Prozess gegen GKM-Besetzer – Hausfriedensbruch für Klimagerechtigkeit

3. August 2019: Aktivist*innen besetzten erstmals ein Kohleförderband des GKM. (Bild: Ende-Gelände)

Im Sommer 2019 und 2020 besetzten Aktivist*innen das Mannheimer Großkraftwerk (KIM berichtete), um gegen Kohleverstromung und für eine sofortige Wende in der Klimapolitik zu demonstrieren. Dabei verschafften sich einige Zutritt zum Betriebsgelände und kletterten auf die Förderbänder. Nun soll einem Besetzer der Prozess gemacht werden.

Laut Unterstützergruppe „GKM Abschaffen“ soll der Aktivist Locke als einziger Beschuldigter der zweiten Besetzung vom 08. August 2020 vor dem Amtsgericht Mannheim erscheinen. Der Vorwurf gegen ihn laute nicht nur Hausfriedensbruch. Auch Verstoß gegen das Vermummungsverbot und versuchte gefährliche Körperverletzung werde ihm vorgeworfen. Der Vorwurf der Störung öffentlicher Betriebe sei jedoch „haltlos“ und bereits wieder eingestellt worden.

Fünf Aktivist*innen seien damals festgenommen und für 38 Stunden im Polizeigewahrsam festgehalten und „körperlich und psychisch drangsaliert“ worden. Den Aktivist Locke habe die Polizei als einzigen identifizieren können. Die Besetzer*innen hatten für sechs Stunden ein Kohleförderband in 20 Meter Höhe blockiert. Ihr Ziel sei es gewesen, „auf soziale und ökologische Probleme, die mit der Steinkohleverstromung verbunden sind“ aufmerksam zu machen.

Prozess vor dem Amtsgericht am 12. April

Der Vorwurf der versuchten Körperverletzung gegen Locke leite sich aus dem Fund einer Nadel in seinem Hosenbund her. Laut Polizei sei dadurch eine mutwillige Verletzung eine*r Polizist*in in Kauf genommen worden. Die Aktion sei jedoch „explizit gewaltfrei“ gewesen, schreibt die Unterstützergruppe. Daher sei der Vorwurf der Körperverletzung „weit hergeholt“.

Einen Strafbefehl über 485 Euro habe Locke nicht akzeptiert, so dass es nun am 12. April 2021 zum Prozess kommt. Die Unterstützergruppe ruft dazu auf, den Prozess kritisch zu beobachten. „Wir werden diesen Prozess nutzen, um zu zeigen, wer eigentlich zur Verantwortung gezogen werden müsste. Wir wollen am Beispiel von Baden-Württembergs größter Dreckschleuder erneut auf die Anliegen der Menschen im globalen Süden aufmerksam machen, welche unter dem zerstörerischen Handeln der Steinkohleindustrie und des menschengemachten Klimawandels leiden.“ Am Prozesstag soll eine Kundgebung mit Demonstration stattfinden. Näheres wird noch bekannt gegeben.

Über die Zukunft des GKM wird weiterhin kontrovers diskutiert. Nicht nur Fragen des Klimawandels spielen eine Rolle, auch die Zukunft der Beschäftigten ist ungeklärt. Unter anderem wird kritisiert, dass andere, noch schmutzigere Braunkohlekraftwerke Jahre länger laufen sollen. In anderen Städten gab es in den letzten Jahren ebenfalls Besetzungen von Klimaaktivist*innen. (cki)

Weitere Informationen: gkm-abschaffen.org

 

Hinweis: In einer früheren Version des Artikels wurden die Besetzungen 2019 und 2020 miteinander verwechselt.

 




Skandalprozess in Heidelberg: Gewerkschaften solidarisieren sich mit Lehrer

Michael Csaszkóczy | Bild: dk

Nach dem viel kritisierten Urteil gegen den Antifaschisten und Realschullehrer Michael Csaszkóczy haben sich Heidelberger Gewerkschaften zu Wort gemeldet und dem Kollegen demonstrativ den Rücken gestärkt. „Öffentliche Versammlungen und Veranstaltungen in öffentlichen Räumen müssen aus Sicht der Gewerkschaften allen Bürgerinnen und Bürgern frei zugänglich sein und bleiben“, wird in dem Schreiben gefordert, dass Vorsitzende und Geschäftsführer von DGB, GEW, ver.di und IG Metall unterschrieben haben. „Obwohl (…) der Protest nachweislich friedlich war und der Lehrer sich widerstandslos von Polizisten wegtragen ließ, sah das Gericht darin einen Hausfriedensbruch“. Man könne die Begleitumstände und das Urteil selbst nur als „höchst befremdlich“ bezeichnen.

Nach einer Anzeige durch den AfD-Landtagsabgeordneten Rüdiger Klos wurde Michael Csaszkóczy im September vom Amtsgericht Heidelberg zu einer Geldstrafe von 1600 Euro wegen Hausfriedensbruch verurteilt. Gestritten wurde vor allem über die Frage, ob die reine Anwesenheit bei einer öffentlichen Veranstaltung ein Hausfriedensbruch sein könne. Die Richterin nannte den Lehrer einen Rädelsführer und bescheinigte ihm durch seine bloße Anwesenheit die Eigenschaft als Störer. Eine Entlastungszeugin lehnte die Richterin ab.

Später kam heraus, dass die Richterin Dr. Julia Glaser mit dem AfD-Bundespolitiker Albrecht Glaser verwandt ist und unter ungewöhnlichen Umständen an den Fall kam. Auch die Einmischung eines weiteren Familienmitglieds, ein Leserbrief der Mutter der Richterin, in dem juristisches Fachwissen und Fachwörter vorkamen, wurde in diesem Zusammenhang kritisiert.

Da auch ein Mitarbeiter des Kultusministeriums den Prozess beobachtete, richteten die Gewerkschaften klare Worte an die Landesbehörde: „Wir erwarten, dass Michael Csaszkóczy in der Berufung freigesprochen wird.“. Außerdem werde die Landesregierung vorsorglich aufgefordert, „keine erneuten disziplinarrechtlichen Maßnahmen oder ein zweites Berufsverbot gegen den Lehrer zu erlassen.“

(red)

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