Angst und Ratlosigkeit nach Todesfahrt durch die Mannheimer Planken
Am Montag raste um die Mittagszeit ein Mann mit seinem PKW vom Wasserturm bis zum Paradeplatz durch die Planken. In der Fußgängerzone fand zu dieser Zeit der Straßenfasching statt. Der Mann tötete zwei Menschen und verletzte weitere ca. zehn Personen. Nach der Todesfahrt ist die Angst in Mannheim groß und ebenso ratlos sind die Menschen in der Stadt, wie solche Taten verhindert werden könnten.
„Großeinsatz der Polizei – Innenstadt meiden“
Bereits wenige Minuten nachdem das Auto seine Fahrt durch die Fußgängerzone startete, gab es Großalarm und in kürzester Zeit war die Innenstadt abgeriegelt und voller Einsatzkräfte. Bei vermutlich mehreren hunderttausend Menschen in der ganzen Region klingelten und brummten die Smartphones, als die Cell Broadcast SMS mit der Warnmeldung ankam: Innenstadt meiden, es gäbe eine „lebensbedrohliche Lage“.
Polizei, Stadt, Feuerwehr und Rettungskräfte setzten wirklich alle Hebel in Bewegung, um die Bevölkerung zu schützen, doch verhindern ließ sich der Vorfall nicht. Polizeipräsidentin Schäfer berichtete später, dass sie zum Tatzeitpunkt in der Fußgängerzone war und die Todesfahrt mitansehen musste.
Der Tatablauf: Absichtliche Todesfahrt durch die Planken
Während die Polizei den ganzen Tag über sehr zurückhaltend mit Informationen war, berichtete sie abends ausführlich über den Tathergang und was zur Motivation des Täters bekannt sei.
Der Täter soll gegen 12:14 Uhr seinen schwarzen Kleinwagen mit Ludwigshafener Kennzeichen am Wasserturm auf die Planken gesteuert haben und dann zum Paradeplatz und weiter in Richtung Rheinbrücke gefahren sein. Auf einem Überwachungsvideo ist zu sehen, wir das schwarze Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit durch die Fußgängerzone rast. In Höhe Paradeplatz soll es dann zur Kollision mit mehreren Menschen gekommen sein.
Eine 83 jährige Frau und ein 54 jähriger Mann starben. Mindestens zehn weitere Personen wurden verletzt, einige davon schwer.
Der Täter soll dann weiter in Richtung Rheinbrücke gefahren sein. Ein Taxi habe die Verfolgung aufgenommen. An der Rheinbrücke versuchte der Täter wegen einer Sackgasse zu wenden und konnte vom Taxifahrer gestoppt und an der Weiterfahrt gehindert werden. Das berichtete der Vorstand der Taxizentrale Mannheim.
Der Täter sei dann weiter zu Fuß auf der Flucht gewesen, mit einer Schusswaffe bewaffnet, mit der er laut Medienberichten auch auf den Taxifahrer schoss. Die Polizei konnte ihn später im Bereich der Hafenstraße (Jungbusch) festnehmen. Zuvor hatte er sich laut Polizei vermutlich selbst in den Kopf geschossen. Da seine Waffe eine Schreckschusspistole war, seien seine Verletzungen aber nicht lebensgefährlich gewesen.
Der Täter: „Keine Hinweise auf politisches oder religiöses Motiv“
Am Abend waren bereits zahlreiche Informationen zum Täter im Umlauf und viele von der Polizei bestätigt. Alexander S. sei 40 Jahre alt, deutscher Staatsangehöriger, Landschaftsgärtner und wohnhaft in Ludwigshafen am Rhein.
Laut seinem Facebook-Profil ist er in Ladenburg geboren, in Frankfurt zur Schule gegangen und hat in Darmstadt Biotechnolgie studiert. Ansonsten ist das öffentlich einsehbare Profil eher unauffällig.
Innenminister Strobl sagte, es gebe keine Hinweise auf ein politisches oder religiöses Motiv, man müsse das Motiv im „persönlichen Bereich“ suchen. Bei der Pressekonferenz im Polizeipräsidium gab es den Hinweis auf eine psychische Erkrankung sowie kleinere, zeitlich weit zurück liegende Vorstrafen (eine Freiheitsstrafe wegen Körperverletzung und zuletzt 2018 eine Geldstrafe wegen einem Hass-Kommentar bei Facebook).
Oberstaatsanwalt Schüssler legte sich schon am Abend sehr früh fest: eine politische Motivation könne ausgeschlossen werden.
Verschiedene Medien berichten von einem rätselhaften Zettel auf dem Armaturenbrett des Tatfahrzeugs, das von Pressefotografen dokumentiert werden konnte. Der Inhalt der Skizzen und Zeichnungen scheint einen Bezug zur Tat zu haben.
Aufgrund seiner Verletzungen habe der Täter bislang nicht vernommen werden können, berichten die Sprecher der Sicherheitsbehörden bei der Pressekonferenz am Abend.
Viele Fragen bleiben
War es ein Anschlag oder eine Amokfahrt oder ein Rachefeldzug? Am Dienstag bleibt die Ratlosigkeit in der Bevölkerung groß. Viele Mannheimer*innen, die noch kurz davor in der Innenstadt waren, sind sich bewusst: Auch ich hätte getötet werden können. Nur der Zufall entscheidet, wen es trifft.
Besonders bitter ist es für die Faschingsvereine und die Sicherheitsbehörden, die noch am Sonntag mit großem organisatorischen und personellen Aufwand den Faschingsumzug organisiert und abgesichert haben.
Am Sonntagabend meldete die Polizei, dass die beiden parallelen Großveranstaltungen Faschingsumzug und Fußballspiel friedlich und störungsfrei verlaufen seien. Nur wenige Stunden später dann der Vorfall in den Planken.
Viele überregionale Medien fragen, ob die Fußgängerzone ausreichend abgesichert war. Doch wer die Planken kennt, weiß dass man die stark mit Straßenbahnen und Lieferverkehr befahrene Straße nicht einfach dicht machen kann.
Es bleibt die Erkenntnis, dass solche Taten nicht komplett verhindert werden können. Wer für sich entscheidet, wahllos Menschen in der Öffentlichkeit zu töten, wird einen Weg finden. Weder Betonpoller, noch Messerverbotszonen und schon gar nicht Hetze gegen Geflüchtete können das verhindern.
Maßnahmen müssen früher ansetzen: Prävention statt Repression. Soziale Sicherheit, niedrigschwellige und kostenlose medizinische Versorgung, die Achtung von Vielfalt und Menschenrechten, solidarisches Zusammenleben als Gegenentwurf zur Konkurrenzgesellschaft – das können Antworten auf die Frage sein: Was kann man dem Hass auf Menschen entgegen setzen?
(Text & Bilder: cki)
Hinweis: Dieser Beitrag wurde und wird ggf. bei neuen Erkenntnissen aktualisiert.