Wie gelingt es Hess-Aufmärsche unmöglich zu machen und gleichzeitig Polizeigewalt anzuprangern? (Kommentar)

Auf diese Fragen habe ich eine Antwort: „Machen“ 

Im Rückblick betrachtet fanden die neo-nazistischen-Rudolf Hess-Märsche bis 2017 jahrelang im bayerischen Wunsiedel statt. Dort hatten es Stadt und Gerichte verstanden, die Aufzüge der Rechtsextremen dauerhaft zu verbieten.

2018 konnten die Rechtsextremisten mit rund 1000 TeilnehmerInnen in Berlin, quasi wie aus dem Nichts, einen Aufzug durchführen. Dieser konnte, perfekt von Polizeieinsatzkräften geschützt, durch Berliner Stadtteile ziehen. Der antifaschistische Widerstand kam deutlich zu kurz, da nicht gut vorbereitet. 

2019 verlagerten die Rechten ihre Aktivitäten – ohne bundesweite Mobilisierung – nach Ingelheim/Rhein. 40 Neo-Nazis nahmen damals teil.

Mit nur 20 TeilnehmerInnen verzeichnete der Hess-Marsch in Ingelheim am 15.08.20 einen neuen Negativstand. Möge es der Stadt Ingelheim ebenfalls gelingen, wie in Wunsiedel, den Machenschaften der rechtsextremen Szene dauerhaft und nachhaltig mit einem gerichtsfesten Verbot zu begegnen.

Welche Rolle spielt der „Nationale Widerstand Zweibrücken“ in diesem Kontext?

Wie wenige Tage nach Ingelheim in diesem Jahr bekannt wurde hat ein Mitglied dieser rechts-nationalen Kameradschaft in Rheinland-Pfalz den Musiker Sascha L. mutmaßlich im Streit durch einen Messerstich getötet. Nach Recherchen und im Gegensatz zu den bisherigen Angaben der Ermittlungsbehörden, war der Täter, Andreas W. F. auch noch konkret nach 2016 an Aktionen der seit Jahren in Verfassungsschutzberichten genannten Gruppierung beteiligt.

 

Polizeigewalt aufzeigen und aufklären – Mit klaren Konsequenzen für die Verantwortlichen

Die Einsatzkräfte waren meiner Einschätzung nach auf Krawall aus. Nicht überall, denn die Straßenblockaden wurden toleriert. Aber anderenorts wurde gegen VerteidigerInnen der Demokratie und Nazi-GegnerInnen massiv Gewalt angewendet. Hierfür gibt es dutzende von Bilddokumenten im Internet.

Mich erreichten während meines redaktionellen Einsatz Hilferufe nach Wasser für Menschen im Polizei-Kessel. Ich konnte nicht helfen, aber andere Meschen sprangen ein.

Dass Menschen, die durch Schlagstockeinsatz und Reizgas, die medizinische Versorgung versagt wurde ist auch belegt.

Und Menschen in einem Tunnel zusammen zu drängen, geht schon gar nicht. Die betroffenen Personen berichten von Traumata.

Vollkommen lächerlich ist der Aufruf der Polizei Mainz nach Fotos und Videos vom Geschehen. Diese sollen angeblich zur Aufklärung des polizeilichen Missverhaltens dienen.

Wir erinnern uns zurück an 2017 und den G-20-Gipfel in Hamburg. Und was nach einem ähnlichen Aufruf passierte. Außerdem: Die Polizei war in Ingelheim mit rund 500 Einsatzkräften, uniformiert und zivil, gut vertreten – auch mit eigenen Foto- und Videografen. Ich wurde direkt von einem Polizeifotografen in den Fokus seiner Kamera genommen, nachdem ich das Parkhaus im Einkaufszentrum „Mitte“ verlies. Ich frage mich wozu?

 

Skandalöser Polizei-Einsatz muss Folgen haben 

Roger Lewentz (SPD) ist gut beraten die Geschehnisse am 15.08.20 im Innausschuss des Landtags Rheinland-Pfalz lückenlos aufklären zu lassen. Nazis töten Menschen, die ihnen nicht passen.

(Text: Christian Ratz / Fotos: Max Bassin, Kai Schwerdt und Christian Ratz)




Rudolf Hess-Gedenkmärsche am Ende? – Ingelheim wurde zum Desaster für Neo-Nazis / diese wollen am 22.08.20 wiederkommen

Am 15.08.20 konnten Vertreter der rechtsextremen Partei Die Rechte in Ingelheim/Rhein im zweiten Jahr in Folge einen geschichtsrevisionitistischen Aufzug unter strengen behördlichen Auflagen veranstalten. Nur rund 20 Parteigänger und Mitläufer aus der rechten Kameradschaftsszene erschienen. Mit dabei waren polizeibekannte TeilnehmerInnen der rechten Szenen im Raum Rhein-Hessen, Donnersberg und Zweibrücken. Die Polizei in Rheinland-Pfalz bekam Unterstützung aus Hessen und Baden-Württemberg.

 

 

 

Starker Gegenprotest – wurde von Polizeikräften und Ordnungsbehörden geduldet und gleichzeitig massiv geschwächt

Dagegen hielten rund 2000 DemonstrantInnen aus dem antifaschistischen, bürgerlichen Spektrum. Der Aufzug der Rechten wurde mehrfach blockiert. Nach etwa 600 Meter Wegstrecke war Ende und die Huldiger des Hitler Stellvertreter Hess mussten, ohne jegliche öffentliche Wahrnehmung, kehrt machen und zu ihrem Veranstaltungsort am Hauptbahnhof zurücklaufen.

Zwei Sitzblockaden (10 und 30 Personen), die zivilen Protest auf die Ingelheimer Straßen trugen, verzögerten den Marsch der Rechtsextremen zeitlich deutlich. Dies führte endlich auch zum Abbruch, des Hess-Gedenkmarschs, nachdem an Blockade 2 bereits die nächste demokratische Kontra-Aktion mit etwas mehr als 50 Personen Stellung bezogen hatte.

Polizeigewalt gegenüber DemoteilnehmerInnen

KIM hat eine Konfrontation zwischen auf den Einsatz gespannten, motivierten uniformierten Polizeikräften und einer Gruppe von TeilnehmerInnen am Gegenprotest beobachten können. Dieser ging noch glimpflich aus. Danach und auch schon zuvor soll es an anderen Stellen massiv eskaliert sein.

Wie es zu über 100 Verletzten durch massive Interventionen polizeilicher Einsatzkräfte kommen konnte, die von den Demosanitätern Südwest allein nur registriert und behandelt wurden, muss durch die Einsatzleitung der Polizei Mainz noch erklärt werden. Die hierzu im Innenausschuss des Landtags Rheinland-Pfalz am 19.08.20 vorgetragene Erklärung des Polizei-Einsatzführers (sinngemäß) „Die Gewalt ging von den Gegendemonstranten aus. Eine Schuld (der Polizeikräfte) müsse erst noch erbracht werden.“, kann im Angesicht der Verletztenschicksale nur als Hohn verstanden werden.

KIM-Kommentar zu diesen Geschehnissen folgt. Dieser wird auch Bezug nehmen auf ein Tötungsdelikt, welches mutmaßlich durch ein Mitglied des „Nationalen Widerstand Zweibrücken“ wenige Tage nach Ingelheim begangen wurde. Diese Gruppierung war am 15.08.20 am Hess-Marsch beteiligt und führende Kader nahmen auch schon an Corona-Demos in Mannheim teil. Wie lächerlich der Aufruf der Polizei Mainz nach Zeugenfotos/-videos in der Öffentlichkeit ankommt, wird ebenso Inhalt sein.

Weitere Bilder:

(Bericht und Fotos: Christian Ratz)

 




Lebenshilfe Bad-Dürkheim e.V.: Neo-Nazi vom Dienst suspendiert

(Screenshot ARP-Homepage; nachbearbeitet durch KIM)

Nach Recherchen des Antifa Report Pfalz war, zumindest bis 16.06., dort ein Mitarbeiter beschäftigt, der seit einigen Jahren dokumentiert der rechtsextremistischen Kameradschaftsszene zugeordnet werden kann. Antifa Report Pfalz hatte heute auf deren Internetseite und in sozialen Medien über die gewonnenen Erkenntnisse informiert. Dem Mitarbeiter der Lebenshilfe Maik S. droht nun die Kündigung. Diese strengt zumindest sein bisheriger Arbeitgeber an.  Gewerkschaftskreise sind schockiert darüber, dass ein Mensch mit augenscheinlich extrem rechter Gesinnung, bei einer Einrichtung wie der Lebenshilfe sogar noch als Betriebsrat aktiv sein konnte. Aufgrund der vorliegenden Tatsachen, sah sich die Lebenshilfe Bad Dürkheim e.V. heute zu einer Pressemitteilung gezwungen.

 

Der Antifa Report Pfalz berichtet wie folgt (Auszüge)

„Maik S. war als Mitglied des Betriebsrats auf der entsprechenden Internetseite der Lebenshilfe zu finden. Da wir uns nicht vorstellen können, dass ein Verein, der sich der Förderung von Menschen mit geistiger Behinderung widmet, einen gewaltbereiten Neonazi beschäftigt, informierten wir am 16.06.2020 die Geschäftsführung und forderten diese zum handeln auf. Man wollte uns bis zum 24.06.2020 eine Stellungnahme zuleiten. Dies ist leider nicht geschehen. Allerdings wurde Maik S. inzwischen aus dem Internetauftritt der Lebenshilfe entfernt.“

„Er soll während seiner Arbeit eine erkennbar rechte politische Einstellung zeigen, wird dabei jedoch als eher unauffällig bezeichnet. Uns bleibt dennoch völlig unverständlich, wie ein Neonazi, der außerhalb seiner Arbeitszeit offen die Hitler-Zeit verherrlicht und gewaltbereit auftritt, in einer Einrichtung für geistig behinderte Menschen arbeiten darf. Im dritten Reich galten behinderte Menschen als lebensunwert. Mehr als 70000 Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen fielen der Euthanasie zum Opfer und wurden systematisch durch das Nazi-Regime ermordet. Das rassistisch und nationalsozialistisch geprägte Menschenbild von Maik S. widerspricht zudem klar den Grundwerten der Lebenshilfe.“

„Am 20.04.2019 trug Maik S. in Ingelheim offen erkennbar ein Amulett mit der Tiwaz- oder Tyr-Rune. Diese Rune war Kennzeichen einer SS-Freiwilligendivision, Erkennungszeichen der Hitlerjugend und Abzeichen der SA-Reichsführerschulen.  Das Symbol ist nach einer Publikation des Vereins für Demokratie und Vielfalt (DEVI) verboten und das offene Tragen als Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen auch bei abweichender Farbgebung strafbar (§ 86 StGB).“

„Oft sind Neonazis auch im Tierschutz aktiv. Ähnlich wie Adolf Hitler zeigen sich die Menschenfeinde gerne als Tierfreunde. Bei seinen Auftritten trägt Maik S. deshalb auch gerne mal ein T-Shirt mit dem rechtsextremen Label „LOVE ANIMALS – HATE ANTIFA“.“

Lebenshilfe Bad Dürkeim e.V. geht an die Öffentlichkeit

Mit den heute veröffentlichten Informationen durch den Antifa Report Pfalz (ARP) ging die Geschäftsführung mit einer Pressemitteilung in die Offensive. Kritiker sagen, das dies zu spät geschah. Die Pressemitteilung sagt:

„Uns wurde bekannt, dass ein Mitarbeiter unserer Lebenshilfe sich aktiv an Demonstrationen und Aufmärschen beteiligt, die von rechtsextremen Gruppierungen organisiert werden. Dieses Verhalten des Mitarbeiters in der Öffentlichkeit und seine Äußerungen zu Geschehnissen während der Zeit des Nationalsozialismus machen uns fassungslos und sind mit unserer Haltung, den Werten und dem Leitbild unserer Lebenshilfe Bad Dürkheim e. V. nicht vereinbar.

Diese Tatsache hat uns zutiefst schockiert, zumal dieser langjährige Mitarbeiter am Arbeitsplatz und insbesondere im Umgang mit Menschen mit Behinderung bislang bezüglich seiner rechtsextremen Haltung und auch sonst nicht negativ auffällig war. Nach Befragung seiner Kollegen wurde uns bestätigt, dass sein außerdienstliches Verhalten nicht in den Betrieb hineingewirkt hat.

In mehreren Gesprächen hat er uns seine politisch rechtsextreme Gesinnung bestätigt und mitgeteilt, diese auch weiterhin in der Öffentlichkeit ausleben zu wollen. Wir haben daraufhin diverse arbeitsrechtliche Maßnahmen ergriffen, ihn beispielsweise vom Dienst freigestellt und ihm unmissverständlich mitgeteilt, dass wir uns von ihm trennen möchten.

Obwohl der Mitarbeiter immer wieder betonte, der Lebenshilfe niemals schaden zu wollen, war er zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht bereit.

Somit sahen wir uns gezwungen, die Kündigung in die Wege zu leiten. Allerdings besitzt der Mitarbeiter aufgrund seiner langjährigen Zugehörigkeit und der Mitgliedschaft im Betriebsrat einen doppelten Kündigungsschutz. Er ist nur außerordentlich kündbar und die Kündigung bedarf zwingend der Zustimmung des Betriebsrats. Wir haben diese Zustimmung beim Betriebsrat beantragt.

Der Betriebsrat hat seine Zustimmung hierzu nicht erteilt. Derzeit prüfen wir intensiv mit verschiedenen Fachanwälten weitere arbeitsrechtliche Schritte.

Unabhängig davon finden auch weiterhin zahlreiche Klärungsversuche und Anstrengungen statt, um hier eine Lösung zu finden: Einberufung des Vorstands, intensive Gespräche mit dem Betriebsrat, unserem Anwalt, den Spitzenverbänden wie Landesverband und Bundesvereinigung der Lebenshilfe sowie dem PARITÄTISCHEN.

Festzuhalten bleibt, dass der Mitarbeiter ein außerdienstliches Verhalten an den Tag legt, welches mit dem Leitbild der Lebenshilfe in keinster Weise vereinbar ist.

Wir haben den Mitarbeiter deshalb ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir in unserer Lebenshilfe keine Äußerungen oder Handlungen dulden werden, die unserem Leitbild widersprechen. Weiter haben wir den Mitarbeiter darauf hingewiesen, dass sowohl der Vorstand und die Geschäftsführung als auch die Führungskräfte der Lebenshilfe das außerdienstliche Verhalten des Mitarbeiters aufs Schärfste verurteilen und wir hierfür keinerlei Verständnis haben.

Wir sind enttäuscht und bedauern außerordentlich hier vorerst offensichtlich an die Grenzen unseres Rechtssystems zu stoßen.

Bad Dürkheim, 29.06.2020,
Vorstand und Geschäftsführung der Lebenshilfe“

Unterstützung aus Gewerkschaftskreisen

Aus Gewerkschaftskreisen hat KIM die Bestätigung erhalten, dass die Lebenshilfe e.V. juristische Beratung in der Sache in Anspruch nimmt.  In Aussicht zu stehen scheint, so die aktuellen Informationen des KIM, dass die für die Lebenshilfe zuständige Gewerkschaft ihren Einfluss geltend machen wird, damit ein möglicher Widerstand im Betriebsrat gegen die Kündigung keinen dauerhaften Zustand darstellt.

(Bericht: Christian Ratz / Titelbild und Screenshots: ARP und Lebenshilfe Bad Dürkheim)

Links:

Antifa Report Pfalz

https://antifareportpfalz.noblogs.org/

Lebenshilfe Bad Dürkheim e.V.

https://www.lebenshilfe-duew.de/

 

 

 

 




III. Weg-Aufkleber an Linken-Büro in Ludwigshafen

Aufzug des III. Weg in Würzburg im Februar 2017 (Symbolbild)

An der Außenverglasung des Fraktionsbüros der Partei Die Linke in Ludwigshafen/Rhein wurden Aufkleber der als verfassungsfeindlich eingestuften Neo-Nazi-Partei der Dritte Weg festgestellt.

 

 

 

 

Die Aussagen auf den Aufklebern lauten „Corona beweisst: Globalisierung tötet – Deutscher Sozialismus jetzt“ und „Antifa-Banden zerschlagen“.

Der Kreisvorstand ist alarmiert und prüft, unseren derzeitigen Informationen zufolge, rechtliche Schritte.

Die Nazi-Partei Der Dritte Weg hat ihren Sitz in Weidenthal (Raum Bad-Dürkheim) und tritt unregelmäßig auch in Ludwigshafen und im Rhein-Pfalz-Kreis in Erscheinung.

Archiv-Bericht: Der III. Weg in Speyer

Proteste von Bündnispartnern stellen Neo-Nazi-Partei ins Abseits – Faschisten des III. Wegs waren in Speyer nicht willkommen (mit Fotogalerie)

 

KIM wird versuchen in dieser Sache nachzuberichten.

(Bericht: Christian Ratz / Fotos: Die Linke Ludwigshafen und Christian Ratz)

 

 

 

 




Grüne-Braune / Wie agieren rechtsradikale Organisationen beim Thema Natur- und Umweltschutz?

Peter Bierl (Freier Journalist und Autor)

So lautete das Thema des Vortrags von Peter Bierl (freier Journalist, Mitglied der Gewerkschaft Verdi) am 11.09.19 in Speyer/Rhein. Eingeladen hatten die NaturFreunde Rheinland-Pfalz und die Bündnisregionalgruppe von Aufstehen gegen Rassismus Rhein-Neckar. Der Vortragsraum im Naturfreundehaus Speyer war bis auf den letzten Platz besetzt. Einige TeilnehmerInnen nahmen auch weite Anfahrtswege in Kauf, um dem Vortrag folgen zu können.

 

AfD, NPD und die Neo-Naziszene

„Rechtsradikale Parteien und neofaschistische Gruppen, wie Freie Nationalisten und Völkische Siedler, okkupieren das Themenfeld Natur- und Umweltschutz. In einschlägig bekannten Publikationen wirbt die (Neue) Rechte mehr oder minder erfolgreich um Wählerstimmen und um öffentliche Zustimmung. Von ehemaligen und aktuellen Mitgliedern der ultra-rechten Szene bedient wird das Leserklientel z.B. mit Publikationen wie „Umwelt & Aktiv“ (NPD-lastig), „Phalanx-Europa“ (Identitäre Bewegung), „Sezession“, Blaue Narzisse“ und der „Einprozent“-Bewegung (mit Beiträgen von AfD-Parteifunktionären)“, so der Referent in seinem Vortrag. Zitiert wurden auch Verlautbarungen der AfD-Mitgründer Konrad Adam und Björn Höcke.

Historische Hintergründe und aktueller Diskurs

Einen weiten Bogen spannte Peter Bierl in seinem Vortrag. Dieser begann mit den „bereits im 19. Jahrhundert von Riehl, Löns und Rudorff verfassten Theorien zu den Themen Heimatschutz, Volkscharakter und Natur.“ Gefolgt von Informationen zur sogenannten „Zweiten Umweltbewegung“ während der NSDAP-Schreckensherrschaft mit dem „Weltbund zum Schutz des Lebens“, deren Frontmann Werner Georg Haverbeck, späterer Ehemann der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck, war. Kritisch betrachtet wurden die „Vaterlandsversteher“ bei Gründung der Partei Bündnis 90/Die Grünen, der Partei die auch in erst wenige Zeit zurückliegenden Wahlkämpfen in Deutschland und Österreich das Thema „Heimatschutz“ rechtspopulistisch besetzte. Nach Einschätzungen von Bierl macht sich die verfassungsfeindliche Partei „Der Dritte Weg“ das Thema ebenfalls zum Kapital, indem von dieser Kapitalismuskritik mit völkisch-nationalem Heimatgefühlen vermischt transportiert wird.

Der Autor mahnte an, „dass die Linken ihren Blick auf ihre Positionen zum Thema schärfen müssten. Das kritische Hinterfragen und die Schau auf die (eigene) Historie seien hierbei zentral von Bedeutung.“

Zum Abschluss des Vortrags fand eine engagiert geführte Diskussionsrunde statt. Hierbei wurden u.a. die „Fridays for Future“-Schülerstreiks und das Agieren der Bewegung „Extinction Rebellion“ thematisiert.

Peter Biel hat ein zum Vortragstitel passendes Buch geschrieben. „Grüne Braune – Umwelt-, Tier- und Heimatschutz von rechts“, welches vom Unrast-Verlag veröffentlicht wurde. (ISBN 978-3-89771-105-1)

(Bericht und Fotos: Christian Ratz)




„Mittendrin und Bunt“-Festival wurde zum Besuchermagnet (mit Bildergalerie)

Am Pfingstwochenende fand in Kandel ein Musikfestival statt, welches alle Erwartungen übertraf. Ziel und Zweck des Veranstalters „Kandel gegen Rechts“ war es ein inklusives und interkulturelles Angebot zu unterbreiten. Dieses Angebot ging auf: am Samstag mit ca. 2.500 BesucherInnen und am Sonntag mit etwa 4.000 TeilnehmerInnen.

 

Rechtsextreme „wegbassen“

Verkürzt könnte man dies so darstellen; dies würde aber nicht gänzlich dem Sachverhalt entsprechen. Laut und deutlich wurden die fast zweidutzend  auftretenden Musiker und Künstler auf der Outdoor-Bühne vor und in der Bienwaldhalle. Diverse Kooperationspartner trugen dazu bei, dass die Veranstaltung zu einem für Kandler Verhältnisse Mega-Event wurde. Das Versprechen „Mittendrin und Bunt“ wurde von allen Akteuren umfänglich erfüllt. Ob Groß oder Klein, alle TeilnehmerInnen konnten aus dem breitgefächerten Angebot nach Belieben mitnehmen was individuell in der Priorität ganz oben stand.

Was hat Ostritz mit Kandel zu tun?

Auf den ersten Blick scheinbar gar nichts. Beide Orte trennen rund 700 Straßen Kilometer voneinder. Inhaltlich verfügen beide Orte über deutliche Schnittmengen, was Aufzüge aus dem extrem rechten Spektrum angeht. Die Menschen in Ostritz kämpfen gegen Neo-Nazi-Konzerte unter dem Label „Schild und Schwert“; in Kandel formierte sich eine Mehrheit gegen die Aufzüge des faschistoiden Vereins (e.V.) „Frauenbündnis Kandel“. Aus diesem Aufeinandertreffen könnte sich eine engere Zusammenarbeit entwickeln.

Syrischer Künstler stellt Arbeiten aus

Emad Al Sarem, kam Ende 2015, mit seiner Gattin, beide als Geflüchtete, nach Deutschland. Der studierte Innenarchitekt und schaffende Künstler sagt (sinngemäß): „Wir sind angekommen. Mit meinen künstlerischen Arbeiten versuche ich meine Geschichte, die Geschichte Syriens und die durch Krieg und Vertreibung eingeprägten Erfahrungen zu verarbeiten.“ Emad gibt nach eigenen Angaben Kunstkurse für Kinder und Senioren in der Südpfalz.

Rechtsextreme Beobachter?

Augenzeugen berichten davon, dass ein Ex-Mitglied des „Widerstand Kandel“ mit Thor-Steinar Shirt bekleidet von den vor Ort eingesetzten Security-Mitarbeitern einen Platzverweis erhielt. Des Weiteren scheint es nach Beobachtungen weiterer aufmerksamer Personen so zu sein, dass zumindest zwei bekannte Neo-Nazis, im Umfeld des Festivals gesichtet wurden.

Die Dicken Kinder füllen und rocken die Halle

Man kann die Landauer Combo „Die Dicken Kinder“ als Kultband bezeichnen. Am Pfingstsonntag trug die Band maßgeblich dazu bei, dass das zweitägige Festival einen grandiosen Abschluss finden wird.

  

 

 

Bildergalerie:

 

(Bericht und Fotos: Christian Ratz)




Nachbericht: Demo gegen Rechtsextremisten in Speyer / Gruppe aus Mannheim im Zug von Neo-Nazis angegriffen

Wir berichteten über die Protestdemonstration gegen den Aufzug der rechtsextremen Partei der Dritte Weg am 05.01.19 in Speyer/Rhein

 

 

 

 

https://kommunalinfo-mannheim.de/2019/01/08/proteste-von-buendnispartnern-stellen-neo-nazi-partei-ins-abseits-faschisten-des-iii-wegs-waren-in-speyer-nicht-willkommen-mit-fotogalerie/?fbclid=IwAR38J3m_OL5sPRkXBorzlPMKWKdAREn54xW_g5_rgFjn7BhMD68GFFeTefU

Ein Gruppe jüngerer AntifaschistInnen, die in Mannheim eine Regionalbahn nach Speyer bestiegen hatte, wurde am Bahnhof Schifferstadt von Parteigängern der Neo-Nazi Partei III. Weg im Zug angegriffen. Verletzt wurde niemand.

Es wird uns geschildert, daß die Regionalbahn in Schifferstadt einen Routinestop einlegte. Auf dem Bahnsteig hätten sich etwa 40 Neo-Nazis befunden. Als diese die AntifaschtInnen im Zug sahen, hätten die meisten der Rechtsextremen den Zug nicht bestiegen. Einige Nazis betraten jedoch den Zug, mit der Absicht nach Speyer zu fahren, und attackierten Mitreisende unvermittelt. Die Angriffe konnten abgewehrt werden. Es wurde niemand verletzt.

Streifenbeamte der Polizei hätten in Schifferstadt ebenfalls den Zug bestiegen, wohl um sicherstellen, daß von den Aggressoren keine weiteren Attacken auf Mitreisende mehr erfolgen können. Die Regionalbahn erreichte den Hauptbahnhof Speyer mit erheblicher Verspätung. Dort seien von der Polizei die Personalien einiger Angreifer erfaßt worden, wird uns weiter berichtet.

Die Gruppe der AntifaschistInnen schloß sich, mit entsprechender Verspätung, dem breiten Protest auf dem Berliner-Platz in Speyer an.

(Bericht und Foto: cr)

 




Kandel in Ohnmacht: Rechtes Frauenbündnis demonstriert am Todestag von Mia V. (mit Bildergalerie)

Am 27.12.17 wurde Mia V. von ihrem Ex-Freund ermordet (Wir berichteten https://kommunalinfo-mannheim.de/2018/01/04/schweigemarsch-in-kandel-suedpfalz-von-rechten-instrumentalisiert-polizeikraefte-am-rande-ihrer-moeglichkeiten/ ). Den ersten Todestag nutzten etwa 200 Neo-Nazis, Hooligans und Anhänger des sogenannten Frauenbündnis Kandel um ihre Wut gegen Bundesregierung und Lokalpolitiker auf die Straße zu bringen. Im Vorfeld des 27.12.18 hatten die Bündnisse „Wir sind Kandel“ und „Kandel gegen Rechts“ mitgeteilt, aus Gründen der Rücksichtnahme den Angehörigen und Freunden von Mia V. gegenüber, auf Protestveranstaltungen gegen den Aufzug des Frauenbündnis zu verzichten. Laut einer Pressemitteilung der Polizei verlief die Demonstration störungsfrei; es wurden keine Straftaten bekannt. Ein massives Polizeiaufgebot begleitete das Demonstrationsgeschehen.

 

Angereister Pfarrer spricht von „Beihilfe zum Mord“ – „Oh, du fröhliche“ wird angestimmt – Hooligans attackieren Passanten

Die Demonstranten des rechten Frauenbündnis versammelten sich vor dem DM-Drogeriemarkt in Kandel, in dem Mia V. vor einem Jahr von ihrem Ex-Freund mit einem Messer angegriffen und tödlich verletzt worden war. Der Täter, ein zur Tatzeit vermutlich minderjähriger Geflüchteter und Asylantragsteller, wurde inzwischen rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von 8 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Kerzen und Kränze waren vor dem Markt zu sehen. Zu sehen waren aber auch bekannte Neo-Nazis, gewaltbereite Hooligans, Vertreter der Reichsbürgerszene und zahlreiche weitere Personen, die 2018 bei den regelmäßig stattgefundenen Aufzügen des rechten Spektrums in Kandel bereits präsent waren. Die Polizei berichtete von rund 250 TeilnehmerInnen; unseren Beobachtungen nach waren es nur 150-200.

Als Hauptredner des sogenannten Frauenbündnis sprach der aus Franken stammende, seit Jahren in der Schweiz lebende, evangelische Pfarrer Lothar Mack. Mack ist kein unbeschriebenes Blatt. Ihm werden Verbindungen zu Ernst Cran, einem ehemaligen evangelischen Pfarrer, PEGIDA Nürnberg-Aktivisten und regelmäßigem Redner beim Frauenbündnis Kandel, nachgesagt.

Die schweizer Kirchengemeinde Heiden gab im Mai 2016 bekannt, dass man das Arbeitsverhältnis mit Mack zum Jahresende aufgelöst habe. Mutmaßlich wegen islamophober Äußerungen, die Mack getätigt hatte. Lothar Mack engagiert sich in der Schweiz an vorderster Front beim Verein „Sichtwechsel“. Der Verein offeriert „Beratung bei falschen Missbrauchserinnerungen“ (zusammengefasst: das Motto lautet Tat ohne Täter – falsche Erinnerungen könnten beschuldigten oder angeklagten Tätern in Missbrauchsfällen juristisch schaden). Artikel von Mack verfasst werden beim national-völkischen Blog „Schweizergeschichte“ publiziert. Laut einer Mitteilung der evangelischen Kirche in der Schweiz steht Mack als Vertretungspfarrer für Sonntagsgottesdienste und für den Bereitschaftsdienst zur Verfügung.

Als Beihilfe zum Mord bezeichnete der angereiste Pfarrer die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Damit bezog er sich auf den tragischen Tod von Mia V. . Weiter sagte Lothar Mack sinngemäß: „Omas, Frauen und Mädchen könnten nur gebückt umherlaufen, weil sie ungeschützt seien…dies wäre der illegalen Migration kulturfremder Menschen geschuldet…um den christlichen Frieden zu finden, müssen die Menschen gegen die Obrigkeit aufstehen…“

In seiner Rede monierte Mack auch die „Dreifaltigkeit“ christlicher Kirchen in Deutschland. Diese würden sich seiner Meinung nach u.a. nicht vom Islam distanzieren.

Wer auf die Idee kam das Weihnachtslied „Oh, du fröhliche…“ anzustimmen, bei der als Gedenkveranstaltung für Mia V. angekündigten Kundgebung, welche kaschiert für andere Zwecke missbraucht wurde, erschloss sich kritischen Beobachtern vor Ort nicht.

Weitestgehend ruhig und störungsfrei verlief der „Spaziergang“ der Wutbürger und Regierungskritiker. Als sich der Aufzug der „Spaziergänger“ auf dem Rückzug zu ihrem Versammlungsort in der Lauterburger Straße befand, brachen auf Höhe des Bahnübergangs unvermittelt vier bekannte Hooligans aus und versuchten eine Person auf dem Bürgersteig zu attackieren. Die angegriffene Person war augenscheinlich Begleiter von BM Volker Poss. Der versuchte Angriff wurde von Polizeikräften rigoros unterbunden; die Angreifer wurden zurückgedrängt.

 

Andenken an Mia V.

In der Sankt Georgs-Kirche in Kandel trafen sich zahlreich Menschen, um der verstorbenen Mia V. zu gedenken. Darunter auch die beiden zu Unrecht gescholtenen Bürgermeister der Stadt und weitere LokalpolitikerInnen. An diesem Tag, dem 27.12.18, wies ein Schild an der Kirche darauf hin, dass fotografieren und filmen in der Kirche untersagt ist.

 

 

Die traurige Vorausschau auf 2019 – Kandel bleibt bis auf weiteres im Fokus rechter Agitatoren

Marco K. und sein „Frauenbündnis“ haben nach eigenen Angaben ganzjährig, monatlich Aufzüge in Kandel angemeldet.

Am 12.01. soll die erste Kundgebung im neuen Jahr in Kandel stattfinden. Die Woche darauf in Wörth/Rhein.

Das Bündnis „Kandel gegen Rechts“ mobilisiert bereits für einen Gegenprotest am 12.01.19 ab 12 Uhr am Bahnhof in Kandel. Verschiedene Redebeiträge sind angekündigt.

 

 

(Bericht: Christian Ratz / Fotos: Christian Ratz und weitere Fotografen)

Weitere Bilder des Tages:

 




Kandel: Rechtes Frauenbündnis kneift kurzerhand – Hunderte gehen für Demokratie, Vielfalt und Antifaschismus auf die Straße (mit Fotogalerie)

Nach Polizeiangaben nahmen am 03.11.18 rund 500 Personen an verschiedenen Kundgebungen und Mahnwachen in der südpfälzischen Kleinstadt teil. Ursprünglich angekündigt waren 17 unterschiedliche Kundgebungen. Drei davon aus dem rechten Spektrum. Die Mehrzahl allerdings von zivilgesellschaftlichen, antifaschistischen/antirassistischen Initiativen und von Parteien. Der Demotag verlief deutlich anders, wie zunächst zu erwarten gewesen wäre.

 

 

Versammlungsbehörde der Kreisverwaltung Germersheim greift massiv ein – Polizei versucht Pressefreiheit zu behindern

Verschiedene, bereits Mitte Oktober angemeldete Kundgebungen, wurden von der Behörde nicht an den angemeldeten Orten genehmigt und an Stellen verlegt, die weder in Hör- und Sichtweite des Marktplatzes liegen sollten, geschweige denn dort einen wirksamen Gegenprotest hätten entfalten können. Eilanträge wurden von einem Verwaltungsgericht abgelehnt. Die betroffenen Anmelder sollen erst kommende Woche eine schriftliche Begründung des Gerichts über deren Anwalt zugestellt bekommen. Ein weiterer Negativpunkt auf der Liste der Versammlungsbehörde war in Zusammenarbeit mit Polizeibehörden eine Anzeige von „Unbekannt“ gegen den Kandeler Verbandsbürgermeister Volker Poß. Dieser hatte rund 50 Personen auf sein Privatgrundstück, welches sich auf der ursprünglichen Demoroute des rechten Frauenbündnis Kandel befindet, eingeladen. Angezeigt wurde er wegen des angeblichen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Begründet wurde die Entgegennahme der Anzeige, weil sich Menschen auf dem Bürgersteig vor dem Privatgrundstück befunden hätten, berichten Augenzeugen. Der Landtagsabgeordnete Alexander Schweitzer schreibt auf Facebook zu diesem Vorgang: „Rechtsextreme wollten heute am Privathaus unseres Bürgermeisters Volker Poß und seiner Familie vorbeiziehen. Wir haben uns spontan zur Unterstützung bei ihm getroffen. Ergebnis: Die Rechten haben ihre Route geändert. Und: Versammlungsbehörde bei der Kreisverwaltung Germersheim wird ein paar Fragen beantworten müssen.“

 

Das PolizeibeamtInnen in Presserecht geschult werden müssen, wurde auch an diesem Tag erneut mehr als deutlich. Zwei der drei Berichterstatter dieser Redaktion wurden mehrfach in Kandel bei der Arbeit behindert. Ein Reporter wurde, nachdem er eine Festnahmesituation fotografisch dokumentiert hatte, umfänglich personaldaten-mäßig überprüft. Diese Überprüfung hinderte den Reporter knapp eine Stunde lang daran seiner Arbeit nachzugehen. Ein weiterer Reporter wurde zweimal von ein und demselben Beamten an unterschiedlichen Orten in Kandel in rüdem Ton zu Recht gewiesen, weshalb er denn seinen Presseausweis nicht öffentlich sichtbarbar tragen würde. Der Hinweis des Reportes, dass der Presseausweis gemäß Presserecht gar nicht öffentlich zu tragen bzw. zu zeigen ist, war dem latent aggressiven Beamten sowohl unbekannt, als auch vollkommen egal. Er drohte (sinngemäß): „Beim nächsten „Vergehen“ werden ihre Personaldaten festgestellt“.

Kurzfristig gekniffen

Nur etwa 150 – 200 TeilnehmerInnen folgten den Aufrufen zu den drei aus dem rechten Spektrum angemeldeten Kundgebungen am Demotag. Das sogenannte Frauenbündnis Kandel, Patrioten NRW und eine weitere Gruppierung standen ziemlich kleinzählig auf dem Marktplatz rum, um ihre migrationsfeindlichen und verschwörungstheoretischen Parolen zu skandieren. Das „Vater unser“ wurde gebetet, bevor es zum Spaziergang losging. Allerdings nicht wie anfänglich geplant auf zwei Routen, sondern die demokratie- und migrationsfeindlichen Spaziergänger und zahlreiche Neo-Nazis wählten kurzerhand einen Weg, wo sie quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit laufen konnten – ohne auf Gehör und größeren Widerstand zu stoßen. Die ursprüngliche Hauptroute des Marco Kurz war nämlich bestens präpariert gewesen von Gegnern seiner monatlichen Aufzüge. Seine Späher, augenscheinlich Vertreter der „Biker für Deutschland“ hatten dies wohl bemerkt.

„Für Demokratie und Vielfalt und gegen Neo-Faschismus und Rassismus“ – CDU-Politiker sind Zaungäste

Über 300 Personen beteiligten sich schlussendlich gemeinsam, um für den Zusammenhalt in der Gesellschaft, für eine Willkommenskultur und eine bunte Vielfalt auf die Straße zu ziehen. Gleichzeitig damit verbunden war der starke Wille die Stimme gegen den aufkeimenden Faschismus in Deutschland zu erheben.

Bei der Auftaktkundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz sprachen u.a. die Landtagsabgeordnete Giorgina Kazungu-Haß und der Wörther OB Dr. Dennis Nitsche deutliche Worte.

„Gewalt gegen Frauen dürfe nicht toleriert werden. Einer Instrumentalisierung solcher Verbrechen die sich ausschließlich gegen männliche Migranten richtet sei entschieden entgegen zu treten. Raus aus der Komfortzone und rechten Kräften nicht die Straße zu überlassen“, so lauteten einige der Statements.

Vom Bahnhof aus ging es in einem großen, farbenfrohen und lauten Demozug auf in die Innenstadt, angeführt von den Oma’s gegen Rechts. Maßgeblich beteiligt am Gegenprotest waren Kandel gegen Rechts, Die Partei und Regionalgruppen der Kampagne Aufstehen gegen Rassismus, sowie diverse antifaschistische Gruppen aus der Region.

Die vielfach im Vorfeld kritisierte Position der CDU in Bezug auf die monatlichen rechtslastigen Aufzüge wurde am Samstag nochmals deutlich. Als Zaungäste beteiligten sich eine Handvoll CDU’ler. Anwesend waren der Landtagsabgeordnete Martin Brandl, Landrat Dr. Fritz Brechtel, der Erste Kreisbeigeordnete Christoph Buttweiler, der CDU-Verbands- und Stadtvorsitzende Michael Niedermeier und Niklas Hogrefe, Vorsitzender der Jungen Union Kandel und stellvertretender Vorsitzender des CDU Stadtverbands in Kandel. Von keinem der CDU-Vertreter war zu erkennen, dass diese sich entschlossen gegen die rechten Aufzüge, die den Ort seit Jahresbeginn belasten, stellten. Sehr rasch machte sich der Begriff „der Niederwixxer ist da“ auf den Straßen und unter den Gegendemonstranten breit.

 

In Summe erfolgreich konnten die GegendemonstrantInnen den Tag für sich verbuchen. An unzähligen Stellen wurde den Rechten auch diesmal die Ausübung deren Interpretation der Meinungsfreiheit schwer gemacht.

(Bericht: Christian Ratz / Fotos John Brambach, Erik Butz und Christian Ratz)

 

Alle Bilder des Tages:

 




Nie wieder: Mit Schreckschusspistolen, Schlagstock und Reizgas zur Demo [mit Bildergalerie und Glosse]

Kandel – 07.07.18

Nach offiziellen Angaben nahmen rund 600 Personen an den vier angemeldeten Kundgebungen am vergangenen Samstag teil. Etwa 500 PolizeibeamtInnen befanden sich im Einsatz. Anlass der Kundgebungen war der erneute Aufzug des rechts-nationalen, migrationsfeindlichen „Frauenbündnis Kandel“, mehrheitlich durch Männer auf der Straße vertreten. „Die Partei“, das „Männerbündnis Kandel“ und „Wir sind Kandel“ setzten unterschiedliche Schwerpunkte bei ihren Protest-Veranstaltungen.

 

Rassistischer Angriff von Rechten führt zu Festnahmen – KIM-Reporter wird von einem „Polizeibeamten“ angegangen

Gemäß einer Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Rheinpfalz verliefen die Veranstaltungen insgesamt friedfertig. Dies deckt sich auch mit unseren Beobachtungen, die wir den Tag über machen konnten.

Die Polizei berichtet: „Es kam nur zu einem erwähnenswerten Vorfall. Auf der Hauptstraße beleidigte gegen 13.30 Uhr ein 30-jähriger Karlsruher einen 25-jährigen aus Trier. Bei der sich anschließenden Identitätsfeststellung leistete der 30-Jährige gegen die Einsatzkräfte Widerstand und beleidigte eine Polizistin. Bei dem 30-jährigen Tatverdächtigen konnten die Polizisten schließlich eine geladene Schreckschusswaffe und ein Teleskopschlagstock auffinden. Auch die 63-jährige Begleiterin des Karlsruhers hatte eine geladene Schreckschusspistole und Pfefferspray dabei. Die Waffen wurden sichergestellt. Gegen die beiden Tatverdächtigen wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, der 30-Jährige muss sich wegen Beleidigung, Verstoß gegen das WaffG und gegen das Versammlungsgesetz, die 63-Jährige wegen der Verstöße gegen das Waffengesetz und Versammlungsgesetz verantworten.“

Augenzeugen zufolge, wurde von den beiden Personen, gegen die polizeilich ermittelt wird, und die dem Unterstützerumfeld des „Frauenbündnis Kandel“ zugerechnet werden könnten, eine Person aufgrund seiner Hautfarbe rassistisch beleidigt und als „Nigger“ beschimpft.

Ein vermeintlicher „Polizeibeamter“ verlangte von einem KIM-Reporter dessen Presseausweis sehen zu wollen. Als dieser den „Beamten“ nach dessen Dienstausweis fragte, musste dieser passen. Die hinzugerufenen Polizeibeamte nahmen sich der Sache an. Der polizeiliche Staatsschutz wird inzwischen wohl gegen diese Person ermitteln, die sich fälschlicherweise als Polizeibeamter ausgab und damit versuchte die Pressearbeit zu behindern.

„Falscher“ Polizeibeamter

In der Sache geeint, in den Farben getrennt?

Kandel ist seit einem Gewaltverbrechen, bei dem eine junge Frau Ende Dezember 2017 von ihrem Ex-Freund, einem Asylantragsteller, ermordet worden sein soll, Schauplatz regelmäßiger Aufzüge aus dem rechten Spektrum. Nur mühsam entwickelte sich in der Kleinstadt etwas, was der Beobachter als Widerstand dagegen bezeichnen kann. (Siehe hierzu unsere Glosse zum Thema).

Drei Gegenkundgebungen fanden an diesem Tag statt: Die Partei, das Männerbündnis Kandel (Fokus Marktplatz) und Wir sind Kandel (am Saubrunnen) mobilisierten mehr als 400 Menschen. Unterstützung kam zusätzlich durch die Kunstaktion „Mauer gegen rechts“ in der Lauterburgerstrasse, an der Marschroute des rechtslastigen, Reichsbürger nahen „Frauenbündnis“, realisiert von Aufstehen gegen Rassismus Südpfalz mit Unterstützung von AgR Rhein-Neckar.

Sämtliche RednerInnen bei den verschiedenen Kundgebungen gegen die regelmäßigen Aufläufe aus rechten Milieus, sprachen sich vehement und nachhaltig gegen jede Form von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Extremismus aus. Beispiele:

Dr. Bernhard Braun (MdL, Die Grünen) warnte bei seiner Rede am Saubrunnen davor, dass Rassisten unter dem Deckmantel der Anteilnahme gesellschaftliche Spalterei betreiben. Seinen Worten zufolge ist die Landesregierung in Mainz weiterhin zutiefst betroffen, was das Gewaltverbrechen in Kandel angeht. Kandel werde man auch in diesen Zeiten nicht alleine lassen.

Dr. Dennis Nitsche (OB Wörth, SPD) sprach sich auf dem Marktplatz klar und deutlich für eine offene und bunte Gesellschaft in Kandel, so wie er sie aus Wörth kennt, aus. Der Redner dankte wörtlich der „Antifa“ für den dauerhaften Einsatz in Kandel, was die Verteidigung demokratischer, rechtsstaatlicher Prinzipien angeht und für den Schutz der aus rechten Lagern angegriffenen Bürgermeister und Medienvertretern. Seine klare Ansage war sinngemäss „Für ein geeintes Europa und für eine unabhängige und kritische Presse“.

 

Laut, bunt und kreativ vs. dumpf-nationalistisch „verkurzt“

Dumpf-hohl bis rhetorisch nahezu NSDAP-gleich klangen Reden und Lieder beim nur mäßig besuchten monatlichen Auflauf des beim Marsch 2017 gescheiterten Marco Kurz und seinem sogenannten „Frauenbündnis“. Damit ist auch Kurz in der Z-Klasse der rechten „Promi“-Redner angekommen. „Man lädt sich halt gegenseitig ein.“

„Marco muss weg“ war auf einem Schild zu lesen. „Kurz“ musste am 07.07.18 eine abgekürzte Route laufen. Laute, kreative Buntheit werden wahrgenommen. Nachhaltigkeit und dauerhafte ehrliche Arbeit gegen rechte Extremisten und besorgte BürgerInnen vor Ort lässt weiter zu wünschen übrig. Die BürgerInnen, die sich noch mehrheitlich verstecken, gilt es zu motivieren. Es wird eine Herkulesaufgabe für „Wir sind Kandel“ werden, um sich als gesellschaftlicher, antifaschistischer Anker zu beweisen. Charta hin oder her.

Antischafistische Unterstüzung kam an diesem diesem Tag u.a. aus Mannheim, Karlsruhe und Landau. Fahnen und Banner zeigen lautet auch diesmal das Motto.

Gegen die Pressefreiheit:

Das „Frauenbündnis“ unter der Regie von Marco Kurz beabsichtigt am 21.07. in Ludwigshafen/Rhein vor dem Verlagsgebäude der Tageszeitung „Die Rheinpfalz“ einen Protest auf die Straßen zu tragen. Ein geplanter Demozug soll bis zum Hauptbahnhof führen. Unseren Informationen zufolge mobilisiert sich der Gegenprotest in der Industriestadt, um klare Kante gegen rechts und eine Lanze für die Pressefreiheit zu zeigen.

 

Glosse:

Quo vadis, Kandel?

Ein südpfälzisches „Dorf“ und sein eigener politischer Selbstmord.

In Kandel kann man sich mittlerweile ziemlich sicher sein, der rechte Rand wird verharmlost. Die Stadtoberen haben es immer noch nicht erkannt, dass die Stadt längst mit dem Rücken zur Wand steht. Das Epizentrum der „Rechten“ in Süddeutschland ist Kandel schon längst geworden. Das Rathaus hat sich schulterklopfend selbst manipuliert. Da fallen dann schon mal starke Worte wie „es werden ja immer weniger“, „es sind ja nur noch 100“ und „bald gibt er auf, der Kurz“. Diese Naivität wird Kandel früher oder später gewaltig um die Ohren fliegen, es war schon immer so. Naivität hat ihren Preis. Und den wird auch Kandel zahlen.

„Wir sind Kandel“. An jedem Ortseingang ist es groß zu lesen. Aber wer oder was ist „Wir sind Kandel“? Wir fragen nach. Ist „Wir sind Kandel“ ein Stadtrat, der damit beschäftigt ist, die Schuldigen der Demonstrationen bei denen zu suchen, die für ein nazifreies Kandel auf die Straße gehen? Bei den Personen, die ihre Freizeit und Geld investieren? Bei den Personen, die für Menschenrechte, gegen Rassismus und für ein friedliches Miteinander stehen?

Ein Stadtrat der Gegendemos grundsätzlich als Missbrauch von Linksextremen sieht, ein Stadtrat der unwahre Behauptungen aufstellt, um seinen eigenen politischen Ansichten Nachdruck zu verleihen; ein Stadtrat der gezielte Gewalt gegen seine Bürger (3.3.2018) schweigend duldet, drei Silvesterböller aber als Sprengstoff verkauft, ein Stadtrat der alle friedlichen Gegendemonstranten pauschal als Linksextreme kriminalisiert, es aber gleichzeitig ignoriert und duldet das Rechtsextreme durch die Straßen von Kandel laufen?

Ist „Wir sind Kandel“ ein Stadtrat, der als Dank an die vielen Menschen, die für Kandel auf die Straße gehen, mit verschlossenen Toiletten oder der Verweigerung von Strom belohnt?

Ist „Wir sind Kandel“ ein Bündnis, welches sich aus Angst vor Entzug der Hilfe der Stadt Kandel nur bedingt zu einer Zusammenarbeit mit anderen Gruppen entschließen kann?

Ist „Wir sind Kandel“ ein Stadtrat, der damit beschäftigt ist, über Dritte an Unterlagen von Journalisten zu gelangen, über diese eventuell verwertbare Informationen über das eigene Feindbild Antifa zu erhalten, das es so aber in Kandel überhaupt nicht gibt?

Für einen Stadtrat, für den Infos über das rechte Spektrum hingegen völlig uninteressant ist. Ist „Wir sind Kandel“ der Stadtrat, der sich längst nicht mehr die Frage stellt: “Was ist da los?”, sondern: “Was machen wir als nächstes?” „Wie werden wir die linke Gegendemonstration los?“

Ist „Wir sind Kandel“ der Stadtrat, der sich einem so dringend benötigten Austausch und Dialog entzieht?

Es scheint, als habe man sich im Rathaus längst damit abgefunden, Deutschland nicht mehr als ruhiges Land, tolerant, bunt und lebenswert für alle Menschen wahrzunehmen, sondern als Hotspot rechter Gruppierungen, ein Land, das nicht mehr in der Lage ist, mit allen demokratischen Kräften Gesicht zu zeigen.

Fragen über Fragen. Im Rathaus Kandel ist es ziemlich dunkel, vielleicht würden neue, hellere Glühbirnen nützen. Kommunalwahlen stehen ja vor der Tür. Leider ist es aber auch so, dass Politiker wie Dr. Dennis Nitsche nicht auf den Bäumen wachsen. In Kandel braucht es keine Politiker, die nicht in der Lage sind, Situationen richtig einzuschätzen und lieber der Mehrheit der „Helfer*innen“ gegen rechts permanent vor die Füße spucken!

 

(Bericht: Christian Ratz – Glosse: John Brambach – Fotos/Video: Erik Butz, John Brambach und Christian Ratz)

 

Weitere Bilder des Tages: