Demo in Stuttgart: Mehr Geld für finanzschwache Kommunen

Etwa 2000 Menschen demonstrierten am Samstag 8.11.25 in Stuttgart gegen Kürzungen in den Kommunen bei Kitas, ÖPNV, Kultur und Sozialem sowie die zunehmenden Angriffe Rechtsextremer gegen die Demokratie. Eine Delegation der Gewerkschaft ver.di und der Linken aus Mannheim und Heidelberg waren dabei. Das Motto der Aktion: ”Kommunen am Limit – Demokratie am Abgrund”.

Leere Stadtkassen gefährden Lebensqualität und Demokratie

Die Teilnehmer*Innen waren dem Aufruf der Gewerkschaft ver.di Baden-Württemberg und einem Bündnis aus Gewerkschaften, Parteien, Sozialverbänden gefolgt. Sie fordern angesichts leerer Kassen in Städten und Gemeinden:

Steuergerechtigkeit zwischen Bund, Land und Kommunen.

Vermögenssteuer für Milliardäre und Superreiche statt Kommunen kaputt zu sparen

Keine Kürzungsorgien und verlässliche Finanzierung

Faire Arbeitsbedingungen

Verbot von Mietwucher

Der Staat müsse mehr in Wohnen, Schulen, Kitas, Pflege, ÖPNV, Kultur und Vereine investieren!

In einem Brandbrief hatten sich Ende Oktober dreizehn Städte an Bundeskanzler Friedrich Merz und die Landesregierungen gewandt. Darin beklagen sie, dass die Schere zwischen kommunalen Einnahmen, wie die z.B. die Gewerbesteuern und den Ausgaben immer weiter auseinander klafft.

(Text und Video: Harald Bürk | Foto: Helmut Roos) 

 

 

Siehe auch: 

Gemeinderat stimmt dem Nachtragshaushalt 2025-26 mehrheitlich zu. Niemand will die Zwangsverwaltung durch das Regierungspräsidium

 

 

 

 




Lichterspaziergang am Theresienkrankenhaus [Videobeitrag]

Bei einem Lichterspaziergang trafen sich Beschäftige und Unterstützer*innen vor dem Theresienkrankenhaus in Mannheim. Sie zeigen sich besorgt über die angekündigte Schließung des Krankenhauses. Zwei Mitarbeiterinnen und eine Patientin berichten KIM, wie sie die Situation erleben und welche Forderungen sie an die Verantwortlichen haben. (Videobeitrag: Harald Bürk) 

 




Gebietskulisse der „Landesmietpreisbegrenzungsverordnung“ ohne Mannheim: Fragen, die gestellt und geklärt werden müssen.

Es gibt wohl niemanden (außer Fans von „Haus und Grund“), der es spontan für nachvollziehbar hält, dass Mannheim nach fünf Jahren plötzlich nicht mehr zum Kreis der Städte und Gemeinden gehören soll, für die ein „angespannter Wohnungsmarkt“ festgestellt wurde. Mit der Folge, dass für Vermieter höhere Kappungsgrenzen für ihre Mietpreisforderungen gelten als in den letzten fünf Jahren. Sie dürfen wieder mehr zulangen. Was ist da Positives in den letzten fünf Jahren geschehen, dass man angeblich entspannt und easy zu einer passenden und leistbaren kommt und dass die Kappungsgrenzen keine Rolle mehr spielen sollen? Jede und jeder, der eine neue Wohnung benötigt, macht die gegenteiligen Erfahrungen – diejenigen mit wenig Geld sowieso, aber auch in der „Mitte“ wird es eng. Aber das sind ja „nur“ die Erfahrungen der Menschen. Das Ganze muss wissenschaftlich analysiert und mit Indikatoren der „Angespanntheit“ belegt werden, bevor ein die Mieter:innen etwas entlastender Mechanismus aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 556 d BGB) zum Einsatz kommt.

Die Geschichte der Feststellungen bzw. Nicht-Feststellungen

Zur Erinnerung:
2015 ging es zum ersten Mal um die Feststellung eines angespannten Wohnungsmarktes, die dann die Inkraftsetzung von Mietpreiskappungsgrenzen ermöglicht hätte. Mannheim ging damals leer aus. 2014 gab es in Mannheim 177.703 Privathaushalte, aber nur 164.562 Wohnungen. Es klaffte eine Lücke von 13.141 Wohnungen. Wie kann das sein? Z.B. so, dass 4 Privathaushalte sich zusammen eine Wohnung teilen (Studis in Wohngemeinschaft). Wohnungslose Couchsurfer:innen, die auch als ein Privathaushalt gelten und irgendwo in einem anderen Haushalt unterkommen. Oder erwachsene Kinder, die noch bei Mutti wohnen, weil sie sich keine eigene Wohnung leisten können.

2020 ging es in die nächste Runde: Mannheim bekam es amtlich, dass dort ein angespannter Wohnungsmarkt herrsche. 2019 gab es jeweils am 31.12. 173.294 Privathaushalte und 167.312 Wohnungen – zwischen beiden bestand „nur“ noch eine Lücke von knapp 6.000.

Und jetzt – 2025? Es gab am 31.12.24  178.589 Privathaushalte und 174.979 Wohnungen – eine Lücke von 3.610. – Verständlich, dass nun die große Entspannung eingetreten ist?

Nein, ganz und gar nicht. Denn der Bedarf an Wohnungen ist ja nie der nach einer x-beliebigen, wie es die nackte Statistik unterstellt.  Für den weitaus größeren Teil der Gesellschaft kommt es neben der passenden Größe der Wohnung auf den leistbaren Preis an. Wenn man eine Wohnung braucht, die man sich aber nicht leisten kann, dann bedeutet das echte „Anspannung“.  Die Grafik zeigt, wie schnell seit 1997 die Mietspiegelpreise geklettert (um fast 100%) und wie lahm die Nettolöhne gestiegen sind (um ca. 20%). Und die Angebotsmieten liegen inzwischen durchschnittlich 3 EUR über den Mietspiegelpreisen.

Grafik: KIM

Nach Entspannung sieht hier nichts aus. Es wird deutlich, dass unterschiedliche Faktoren herangezogen werden müssen, die am Ende vielleicht geeignet sind, die Situation auf dem Wohnungs-, besonders auf dem Mietwohnungsmarkt zu charakterisieren. Die aus dem Mannheimer Statistikatlas, der Mannheimer Mietspiegelstatistik sowie aus dem Statistischen Bundesamt stammenden Daten, die eigentlich unmittelbar plausibel die „Angespanntheit“ des Wohnungsmarktes aufzeigen, sind offenkundig nicht die, die das Gutachten der Landesregierung verwendet. Und dann kommt es ja noch auf die „Aufbereitung“ der Daten bzw. deren Eindampfung zu einer schlichten JA-NEIN-Entscheidung hinsichtlich der Gebietskulisse an.

Eine wichtige Größe ist z.B. auch die Mietbelastung der Haushalte, das ist der Anteil der Warmmiete am verfügbaren Nettoeinkommen. Dazu müsste man wissen, wie hoch die Einkommen der Haushalte einer Stadt sind, und wie sie gestreut sind. Diese Zahlen gibt es aber amtlich nicht. Die Wissenschaft greift hier auf die Erhebungen des großen Marktforschungsinstituts GfK zurück. Ebenso bei der Frage, wie viele Privathaushalte es in Baden-Württemberg gibt. Mannheim kennt seine Haushalte über das Einwohnermeldeamt. Das Land hat vor ein paar Jahren aufgehört, diese Daten zu sammeln.

Vorrang für kommunale Daten! Betrachtung von Teilgebieten der Stadt!

Bei all den Berechnungen, die das beauftragte Institut FuB GmbH anzustellen hat, ist zu klären, und zu verhandeln, welche Daten es heranzieht. Die Stadt Mannheim verfügt über eine auf die Meldekarten gestützte, jederzeit aktuelle Einwohner- und Haushaltsstatistik. Diese differiert z.B. bei den Einwohnerzahlen um ca. 10.000 Menschen, die die Stadt mehr als das Statistische Landesamt zählt (daraus erwuchs eine Klage der Stadt und vieler anderer ebenfalls betroffener Gemeinden gegen das Land, welches sich auf seinen Census 2011 berief).

Die Verwendung kommunaler Daten hätte auch einen weiteren Vorteil: Das BGB geht davon aus, dass auch besonders belastete Teilgebiete einer Stadt in die Gebietskulisse aufgenommen werden können. Die Landesregierung lehnt dies glatt ab: „Wir haben dazu auf Landesebene keine Daten!“ Die Stadt hat sie für jeden Stadtbezirk!

GfK-Daten, die in die Berechnungen Eingang finden, beruhen auf Umfragen, sind also nicht exakt.

Warum werden nicht die kommunalen Daten herangezogen, so sie qualifiziert vorliegen? Die Einheitlichkeit der Datenquellen spielt bei der Berechnung der Gebietskulisse keine Rolle, weil es um die Verhältnisse in den einzelnen Gemeinden geht, die hier nicht miteinander in Konkurrenz liegen wie z.B. bei Zuteilungen aus Finanzausgleichstöpfen.

Öffentlichkeit der Daten und Berechnungswege!

Bei der Berechnung der Gebietskulisse, welche Gemeinde einbezogen wird und welche nicht, geht es um Einiges. Für die Mieter:innen, ob ihre Miete 5% höher ist oder nicht (bei einer Monatskaltmiete von 800 EUR sind das 480 EUR pro Jahr haben oder nicht haben. Es geht auch um Kündigungsfristen.

Für die Gemeinden ist das Mietniveau am Ort ebenfalls unmittelbar haushaltsrelevant: Für Bezieher:innen von Grundsicherung oder Sozialhilfe muss die Gemeinde die Wohnungsmiete ganz oder teilweise übernehmen. Dies ist einer der Kostentreiber bei den Sozialausgaben der Kommunen.

Weil die Rechte der Öffentlichkeit bei der Herausgabe der Förderkulisse 2015 von der Landesregierung nicht geachtet wurden, kassierte das Oberlandesgericht Stuttgart 2019 die ganze Verordnung der Landesregierung. 2020 wurde erstmals das gesamte Gutachten von FuB vorgelegt, in diesem Jahr ebenfalls. Dieses Gutachten enthält jedoch nicht die verwendeten Originaldaten, sondern deren „operationalisierte“ Verarbeitung mittels der „Nutzwertanalyse“, die für Laien schwer verständlich und schon gar nicht überprüfbar ist. Das Institut schreibt wie zur Bestätigung: „Der Nachteil der Nutzwertanalyse ist, dass die im Modell festgelegten Grenzen der Kriterien, der Gewichtungen und der endgültigen Auswahlgrenzen nicht auf einer reinen statistischen Ableitung, sondern auf einer sinnvollen und fundierten Begründung für den Sachverhalt beruhen. Diese teilweise subjektive [!] Festlegung ermöglicht es jedoch, die in der gesetzlichen Grundlage des § 556d Absatz 2 BGB festgelegten Grundlagen direkt im Modell abzubilden und mit entsprechenden Begründungen und Erläuterungen zu untermauern.“ Hier ist viel Raum zur „freien Gestaltung“, wo Gemeinderäte zu unterrichten und um ihre Meinung gefragt werden müssten, z.B. zu Gewichtungsfragen. Am Ende wird das ganze Zahlenwerk auf die 5 vom BGB vorgegebenen Indikatoren mit je 20% Gewichtung eingedampft, aus dem dann ein Punktsystem hervorgeht – und plötzlich ist Mannheim wie auch Konstanz draußen. Den Autor:innen des Gutachtens wird hier nicht unterstellt, dass sie hier irgendwelche geheime Aufträge oder Ambitionen verfolgen. Aber sie haben ein System aufgebaut, welches am Ende jeglicher Evidenz und Plausibilität entbehrt.

Die rausgefallenen Gemeinden sind in ihren Rechten beschnitten

Die Daten der rausgefallenen Gemeinden tauchen in den Ergebnistabellen des Gutachtens überhaupt nicht auf und entziehen sich so der Überprüfung. (Das war auch schon 2015 so. Die LINKE im Gemeinderat musste erst per Antrag 208/2015 fordern, die Verwaltung solle die  Landesregierung die Nichtaufnahme in die Gebietskulisse begründen lassen. Was dann auch erfolgte. Es stellte sich heraus, dass die Stadt haarscharf an der Gebietskulisse vorbeigeschlittert ist. Das was schon damals nicht plausibel.)

Bei so knappen Entscheidungen muss ein Korridor der Verhandelbarkeit bestehen, wo der Daten- und Methoden-Unschärfe die Evidenz der tatsächlichen Situation in den jeweiligen Kommunen entgegengestellt werden kann. Insbesondere kommt es darauf an, dass nicht nur die Zahl der Einwohner*innen und die Zahl nicht weiter definierter Wohnungen gegenübergestellt wird, sondern dass nach Größe und Preisklasse der Wohnungen und nach Größe der Haushalte und deren Einkommen eine Gegenüberstellung vorgenommen und Ungleichgewichte festgestellt werden. Denn selbst bei einem Verhältnis 1 : 1 von abstrakten Einwohnern und abstrakten Wohnungen wird sich bei genauerem Hinsehen herausstellen, dass ein viel zu großer Anteil des Wohnungsbestandes für breite Schichten der Gesellschaft  finanziell nicht erreichbar sind. Dies ist dann tatsächlich eine „Angespanntheit“ und ein Notstand, auf den u.a. mit der Mietpreisbremse reagiert werden muss.

Lediglich den „Gewinnern“ wird dargelegt, warum sie gewonnen haben. „Verlierer“ haben aber naturgemäß das größere Darlegungsinteresse. Für „Haus und Grund“ sieht das allerdings genau andersherum aus: Wo die Mieter:innen in einer Gemeinde die „Gewinner“ sind, sieht sich die Vermieter-Lobby als Verlierer. So beklagte sich auch Haus und Grund Mannheim im Jahr 2020 jämmerlich über das Gutachten, das Mannheim in die Gebetskulisse aufgenommen hatte. In diesem Jahr haben sie wohl nichts auszusetzen.

Thomas Trüper




Mietpreisbremse: Linke und LTK fordern Einschreiten seitens der Stadt gegenüber dem Land

Die Linke Mannheim und die Gemeinderatsfraktion LTK (Die Linke, Tierschutzpartei, Klimaliste) kritisieren den Herausfall Mannheims aus der Mietpreisbremse ab dem 01.01.2026. Voraussetzung für das Inkrafttreten der Mietpreisbremse in einer Stadt ist ein Gutachten des Landes, bei dem vier von fünf Kriterien für einen angespannten Wohnungsmarkt erfüllt sein müssen. In den letzten viereinhalb Jahren galt sie in Mannheim, wodurch die Kappungsgrenze bei Neuvermietung auf 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete reduziert worden ist. Ab 2026 können Mieten wieder bis zu 20 % höher liegen.

Die Linke fordert von der Landesregierung eine Offenlegung der Methodik und der Ergebnisse der Mietpreisbremse sowie eine Überarbeitung der baden-württembergischen Rechtsverordnung. Momentan müssen in Baden-Württemberg vier von fünf Kriterien erfüllt sein, damit in einer Stadt ein angespannter Wohnungsmarkt gilt, was Voraussetzung für die Mietpreisbremse ist.

Philipp Fränkle, Sprecher der Linken in Mannheim: „Aus Sicht der Linken sollten auch drei der fünf Kriterien für die Mietpreisbremse ausreichen. Außerdem ist nicht klar, ob WG-Zimmer in der Methodik berücksichtigt werden, die in einer Uni-Stadt wie Mannheim einen beachtlichen Anteil am Mietwohnungsmarkt haben. Die aktuelle Rechtsverordnung und Methodik des Landes ist demzufolge intransparent und berücksichtigt offensichtlich nicht alle Städte, in denen der Wohnungsmarkt tatsächlich angespannt ist.“

Anna Roth, Sprecherin der Mannheimer Linken: „Ein Wegfall der Mietpreisbremse in Mannheim wird dazu führen, dass die Mieten noch stärker ansteigen als in den letzten Jahren und dass Wohnen zu einer noch größeren finanziellen Belastung für viele Menschen wird. Für uns ist es unverständlich, dass die von der grün-schwarzen Landesregierung festlegten Kriterien dazu führen, dass eine Großstadt wie Mannheim angeblich keinen angespannten Wohnungsmarkt mehr hat und aus der Mietpreisbremse herausfällt. Landesbauministerin Nicole Razavi hofft sogar, dass es bald keine Mietpreisbremse mehr braucht und diese nach 2029 nicht verlängert werden muss.“

„Wir fordern Oberbürgermeister Specht auf, sich bei der Landesregierung für die Offenlage der Bewertungsergebnisse und für ein Nachbessern oder ein alternatives Gutachten für Mannheim einzusetzen. Der Oberbürgermeister von Konstanz, Uli Burchardt (CDU), übt scharfe Kritik an der Methodik und dass auch seine Stadt aus der Mietpreisbremse fällt. Die Stadt Konstanz unterstützt daher den landesweiten Appell, die Gebietskulisse der Mietpreisbremse nachhaltig und verlässlich zu gestalten, damit Städte nicht fortlaufend umplanen müssen. Auch Oberbürgermeister Specht und die Stadt Mannheim müssen sich dem Appell anschließen und sich dafür einsetzen. Notfalls sollte die betroffenen Kommunen den Klageweg beschreiten. Schließlich betrifft es alle Mannheimer Miethaushalte“, fordert Dennis Ulas, Linke-Stadtrat und wohnungspolitischer Sprecher der LTK.

Die Linke Mannheim

Gemeinderatsfraktion LTK Linke/Tierschutzpartei/Klimaliste




Vorzeitige Schließung des Theresien-Krankenhaus: Ein Schlag für Beschäftigte und Stadtgesellschaft

Die Linke Mannheim reagiert mit scharfer Kritik auf die bekannt gewordenen Pläne zur Schließung des Theresienkrankenhauses bereits Ende 2027. Das Theresienkrankenhaus ist durch seine zentrale Lage ein wichtiger Bestandteil der öffentlichen Gesundheitsversorgung. Die wirtschaftlich schwierige Lage, die durch die Trägergesellschaft Brüderklinikum Julia Lanz verursacht wird und der Grund für die vorzeitige Schließung ist, zeigt einmal mehr, dass durch Fallkostenpauschale und Krankenhausreform niemandem geholfen wird.

Kreissprecher Philipp Fränkle äußert große Bedenken:

„Die Schließung der Notaufnahme im Theresienkrankenhaus wird die gesamte Notfallversorgung in Mannheim spürbar belasten. Schon jetzt warnen Fachleute wie Andreas Pitz von der Integrierten Leitstelle Mannheim davor, dass andere Kliniken an ihre Grenzen geraten werden. Verlegte Stationen und ein Ausbau der Diako-Notaufnahme können diesen Verlust nicht ausgleichen.“

Auch Kreissprecherin Anna-Sophie Roth findet klare Worte:

„Mit der Schließung der Notaufnahme im Theresienkrankenhaus droht ein Dominoeffekt: längere Rettungswege, überlastete Notaufnahmen, mehr Risiko für die Patientinnen und Patienten. Es ist unverantwortlich, ein funktionierendes System aufs Spiel zu setzen – und das alles aus Kostengründen.“

Weder die Menschen in Mannheim, die auf eine schnelle und verlässliche Gesundheitsversorgung angewiesen sind, noch die Beschäftigten, die um ihre Existenz fürchten müssen, profitieren von dieser Entscheidung. Ihre Interessen werden einmal mehr wirtschaftlichen Überlegungen untergeordnet.

Als Die Linke Mannheim stellen wir uns solidarisch an die Seite der Beschäftigten und fordern die Stadtverwaltung auf, endlich zu handeln, um die vorzeitige Schließung zu verhindern. Kein Arbeitsplatz darf verloren gehen! Der Erhalt des Theresienkrankenhauses ist nicht verhandelbar.

Gesundheit ist keine Ware und darf niemals dem Profit geopfert werden.

Die Linke Mannheim, 3. November 2025

 




Prozessauftakt mit Erklärung zur Sache

Am 31.10. um 09:15 wurde der Prozess gegen Alexander S. am Landgericht Mannheim eröffnet. Die Staatsanwaltschaft Mannheim wirft ihm vor am 03. März 2025 mit seinem PKW in die Fußgängerzone gefahren zu sein, um mehrere Menschen zu verletzen oder zu töten. Nachdem seine Fahrt durch einen Taxifahrer gestoppt wurde, habe er ihn mit einer Schreckschusswaffe bedroht. An diesem Tag wurden zwei Personen getötet und viele zum Teil schwer verletzt. Bundesweit hat man sich mit der „Todesfahrt“ beschäftigt.

Neben der Anklage wegen der Tötung zweier Menschen und der Verletzung weiterer, werden Alexander S. Verstöße gegen das Waffengesetz sowie Delikte wie Unfallflucht und gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr vorgeworfen. Bei der Verlesung der Anklage blickt Alexander S. stoisch auf die Staatsanwältin. Im Anschluss daran verliest der Verteidiger von Alexander S. eine Erklärung  zur Sache. Darin bestreitet er den Tatablauf nicht und gibt an bereits am Samstag zuvor die Idee einer Amokfahrt gehabt zu haben, den er anschließend nicht mehr habe unterdrücken können. Eigentlich sei die Tat in Offenbach, dem Wohnort seines Vaters geplant gewesen, da eine bereits lang gehegte Wut auf sich und seinen Vater eine Rolle für die Idee gespielt haben soll. Suizidale Gedanken würden ihn bereits sehr lange begleiten, weshalb sein Plan gewesen sei durch die Tat ebenfalls zu sterben. Nachdem er am 03. März erst beim Friseur gewesen sei und sich eigentlich auf den Weg zum geplanten Ort machen wollte, sei ihm der Gedanke seinen Plan in Mannheim umzusetzen spontan gekommen, als er mit seinem Auto an der Zufahrt zu den Planken stand. Als Startsignal habe er das Lied „Feuer frei“ der Band Rammstein in seinen WhattsApp-Status eingefügt und sei dann in die Planken eingebogen. An die Fahrt selber könne er sich kaum mehr erinnern. Lediglich an Gefühle von Wut, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, die ihn in der Absicht zur Selbsttötung bestärkt haben. Die Erklärung endet damit, dass er von nun an keine weiteren Angaben mehr machen wolle. Auf die Nachfrage des vorsitzenden Richters bestätigt der Angeklagte, dass das Verlesene in seinem Sinne sei und als seine Aussage gewertet werden kann.

 

Im Anschluss daran erfolgte die Beweisaufnahme mit einem Zusammenschnitt mehrerer Aufnahmen von Überwachungskameras, angefangen am Hauptbahnhof Mannheim, bis hin zur Überwachung am Paradeplatz und aus einzelnen Geschäften heraus, deren Kameras auch Teile des Außenbereiches erfassen. Dadurch konnte der Verlauf der Fahrt minutiös nachverfolgt werden. Auf einigen Sequenzen ist zu sehen, wie Personen vor dem Fahrzeug ausweichen, aber auch wie Personen angefahren werden. Während der Vorführung herrschte Stille im Verhandlungssaal, der bis auf wenige Plätze in den Zuschauerreihen zu diesem Zeitpunkt voll besetzt war. Nach dieser Ansicht erfolgte eine erste Pause, welche die Presse für Interviews und Statements der Beteiligten im Vorraum des Landgerichtes nutzte. Auf die Nachfrage, ob politische Motive eine Rolle für die Tat gespielt haben könnten – Alexander S. war eine Zeit lang in rechten/neonazistischen Gruppen unterwegs – gab der Verteidiger des Angeklagten an, dass sich sein Mandant damals aus eigenem Interesse damit beschäftigt habe, dies für die Tat aber keine Rolle gespielt habe. Zum psychischen Zustand seines Mandanten äußerte er, dass Alexander S. schon öfter in psychologischer Behandlung gewesen sei und unterschiedliche Diagnosen vorliegen. Für die Einschätzung inwiefern seine Schuldfähigkeit dadurch vermindert oder gar ausgeschlossen sei, müsse das Gutachten des Sachverständigen abgewartet werden. Nachdem der Angeklagte die Tat bereits zugegeben habe, dürften sich die wesentlichen Fragen in den kommenden Prozesstagen vermutlich genau darum drehen. Ob sich auch die Motivlage von Alexander S. weiter aufklären lässt, hängt stark vom Interesse des Gerichtes ab, inwieweit die Beweisaufnahme über das objektive Tatgeschehen hinaus Hinweise geben kann.

Text: DeBe




Ghostbike und Gedenkfahrt für Christopher Groth

An der Unfallstelle in Mannheim-Feudenheim wurde ein sogenanntes Ghostbike aufgestellt, um an das Opfer zu erinnern und Verkehrsteilnehmer*innen auf die Gefahren im Straßenverkehr aufmerksam zu machen

Am Samstag, dem 1. November veranstaltete der ADFC Mannheim eine Gedenkfahrt für Christopher Groth. Der 36-jährige Mannheimer war am 26. September in Feudenheim bei einem Autounfall mit Fahrerflucht ums Leben gekommen. Er hinterließ eine Frau und zwei kleine Kinder im Alter von drei Jahren und 15 Monaten. Über hundert und damit deutlich mehr Teilnehmende als erwartet nahmen an der Gedenkfahrt teil und fuhren mit ihren Rädern in einer langen Kette vom Haupteingang des Klinikums aus zur Unfallstelle, der Kreuzung Am Aubuckel/Wingertsbuckel. Dort wurde ein weiß gestrichenes Fahrrad aufgestellt, zum Gedenken an das Unfallopfer, aber auch, um sowohl Autofahrende als auch Radfahrende als auch verantwortliche Stellen nachhaltig auf die Gefahren des Radfahrens hinzuweisen.

Christopher Groth hatte im Klinikum gearbeitet, die Gedenkfahrt folgte dem Weg, den er vermutlich auch an seinem letzten Lebenstag genommen hatte. Das Geisterrad hatte ein enger Freund Christophers gespendet. Die Aktion war in Zusammenarbeit mit der Familie geplant worden. Am Unfallort, an dem die polizeilichen Markierungszeichen noch deutlich auf der Straße zu sehen sind, hält die Mutter eine ergreifende Rede. „Als uns in dieser Nacht die furchtbare Nachricht mitgeteilt wurde, stand die Zeit still und sie tut es immer noch.“ Sie erwähnt, dass Christopher auf beleuchtetem Fahrrad und mit Helm unterwegs war, als er auf dem Fuß- und Radweg die Ampel überquerte, dass aber niemand sagen kann, was dann geschah. Ihr Sohn, der mehrere Meter durch die Luft geschleudert wurde, verstarb am Unfallort, der Autofahrer ist bis heute flüchtig. „Er hat ihn einfach liegenlassen.“ Bei diesem Satz kann sie nicht weitersprechen und lässt sich helfen. Sie bezeichnet es nicht nur als unendlich traurig, sondern auch als bitter, dass Christopher nun nicht mehr lebt und bedankt sich bei allen, die gekommen sind, um bei der Aufstellung des Ghostbike dabei zu sein. „Diese Anteilnahme überrascht und rührt uns.“ Eine weitere Familienangehörige ergreift spontan das Wort, bedankt sich bei den Teilnehmenden und beschreibt in kurzen,ergreifenden Worten die Bescheidenheit des Verstorbenen und bittet wie auch vorher schon die Mutter die Anwesenden, gut auf sich aufzupassen.

Mehr als 100 Radfahrer*innen nahmen an der Fahrt zum Unfallort teil, wo das weiß angestrichene Ghostbike aufgestellt wurde

Ein ADFC-Sprecher schließt die Veranstaltung ab. Er weist darauf hin, dass der oder die beteiligte Autofahrende vermutlich unverletzt ist und durch seine Fahrerflucht eine große Schuld auf sich geladen habe. Das Ghostbike solle nun eine Mahnung für alle Autofahrenden sein, „dass es auch Menschen gibt, die ohne Schutz einer Knautschzone unterwegs sind“, während sie selbst „in einer auf den Schutz der Insassen optimierten Maschine“ sitzen. Eine Mahnung aber auch „an uns ungeschützte VerkehrsteilnehmerInnen, uns unserer Verletzlichkeit immer bewusst zu sein“. Er appelliert an alle: „Achtet aufeinander!“ Wie um diesen Aufruf zu unterstreichen wird seine Rede genau in diesem Moment vom Martinshorn eines Krankenwagens unterbrochen. Er erinnert schließlich auch an die Notwendigkeit einer „Verkehrsinfrastruktur, die fehlerfreundlich ist, die die menschliche Dimension des Abgelenktseins einkalkuliert. Nur dann werden wir der Vision Zero, den null Toten, null Schwerverletzten im Verkehr näherkommen.“

Text & Bilder: Michael Kohler 

Siehe auch: 

Spendensammlung für die Familie

 

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Eile ist geboten: Mannheim darf nicht aus der Mietpreisbremse herausfallen!

Oberbürgermeister Specht muss sich im Interesse der Mannheimer Bürgerinnen und Bürger gegen die Landesregierung wehren!

1012 Sozialwohnungen in Mannheim fallen in den kommenden 10 Jahren aus der  Mietpreisbindung. (Bild: KIM)

Das Land Baden-Württemberg will die Mietpreisbremse bis Ende 2029 verlängern.

Aber: Ab dem 1. Januar 2026 soll Mannheim aus dem Geltungsbereich der Mietpreisbremse herausfallen, nachdem die Mietpreisbremse in Mannheim für vier Jahre gegolten hat. In 130 Gemeinden, aktuell sind es 89, soll die Mietpreisbremse gelten, da dort im Gegensatz zu Mannheim ein „angespannter Wohnungsmarkt“ herrsche. 84 Städte und Gemeinden werden neu in die Mietpreisbremse aufgenommen, 46 Städte und Gemeinden bleiben in der Gebietskulisse und 43 Städte und Gemeinden fallen heraus. Dazu gehören auch einige größere Städte wie Mannheim und Konstanz. Unter dem Strich fallen auf die Bevölkerungsanzahl heruntergebrochen weniger Menschen in den Geltungsbereich der Mietpreisbremse. Waren es vorher 36%, so sollen es zukünftig nur noch 33% sein.

Es stellen sich viele Fragen:

Warum gilt in Mannheim nicht die Mietpreisbremse, welche Indikatoren sprechen dafür und welche dagegen? Wie ist das genaue Ergebnis der Einordnung von Mannheim? Aus dem Gutachten, das die Landesregierung beauftragt hat,  ist nur die Einordnung der Gemeinden dokumentiert, die es in den Geltungsbereich der Mietpreisbremse geschafft haben.

Ist es nachvollziehbar, dass die Großstadt Mannheim nicht unter die Mietpreisbremse fällt, auch nicht die kreisfreie Stadt Weinheim, dafür eher kleinere und z-T. ländlich geprägte Gemeinden im Rhein-Neckar-Kreis wie Edingen-Neckarhausen, Heddesheim, Reilingen und Neulußheim unter die Mietpreisbremse fallen?

Der Mieterverein Stuttgart ist empört:

„Wenn in den Städten Leinfelden-Echterdingen, Ditzingen, Bietigheim-Bissingen, Remseck, Weinstadt, Wendlingen, Winnenden und Waiblingen zum 1. Januar 2026 die Mietpreisbremse aufgehoben wird, werden die Angebotsmieten dort ungebremst steigen.“ Damit steige auch der Druck auf den Wohnungsmarkt in Stuttgart.

Der Deutsche Mieterbund Baden-Württemberg hält vor: „Wenn gemäß dem neuen Gutachten nun Städte wie Konstanz, Mannheim und viele Gemeinden im Umland der Ballungszentren, wie beispielsweise um Freiburg, herausfallen, so verkennt das Gutachten der Landesregierung die reale Situation am Wohnungsmarkt und ist grundsätzlich in Frage zu stellen. Nichts verdeutlicht dies mehr als ein tagesaktueller Blick auf die überhöhten Angebotsmieten in einschlägigen Wohnungsportalen.“

Deutscher Mieterbund DMB: Auch in Mannheim nicht nachvollziehbar

Der Deutsche Mieterbund hält in besagter Erklärung auch die Einordnung Mannheims nicht nachvollziehbar:

Kein „angespannter Wohnungsmarkt“ in Mannheim?

„So sind heute bei der Suche nach einer Drei-Zimmer-Wohnung mit 75 qm in Mannheim 256 Angebote bei Immoscout gelistet. Bei einer Begrenzung der Suche auf Angebote mit einer Kaltmiete pro Quadratmeter von 14 Euro sind es gerade noch 59 Angebote und bei einem Quadratmeterpreis von 10 Euro Kaltmiete sind es nur noch drei Angebote. Dabei weist der aktuelle Mietspiegel für Mannheim eine Durchschnittsmiete von 9,19 €/qm. Weil die Mietpreisbremse bei 10 Prozent über Mietspiegelwert greift, liegen gerade einmal 13 von 256 Angeboten im Durchschnitt unterhalb des gesetzlich zulässigen Mietpreises.“

Offensichtlich gilt die Mietpreisbremse z.T. in Gemeinden mit vergleichsweise niedrigerem Mietniveau als in Gemeinden mit höherem.

Zweifel an der Systematik und Wissenschaftlichkeit des Gutachtens

Es werden deshalb berechtigte Zweifel an der Systematik des Gutachtens geäußert.

„Die extrem hohen Angebotsmieten in vielen Kommunen des Landes zeigen den angespannten Wohnungsmarkt mehr als deutlich und dass das Gutachten und die zugrundeliegenden Kriterien zwingend zu überarbeiten sind. Es kann nicht sein, dass immer mehr Menschen keine bezahlbare Wohnung mehr finden, es immer weniger Sozialwohnungen gibt, die Baugenehmigungen im Keller sind und gleichzeitig das einzige Instrument gegen unverhältnismäßig steigende Angebotsmieten trotz großem Wohnungsmangel beseitigt werden soll“, so Rolf Gaßmann vom DMB Baden Württemberg weiter.

Und weiter der DMB: „So gibt es gute Argumente dafür, drei statt vier Kriterien als Nachweis für mangelnde Wohnraumversorgung für ausreichend zu erachten. So interagieren die Kategorie des Wohnungsversorgungsgrads sowie die Kategorie des Verhältnisses der Zuzüge von Haushalten und der Neubaustätigkeit miteinander. Wenn die Zahl der Haushalte wächst, ist zwangsläufig auch ein Zuzug von Haushalten mit enthalten. In Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten erreicht das Bevölkerungswachstum eine Grenze: Wenn es keine freien Wohnungen gibt, kann die Bevölkerung auch nicht mehr wachsen.“

Die Linke, die Fraktion LTK, SPD und Grüne halten dagegen

Die Linke und die Fraktion LTK fordern eine Offenlegung der Kriterien für die Mietpreisbremse auch für die Gemeinden, die nicht unter die Mietpreisbremse fallen. Aufgrund der systemischen Mängel des vorliegenden Gutachtens fordern sie, dass die Stadt Mannheim mit anderen Kommunen ein alternatives Gutachten beauftragt. Sie fordern Oberbürgermeister Specht auf, sich aktiv diesbezüglich gegen die Landesregierung zu wehren. Gegebenenfalls sollte die Stadt Mannheim den Klageweg beschreiten.

Die Landesregierungen der einzelnen Bundeländer haben in ihrer Rechtsverordnung eine gewisse Gestaltungsfreiheit bzgl. der Umsetzung der Mietpreisbremse.

In der Rechtsverordnung in Baden-Württemberg wurde festgelegt, dass bei den Gemeinden von fünf Indikatoren mindestens vier zutreffen müssen, damit die Mietpreisbremse gilt. In Mannheim haben offensichtlich nur drei Indikatoren zugetroffen. Es könnte sein, dass drei Indikatoren übererfüllt worden sind, zwei Indikatoren knapp gerissen. Dann fällt die Gemeinde aus dem Geltungsbereich. Andersherum kann eine Gemeinde vier Indikatoren gerade so erfüllen, ein fünfter Indikator klar verfehlen, so erhält diese Gemeinde die Einordnung als Gemeinde mit angespanntem Wohnungsmarkt.

Mietpreisbremse von der Landesregierung in Baden-Württemberg unerwünscht?

In Bayern fallen 208 Gemeinden unter die Mietpreisbremse, in Baden -Württemberg sind es 130 Gemeinden. Wie ergibt sich dieser Unterschied von über 50%, obwohl der Bevölkerungsunterschied von Baden-Württemberg zu Bayern nur 18 % beträgt? Offensichtlich sind die Vorgaben der Baden-württembergischen Landesregierung so gestaltet, dass die Zahl der Gemeinden mit Mietpreisbremse prozentual wesentlich viel niedriger in Baden-Württemberg als in Bayern.

Während SPD, Grüne(*), Linke und der Deutsche Mieterbund für ein Bestehen und einen Ausbau der Mietpreisbremse werben, ist die Wirkung nicht unumstritten: Marktkonforme Politiker, einige marktkonforme Ökonomen und Interessenvertreter wie Haus und Grund meinen, die Preisbremse hemme den Wohnungsbau und die Vermietung.

Bauministerin Razavi erklärte am 14.10.: „Mir wäre es am liebsten, wenn wir dieses Instrument nicht bräuchten.“ Sie hoffe, dass es gelingt, den Wohnungsbau in den kommenden Jahren mit passenden Maßnahmen so zu fördern, dass die jetzige Verlängerung die letzte ist und die Mietpreisbremse Ende 2029 endgültig ausläuft.“

Offensichtlich ist die Mietpreisbremse von dieser Landesregierung gar nicht gewollt. Entsprechend ist das Ergebnis.

(*) Die Grünen erklären sich zwar gegen den Rausfall Mannheims und anderer Kommunen aus dem Geltungsbereich der Mietpreisbremse. Sie hätten sich aber auf den Kompromiss eingelassen, um die Verlängerung der Mietpreisbremse nicht grundsätzlich zu gefährden. Die Erklärung klingt doch ziemlich wachsweich. Immerhin stellen sie in Baden-Württemberg den Ministerpräsidenten, der von seiner Richtlinienkompetenz hätte Gebrauch machen können.

Eile ist geboten.

Wenn politische Parteien und Verbände die beschlossene Rechtsverordnung zur Mietpreisbremse zu Fall bringen wollen, ist dringende Eile geboten. Wann das Gespräch von OB Specht und den anderen betroffenen Bürgermeistern stattfindet ist unbekannt. Der Termin wird aber unmittelbar bevorstehen.

Die Forderungen sind klar:

  • Genaue Überprüfung des Gutachtens auf Transparenz und Sinnhaftigkeit durch Parteien, Verbände und die betroffenen Kommunen. Eine Zusammenarbeit aller betroffenen Kommunen wäre wünschenswert.
  • Änderung der baden-württembergischen Rechtsverordnung, damit mehr Gemeinden in den Geltungsbereich der Mietpreisbremse kommen.
  • Wenn alle Stricke reißen, sollte von den betroffenen Kommunen der Klageweg bestritten werden.

Es darf nicht sein, dass sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt weiter verschärft, sich dies aber nicht in der Umsetzung der Mietpreisbrems wiederfindet.


Hintergrund: In den Kommunen, in denen die Mietpreisbremse greift, darf die Miete bei Neuvermietung die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens zehn Prozent überschreiten. Ausgenommen sind Neubauten, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals vermietet wurden sowie umfassend energetisch sanierte Wohnungen und möblierter Wohnraum. Bereits heute gilt auch außerhalb der betroffenen Kommunen eine 20-Prozent-Grenze als Höchstwert, deren Überschreitung mit Bußgeldern belegt werden kann. Klagen muss aber jeweils der Mieter. Es gilt hier bedauerlicher Weise der Grundsatz: wo kein Kläger ist, ist kein Richter. Bei Mieten, die mehr als 50 Prozent über dem Vergleich liegen, droht bundesweit eine strafrechtliche Verfolgung wegen Mietwuchers. Ein Wegfall der Mietpreisbremse würde zu einer weiteren Steigerung der Mietpreise führen. Aufgrund der Ausnahmeregelungen und der Klageerfordernis durch den Mieter gilt die Mietpreisbremse allerdings als kein scharfes Schwert. Ein bundesweiter Mietendeckel, wie es Die Linke befürwortet, wäre als zusätzliches Instrument natürlich sehr sinnvoll.


Roland Schuster




Vieles klar – einiges zu klären: Prozessauftakt gegen den „Todesfahrer“ von Mannheim

Blumen am Paradeplatz, wenige Tage nach der Todesfahrt | Bild: cki

Am 3. März 2025 gegen 12:15 steuerte der 40-jährige Deutsche Alexander S. aus Ludwigshafen seinen Kleinwagen mit hoher Geschwindigkeit durch die Mannheimer Fußgängerzone, mit der Absicht Menschen zu verletzen oder zu töten. Zwei Menschen starben und 14 weitere wurden schwer verletzt. Ein Taxifahrer konnte die Fahrt stoppen. Bei der späteren Festnahme forderte der Täter die Polizeibeamten auf, ihn zu erschießen, nachdem er vorher versucht hatte, sich mit einer Schreckschusspistole selbst zu töten.

Am kommenden Freitag, den 31. Oktober, beginnt am Landgericht Mannheim der Prozess wegen zweifachen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes. Während der Tathergang und die Täterschaft recht klar belegt sein dürften und in diesen Bereichen eher Detailfragen zu klären sein werden, wird dem Prozess vor allem die Aufgabe zukommen, Fragen zu den äußeren Umständen der Tat und den Hintergründen und Motiven zu analysieren.

Die politische Dimension des Motivs

Nahezu zeitgleich mit den ersten offiziellen Nachrichten und den Meldungen in digitalen Netzwerken über die sogenannte „Todesfahrt“, begannen die Spekulationen über deren Hintergrund. Während die Opfer noch auf der Straße lagen, waren sich rechte Akteure und ihre Gefolgschaft schnell einig darin, dass es sich um eine islamistische Tat handeln müsse und die bekannten Eskalations-Strategien wurden aktiviert. Das gefälschte Bild eines Führerscheines eines Mannes mit arabischem Namen, der für die Tat verantwortlich sein sollte, machte auch auf AfD- Accounts schnell die Runde. Auch nach Bekanntwerden der Identität des Täters, wurde die Tat als Beweis einer allgemein zunehmenden Unsicherheit in Deutschland bewertet, der auch mit einer härteren Abschiebepolitik begegnet werden müsse. Ein Motiv, das auch weit bis in die sogenannte Mitte tragfähig scheint.

Aus Sicht der Ermittlungsbehörden waren zunächst keine Hinweise auf einen politischen Hintergrund für die Tat ersichtlich. Erst die veröffentlichten Ergebnisse des Recherche-Kollektivs EXIF brachten hervor, dass der Tatverdächtige mindestens bis 2018 Kontakt zur konspirativen neonazistischen Organisation „Ring Bund“ hatte und mehrfach auf Veranstaltungen gesehen wurde, die unter anderen von der NPD organisiert wurden.

Das Originalfoto (unverpixelt) zeigt Alexander S. (ganz links) bei der rechten Demo „Wir für Deutschland“ | Bild: EXIF Recherche

Auch die Ermittlungsbehörden ermittelten in diese Richtung. Nach und nach kamen mehr Details zur Vergangenheit von Alexander S. heraus. Wegen des Facebook-Kommentars „Sieg Heil from Germany“ unter einem Hitler-Bild bekam er im Jahr 2019 eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 20 Euro. Zeugen sollen ihn als „sehr konservativ“ und vielleicht „ein bisschen“ rechts beschrieben haben. Er soll judenfeindliche Witze von sich gegeben und bei der Arbeit NS-Lieder gesungen haben. Am Tattag soll S. bei einem Musikstreamingdienst das Lied „SS marschiert in Feindesland“ abgerufen und wenige Minuten vor der Todesfahrt das Lied „Feuer frei“ der Band Rammstein ausgewählt haben. Im Songtext heißt es „Dein Glück / Ist nicht mein Glück / Ist mein Unglück“.

Wann ist eine Tat politisch motiviert?

Trotz dieser Erkenntnisse geht die Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft Mannheim nicht von einer „politisch motivierten Tat“ aus . Die Ermittlungsbehörden sehen vielmehr einen „psychischen Ausnahmezustand“ als ursächlich an. Fraglich ist allerdings, ob das eine das andere ausschließt? Kann eine psychische Erkrankung und ein ideologischer Hintergrund parallel existieren? Könnte die in rechten Ideologien verankerte Menschenfeindlichkeit dazu beigetragen haben, dass sich Alexander S. in seinem Ausnahmezustand gegen eine bloße Selbsttötung und für die nach außen gerichtete Tat – die Jagd auf Menschen mit einem Auto – entschieden hat? Gibt es Personen in seinem Umfeld, die ihn und seinen Ausnahmezustand vielleicht gezielt in eine solche Richtung gelenkt haben? Und welche Rolle hat es gespielt, dass Alexander S. eine Vergangenheit in der rechten Szene hat?

Zwar deutet die Wahl des Tatortes nicht darauf hin, dass gezielt „nicht-deutsche“ Menschen getroffen werden sollten – außer man betrachtet Mannheim mit seiner Migrationsgeschichte grundsätzlich als Symbol einer vermeintlichen „Überfremdung“ – aber für rechte Akteure spielt die Wahl der Opfer auch nicht die entscheidende Rolle, sondern sie versuchen unabhängig davon ein Gefühl des Kontrollverlustes zu nähren und für sich zu nutzen.

Landgericht Mannheim | KIM Archivbild

Aufarbeitung der Tat ist Aufgabe des Prozesses 

Was zu der prominenten Frage führt, ob diese konkrete Tat, beziehungsweise ähnliche Vorgehensweisen, verhindert werden können? Auch hier kann das Gericht eine Perspektive über die individuelle Verantwortlichkeit des Täters hinaus einnehmen und danach fragen, welche strukturellen Bedingungen zu einer solchen Tat beigetragen haben. Liegen Hinweise vor, dass ökonomisch-existenzielle Ängste solche Taten begünstigen? Kann eine bessere medizinische und soziale Versorgung von Menschen in „Ausnahmesituationen“ solche Taten verhindern? Welche Bedeutung haben rechte Ideologie und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit beim Entschluss zu solchen Taten?

Die nach einer solchen Tat über politische Lager hinweg formulierten Forderungen nach mehr Überwachung, besserer Ausstattung und erweiterten Befugnissen für Sicherheitsbehörden oder konsequentere und härtere Strafen, sollten Linke und traditionelle Liberale jedoch auch vor die Frage stellen, ob wir eine Gesellschaft wollen, die unbedingte Sicherheit zum obersten Leitprinzip erhebt und deswegen einen Staat hervorbringt, der zu immer umfassenderen Eingriffen in unser aller Leben in der Lage sein wird. Wenn Freiheitsrechte leichtfertig geopfert würden, hätten rechte Kräfte einen weiteren Sieg errungen, selbst wenn sich herausstellt, dass Alexander S.‘ Todefahrt nicht politisch motiviert war.

(DeBe/cki) 




Stadtbild-Diskussion: 600 Töchter bei Kundgebung in Mannheim [mit Bildergalerie und Video]

Die Diskussion um rassistische Aussagen des Bundeskanzlers hat auch in Mannheim viele Menschen zu einer Kundgebung bewegt. Auf dem Marktplatz trafen sich am Sonntag nach Angaben der Veranstalterinnen 600 „Töchter“ und deren Unterstützer, um gegen die rassistische Stimmungsmache der CDU/CSU und die Instrumentalisierung von Frauen zu demonstrieren.

Rückblick: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte vergangene Woche seine Politik der Abschiebungen gelobt und in diesem Zusammenhang gesagt: „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem“. Viele in Deutschland lebende Migrant*innen fühlten sich davon angesprochen, als Problem im Stadtbild dargestellt zu werden. Später bekräftigte Merz seine Aussage zum Stadtbild noch einmal mit der Aussage „Fragen Sie mal Ihre Töchter“, die wüssten schon wer damit gemeint sei.

In Mannheim hatte sich daraufhin eine Initiative mit dem Motto „Wir sind die Töchter“ gegründet, die zur Kundgebung mobilisierte – mit dabei die Parteien BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mannheim, Grüne Jugend Mannheim, SPD Mannheim, Jusos Mannheim, Die Linke Mannheim, [‘solid] sowie Deutscher Gewerkschaftsbund, DGB Jugend, Fridays For Future Mannheim, Seebrücke Mannheim und Queeres Zentrum Mannheim.

Videobeitrag beo YouTube: https://youtu.be/SkVXjp4Khho

Mitveranstalter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schreibt zur Veranstaltung:

„Wir haben Friedrich Merz gezeigt: Das Stadtbild in Mannheim ist vielfältig und divers. Wir lassen uns nicht instrumentalisieren für rassistische Aussagen. Gerade in Mannheim wissen wir, was das Stadtbild ausmacht: Menschen aus rund 170 Nationen, mit verschiedensten kulturellen, religiösen und sprachlichen Hintergründen. Ein Bundeskanzler sollte für ALLE Bürger*innen sprechen und nicht einzelne Bevölkerungsgruppen diffamieren und als Problem im Stadtbild darstellen.“

Bereits am Freitag wurde auf Initiative von Die Linke eine Resolution verabschiedet in der es heißt:

„In Zeiten, in denen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit jährlich steigende Fallzahlen verzeichnet, gießen falsche, pauschalisierende und diskriminierende Aussagen Öl ins Feuer und erfordern eine laute Antwort der Zivilgesellschaft. Hasskriminalität hat im Jahr 2024 einen bisherigen Höchststand erreicht. Gewaltdelikte unter Hasskriminalität waren zu 68 % politisch rechts motiviert. Aber anstatt sich gegen die größte Gefahr für unsere Gesellschaft zu wenden, tritt der Kanzler auf ohnehin schon benachteiligte Gruppen ein und stellt sie unter Generalverdacht.“

Veranstalterinnen und Rednerinnen der Kundgebung „Wir sind die Töchter“

Auf der Kundgebung sprachen als Rednerinnen neben Vertreterinnen der Parteien BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Tamara Beckh), SPD (Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori) und Die Linke (Bezirksbeirätin Isabell Fuhrmann und Mitglied des Kreisvorstands Isabell Iusco) auch die Vorsitzende des Migrationsbeirats, Andrea Chagas López, vom Landesverband der kommunalen Migrantenvertretung BW, Zahra Alibabanazhed Salam, für den Internationalen Frauentreff Fouzia Hammoud, Annahita Azizi von Frauen Leben Freiheit, Ezo Özlem vom Feministischen Bündnis, Yasmin Shabani vom Mannheimer Frauenbündnis und Marija Mavrak vom Frauenhaus Mannheim.

In den Redebeiträgen wurde immer wieder gefordert, den Töchtern zuzuhören. Probleme gebe es und Lösungen müssten gefunden werden. Anstatt pauschaul Migrant*innen für Probleme verantwortlich zu machen und damit auf Stimmenfang am rechten Rand zu gehen, solle sich der Kanzler besser um echte Lösungen kümmern. Gewalt gegen Frauen von Tätern aller Nationalitäten, Einkommensunterschiede, Wohnungsnot, steigende Lebenshaltungskosten, heruntergekommene und vermüllte Innenstädte – es gibt viele Baustellen und Frauen haben gute Lösungsvorschläge für Probleme. Dem Kanzler täte es gut, wenn er den Frauen zuhören würde, anstatt sie für seine Stimmungsmache zu instrumentalisieren.

Zum Ende der Kundgebung kamen auch noch zwei Männer auf die Bühne: Ein Songwriter hatte ein Lied über „Fritzes“ Stadtbild geschrieben und ein Zumba Trainer sorgte für einen sportlich-motivierenden Abschluss der Veranstaltung. (cki) 

 

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