Demos, Kundgebung, Fest der Vielfalt: Breite Proteste gegen den Landesparteitag der AfD in Ketsch
Ketsch, Rhein-Neckar-Kreis. Anlässlich eines Landesparteitags der Alternative für Deutschland (AfD) kamen in Ketsch mehrere hundert Menschen zu Gegendemonstrationen und einem „Fest der Vielfalt“ zusammen. Das Bündnis für Demokratie und Vielfalt hatte den ganzen Tag über Programm organisiert.
Bereits am frühen Morgen demonstrierten etwa 150 Antifaschist*innen durch den Ort. Mobilisiert hatten die Offenen Antifaschistischen Treffen Mannheim und Heidelberg. Am Nachmittag gab es noch einmal eine große Bündnisdemo mit mehreren hundert Teilnehmenden.
Für die AfD hatte der Parteitag vor allem strukturelle Bedeutung. Nach chaotischen Parteitagen in der Vergangenheit, verabschiedete sich der Landesverband vom Konzept der Mitgliederparteitage und führte ein Delegiertenprinzip ein. Damit erhoffen sich die Rechten ein besseres Bild der Geschlossenheit nach außen.
Breites Bündnis schafft Aufmerksamkeit im Hinterland
Es gebe mehr als genug Gründe, sich der AfD entgegen zu stellen, erklärte Linh, Sprecherin des Bündnis für Demokratie und Vielfalt in Ketsch im Interview mit KIM. Diese thematische Breite spiegele sich auch in der Vielfalt des Bündnisses wider: Geflüchteteninitiativen kritisierten die rassistische Hetze, Fridays for Future wies darauf hin, dass die AfD wissenschaftsfeindlich ist und den Klimawandel leugnet, queere Organisationen erinnerten an die erfolgreiche Dorfpride und ihren Einsatz für eine vielfältige und gleichberechtigte Gesellschaft, linke Gruppen erklärten in ihren Reden, dass von der Wirtschafts- und Steuerpolitik der AfD nur die Reichen profitieren und die Parteien SPD, Grüne, Die Linke und Volt waren mit Infoständen vor Ort präsent. Auf der Bühne gab es neben politischen Reden auch Poetry und Live Musik.
Auf die „praktische und künstlerische Vielfalt“ sei das Bündnis stolz, erklärte Sprecher Florian. Es war gelungen, ein bunt gemischten Publikum aus Ketscher Bürger*innen und Aktivist*innen aus der ganzen Rhein-Neckar-Region auf den Festplatz zu mobilisieren. „Wir müssen uns jetzt entscheiden, in welcher Zukunft wir leben wollen“, begründete Linh ihr Engagement und wies auf die anstehende Bundestagswahl hin.
Alles blieb ruhig im Dorf
Die Polizei war am frühen Morgen mit einem großen Aufgebot um die Rheinhalle präsent. Sogar ein Wasserwerfer wurde gesichtet. Letztlich blieb das Aufgebot aber im Hintergrund, es blieb entspannt und auch die Polizei war mit einem „überwiegend störungsfreiem“ Verlauf der Versammlungen offensichtlich zufrieden – trotz kleinerer verbaler Scharmützel mit der AfD und etwas Pyrotechnik bei der Demonstration. Unabhängig von den Veranstaltungen soll es in der Nacht vor dem AfD Parteitag zu Farbattacken auf Autos vor einem Hotel gekommen sein, in dem AfD Mitglieder übernachteten.
Warum fand der Parteitag gerade in der kleinen Gemeinde Ketsch im Rhein-Neckar-Kreis statt? Das Bündnis vermutet mehrere Gründe. Nach einem AfD Parteitag mit viel Gegenprotest in Ulm, ganz im Süden Baden-Württembergs, ging es nun ans andere Ende des Bundeslandes. Der Rhein-Neckar-Kreisverband der AfD sei der mitgliederstärkste in Baden-Württemberg. Außerdem gebe es in Ketsch drei sehr aktive rechtsaußen AfD Vertreter im Gemeinderat, berichtet das Bündnis für Demokratie und Vielfalt.
Zum anderen sei Ketsch mit 13.000 Einwohner*innen eher dörflich geprägt und mit dem ÖPNV ungünstig zu erreichen. Die AfD habe sich wohl ausgerechnet, dass es in Ketsch wenig Widerstand geben werde. „Nö, das ist aber nicht passiert“ sagte Kai vom Bündnis sichtlich zufrieden, nach Abschluss der erfolgreichen Kundgebung beim „Fest der Vielfalt“. (cki)
Siehe auch
Videoreportage: Auf ins Dorf! Proteste gegen den AfD Landesparteitag in Ketsch
Weitere Bilder der Proteste