle Prozesse gegen Hildebrandt & Hees gewonnen hat). In einem Facebook-Posting wies Cademartori darauf hin, dass diese Person „nach dem ersten Treffen ausgestiegen“ sei, verschwieg jedoch folgenden Hintergrund des Ausstiegs, obgleich dieser von besagter Person offen kommuniziert wurde: 

Als sich auf dem ersten Treffen der „Monitoringgruppe“ eine Mieterin, die nur wenig Deutsch sprach, traute, etwas zu sagen, wurde ihr mit einem Lachen begegnet. Eingeleitet wurde das Lachen vom persönlichen Referenten des Oberbürgermeisters, Michael Scheuermann (Quartiersmanager Jungbusch) und Cademartori schlossen sich demonstrativ an (denn das ist schließlich der Sinn des Lachens in Gruppen: Die Bildung einer Peer-Group). Die Drei waren die Einzigen in der Gruppe, welche die Äußerung der Mieterin witzig fanden. Die Mieterin hatte erwähnt, dass sie in ihrer Wohnung seit einem halben Jahr kein fließend warmes Wasser mehr zur Verfügung hat. Zum Lachen war wohl, dass die Äußerung nicht das Thema betraf, über das gerade gesprochen wurde. Daran hätte man erkennen können, dass die Mieterin der Diskussion nicht folgen konnte. Natürlich meldete sich die Mieterin nach dieser Reaktion nicht mehr zu Wort. Das WGDS?-Mitglied kündigte dann in einer E-Mail sein Fernbleiben von den zukünftigen Treffen und führte aus: „Wenn Leuten, die offensichtlich der Diskussion nicht folgen können, nicht einmal eine Hilfe zur Seite gestellt wird, dann ist wohl auch eine Beteiligung der Bewohner nicht wirklich gewünscht.“ Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen. 

Am 6. Mai 2019 wurde dann ein „Regelwerk für das gute Miteinander im Busch“ („Jungbuschvereinbarung“) [11] einem ausgewählten Publikum „öffentlich“ vorgestellt. Öffentliche Ankündigungen hierzu gab es im Vorfeld nicht. Zu diesem Regelwerk haben wir uns bislang nicht geäußert, weil es unseres Erachtens kein stadtpolitisches Instrument ist, sondern das, was wir befürchtet hatten: Eine unverbindliche Absichtserklärung eines nicht nachvollziehbaren Personenkreises. Wir freuen uns darüber, wenn solche Initiativen von zivilgesellschaftlichen Akteuren ausgehen, von der Kommunalpolitik erwarten wir hingegen schärfere Schwerter. Die Annahme ist sicher nicht fernliegend, dass die „konkreten Antworten und Lösungen“ für die Bewohner*innen nachhaltiger wären, wären die finanziellen und personellen Ressourcen z.B. in aufsuchende Sozialarbeit investiert worden statt in eine unverbindliche Erklärung. 

  1. Die Rolle des Quartiersmanagements im Jungbusch: Befriedung statt Unterstützung im Konflikt

Hinsichtlich der dem Quartiersmanagement (QM) Jungbusch in der „Jungbuschvereinbarung“ angedachten Stellung als „Anwalt“ der Bewohner*innen, möchten wir darauf hinweisen, dass es gerade die Aufgabe des Quartiersmanagements ist, den Wandel zu beschleunigen, unter denen die Menschen jetzt leiden. 

Die Stadt Mannheim selbst beschreibt die Aufgaben des QM Jungbusch auf ihrer Homepage wie folgt: „Vor dem Hintergrund der weiter bestehenden Probleme im Quartier, der bisher erfolgreichen Maßnahmen der Stadtteilregenerierung, der sich bietenden Entwicklungschancen und des eingeleiteten Strukturwandels ist es erforderlich, das Quartier Jungbusch umfassend zu entwickeln, und ihn insbesondere städtebaulich aufzuwerten und wohnungswirtschaftlich, sozial, kulturell und ökonomisch weiter zu stabilisieren. Die Netzwerke der Stadtteilarbeit mit ihren Angeboten sind wesentliche Garanten dafür, dass der im Jungbusch eingetretene tiefgreifende Wandel auch zukünftig weitgehend konfliktfrei verläuft und die Chancen der Entwicklung genutzt und Risiken der Entwicklung minimiert werden. Bei einer weiterhin positiven Entwicklung kann sich der traditionsreiche Mannheimer Stadtteil Jungbusch von seiner bisherigen Funktion, Aufnahmestadtteil und Durchgangstation für benachteiligte Bevölkerungsgruppen zu sein, befreien, Schritt für Schritt stabilisieren und zu einer ausgewogeneren Bevölkerungszusammensetzung kommen.“ [12]

Vor diesem Hintergrund kann dem QM nicht vorgeworfen werden, dass es die ihm von der Stadt auferlegten Aufgaben umsetzt. Die konkrete Form, wie dies geschieht, dagegen schon: Der Gentrifizierungsprozess im Jungbusch wurde vom QM mehrfach geleugnet und z. B. in der Stadtteilzeitung „Buschtrommel“ 2015 [13] als „normaler“ Strukturwandel abgetan, der eine verbesserte Lebenssituation der Menschen und Chancen für „den Jungbusch“ verspricht. Zu diesem Zeitpunkt hatte Hildebrandt & Hees mit Hilfe der französischen Bank BNP Paribas bereits mehr als 10 Häuser im Jungbusch gekauft und teilweise komplett „entmietet“ (z. B. Beilstraße 10). Trotzdem waren dem QM bis zu diesem Zeitpunkt weder die überdurchschnittlich steigenden Mieten im Quartier, die Verdrängung langjähriger Bewohner*innen durch H&H, noch der 5-jährige Leerstand der Hafenstraße 66 eine größere Öffentlichkeit wert. Als sich bereits mit WGDS? zivilgesellschaftliches Engagement zu formieren begann und es dem QM nicht gelang, die Gruppe wie üblich zu vereinnahmen, wurde ihr Agieren und ihre Anliegen delegitimiert und als nicht im Sinne und von Relevanz für die  Bewohner*innen abgetan, beispielsweise in der „Buschtrommel 2018/1“ [14]. An diese Delegitimierungsversuche schließt die „Verteidigung“ von Cademartori in der Kommunalinfo Mannheim nahtlos an. Heute hat sich für einen Großteil der damaligen Leser*innen der Buschtrommel die Lebenssituation wohl nur in den seltensten Fällen verbessert, viel häufiger dagegen der Wohnort geändert. 

  1. Neckarstadt: Turley-Skandal und LOS Neckarstadt

Eine weitere „Glanzleistung“ der Mannheimer SPD ist der „Turley-Skandal“: Die SPD muss sich die Frage gefallen lassen, wie es möglich ist, dass Grundstücke in kommunalem Besitz für 6 Millionen Euro an den Privatinvestor Tom Bock verkauft wurden und nach drei Jahren für den sechsfachen Kaufpreis weiterverkauft wurden. Nach anfänglicher Euphorie, Bekundungen der Zusammenarbeit zwischen Tom Bock und der MWSP und visionären Ideen, die „reifen müssen wie guter Wein“, folgte nach drei Jahren Baubrache, Lärm und Staub die Ernüchterung. Es sind jedoch nicht die Gewieftheit des Investors oder die Unfähigkeit der MWSP für diesen Skandal verantwortlich, sondern der fatale Irrglaube, Privatinvestoren auf dem Immobilienmarkt würden sich um die Belange der Bewohner*innen und nicht in erster Linie um ihren Geldbeutel kümmern (Stichwort „Partikularinteresse“). Wenn Immobilien oder Häuser erstmal die kommunale Hand verlassen haben, sind sie den Regeln des Marktes unterworfen. Da hilft kein freundliches Bitten oder Betteln seitens der SPD – so funktioniert Kapitalismus nicht. Die von der SPD gestartete Online-Petition mit der Bitte an die neuen Investoren, doch wenigstens ein paar preiswerte Wohnungen zu schaffen [15], verdeutlicht die Hilflosigkeit der SPD im Umgang mit Investoren, welche sie – wie im Fall Hildebrand & Hees – hofierten, statt an die Kandare zu nehmen. 

Es genügt auch nicht, den sozialen Wohnungsbau an private Wohngruppen auszulagern, um sich hierdurch die Weste rein zu waschen. Derartige Mietshäusersyndikatsprojekte leisten einen Beitrag, den wir sehr schätzen, ersetzen aber nicht den sozialen Wohnungsbau. Sie sind meist nur eine Option für Personen, denen, wenn vielleicht nicht immer die finanziellen, so doch zumindest die zeitlichen und sozialen Ressourcen zur Entwicklung eines solchen Projektes zur Verfügung stehen und sind damit wenig repräsentativ. Gerade die Stadtverwaltung und insbesondere die SPD nutzen das Engagement einzelner Personengruppen, um Werbung für ihren Wahlkampf zu machen sowie zur Kaschierung eigener Fehlleistungen. Dies relativiert nicht nur Probleme von Vedrängung, sondern nimmt betroffene Anwohner*innen nicht ernst und spricht diesen das Recht ab, eine Wohnung nach ihren Bedürfnissen zu finden oder zu behalten. 

 

Wenn man sich den Bericht der Steuerungsgruppe Lokale Stadterneuerung (LOS) Neckarstadt-West genauer ansieht [16], muss man zu dem Ergebnis kommen, dass die Stadtverwaltung als nächstes die Gentrifizierung der Neckarstadt-West massiv vorantreiben will. Das Offene Stadtteiltreffen Neckarstadt hat sich mit dem LOS-Bericht in der letzten Kommunalinfo Mannheim bereits auseinandergesetzt. [17] Bemerkenswert ist zum einen, dass die Stadt mit Hildebrandt & Hees und seinen Investoren-Gesellschaften eine Kooperationsvereinbarung geschlossen hat, um diese Aufwertungsprozesse durchzusetzen. So wird in der Vereinbarung unter anderem das Ziel des „Zuzuges Bildungsaffiner” festgeschrieben sowie die Unterstützung der Bildung “positiver Hausgemeinschaften und guter Nachbarschaften”. Bemerkenswert ist zum anderen, dass in der Kooperationsvereinbarung – anders als in der Abwendungsvereinbarung, um die sich die Stadt bei Grundstücksverkäufen im Stadtteil bemüht – auf eine Verpflichtung zur Mitteilung von Mieterhöhungsverlangen gegenüber der Stadt verzichtet wurde. Das ist gerade deshalb gravierend, weil Mieterhöhungen nach Hausübernahmen von Hildebrandt & Hees nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind. Die fehlende Verpflichtung setzt das Signal, dass die Stadt Hildebrandt & Hees freie Hand lässt. Dass Räumungsverfahren vermieden werden sollen, ist zwar löblich, greift jedoch deutlich zu spät.

  1. Die Rettung der SPD: Runter vom hohen Ross respektive Esel

„Geduld bis Dienstag, dann wissen wir mehr. Totgesagte leben manchmal länger.“ kommentierte Cademartori am Wahlabend das sogenannte Stimmzettelergebnis von 23,5 % für die SPD Mannheim. Im Ergebnis waren es dann 21,2 % und damit ein Verlust von 6,1 % für die SPD. Offensichtlich wurde die Hoffnung, Mannheimer Bürger*innen würden gezielt SPD-Persönlichkeiten panaschieren, nicht erfüllt. Demgegenüber erachteten Wähler*innen offenbar einzelne Kandidat*innen anderer Listen, insbesondere der Grünen, jenseits der eigenen Parteipräferenz als „gemeinnützig“. Im Stadtteil Innenstadt/Jungbusch, dessen Ortsverein Cademartori vorsitzt, erreichte die SPD sogar nur 17,5 %. Und das, obwohl die Menschen von SPD und Cademartori doch „konkrete Antworten und Lösungen“ auf ihre „konkreten Anliegen und Probleme“ erwarten dürfen? Steile These: Wählen Studi-WGs, denen es egal ist, dass sie in einer Wohnung wohnen, die vor der Renovierung einer migrantischen Arbeiter*innenfamilie gehörte eventuell nicht SPD? Und haben die Haushalte, welche als nächstes der „Schaffung attraktiver Angebote für Menschen mit höheren Einkommen“ weichen sollen vielleicht kein Interesse, SPD zu wählen?

Wie also weiter mit der SPD, denn eins ist klar: Solange die SPD zweistellig ist, sind progressive parlamentarische oder kommunale Mehrheiten ohne SPD-Beteiligung schwer möglich. In einem Artikel mit dem Titel „Nicht auf Augenhöhe“ [18] beschäftigt sich tagesschau.de mit der Frage, weshalb CDU und SPD Jugendliche nicht mehr erreichen. Zitiert wird darin Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele mit den Worten: „Das hat überhaupt nichts mit cool oder nicht cool zu tun. Es geht darum, verstanden zu werden, einen Dialog auf Augenhöhe zu haben.“ In dem Artikel folgen einige Beispiele, die nur allzu sehr an das in dieser Stellungnahme dargestellte Gebaren der SPD und einiger städtischer Ämter erinnern. Im kommenden Gemeinderat haben Grüne, SPD und Linke eine stabile Mehrheit. Es wird Zeit, dass diese Mehrheiten auch genutzt werden; und die SPD endlich lernt, auf Augenhöhe mit Initiativen zu sprechen, die sachlich und reflektiert, wenn auch nicht zahnlos, auf Missstände aufmerksam machen. Alles andere wäre vermessen. 

Interventionistische Linke Rhein-Neckar, 5. Juni 2019 

Links:

[1] Die Jungbuschvereinbarung – Verteidigung einer dialogbasierten Stadtteilpolitik Isabel Cademartori

https://kommunalinfo-mannheim.de/2019/05/22/die-jungbuschvereinbarung-verteidigung-einer-dialogbasierten-stadtteilpolitik/

[2] Jungbuschvereinbarung: Soziales Krisenmanagement der Marke SPD von Patrick Kokoszynski

https://kommunalinfo-mannheim.de/2019/05/17/jungbuschvereinbarung-soziales-krisenmanagement-der-marke-spd/

[3] Die „merkliche Verdrängung sozial schwacher Haushalte“ – Schreiben von FairMieten an Stadträte und Antwort des OB

https://www.facebook.com/notes/fairmieten-gegen-mietwucher-in-der-neckarstadt/die-merkliche-verdr%C3%A4ngung-sozial-schwacher-haushalte/2495977520427328/

[4] Besetzung Carl-Benz-Straße

https://www.neckarstadtblog.de/2016/03/05/spontane-hausbesetzung-der-gbg-haeuser/ / http://wgds-mannheim.de/?p=131

[5] Demonstration CBS von WGDS?

https://www.neckarstadtblog.de/2016/08/03/proteste-gegen-gbg-hoeren-trotz-teilabriss-nicht-auf/

[6] Wohnungspolitische Strategie und 12-Punkte-Programm zum Wohnen für Mannheim

https://buergerinfo.mannheim.de//buergerinfo/vo0050.asp?__kvonr=214584

[7] WGDS-Stellungnahme zum 12-Punkte-Programm

https://www.facebook.com/notes/wgds-mannheim-stadtpolitisches-b%C3%BCndnis/f%C3%BCr-eine-wende-in-der-kommunalen-wohnungspolitik/1349920461710806/

[8] Mannheimer Morgen zur Veranstaltung der SPD im Jungbusch

https://www.morgenweb.de/mannheimer-morgen_artikel,-innenstadt-jungbusch-wir-muessen-die-richtige-balance-finden-_arid,1104089.html

[9] Besetzung Hafenstraße66

https://www.neckarstadtblog.de/2017/08/05/hausbesetzer-der-hafenstrasse-66-verhandeln-erfolgreich/ 

https://www.rnz.de/nachrichten/mannheim_artikel,-Mannheim-Mannheim-Jungbusch-Hausbesetzer-wollen-Wohnraum-statt-Gruenderzentrum-plus-Fotogalerie-Upd-_arid,294120.html

[10] RNZ Artikel zum Kauf der Hafenstraße 66 von GBG

https://www.rnz.de/nachrichten/mannheim_artikel,-jungbusch-mannheim-die-hausbesetzer-koennen-zufrieden-sein-_arid,335447.html

[11] Wortlaut der Vereinbarung

http://www.jungbuschzentrum.de/die-jungbusch-vereinbarung-steht/

[12] Quartiersmanagement Jungbusch

https://www.mannheim.de/de/stadt-gestalten/quartiermanagement/quartiermanagement-jungbusch

[13] Jungbuschzeitung 2015/07

http://www.jungbuschzentrum.de/wp-content/uploads/2015/07/Buschtrommel_2_15_finalst.pdf

[14] Jungbuschzeitung 2018/05

http://www.jungbuschzentrum.de/wp-content/uploads/2018/05/Buschtrommel_1_18_web.pdf

[15] Aufruf an die vier TIPICO-Gründer

https://spd-ma.zusammenhandeln.org/aufruf_turley

[16] Bericht LOS Neckarstadt

https://www.mannheim.de/de/nachrichten/bericht-der-initiative-lokale-stadterneuerung

[17] Pressemitteilung des Offenen Stadtteiltreffens Neckarstadt zum LOS-Bericht

https://kommunalinfo-mannheim.de/2019/05/23/wgds-stadt-treibt-gentrifizierung-in-der-neckarstadt-west-massiv-voran/

[18] Nicht auf Augenhöhe

https://www.tagesschau.de/inland/jugend-parteien-101.html

 

(Bildrechte: WGDS und cki)




Kandel: Rechtes Frauenbündnis kneift kurzerhand – Hunderte gehen für Demokratie, Vielfalt und Antifaschismus auf die Straße (mit Fotogalerie)

Nach Polizeiangaben nahmen am 03.11.18 rund 500 Personen an verschiedenen Kundgebungen und Mahnwachen in der südpfälzischen Kleinstadt teil. Ursprünglich angekündigt waren 17 unterschiedliche Kundgebungen. Drei davon aus dem rechten Spektrum. Die Mehrzahl allerdings von zivilgesellschaftlichen, antifaschistischen/antirassistischen Initiativen und von Parteien. Der Demotag verlief deutlich anders, wie zunächst zu erwarten gewesen wäre.

 

 

Versammlungsbehörde der Kreisverwaltung Germersheim greift massiv ein – Polizei versucht Pressefreiheit zu behindern

Verschiedene, bereits Mitte Oktober angemeldete Kundgebungen, wurden von der Behörde nicht an den angemeldeten Orten genehmigt und an Stellen verlegt, die weder in Hör- und Sichtweite des Marktplatzes liegen sollten, geschweige denn dort einen wirksamen Gegenprotest hätten entfalten können. Eilanträge wurden von einem Verwaltungsgericht abgelehnt. Die betroffenen Anmelder sollen erst kommende Woche eine schriftliche Begründung des Gerichts über deren Anwalt zugestellt bekommen. Ein weiterer Negativpunkt auf der Liste der Versammlungsbehörde war in Zusammenarbeit mit Polizeibehörden eine Anzeige von „Unbekannt“ gegen den Kandeler Verbandsbürgermeister Volker Poß. Dieser hatte rund 50 Personen auf sein Privatgrundstück, welches sich auf der ursprünglichen Demoroute des rechten Frauenbündnis Kandel befindet, eingeladen. Angezeigt wurde er wegen des angeblichen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Begründet wurde die Entgegennahme der Anzeige, weil sich Menschen auf dem Bürgersteig vor dem Privatgrundstück befunden hätten, berichten Augenzeugen. Der Landtagsabgeordnete Alexander Schweitzer schreibt auf Facebook zu diesem Vorgang: „Rechtsextreme wollten heute am Privathaus unseres Bürgermeisters Volker Poß und seiner Familie vorbeiziehen. Wir haben uns spontan zur Unterstützung bei ihm getroffen. Ergebnis: Die Rechten haben ihre Route geändert. Und: Versammlungsbehörde bei der Kreisverwaltung Germersheim wird ein paar Fragen beantworten müssen.“

 

Das PolizeibeamtInnen in Presserecht geschult werden müssen, wurde auch an diesem Tag erneut mehr als deutlich. Zwei der drei Berichterstatter dieser Redaktion wurden mehrfach in Kandel bei der Arbeit behindert. Ein Reporter wurde, nachdem er eine Festnahmesituation fotografisch dokumentiert hatte, umfänglich personaldaten-mäßig überprüft. Diese Überprüfung hinderte den Reporter knapp eine Stunde lang daran seiner Arbeit nachzugehen. Ein weiterer Reporter wurde zweimal von ein und demselben Beamten an unterschiedlichen Orten in Kandel in rüdem Ton zu Recht gewiesen, weshalb er denn seinen Presseausweis nicht öffentlich sichtbarbar tragen würde. Der Hinweis des Reportes, dass der Presseausweis gemäß Presserecht gar nicht öffentlich zu tragen bzw. zu zeigen ist, war dem latent aggressiven Beamten sowohl unbekannt, als auch vollkommen egal. Er drohte (sinngemäß): „Beim nächsten „Vergehen“ werden ihre Personaldaten festgestellt“.

Kurzfristig gekniffen

Nur etwa 150 – 200 TeilnehmerInnen folgten den Aufrufen zu den drei aus dem rechten Spektrum angemeldeten Kundgebungen am Demotag. Das sogenannte Frauenbündnis Kandel, Patrioten NRW und eine weitere Gruppierung standen ziemlich kleinzählig auf dem Marktplatz rum, um ihre migrationsfeindlichen und verschwörungstheoretischen Parolen zu skandieren. Das „Vater unser“ wurde gebetet, bevor es zum Spaziergang losging. Allerdings nicht wie anfänglich geplant auf zwei Routen, sondern die demokratie- und migrationsfeindlichen Spaziergänger und zahlreiche Neo-Nazis wählten kurzerhand einen Weg, wo sie quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit laufen konnten – ohne auf Gehör und größeren Widerstand zu stoßen. Die ursprüngliche Hauptroute des Marco Kurz war nämlich bestens präpariert gewesen von Gegnern seiner monatlichen Aufzüge. Seine Späher, augenscheinlich Vertreter der „Biker für Deutschland“ hatten dies wohl bemerkt.

„Für Demokratie und Vielfalt und gegen Neo-Faschismus und Rassismus“ – CDU-Politiker sind Zaungäste

Über 300 Personen beteiligten sich schlussendlich gemeinsam, um für den Zusammenhalt in der Gesellschaft, für eine Willkommenskultur und eine bunte Vielfalt auf die Straße zu ziehen. Gleichzeitig damit verbunden war der starke Wille die Stimme gegen den aufkeimenden Faschismus in Deutschland zu erheben.

Bei der Auftaktkundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz sprachen u.a. die Landtagsabgeordnete Giorgina Kazungu-Haß und der Wörther OB Dr. Dennis Nitsche deutliche Worte.

„Gewalt gegen Frauen dürfe nicht toleriert werden. Einer Instrumentalisierung solcher Verbrechen die sich ausschließlich gegen männliche Migranten richtet sei entschieden entgegen zu treten. Raus aus der Komfortzone und rechten Kräften nicht die Straße zu überlassen“, so lauteten einige der Statements.

Vom Bahnhof aus ging es in einem großen, farbenfrohen und lauten Demozug auf in die Innenstadt, angeführt von den Oma’s gegen Rechts. Maßgeblich beteiligt am Gegenprotest waren Kandel gegen Rechts, Die Partei und Regionalgruppen der Kampagne Aufstehen gegen Rassismus, sowie diverse antifaschistische Gruppen aus der Region.

Die vielfach im Vorfeld kritisierte Position der CDU in Bezug auf die monatlichen rechtslastigen Aufzüge wurde am Samstag nochmals deutlich. Als Zaungäste beteiligten sich eine Handvoll CDU’ler. Anwesend waren der Landtagsabgeordnete Martin Brandl, Landrat Dr. Fritz Brechtel, der Erste Kreisbeigeordnete Christoph Buttweiler, der CDU-Verbands- und Stadtvorsitzende Michael Niedermeier und Niklas Hogrefe, Vorsitzender der Jungen Union Kandel und stellvertretender Vorsitzender des CDU Stadtverbands in Kandel. Von keinem der CDU-Vertreter war zu erkennen, dass diese sich entschlossen gegen die rechten Aufzüge, die den Ort seit Jahresbeginn belasten, stellten. Sehr rasch machte sich der Begriff „der Niederwixxer ist da“ auf den Straßen und unter den Gegendemonstranten breit.

 

In Summe erfolgreich konnten die GegendemonstrantInnen den Tag für sich verbuchen. An unzähligen Stellen wurde den Rechten auch diesmal die Ausübung deren Interpretation der Meinungsfreiheit schwer gemacht.

(Bericht: Christian Ratz / Fotos John Brambach, Erik Butz und Christian Ratz)

 

Alle Bilder des Tages:

 




Gerhard Schick geht in die außerparlamentarische Opposition

Gerhard Schick | Bild: © Gerhard Schick

“Für eine Finanzwende engagieren“ – „Gegengewicht zur Finanzindustrie“

Der Mannheimer Bundestagsabgeordnete der GRÜNEN Gerhard Schick legt zum Ende des Jahres sein Bundestagsmandat nieder. Dem Bundestag gehörte er seit 2005 an. Von 2007 bis 2017 war er der finanzpolitische Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion.

Ohne Frage: Der promovierte Volkswirt Gerhard Schick hat sich durch seine Fachkompetenz Anerkennung über die Parteigrenzen hinaus erworben. N-TV schreibt von „einem der profiliertesten Finanzpolitiker Deutschlands“. Seine Fähigkeit bestand nicht nur darin, für seine Positionen zu streiten, sondern auch andere Meinungen wahrzunehmen und sich damit auseinanderzusetzen. Das ist im herrschenden Politikbetrieb nicht unbedingt üblich. Das macht ihn zu einem streitbaren, aber angenehmen Zeitgenossen.

Innerhalb des Farbspektrums bei den GRÜNEN gilt Schick eher als links. Dass er trotzdem das finanzpolitische Sprecheramt so lange innehatte, ist sicherlich seiner unbestrittenen Fachkompetenz geschuldet. Dass er dieses Amt seit der jetzigen Legislaturperiode nicht mehr innehat und dass er das angestrebte Amt des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden nicht erreichen konnte, sagte auch etwas aus über die politische Ausrichtung der GRÜNEN. Wäre es tatsächlich nach der Bundestagswahl 2017 zu der von den GRÜNEN angestrebten Regierungskoalition mit CDU/CSU und FDP gekommen, wäre es m.E. äußerst unwahrscheinlich gewesen, dass Gerhard Schick mit einem Amt ausgestattet worden wäre, wo er etwas hätte bewegen können. Wer Gerhard Schick kennt, weiß, dass er kein Anhänger von Schwarz-Gelb-Grün ist. Eher für Rot/Rot/Grün. Aber in diese Richtung bewegt sich momentan sehr wenig.

Dass Gerhard Schick daraus die Konsequenzen zieht, um tatsächlich etwas zu bewegen, ist nachvollziehbar. Dass er hierbei sein Bundestagsmandat niederlegt, ehrt ihn und ist in der heutigen Politiklandschaft nicht selbstverständlich . Vor allem bewegt Schick, dass seit der Finanzkrise 2008 mit dem Zusammenbruch der Lehman-Bank praktisch nichts passiert ist. Jederzeit könne eine solche Finanz- und Wirtschaftskrise wieder ausbrechen. Der Finanzbranche müsse etwas entgegengesetzt werden. (siehe untenstehende Meldung).

Deswegen hat Gerhard Schick den gemeinnützigen Verein „Bürgerbewegung Finanzwende e.V.“ gegründet. Darüber haben Mannheimer Morgen und verschiedene andere Zeitungen berichtet.

Die Süddeutsche Zeitung berichtet, und das ist interessant, wer alles im Verein noch sitzt. Da sind Martin Hellwig (ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts für Gemeingüter), Peter Bofinger (Mitglied des Sachverständigenrats), Rainer Lenz (Vorstand Finance Watch), Christoph Bautz (Vorsitzender von Campact), Antje Schneeweiß (Südwind Institut), Peter Eigen (Gründer von Transparency International) und Verbraucherschützer wie Axel Kleinlein.

Dem überparteilichen Zusammenschluss sollen sich auch Norbert Blüm (CDU), Gesine Schwan (SPD), Gerhard Baum (FDP) und Axel Troost (LINKE) angeschlossen haben, aber auch der DGB und Kirchenvertreter, wie der Landesvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, der in der SZ zitiert wird: „Profit ohne Wertschöpfung – das charakterisiert die Finanzmärkte heute viel zu oft. Es treibt unsere Gesellschaft auseinander statt eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen.“

Der Verein ist Teil des internationalen Finance Watch Netzwerkes. Die Finanzierung soll für drei Jahre gesichert sein und von der Schöpflin-Stiftung, der Stiftung Finanzwende, der Hans-Böckler-Stiftung und der European Climate Foundation unterstützt werden. „Ob die Idee aber dauerhaft trägt, hängt von der Bereitschaft von Bürgern ab, sich für eine Finanzwende zu engagieren“, so Schick.

Es soll nicht nur um relativ abstrakte Fragen, wie die Regulierung der Finanzmärkte gehen, sondern auch um konkrete soziale Fragen wie die Regulierung des Wohnungsmarktes. „Wohnungen haben sich von einem Gebrauchsgut zu einem international handelbaren Anlageobjekt entwickelt. Wir plädieren dafür, die Handelbarkeit von Wohnraum einzuschränken“, sagt Schick.

Es bleibt zu wünschen, das der von Gerhard Schick ins Leben gerufene Verein tatsächlich in diesem Sinne etwas bewirken wird und sich zu einem Ansprechpartner für zivilgesellschaftliche Organisationen entwickelt.

(Roland Schuster)

 

 

Mitteilung von Dr. Gerhard Schick auf Facebook 12.09.2018:

In den 10 Jahren seit der Lehman-Pleite, dem Höhepunkt der Finanzkrise, ist es nicht gelungen, die Finanzmärkte wieder in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Schuldenkrisen, Betrug und Steuertricks sind nach wie vor an der Tagesordnung. Deswegen nehme ich jetzt mit zahlreichen prominenten und kundigen MitstreiterInnen einen neuen Anlauf mit der Bürgerbewegung Finanzwende, deren Vorstand ich seit Juli bin.

Ziel wird es sein, überparteilich und aus der Zivilgesellschaft he…raus ein Gegengewicht zur Finanzlobby zu bilden, mit Verbraucherinformation, Studien sowie vor allem mit Kampagnen, die Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, in Finanzmarktfragen Position zu beziehen.
Weil der Aufbau einer solchen überparteilichen Organisation nicht mit einem Bundestagsmandat vereinbar ist, werde ich zum 31.12.2018 von meinem Bundestagsmandat zurücktreten.

Auf meiner kommenden Veranstaltung am Dienstag, den 18.9. im Bürgerhaus Neckarstadt in Mannheim (Hervorhebung durch die Redaktion) werde ich einerseits erläutern, warum die Finanzkrise noch lange nicht vorüber ist, und andererseits meine Entscheidung persönlich darlegen. Weitere Informationen dazu findet Ihr auch auf meiner Homepage unter dem Link: https://www.finanzwende.de/mitmachen/kampagnen/appell-zur-ueberwindung-der-krise/ Ich möchte mich an dieser Stelle schon herzlich bei meinem Landesverband und dem Mannheimer Kreisverband Grüne Mannheim für die Unterstützung und gute Zusammenarbeit in den letzten Jahren bedanken – dafür wird es aber auch persönlich in den nächsten Monaten Raum geben.

 




„Mehr Liebe wagen“ begeistert 100.000 Menschen (mit Fotogalerie und Kommentar)

Der CSD Rhein-Neckar e.V. veranstaltete am 11.08.18 zum 10ten Mal die CSD (Christopher Street Day) Demonstration in Mannheim. Rund 7.000 Teilnehmer, mehr als je zuvor, nahmen an der Demo für die Rechte und Interessen von Schwulen, Lesben, Transgendern, einem Wort: für die LSTIQ-Community – teil. Nach offiziellen Angaben der Veranstalter und der Polizei besuchten einhunderttausend Menschen die Veranstaltung bei allerbestem Wetter.

 

 

 

„Es bleibt für die Gleichberechtigung von Homosexuellen und Intersexuellen noch viel zu tun, aber wir sind auch durch die Verabschiedung der längst überfälligen Ehe für alle auf einem guten Weg.“

Dies sagte Katarina Barley (SPD), Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz, als Schirmherrin der diesjährigen CSD-Demo bei einer Pressekonferenz in den Räumlichkeiten des Vereins für Psychologische Lesben- und Schwulenberatung Rhein-Neckar e.V. in der Max-Joseph-Straße. Weiter sagte Frau Barley, dass ihr das gewählte Motto „Mehr Liebe wagen“ besonders gefallen würde und dass die Rechte lesbischer Mütter weiter zu stärken seien. „Der Gesetzesparagraph 175 hätte viele Lebensläufe zerstört. Auch für die Interessen von Inter- und transsexuellen Menschen wurde schon viel erreicht. Es müsse aber noch nachgearbeitet werden in der Bundesregierung“.

Der Mannheimer OB Dr. Kurz (SPD) betonte in der Pressekonferenz die Wichtigkeit der gesellschaftspolitischen Botschaft, die vom CSD ausgeht, und dass Vielfalt funktionieren muss. „Partnerstädte wurden erneut eingeladen und sie sind da“, so das Stadtoberhaupt. Geworben hat Dr. Kurz für eine themenbezogene Ausstellung im Mannheimer Hauptbahnhof und für das innerstädtische „Mannheimer Bündnis“, welches sich für Toleranz, Verständnis und Dialog einsetzt.

„Regenbogenfamilien sind keine Familien zweiter Klasse. Die Frage des 3. Geschlechts muss im Grundgesetz geregelt werden. Transsexuell sein ist keine Spaßveranstaltung. Das Motto ist wichtig in der von Hass geprägten Gesellschaft. Die Gesellschaft muss zusammenhalten, muss dagegenhalten. Wir brauchen eine Gesellschaft in der alle zusammen leben können.“, so Harald Blaull (Vorsitzender des CSD Rhein-Neckar). Er begrüßte auch, dass zunehmend mehr Heteros an CSD-Veranstaltungen teilnehmen würden.

Alle RednerInnen der Pressekonferenz waren sich final einig. Ein Plus-Redner fasste dies so zusammen: „Wichtig ist das stabile Netzwerk in der Community. Offen für alle, auch für Heteros. Es wird generationsübergreifend und interessensübergreifend zusammengearbeitet. Es müssen Mauern durchbrechen werden für Akzeptanz im Alltag. Dank an die Stadt Mannheim für ihre Unterstützung.“

Mannheim ist hiermit die sechstgrößte Stadt im Bundesgebiet was CSD-Veranstaltungen angeht.

 

Starker Auftakt bei der CSD-Demo und „Party-Stimmung“ bis zum Ende

Grußbotschaften wurden von den RednerInnen in Richtung der Teilnehmer gerichtet. Begrüßt wurden die Menschen traditionell von Harald Blaull. Es sprachen dann Katarina Barley, Thorsten Riehle (SPD), Jutta Steinruck (SPD) und der Sprecher der Community aus Heidelberg. Der Mannheimer OB Dr. Kurz ergriff ausserplanmässig auch das Mikrofon. Vorgetragen wurden inhaltlich dieselben Botschaften, die auch größtenteils in der Pressekonferenz transportiert wurden.

Thorsten Riehle, als CSD-Sprecher des Gemeinderats in Mannheim, betonte, dass er „an diesem Tag für alle Fraktionen im Rat sprechen würde, die für Vielfalt und Offenheit stehen würden und sich auf dem Boden des Grundgesetztes befinden würden. Er selbst begrüßt die Ehe für Alle, aus privaten Gründen sowieso.“

Jutta Steinruck (SPD) war 2017 Schirmherrin des CSD in Mannheim, damals noch als OB-Kandidatin. Frau Steinruck hat ihr Versprechen eingelöst und kam auch dieses Jahr wieder zum CSD, als erstes Stadtoberhaupt aus Ludwigshafen überhaupt.

Eine party-launige Stimmung kennzeichnete den CSD am 11.08. in Mannheim. Sehr viele junge Menschen nahmen teil und feierten ab.

Das Straßenfest endete auf dem Ehrenhof vor dem Mannheimer Schloss, von wo aus es mit einer attraktiven und bunten Bühnenshow in den Abend startete.

Kommentar: Nicht Kommerz und Firmensponsoring bestimmten den Tag. Bestimmt wurde der Tag durch Leute im Party-Modus. Das ist so gesehen nicht weiters von Bedeutung. Hätten nicht, laut vieler Besucher des CSD, die klaren und wichtigen politischen Botschaften beim Demozug gefehlt. Nicht gemeint waren damit die zahlreichen Fahrzeuge und Fußgruppen politischer Parteien. Kritisiert wurde die vergleichsweise geringe Präsenz aus der LSTIQ-Community, die aus Gründen, nicht so sehr, wie z.B. Faschingsverein, Parteien und Gewerkschaften auf sich aufmerksam machen konnten. Wo bleibt die Solidarität, fragt sich der Beobachter? Und der Beobachter fragt sich, wo die Disziplin, bei allem Spass auf den Straßen, bei einigen Demozugteilnehmern bleibt, wenn mehrminütige Lücken entstehen und die Stimmung am Abflauen ist? Ist dies purer Egoismus oder was soll ein solches Verhalten bedeuten? Als unsäglich und widerwärtig zu bezeichnen ist der sexuell motivierte Angriff auf eine Besucherin des Demozugs. Ich hoffe, dass der „Antänzer“ alsbald von der Polizei geschnappt werden kann. Was benötigt es u.a. mehr zur Motivation für den CSD 2019 in Mannheim, als den Spruch den ein Alt-Nazi einer Infostand-Besatzung auf dem Ehrenhof hingedrückt hat: „Unter Adolf Hitler hätte es das nicht gegeben. Der hätte dies hier alles ganz schnell weggemacht“. Komplett nicht nachvollziehen kann ich die Kritik am CSD, was die SPD-Dominanz an den RednerInnen anging. Jeder, der den CSD alljährlich besucht kann sich eigenen Auges feststellen, dass auch in den Vorjahren auch „Größen“ aus der Politik in der ersten Reihe standen. Auch am 11.8. habe ich keinen Mangel anderer Parteienvertreter festgestellt: linke, wie grüne, ParteienverteterInnen waren z.B. auch engagiert bei der Sache.

(Bericht: Erik Butz und Christian Ratz / Kommentar: Christian Ratz / Bilder: Alexander Kästel, Erik Butz und Christian Ratz)

Fotogalerie:

 




Schwetzingen: Rechte versuchen Eklat bei Grünen Veranstaltung

Bündnis 90 / die Grünen luden am Mittwoch Abend zu einer Podiumsdiskussion mit Gastgeber Dr. Danyal Bayaz, MdB der Grünen und der Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Dr. Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter des Landes Baden-Württemberg. Das Thema des Abends „Was ist Heimat ?“ lockte neben interessierten Büger*innen auch etwa 15 „Heimatfreunde“ aus dem rechten Spektrum und der AfD ins Palais Hirsch in Schwetzingen.

Die Redebeiträge abwartend, bemühten sie sich dann bei Beginn der Fragerunde lautstark um das Mikrofon und als nicht jeder wie gewünscht zu Wort kam, schlug die Stimmung schnell um. Einer der Störer wurde aggressiv und laut, bewegte sich in Richung Podium und war nur schwer zu beruhigen. Wie aufgefordert folgte nun eine Provokation der anderen, während das Geschehen von den Akteuren triumphierend via Handy gefilmt wurde.

Drei nicht zu beneidende Redner*innen mussten sich sortieren – mit so geballt auftretender Aggression, sie blieb rein verbal, hatte man ganz offensichtlich, trotz vorausgegangener Warnungen vor Störern, nicht gerechnet. Verwunderlich war daher auch die spärlich anwesende Polizei, vertreten durch zwei Beamte, hielt sie sich auffällig zuück und reagierte auch nach der Veranstaltung, als einer unserer Fotografen vor dem Gebäude bedrängt wurde, nicht.

Was bleibt ist ein Abend mit sehr fadem Nachgeschmack, bei dem rechte Störer zwar scheiterten, doch vom Bild eines idyllischen und politisch pflegeleichtem Schwetzingen muss man sich, im Hinblick auf den nahenden Europawahlkampf, vielleicht verabschieden.

(red)

 




Fachtagung: „Wie kommen wir zu einer solidarischen Einwanderungsgesellschaft?“ (mit Fotogalerie)

Die Partei Die Linke Baden-Württemberg veranstaltete am 26.05.18 in Mannheim eine Fachtagung, die sich mit den Themen Flucht, Asyl und Migration beschäftigte. Nach Veranstalterangaben nahmen an der Konferenz rund 80 Parteimitglieder und weitere Personen aus unterschiedlichen Teilen des Bundeslandes teil. In zwei Foren („Die Situation der Geflüchteten und Asylsuchenden“ – „Einwanderung in Deutschland“) wurde darüber diskutiert welche Handlungsmöglichkeiten in weiteren Gremien erarbeitet werden müssten. Impulsvorträge und eine abschließende Podiumsdiskussion ergänzten die Fachtagung.

 

 

 

Perspektiven von Einwanderung, Arbeitsplätze, Wohnen und Bildung

Gökay Akbulut (MdB und Stadträtin in Mannheim, Sprecherin für Migrations- und Integrationspolitik der Bundestagsfraktion) begrüßte die TeilnehmerInnen der Fachtagung und stimmte auf den Konferenztag mit der Vorstellung des Programms ein. Eine weitere Begrüßung und organisatorische Hinweise erfolgten durch Elli Brinkschulte (Kreissprecherin Mannheim).

 

Impulsvorträge stoßen auf großes Interesse

Michel Brandt

Zum Auftakt referierte Michel Brandt (MdB und Obmann im Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestag) über Flucht- und Migrationsursachen und den Kampf um Frieden und Menschenrechte. Brandt berichtete über Fluchtursachen die durch Lebensmittelspekulationen, Rohstoffausbeutung in Entwicklungsländern und durch Hunger- und Klimakatastrophen ausgelöst werden. Er kritisierte, dass beispielsweise ein Drittel der weltweiten Getreidemengen an der Börse in Genf zu Lasten von Kleinbauern in Armutsstaaten und ausschließlich zur Gewinnmaximierung einiger weniger Großkonzerne gehandelt werden. Als skandalös bezeichnet wurde es, dass europäische Lebensmittelkonzerne zur Befriedigung ihrer Kapitalinteressen Geflügel- und Schweinefleisch zu Dumpingpreisen in afrikanische Länder exportieren und damit lokale Märkte und Hersteller in den Ruin, in Armut und Hunger treiben. Bemängelt wurde, dass die Genfer Flüchtlings Konvention Hunger und Klimakatastrophen nach wie vor nicht als Fluchtursachen anerkennen. Kritik geübt wurde auch an Medien die in Europa und Deutschland zu oft eine „Flüchtlingskrise“ herbei schreiben würden. Nach aktuellen Zahlen des UNHCR (Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen), so Michel Brandt, befinden sich derzeit weltweit ca. 66 Mio. Menschen auf der Flucht. 80-90% der Geflüchteten sind sogenannte Binnenflüchtlinge bzw. fliehen in Nachbarländer. Von einer Flüchtlingskrise in Deutschland oder Europa zu sprechen sei daher vollkommen verfehlt. Vermutlich neu dürfte es für die meisten TagungsteilnehmerInnen gewesen sein zu hören, dass die USA und die EU den UN-Treaty boykottieren. Diese multilateralen Vereinbarungen der Vereinten Nationen sollen u.a. Lücken in bestehenden Gesetzgebungen in puncto Menschenrechte, Abrüstung und Umweltschutz beseitigen.

Christoph Cornides

Christoph Cornides (Mitglied im Landesverband Baden-Württemberg) informierte in seinem Redebeitrag über die Hintergründe und die Ideen, die zur der Fachtagung führten. Was will die Partei tun, um Handlungsanweisungen und Lösungsvorschläge zu erarbeiten damit anstehende Aufgaben zu lösen sind? Dies müsse seiner Meinung nach sowohl auf EU-, als auch auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene erfolgen. Weiter ging Cornides auf den Koalitionsvertrag der durch CDU/CSU und SPD geführten GroKo ein und verwies auf zwei Papiere in den Tagungsunterlagen. Diese Unterlagen beschäftigen sich parteiintern mit den Fragekomplexen „Für eine solidarische Einwanderungsgesellschaft“ und „Für das Recht auf Migration“. Er warb dafür, dass diese Thesenpapiere in den Arbeitsforen Berücksichtigung finden und im Nachgang der Tagung weiter thematisiert werden.

Der geplante Beitrag der Mannheimer Juristin Ruhan Karakul entfiel krankheitsbedingt.

Die Arbeitsforen

In Forum 1 ging es thematisch um „Die Situation der Geflüchteten und Asylsuchenden“ und in Forum 2 um „Einwanderung in Deutschland“. Auch in den Arbeitsgruppen wurden kurze Impulsvorträge von unterschiedlichen ReferentInnen gehalten. Nach intensiveren Diskussionen und nach der Unterbrechung durch die Mittagspause wurden mittels Kartenabfrage Handlungsmöglichkeiten und Lösungsvorschläge zu den diversen Themen erarbeitet und später im Plenum ausgestellt.

Seán McGinley (Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Baden-Württemberg) berichtete in Forum 1 über die Situation im Bundesland und die Forderungen des Flüchtlingsrats. Der Rat besteht seit 30 Jahren, wurde und wird von vielen Institutionen immer als verlässlicher Partner geschätzt und erfuhr große Unterstützung. Durch die Verschiebung des politischen Klimas nach rechts im von den Grünen mit der CDU regierten Bundesland und durch die finanzielle Mittelkürzung durch die Landesregierung in Stuttgart wird die Arbeit des Flüchtlingsrats bedroht. In 2018 muss damit gerechnet werden, dass die Anzahl der angestellten MitarbeiterInnen von 8 auf 6 sinken wird. Jessica Tatti (MdB) und Clara Bünger (ehem. Koordinatorin für „Refugee Law Clinics Abroad“ und Mitarbeiterin von Gökay Akbulut) ergänzten mit eigenen Beiträgen die Arbeit in diesem Forum.

Seán McGinley , Clara Bünger, Jessica Tatti (v.l.n.r.)

Im Forum 2 sprachen Gökay Akbulut, Dr. Sabine Skubsch (Mitglied im Landesverband Baden-Württemberg und in der LAG Bildung) und Luigi Pantisano (Stadtrat in Stuttgart). Dr. Sabine Skubsch befasste sich schwerpunktmäßig mit den Themen Segregation, Ausgrenzung und Integration im Bildungswesen. In dessen Folge sei einer „ganzen Generation“ die Teilhabe an einer weitergehenden Bildung verweigert worden. Auch der eine oder andere Seitenhieb auf die AfD durfte hier nicht fehlen. Die rechtspopulistische Partei möchte in Baden-Württemberg keine Integration von Flüchtlingskindern in Regelschulen oder fordert, dass diese nur unter erschwerten Bedingungen erfolgen sollte. Skubsch mahnte einen bildungspolitischen Perspektivenwechsel und die Definition neuer bildungspolitischer Ziele an. Beispielhaft genannt: Migration als Normalität anerkennen und gestalten, kostenlose Kitas, Schule für alle ohne Ausnahme und unabhängig vom Aufenthaltsstatus und der erleichterte Zugang zur deutschen Sprache als eine wesentliche Voraussetzung zur gesellschaftlichen Teilnahme. Luigi Pantisano setzte den Fokus in seinem Referat auf das Thema Wohnen und beschrieb die Situation in Baden-Württemberg. Als sozial unverträglich genannt wurden die Mietpreise beispielhaft in hot-spot Städten wie Stuttgart oder Tübingen. Dort müssten Menschen oft bis zu einem Drittel ihres netto verfügbaren Einkommens für die Miete ausgeben. Gentrifizierung, der Mangel an Sozialwohnungen und die Schwäche vieler Gemeinderäte eine verbindliche Sozialquote bei Neuinvestitionen im Wohnungsbau einführen zu wollen, waren weitere Aspekte die beleuchtet wurden. Unter soziologischen Gesichtspunkten sprach der Referent über die Folgen der Kettenmigration und darüber welche Wichtigkeit ethnische Kolonien für Migranten haben, ohne diese mit Parallelgesellschaften verwechseln zu wollen. Pantisano sieht eine Diskriminierung und Benachteiligung von Migranten bei der Wohnungssuche und beim Erwerb von Immobilien, und dies unabhängig vom Einkommen oder Vermögen. Diese Beobachtung würde sich auch bei der Suche nach Schulen oder beruflichen Ausbildungsplätzen fortsetzen. Er findet, dass die Partei und die Gesellschaft die Chancen und Potentiale von Migranten erkennen muss, anstatt nach Defiziten und Problemen zu suchen. Den Begriff Migranten findet Luigi Pantisano für überholt und wünscht sich künftig diese gesellschaftliche Gruppe als „Neu-Deutsche“ oder „Deutsche Plus“ zu bezeichnen.

Podiumsdiskussion und vorläufiges Fazit

Moderiert wurde die Diskussion von Luigi Pantisano. PodiumsteilnehmerInnen waren Thomas Trüper (Stadtrat in Mannheim), Tobias Pflüger (MdB und verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion im Bundestag), Jessica Tatti und Gökay Akbulut.

Tatti und Akbulut fassten die wesentlichen Ergebnisse der beiden Foren, die nicht jeden Tagungsteilnehmer vollends zufrieden stellten, in kurzen Worten zusammen:

Der Flüchtlingsrat bleibt ein wichtiger Partner für die Partei, sowie für ehrenamtliche Flüchtlingshelfer und weitere Akteure in diesem Bereich. Die Unterbringung von Geflüchteten und die Wohnsituation von und für Migranten wird weiterhin in vielen Fällen als unbefriedigend eingestuft. Die Situation an EU-Außengrenzen wird als menschenunwürdig und desolat beschrieben. Frontex und Hot-Spot-Konzepte funktionieren in der Praxis nicht. Die Entwicklung von Dublin I zu IV brachte nur Verschlechterungen für Geflüchtete in der Europäischen Union. Wohnungs- und Arbeitsmarkt, sowie gelungene Integration und Bildung sind die primären Herausforderungen.

Tobias Pflüger

Tobias Pflüger benannte die Herausforderungen, die für die Partei während dieser Fachtagung in Mannheim entstanden sind und möchte diese beim Bundesparteitag im Juni 2018 in Leipzig weiter thematisieren. Baden-Württemberg nimmt weiter eine Vorreiterrolle bei Abschiebungen ein. Die grün-schwarze Landesregierung spricht sich bis dato und im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht kategorisch gegen die Einrichtung sogenannter Anker-Zentren (Zentren für „Ankunft, Entscheidung, Rückführung“) für nach Deutschland Geflüchtete aus. Auch bei der Zunahme von Abschiebungen nach Afghanistan nimmt, so Pflüger, das Bundesland Baden-Württemberg eine Spitzenposition ein. Er berichtete von seinem kürzlich stattgefundenen Besuch gemeinsam mit Ursula von der Leyen in Kabul (Afghanistan), der nur unter allerhöchsten Sicherheitsmaßnahmen stattfinden konnte und fragte: „Ist dieses Land ein sicheres Herkunftsland?“ Er kritisierte die Waffenlieferungen der Bundesregierung an die Türkei und den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Türkei auf die kurdische Bevölkerung. Am Beispiel der Stadt Cizre in der Türkei (Nordanatolien; Grenzgebiet zu Syrien), die von türkischen Armeeeinheiten massiv angegriffen wurde und wonach im Anschluss die Anzahl der Asylantragsteller aus dieser Stadt in Deutschland, vor allem in Hamburg, nachweislich stark angestiegen sind, machte Tobias Pflüger eindrücklich auf die Problematik aufmerksam. Der Redner kritisierte die Bundesregierung scharf, was die Schaffung von Fluchtursachen angeht. Ebenso verantwortlich sei die EU-Politik in Brüssel für die Verschlechterung der Situation vieler Geflüchteter durch eine immer weiter voranschreitende repressive Asylpolitik.

Thomas Trüper

Wohnen, Bildung und Sicherheit waren die Themen, welche vom Kommunalpolitiker Thomas Trüper bei seinem Vortrag in den Vordergrund gestellt wurden. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum sei nicht Migranten und Geflüchteten in Mannheim geschuldet. Das Problem ist hausgemacht und werde von der linken Stadtratsfraktion seit Jahren intensiv bearbeitet. Nach zähen Verhandlungen stimmten die im Stadtparlament vertretenen Parteien mit knapper Mehrheit Anfang Mai 2018 (mit den Stimmen von SPD, die Grünen und die Linke) einer verbindlichen 30%-Quote zu. Steigende Geburtenraten und der Mangel an qualifizierten Lehrkräften und Sozialarbeitern sind ein weiteres Aufgabengebiet, welches auf kommunaler Ebene zusätzlichen bildungspolitischen Einsatz erfordert. Was die Sicherheit angeht, hob Trüper die kritische Situation mit einer Gruppe von etwa 30 unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten aus Maghreb-Staaten hervor. Diese hatten in 2017 hunderte von Taschendiebstählen im Stadtgebiet begangen. Erst nachdem ein Brandbrief des Mannheimer OB’s Dr. Peter Kurz (SPD) gerichtet an den Innenminister von Baden-Württemberg, Thomas Strobl (CDU), an die Öffentlichkeit gelangte, folgten Taten. Die minderjährigen Straftäter wurden bundesweit in geeignete Sozialaufnahmeeinrichtungen verlegt. Seitdem ist dieses Sicherheitsproblem für Mannheim gelöst. Thomas Trüper berichtete weiter, dass sich die Zahl der Geflüchteten in Mannheim mit ca. eintausend Menschen derzeit auf einem absoluten Tiefststand befindet. Im Vergleich dazu befanden sich 2015/2016 bis zu knapp 15.000 Geflüchtete in Landeserstaufnahme- und Bedarfseinrichtungen im Stadtgebiet. Als besondere Herausforderung bezeichnete Thomas Trüper in puncto Migration und Integration den Zuzug von rund 10.000 Menschen aus Bulgarien und Rumänien binnen der letzten 5 Jahre nach Mannheim. An dieser Stelle bestünde noch sehr viel Handlungsbedarf. Trüper skizzierte in einem Exkurs die destruktive Arbeit ehemaliger AfD-Mitglieder im Gemeinderat (ex-LKR (Liberal-Konservative Reformer) und jetzt „Bürgerfraktion“) an einem Beispiel wie versucht wird Ausländerfeindlichkeit und Alltags-Rassismus ins Stadtparlament zu transportieren. In der Frage (im Gemeinderat), ob es in Mannheim zu viele oder zu wenige Papierkörbe im öffentlichen Raum gäbe, soll der Sprecher der rechtspopulistischen „Bürgerfraktion“ gesagt haben (sinngemäss): „Wenn wir die (Menschen) nicht reingelassen hätten, dann müssten wir uns diese Frage nicht stellen“.

Einige Stimmen und Fragen von TagungsteilnehmerInnen in der Podiumsdiskussion:

  • „Wer schützt ehrenamtliche Flüchtlingshelfer und Menschen die in der Asylberatung tätig sind vor Übergriffen aus dem rechtsextremistischen Umfeld?“
  • „Man sollte als Partei mehr Solidarität mit dem BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) zeigen“
  • „Die Tagungsergebnisse blieben unter den Erwartungen; es konnten keine konkreten Resultate präsentiert werden“
  • „Gemeinsamkeiten in wichtigen Punkten müssen mit anderen Partnern gefunden werden. Neue Bündnisse gilt es zu schmieden.“
  • „Partei muss mehr gegen Fluchtursachen ankämpfen“

 

Unterstützt wurde die Tagung u.a. durch das Mannheimer Bündnis gegen Abschiebungen, Asylcafe Mannheim und Mannheim sagt Ja!.

 

(Bericht und Fotos: Christian Ratz

Tagungsprogramm und -unterlagen (in Auszügen für die Berichterstattung verwendet): Gökay Akbulut, Dr. Sabine Skubsch und Christoph Cornides, Die Linke Baden-Württemberg)

 

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