Proteste gegen den Neujahrsempfang der AfD im Bürgersaal Rheinau [mit Video]
Erneut hatte der Mannheimer Kreisverband der AfD in den Bürgersaal Rheinau eingeladen und erneut gab es Proteste in Mannheims südlichsten Stadtteil. Das Offene Antifaschistische Treffen hatte zur Kundgebung gegen den Neujahrsempfang der faschistischen Partei mobilisiert. Zahlreiche Antifaschist*innen aus der ganzen Region, das Bündnis Mannheim gegen Rechts und viele Rheinauer Bürger*innen schlossen sich dem Protest an. Davor gab es zudem ein Treffen von Menschen im Stadtteil mit dem Motto „Sag ja zu einer bunten Rheinau“, das von Quartiersmanagement, Kirchen und Vereinen unterstützt wurde. Im folgenden dokumentieren wir den Bericht des Offenen Antifaschistischen Treffen Mannheim. (red)
Vergangenen Samstag, den 18.01., sind wir als Offenes Antifaschistisches Treffen Mannheim auf die Rheinau gefahren, da der AfD Kreisverband Mannheim zum Neujahrsempfang geladen hatte – natürlich nicht ohne unseren Gegenprotest.
Die Veranstaltung der Partei fand erneut im Rheinauer Bürgersaal statt. Obwohl wir schon im letzten Jahr lautstark bei den zahlreichen AfD Veranstaltung protestierten, darf diese weiter die Räumlichkeiten nutzen. Einer gemeinsamen Anreise des OAT Mannheim schlossen sich auch Heidelberger, Landauer, Ludwigshafener und Wieslocher Antifaschist:innen an, sodass bereits 200 Personen mit einer kämpferischen Spontandemonstration vom Rheinauer Bahnhof zum Versammlungsort zogen und dort Stellung an den Gittern bezogen. Das dazugehörige Polizeiaufgebot war wieder unverhältnismäßig hoch.
Eine kleine Gruppe rechtsradikaler Protestler:innen, welche eine Gegenveranstaltung unserer Gegenveranstaltung angemeldet hatten, brachten gerade einmal sechs Personen mit zwei Plakaten auf die Straße.
Unter ihnen: Die Mannheimer AfDler Edgar Baumeister und Rainer Kopp, die kurz vor Beginn des Empfangs mit ihren Unterstützer:innen im Gebäude verschwanden.
Sie erreichten damit dennoch ihr Ziel: das noch weiträumigere abgittern des Veranstaltungsortes. Das Verhindern, Hinauszögern und Blockieren des Neujahresauftakts der AfD war damit zu einer Unmöglichkeit geworden – eine bekannte Taktik.
Ihnen gegenüber standen mehr als 600 Personen. Die zahlreichen Antifaschist:innen, unterstützt von vielen weiteren Gruppen, Initiativen und Rheinauer Bürger:innen quittierten jede Ankunft der AfDler:innen ununterbrochen mit Lärm und lautstarken Parolen. Gemeinsam haben wir erneut klargemacht, dass die AfD nirgendwo in Mannheim willkommen ist!
Untermauert wurde unser Gegenprotest von verschiedenen Redebeiträgen, unter anderem von OAT und ISK, in denen neben einer Betrachtung der aktuellen Verhältnisse sowie eines Aufrufs zu antifaschistischer Organisierung, auch Bezug auf die aktuelle OAT-Kampagne „Tu was!“ genommen wurde.
Diese adressiert neben AfD und rechter Politik auch die zugrundeliegenden Ursachen und will die Notwendigkeit einer linken Gegenmacht aufzeigen. Informationen gibt auf den Social-Media-Kanälen des OATs sowie unter oatma.de/bundestagswahl-2025. Unsere Inhalte erhielten vor Ort viel Zuspruch.
Der Protest endete nach einer Demonstration, welcher sich knapp 300 Leute anschlossen, am Bahnhof Rheinau.
Der Gegenprotest war erneut ein Erfolg, auch wenn er durch die massive Polizeipräsenz erneut eingeschränkt wurde. Dass sich dennoch – und auch trotz der niedrigen Temperaturen – viele Menschen unserer Veranstaltung anschlossen, zeigt: Wir und viele weitere sind auch weiterhin entschlossen, die Rechtsentwicklung nicht hinzunehmen – weder in Mannheim noch sonst wo!
Offenes Antifaschistisches Treffen Mannheim
Bildergalerie zu den Protesten in Rheinau
30 Jahre Deckert-Skandalurteil am Landgericht – 30 Jahre AK Justiz [Videobeitrag]
Landgericht Mannheim im Januar 1995. 700 Menschen protestierten am Auschwitzgedenktag vor dem Gerichtsgebäude. Der Film „Nacht und Nebel“ von Alain Resnais wurde an die Hauswand projiziert und eine Schauspielerin rezitierte „Die Todesfuge“ von Paul Celan. Anschließend zog die Menge ins Stadthaus und hörte den Reden von Schillerpreisträgerin Lea Rosh und Fritz Endemann, Vertreter der Neuen Richtervereinigung.
Was war geschehen? Richter Orlet hatte den notorischen Holocaustleugner Günter Deckert zu einer milden Bewährungsstrafe verurteilt. In seiner Urteilsbegründung bescheinigte er dem NPD Vorsitzenden Charakterstärke und äußerte Verständnis für sein Handeln.
Dieses Skandalurteil war nicht nur Anlass großer Proteste der Zivilgesellschaft, auch in der Justiz rumorte es. Es kam zum einmaligen Schöffenstreik, da sich Schöffen weigerten, mit Richter Orlet zusammen zu arbeiten. Im Landtag wurde eine Richteranklage vorbereitet.
Für die Gruppe rund um die Organisator*innen der Proteste in Mannheim sind diese Tage der Beginn eines bis heute andauernden Engagements: Recherche, Veröffentlichung und Aufarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus. „Wir wollten den Finger in die Wunde stecken. Wo sind die blinden Flecken in Mannheim?“
Karin Berndt, Barbara Ritter und Heiner Ritter berichten im Interview von den Protesten gegen das Skandalurteil von 1995 und von 30 Jahren Engagement im AK Justiz und Geschichte des Nationalsozialismus Mannheim. (cki)
Beitragsbild: Kamillus Wolf
Veranstaltungstipp
1994 Das Mannheimer Skandalurteil zum NPD-Vorsitzenden Deckert und seine Folgen
Wann: 22. Januar 2025 um 18:00 Wo: MARCHIVUM (Saal im 6. OG), Archivplatz 1, 68169 Mannheim
Vortrag mit Mitgliedern des Arbeitskreises Justiz und Geschichte des Nationalsozialismus in Mannheim
Im August 1994 wird der NPD-Vorsitzende Günther Deckert vom Mannheimer Landgericht wegen Holocaust-Leugnung zu einer milden Bewährungsstrafe verurteilt. Das Urteil ruft einen Sturm der Empörung hervor, befeuert von der unsäglichen Urteilsbegründung des zuständigen Richters Orlet. Er attestiert dem Holocaustleugner „Charakterstärke und Verantwortungsbewusstsein“. Es gibt bundesweit und international Proteste. In Mannheim kommt es zu Mahnwachen vor dem Gericht und schließlich zu einem Streik der Schöffen – ein bis dato einmaliges Aufbegehren innerhalb der Justiz. Im Rahmen dieser Proteste gründet sich der „Arbeitskreis Justiz“ und organisiert Ende Januar 1995 eine große Gedenkveranstaltung zum 50. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz, an der rund 700 Menschen teilnehmen. Seither hat sich der Arbeitskreis in Mannheim zu einem anerkannten erinnerungspolitischen Akteur entwickelt, der sich engagiert den „blinden Flecken“ in der Aufarbeitung der NS-Zeit widmet.
Demo zum Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen [mit Videobeitrag]
Mannheim. Rund um den internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen hat die Initiative Soziale Kämpfe (ISK) eine Veranstaltungsreihe organisiert: Vorträge, Diskussionen, Basteltage, eine Filmveranstaltung und ein Selbstbehauptungskurs. Höhepunkt war eine Demo durch die Mannheimer Innenstadt, an der sich hunderte Frauen und Unterstützer*innen beteiligten.
„938 Frauen und Mädchen waren vergangenes Jahr Betroffene von versuchten Tötungsdelikten“ zitierte Saskia, Sprecherin der ISK die offiziellen Zahlen der Kriminalstatistik. „360 Frauen wurden allein aufgrund ihres Geschlechts 2023 umgebracht und 52.330 Frauen und Mädchen wurden letztes Jahr Opfer von Sexualstraftaten.“ In den allermeisten Fällen sind Männer die Täter und oft kommen sie aus dem persönlichen Umfeld der Opfer.
Termine der ISK Veranstaltungsreihe
Trotz der erschreckenden Zahlen, unternehme die Politik zu wenig, so die Kritik der Demonstrierenden: „2018 wurde die Instanbul Konvention verabschiedet und trotzdem gibt es immer noch kein Gesetz zum Schutz und zur Beratung für von Gewalt betroffene Frauen.“ Das „Gewalt Hilfe Gesetz“ hätte ein guter Schritt sein können, aber jetzt komme es nicht. Viel zu wenige Plätze in chronisch unterfinanzierten Frauenhäusern und kaum Beratungsangebote seien die negativen Folgen.
Präventionsangebote und ein grundlegendes gesellschaftliches Umdenken sei nötig, um etwas zum Besseren zu verändern. Doch bis dahin scheint es noch ein weiter Weg zu sein. „Das Patriarchat stützt den Kapitalismus und nur die Bekämpfung von beidem kann uns wirklich befreien. Deswegen ist das einzige, was wir wirklich machen können, uns zusammen zu organisieren und zu kämpfen und zwar laut, stark und ungemütlich!“ (cki)
Videoreportage: Auf ins Dorf! Proteste gegen den AfD Landesparteitag in Ketsch
Anlässlich eines Landesparteitags der Alternative für Deutschland (AfD) kamen in Ketsch mehrere hundert Menschen zu Gegendemonstrationen und einem „Fest der Vielfalt“ zusammen. Die Offenen Antifaschistischen Treffen Mannheim und Heidelberg hatten bereits am frühen Morgen eine Demo organisiert. Das Bündnis für Demokratie und Vielfalt veranstaltete den ganzen Tag über ein „Fest der Vielfalt“ und organisierte für den Nachmittag eine große Bündnisdemonstration. Im Beitrag kommen die Organisator*innen zu Wort und erklären, warum der Protest gegen die AfD auch im Hinterland notwendig ist.
Schulstraßen – eine Chance für sichere Schulwege zu den Grundschulen [mit Video]
Zweitklässlerin Frida und Erstklässler Miro auf dem Weg zur Erich-Kästner-Schule | Bild: KIM
Montagmorgen, 7:45 Uhr vor einer Grundschule in der Neckarstadt. Auf den letzten Metern seines Schulwegs muss Erstklässler Miro über eine Autostraße. Es ist zwar keine Hauptverkehrsstraße, aber um kurz vor 8 Uhr ist im Berufsverkehr dennoch viel los: Menschen auf dem Weg zur Arbeit, Lieferverkehr, ein Schulbus, Eltern, die ihre Kinder kurz vor knapp mit dem Auto zur Schule bringen.
Über die Straße hilft eine Verkehrsinsel, eine sogenannte Querungshilfe. Einen Zebrastreifen gibt es nicht. Daher ist oft unklar, wann man loslaufen kann. Viele Autofahrer*innen sind freundlich und halten an, um die Schulkinder rüber zu lassen. Andere, die es sehr eilig haben, halten nicht. Vor allen weil die Sicht durch parkende Autos eingeschränkt ist, fällt den Kindern die Straßenüberquerung schwer.
Als Miro drüben ankommt, fährt ein Auto vor den Schuleingang. Direkt in der Feuerwehrzufahrt darf man eigentlich nicht parken, viele Eltern machen es trotzdem. Dann kommt noch ein zweites. Der Gehweg vor dem Schuleingang ist nun komplett zugeparkt.
Videobeitrag: Schulstraßen – eine Chance für sichere Schulwege zu den Grundschulen | Link zu Youtube: https://youtu.be/MuK9ZX-czeI
Die gefährlichen letzten Meter auf dem Weg zur Schule
So wie hier, an der Erich Kästner Schule in der Mannheimer Neckarstadt, ist es an vielen Schulen. Überall ist die Verkehrssituation anders, doch viele Eltern berichten von ähnlichen Problemen auf den letzten Metern des Schulwegs. Dort verdichtet sich der Verkehr, wenn um kurz vor acht Uhr hunderte Schüler*innen eintreffen.
Viele kommen zu Fuß, mit dem Roller oder mit dem Fahrrad. Viele werden aber auch von ihren Eltern mit dem Auto gefahren, obwohl fast alle in der Nähe wohnen. Das kann unterschiedliche Gründe haben. Manche Eltern nehmen ihre Kinder auf dem eigenen Arbeitsweg mit, andere halten es für sicherer, ihre Liebsten mit dem Auto durch den Stadtverkehr zu befördern.
Thorsten Papendick, Vorsitzender des Gesamtelternbeirats (GEB) hat sich Anfang des Jahres mit Schulleitungen und Elternvertreter*innen zum Thema ausgetauscht. „Die Situation ist die, dass vor den Grundschulen ein immenser Verkehr ist“, berichtet Papendick und sieht dafür vor allem die Elterntaxis in der Verantwortung. „Besonders gefährlich wird es dann für die Kinder, die zu Fuß in die Schule gehen“.
IST-Zustand an der Rheinau Grundschule | Bild: Stadt Mannheim, aus der Präsentation im Bezirksbeirat Rheinau 2024
Strafzettel scheinen wenig Eindruck zu machen
Erstklässler Miro meint, dass es mit den Autos manchmal „irre“ wäre, sie würden einen „fast platt fahren“, wenn sie am Schuleingang einparken. Das bestätigt auch Frida, die in die zweite Klasse geht und mit Miro und anderen manchmal eine Laufgruppe bildet.
An manchen Tagen wäre die Polizei vor Ort und würde Strafzettel verteilen, doch die Autos parken am nächsten Tag trotzdem wieder vor dem Eingang, berichtet Miro.
Einmal sei sie fast umgefahren worden, berichtet Helene, Viertklässlerin an der Rheinau Grundschule. „Die Autos fahren einfach und parken auf den Gehwegen, so dass wir manchmal sogar zu spät kommen“, berichtet sie.
„Die Autos fahren richtig schnell“, erzählt Shania, die in den Quadraten auf die Maria Montessori Schule geht. Ihre Mutter beschreibt das Problem näher. Gerade wenn es keine Ampeln gibt und die Kinder zwischen den Autos stehen, können sie kaum nach links und rechts sehen, bevor sie über die Straße gehen.
„Die Auto werden immer größer“ bestätigt auch Regina Jutz. Die Stadträtin der Grünen engagiert sich in der Initiative Kidical Mass und organisiert Kinder-Fahrraddemos für bessere Radwege und sichere Schulwege zu den Grundschulen.
Shania, Viertklässlerin an der Maria Montessori Schule mit Mutter Isabell | Bild: KIM
Schulstraßen für mehr Sicherheit auf den letzten Metern
Hier bei der Kidical Mass werden Forderungen nach sogenannten Schulstraßen laut. Regina Jutz erklärt das Konzept: „Die Idee kommt aus Österreich. Die Schulstraße bedeutet eine temporäre Sperrung für den Autoverkehr vor den Schulen – eben auch für die Elterntaxis.“ Temporär bedeutet dabei eine Sperrung zu Beginn und zu Ende der Schulzeit für jeweils etwa eine Dreiviertelstunde. Das könne zum Beispiel baulich durch Poller erfolgen, so dass alle Kinder geschützt vor dem PKW-Verkehr die letzten Meter zum Schulgebäude kommen können.
Neben Österreich gibt es auch erste Schulstraßen in Nordrhein-Westfalen, zum Beispiel in Köln und Düsseldorf. Dort hat das Verkehrsministerium eine landesweite Regelung herausgegeben, die für andere Bundesländer zum Vorbild werden könnte.
Einige Kommunen in anderen Bundesländern haben bereits Schulstraßen getestet, berichten aber von einer Rechtsunsicherheit.
Noch keine Schulstraßen in Mannheim – aber vielleicht schon bald?
In einer Vorlage an den Gemeinderat berichtet die Stadtverwaltung, dass das Verkehrsministerium Baden-Württemberg aktuell an einer Handlungsanweisung für Kommunen arbeite. „Die Stadt Mannheim wird die dargestellten Möglichkeiten dann an geeigneten Stellen umsetzen“ verspricht die Verwaltung.
Das Ministerium erklärt auf Anfrage allerdings, dass bereits jetzt Schulstraßen rechtlich möglich seien und beispielsweise in der Stadt Ulm erprobt würden. Eine Handlungsanweisung für Kommunen sei in Arbeit, ein Zeitplan wird jedoch nicht genannt.
So könnte eine Schulstraße an der Erich-Kästner-Schule aussehen: Die Grenadierstraße vor dem Eingang temporär als Fußgängerzone, der motorisierte Verkehr wird umgeleitet. | Bild: Google Earth, Grafik: KIM
Solange würden zur Verbesserung der Sicherheit der Grundschüler*innen andere Maßnahmen geprüft und umgesetzt, verspricht die Stadtverwaltung. Da gebe es Fahrbahnverengungen, Schaffung von Sichträumen und Geschwindigkeitskontrollen des motorisierten Verkehrs. Außerdem wurden von der Verwaltung Schulwegpläne zu allen Mannheimer Grundschulen erstellt.
Ein weiteres Projekt der Stadtverwaltung ist die Kampagne „Schulweg aktiv“, die im April an 25 Mannheimer Grundschulen stattgefunden hat. Die Idee: Kinder sollen ihren Alltag freiwillig aktiv gestalten und den Schulweg zu Fuß, mit dem Rad oder dem Roller zurücklegen. Zur Motivation wurden über den Kampagnenzeitraum Punkte gesammelt und die Schulen waren im Wettstreit miteinander. „Meine Klasse hat in den zwei Wochen 188 Punkte gesammelt“, berichtet Frida. Damit hat sie der Erich Kästner Schule als eine der drei aktivsten Schulen der Stadt zum Sieg verholfen und einen sportlichen Aktionstag vor den Sommerferien gewonnen.
Trotz positiver Resonanz und großer Beteiligung ist der Haken an der Kampagne „Schulweg aktiv“, dass die Eltern nicht in die Verantwortung genommen werden. Während viele Kinder großen Spaß an selbstbestimmten, teils sportlichen Schulwegen haben, entscheiden am Ende in der Regel doch die Eltern, ob sie ihre Kinder mit dem Auto fahren.
Test-Schulstraße in Rheinau – im Rahmen einer politischen Versammlung
Den Aktivist*innen der Kidical Mass dauert das alles zu lange. Verständlich, denn Viertklässlerin Helene wird eine richtige Schulstraße auf ihrem Schulweg nicht mehr selbst erleben.
Daher hatte der Gesamtelternbeirat mit Unterstützung von ADFC und Kidical Mass die Sache in die Hand genommen und im Jahr 2023 zumindest für eine kurze Zeit auf eigene Faust eine Schulstraße eingerichtet – testweise im Rahmen einer politischen Versammlung.
„Wir hatten das gut vorbereitet, Eltern und Anwohnerschaft frühzeitig informiert“, berichtet Alice van Scoter, die das Projekt damals als Elternbeirätin mitorganisiert hatte. Auch von der Verwaltung und der Schulleitung habe es Unterstützung gegeben und die Reaktionen seien bis auf ganz wenige Ausnahmen positiv gewesen. Mit temporären, mobilen Straßensperren wurde der Bereich vor dem Schuleingang zu Beginn und Ende des Schultages für den motorisierten Verkehr gesperrt. Die Sorgen über Beschwerden von Anwohner*innen seien unbegründet gewesen, berichtet van Scoter. Im Gegenteil habe es viel Zustimmung gegeben, da sich auch für die unmittelbaren Anlieger Stress, Verkehr und Lärm reduziert habe.
Verkehrsversuch: Schulstraße an der Rheinau Grundschule | Bild: Kidical Mass
Was sagt der neue Gemeinderat zu den Schulstraßen?
Politisch stehen die Schulstraßen bereits in den Startlöchern. Grüne, SPD und Linke haben jeweils mit eigenen Anträgen ihre Unterstützung der Schulstraßen deutlich gemacht. Die Verwaltung scheint nur auf ein Signal aus dem Verkehrsministerium zu warten. Doch nach den Kommunalwahlen im Juni hat sich die Zusammensetzung im Gemeinderat verändert. Die grün-rot-rote Mehrheit ist weg und die bürgerlichen und rechten Parteien sind bekannt für ihre auto-freundliche Politik.
Die Einrichtung temporärer Fußgängerzonen für Schulkinder könnte von CDU, FDP, AfD und Mannheimer Liste als Verbotspolitik verstanden und damit abgelehnt werden. Wann und wie das Thema in der Kommunalpolitik weiter diskutiert wird, ist zur Zeit noch offen.
Der GEB hat im Vorfeld der Kommunalwahl sogenannte Wahlprüfsteine erstellt. Da ging es auch um das Thema Sicherheit auf den Schulwegen. „Es gibt keine Partei und keine Liste, die nicht die Notwendigkeit sieht“, berichtet Thorsten Papendick. Allerdings gebe es Unterschiede. Während Grüne, SPD und Linke mit dem Schulstraßen vorpreschen, positionieren sich CDU, Freie Wähler und FDP nur sehr allgemein für sichere Schulwege. Papendick vermutet, für Elterntaxis wolle man hier keine Einschränkungen vorgeben.
Fahrraddemo Kidical Mass Mannheim | Bild: KIM
Zeit für Veränderungen
Für die Schulkinder geht die Zeit weiter. Tag für Tag gibt es gefährliche Situationen im „Flaschenhals“ der letzten Meter Schulweg vor den Grundschulen, wo sich hunderte Kinder und dutzende Autos in den Straßen drängen.
Frida findet die Schulstraßen eine sehr gute Idee, da der Schulweg für die Kinder damit viel leichter würde. Viertklässlerin Helene wird an ihrer Rheinau Grundschule keine Schulstraße mehr selbst nutzen können. Sie wünscht sich die Maßnahme aber für die nächste Generation. Außerdem hofft sie, dass Eltern ihre Kinder zum laufen motivieren. Miro ist auch der Meinung, dass es eine Schulstraße braucht. Strafzettel und rote Ampeln reichen nicht aus, da ist er sich sicher. Letztendlich müsse man an die Eltern appelieren, meint Thorsten Papendick. Ansonsten müsse man die vielen Bausteine zur Verbesserung der Schulwegsicherheit angehen, dass sich in den nächsten fünf Jahren etwas ändert. (cki)
VVN-BdA: Dr. Egon Knapp mit 93 Jahren verstorben
Das langjährige Vorstandsmitglied der VVN-BdA Mannheim, Dr. Egon Knapp, ist am 14. Juni diesen Jahres verstorben. Knapp konnte auf ein langes politisches Leben als Antifaschist und Kommunist zurück blicken und berichtete KIM im Rahmen eines Zeitzeugengesprächs im Jahr 2020 von seinen Erfahrungen und Erlebnissen. Der Kreisvorstand der VVN-BdA Mannheim hat einen Nachruf verfasst. (cki)
Nachruf Dr. Egon Knapp
Wir von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Kreisvereinigung Mannheim, trauern um unser langjähriges Mitglied und wünschen den Angehörigen herzliches Beileid.
Egon Knapp hat viele Jahre im Kreisvorstand der Mannheimer VVN mitgewirkt und sich stets um die Erinnerungs- und Gedenkarbeit in Mannheim und der Region gekümmert. Ein besonderes Anliegen war ihm immer das Gedenken an den Arbeiterwiderstand, das mit jährlichen Gedenkveranstaltungen am 15.9. auf dem Mannheimer Georg-Lechleiter-Platz und beim Gedenken auf dem Bergfriedhof in Heidelberg am 1. November an den Widerstand der Georg-Lechleiter-Gruppe erinnert.
Der Antifaschist und Kommunist wuchs in einem kommunistischen Elternhaus in Mannheim und später in Schwetzingen auf und erfuhr am Schicksal der Eltern was es bedeutete, wegen aktivem Widerstand gegen die Nazis von diesen verfolgt zu werden. Diese Erfahrungen prägten seine persönlichen Einstellungen und seinen antifaschistischen Lebensweg.
Seit 1969 gehörte er mit seiner Frau Gisela Knapp der VVN an, für deren Ziele er sich aktiv einsetzte.
Den Lebensweg von Dr. Egon Knapp konnten wir per Interview 2020 anlässlich seines 50. Jubiläums als Mitglied der VVN mit ihm per Video aufzeichnen.
Wir werden Egon Knapp in guter Erinnerung behalten.
VVN-BdA Kreisvorstand Mannheim
Zeitzeugeninterview mit Dr. Egon Knapp
Im Jahr 2020 hat Kommunalinfo Mannheim ein Zeitzeugeninterview mit Dr. Egon Knapp über sein politisches Leben veröffentlicht, das hier angesehen werden kann.
Videobeitrag: Gedenken, Instrumentalisierung, Protest – Mannheim gegen Rechts demonstriert gegen AfD Kundgebung
Der Freitag, 7. Juni 2024 stand im Zeichen von Reaktionen auf das Messerattentat, bei dem der Polizisten Rouven Laur getötet und Teilnehmer einer rechtspopulistischen Kundgebung verletzt wurden. Zum einen würdiges Gedenken am Brunnen des von der Stadt Mannheim zum Gedenkort erklärten Marktplatzes, andererseits das schamlose Auftriumphieren der AfD, die ihren Wahlkampfabschluss zum Thema veranstaltete. Der DGB und das Bündnis Mannheim gegen Rechts hatten zum Gegenprotest gegen die AfD aufgerufen.
8. März: Demo zum Frauenkampftag in Mannheim [Video]
Am Freitag den 8. März zog zum feministischen Kampftag ein langer Demozug mit mehreren hundert Teilnehmenden durch die Mannheimer Innenstadt.
Schon in den letzten Wochen gab es einige Veranstaltungen im Vorfeld dieses wichtigen Tages. Das linke Zentrum Ewwe longt’s organisierte einige Vorträge, Workshops und Basteltage und auch die Rosen unterm Beton und die verdi Jugend veranstalteten Basteltage zum malen von Demoschilden.
Bei der Demo ging es dann vom Gewerkschaftshaus über den Luisenring durch die Fressgasse bis zum Marktplatz. Die Demonstrierenden hatten viele bunte Plakate und Transparente dabei auf denen verschiedene pro-feministische und antikapitalische Sprüche zu lesen waren. Auch mit den gerufenen Parolen machten die Menschen klar: sie kämpfen für wahre Gleichberechtigung der Geschlechter, gegen das Patriarchat und gegen Kapitalismus. Isabell Fuhrmann vom feministischen Bündnis, das die Demo angemeldet hat, erklärt im Videobeitrag, warum es immer noch wichtig ist, für Frauenrechte und gegen das Patriarchat auf die Straße zu gehen. Auch durch die Reden auf dem Marktplatz wurde klar, die Frauen fordern strukturelle Veränderungen und machen sich stark gegen jegliche Ausbeutung. (cki)
Wir fahren zusammen: Demo für Klimagerechtigkeit und eine sozial gerechte Verkehrswende [Videobeitrag]
Für besseren ÖPNV, bessere Arbeitsbedingungen für Bus- und Bahnfahrer*innen und mehr Maßnahmen zum Klimaschutz demonstrierte am Freitag, 1. März ein Bündnis der Bewegung Fridays for Future und der Gewerkschft ver.di auch in Mannheim. Die Aktion fand im Rahmen der bundesweiten Kampagne #WirFahrenZusammen mit Demos im 117 Städten statt. In Mannheim war es kein wirklicher Streik, da der Tarifvertrag Nahverkehr (TVN) bei der RNV keine Anwendung findet und Bus- und Bahnfahrer*innen ganz normal arbeiten gingen, während es in vielen anderen Städten Warnstreiks gab. Entsprechend beteiligten sich weniger Beschäftigte aus diesem Bereich, dennoch zogen einige hundert Menschen vom Schloss durch die Quadrate bis zur Abschlusskundgebung auf dem Alten Messplatz. Im Videobeitrag kommen Marc von Fridays for Future Mannheim, Marianne von ver.di Rhein-Neckar sowie Isabell und Dennis von DIE LINKE zu Wort. Weiter unten dokumentieren wir die Pressemitteilung von Fridays for Future Mannheim. (cki)
Fridays for Future Mannheim beteiligte sich am Freitag, den 01.03.2024, mit einer Demonstration am bundesweiten Klimastreik von Fridays for Future unter dem Motto #WirFahrenZusammen. Dieses Motto bezeichnet die Allianz von FFF und der Gewerkschaft ver.di, bei der die Aktivist*innen und Gewerkschaftler*innen eine Verkehrswende fordern, die ermöglicht wird durch bessere Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne im öffentlichen Personennahverkehr. Ebenfalls soll es, so FFF, eine Verdopplung der Investitionen in den ÖPNV bis 2030 geben.
Insgesamt gingen diesen Freitag deutschlandweit Menschen in 117 Städten auf die Straße. In Mannheim startete die Kundgebung um 17:00 Uhr im Ehrenhof am Schloss, anschließend lief ein Demonstrationszug mit etwa 400 Menschen bis zum Alten Messplatz.
„Allzu oft müssen wir einspringen und unsere kostbaren Ruhetage opfern, um das System am Laufen zu halten. Eine Aufgabe, die nicht nur unser körperliches und geistiges Wohlbefinden beeinträchtigt, sondern auch unser Familienleben oftmals hintenanstellt. Wie oft mussten wir schon familiäre Verpflichtungen zurückstellen, wie viele Geburtstage, Jahrestage oder Schulveranstaltung des eigenen Kindes konnten wir nicht miterleben, weil die Pflicht ruft?
Gleichzeitig aber reichen unsere Gehaltschecks trotz dieser hohen Arbeitsbelastung und unseres Engagements kaum für das Nötigste, geschweige denn für Luxusgüter. Mit jedem Monat, der vergeht, steigen die Lebenshaltungskosten, während unsere Löhne stagnieren“, so Laura Ebert, Beschäftigte im ÖPNV.
Für die RNV gilt der Tarifvertrag Nahverkehr (TVN) nicht, weshalb der Betrieb in der Rhein-Neckar Region nicht bestreikt wird. In Heidelberg und Mannheim zeigten sich die Demonstrierenden solidarisch mit dem Arbeitskampf in anderen Regionen. Bei diesen Verhandlungen kämpfen die Beschäftigten für bessere Arbeitsbedingungen, um das Personal im Nahverkehr zu halten und das Nahverkehrsangebot sicherzustellen. Bis 2030 werden knapp 100.000 Beschäftigte fehlen, es fallen immer mehr Fahrten aus und Linien müssen gestrichen werden. Nur durch einen gut ausgebauten und gut finanzierten ÖPNV kann man die Klimaziele im Verkehrssektor erreichen.
„Wir als FFF kämpfen für sozial gerechten Klimaschutz und dazu gehört auch, dass man die Menschen, die den Klimaschutz stämmen sollen, unterstützt“, so Franziska Bösinger von FFF Mannheim.
Polizeigewalt: Scharfe Kritik nach Urteilsverkündung im „2. Mai Marktplatz-Prozess“ [Videobeitrag]
Die Kammer des Schwurgerichts am Landgericht Mannheim
In sogenannten 2. Mai oder Marktplatz-Prozess am Mannheimer Landgericht wurde am Freitag, 1. März 2024 ein Urteil gesprochen. Die Anklage richtete sich gegen zwei Polizisten, die einen Einsatz mit tödlichem Ausgang im Jahr 2022 zu verantworten hatten. (KIM berichtete mehrfach)
Ein Psychiatriepatient, der nicht freiwillig zurück ins Zentralinstitut für Seelische Gesundheit gehen wollte, wurde bei seiner Flucht zum Marktplatz von den Polizisten mit Pfefferspray besprüht, geschlagen und auf dem Boden fixiert, bis er starb. Die Anklage gegen einen Polizisten lautete Körperverletzung im Amt mit Todesfolge, für den anderen Stand der Vorwurf der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen im Raum.
Nebenklage: Mutter, Schwester und Rechtsanwalt Şanlı
Mildes Urteil wegen Körperverletzung und ein Freispruch
Wie bei den vergangenen Prozesstagen, war auch zur Urteilsverkündung das öffentliche Interesse sehr groß. Viele Unterstützer*innen der Polizisten, aber auch viele Kritiker*innen von Polizeigewalt saßen im Publikum.
Die Kammer um Richter Gerd Rackwitz sprach in ihrem Urteil einen Polizisten schuldig wegen Körperverletzung. Er bekam eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 50 Euro. Eine Verantwortung für die Todesfolge könne ihm nicht nachgewiesen werden, so der Richter. Ein zweites medizinisches Gutachten, das die Verteidigung in Auftrag gegeben hatte, war maßgeblich für diese Entscheidung verantwortlich. Der zweite Polizist wurde freigesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Revision wurde zugelassen.
Die Nebenklage der Familie des Getöteten und die Initiative gegen Polizeigewalt kritisierten im Interview mit KIM das Urteil scharf. Im Videobeitrag kommen Engin Şanlı, Rechtsanwalt der Nebenklage, Antonia P., Schwester des Getöteten und Nebenklägerin sowie Sevda Can Arslan und Dagmar Kohler von der Initiative 2. Mai zu Wort. (cki)