Die Geschichte des Taxifahrers, der den Täter stoppte
Die Amokfahrt am 3. März durch die Mannheimer Planken forderte 2 Todesopfer und ca. 10 Personen wurden teils schwer verletzt. Es hätte noch schlimmer kommen können, wenn nicht ein Taxifahrer den Täter gestoppt hätte. Bei einem Pressetermin am Mittwoch erzählte A. Muhammad seine Geschichte und erklärte, warum es ihm als gläubiger Muslim wichtig war, trotz der Gefahr zu helfen.
Bedürfnis die Öffentlichkeit aufzuklären
OB Christian Specht hatte zum Pressetermin ins Stadthaus eingeladen und das Interesse war groß. Vor zahlreichen Kameras berichtete der Mannheimer Taxifahrer A. Muhammad, begleitet von seinem Anwalt Dr. Naweed Mansoor und dem Imam der Ahmadiyya Muslim Jamaat Gemeinde, seine Geschichte. Damit wollte er zum einen die Öffentlichkeit informieren und außerdem mit der Geschichte abschließen. Der Vorfall hatte ihn verständlicherweise sehr mitgenommen, auch wenn er körperlich unverletzt geblieben war.
Spontaner Entschluss zur Hilfe
A. Muhammad wartete am Montag mit seinem Taxi am Paradeplatz, ausnahmsweise in Fahrtrichtung Rathaus, als er den Amokfahrer von hinten kommen sah. Er fuhr ihm hinterher, da er sofort wusste, was los war. Er hupte und rief aus dem offenen Fenster „Bitte weg, bitte weg“, um die Menschen auf der Straße zu warnen.
In der Sackgasse am Ende der verlängerten Planken konnte er ihn stoppen. Der Täter zog eine Waffe und schoss auf den Taxifahrer. „Es war laut, Feuer kam raus“, berichtet Muhammad. Er sei dann aus seinem Auto raus, realisierte aber, dass er den Schlüssel stecken gelassen hatte. Trotz Angst ging er zurück zum Wagen und holte seinen Autoschlüssel, um zu verhindern, dass der Täter mit dem Taxi weiter fahren konnte.
Specht lobte sein Handeln: „Das war so geistesgegenwärtig.“ Er fragte, was seine Motivation gewesen sei und was er dazu sage, dass er nun als Held bezeichnet werde. Die bescheidene Sicht des Taxifahrers:
„Ich bin kein Held. Ich bin ein Muslim.“
Mannheim habe ihm so viel gegeben. Seine Hilfe sei eine kleine Sache.
Der Taxiunternehmer aus Mannheim Rheinau kam vor 15 Jahren als verfolgter Muslim der Ahmadiyya Muslim Jamaat Gemeinde, von Pakistan nach Deutschland. 2017 sei er eingebürgert worden. Mannheim sei heute seine Heimat.
Kritik an rassistischem Wahlkampf in Deutschland
Die persönliche Schilderung von A. Muhammad wurde ergänzt durch ein „strukturiertes Pressestatement“, das von seinem Anwalt Dr. Naweed Mansoor vorgetragen wurde.
Hier wurde noch einmal die Motivation erläutert, vor die Presse zu treten. Trotz Angst um die eigene Sicherheit und die der Familie, wolle man die Öffentlichkeit informieren und damit auch einen Abschluss finden können.
Man dürfe nicht übersehen, dass der Täter Teil einer Gruppe aus dem Reichsbürger-Spektrum der rechtsextremen Szene gewesen sein. Es sei nun die Aufgabe der Ermittlungsbehörden und der Presse, das zu untersuchen.
Mit deutlichen Worten wurde der rassistische Wahlkampf der vergangenen Wochen kritisiert. Mit einem „Überbietungswettbewerb“ sei die Ausgrenzung gegen Muslime und Geflüchtete geführt worden. Das habe auch Herr Muhammad wahrgenommen.
Ein gläubiger Muslim verteidigt sich gegen rassistische Ausgrenzung
In dem Statement heißt es:
„Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete sind ein selbstverständlicher Teil dieser Gesellschaft. Bereits in der Vergangenheit haben Menschen mit verschiedenen Hintergründen in kritischen und lebensbedrohlichen Situationen vorbildhaft gehandelt – wie beispielsweise ein Mann mit irakischen Wurzeln, der sich bei dem Anschlag vom 31. Mai 2024, bei dem der geschätzte Polizeibeamte Rouven Laur ebenfalls in Mannheim ums Leben kam, dem Attentäter entgegenstellte.
Ein Polizist mit Migrationshintergrund, eine Rettungssanitäterin mit Kopftuch – sie alle standen in vorderster Reihe, um Leben zu retten. Auch nach dem Anschlag in Magdeburg vom 20. Dezember 2024 wurde nach Mitteilung des Klinikums Magdeburg deutlich, dass ohne die vielen Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund die medizinische Versorgung nicht in diesem Maße gewährleistetet worden wäre.“
Das Statement war eine Verteidigungsrede eines Muslims, der in den letzten Wochen des Wahlkampfs rassistischer Hetze ausgesetzt war. Herr Muhammad erklärt zu seiner Motivation zu helfen:
„Mein Handeln war geleitet von einem zentralen islamischen Prinzip: Wer ein Leben rettet, der ist, als habe er die ganze Menschheit gerettet.“
Das Motto der Ahmadiyya Muslim Jamaat Gemeinde lautet: Liebe für alle, Hass für keinen.
OB Specht ließ das Statement so stehen und verabschiedete seine Gäste. Damit endete die Pressekonferenz.
Weiter Unklarheit zur Motivation des Täters
Auch vier Tage nach der Tat gibt es wenige Informationen zur Motivation des Täters. Berichte, wonach sich der Täter von der Polizei erschießen lassen wollte, bestätigte die Staatsanwaltschaft dem „Mannheimer Morgen“.
Damit lässt sich die Tat per Definition als Amoktat beschreiben, was nicht bedeutet, dass ein menschenverachtendes, politisches Motiv ausgeschlossen wäre. Die rechte Vergangenheit in der Reichsbürgerszene werde untersucht, erklären die Ermittlungsbehörden. Der Fokus der Ermittlungen hinsichtlich Tatmotiv liege aber weiter auf der psychischen Erkrankung des Mannes. (cki)