Ehemalige LBBW-Wohnungen: Mietwohnungen als profitable Handelsware
ttr – Gerade mal drei Jahre verblieben die LBBW-Wohnungen bei dem damaligen Käufer Patrizia Immobilien AG, nun werden sie schon wieder weiterverkauft mit einem Verkaufsgewinn von einer knappen halben Milliarde Euro. Betroffen sind u.a. 1.000 Wohnungen in Mannheim und weitere 1.000 in der Region. Insgesamt betrifft der Deal 19.800 Wohnungen. Zum Vergleich: Das entspricht ziemlich genau dem gesamten Wohnungsbestand der Mannheimer GBG. Patrizia trennt sich laut Geschäftsbericht sukzessive von ihrem eigenen Wohnungsbestand und verlegt sich auf Co-Investments mit anderen Investoren und auf das Managementgeschäft. „Mittlerweile investieren 176 institutionelle Investoren über PATRIZIA – von nahezu 100 regionalen Sparkassen über Versicherungen und Pensionskassen bis hin zu Staatsfonds“ schreibt Patrizia in ihrem letzten Geschäftsbericht. Damit wird deutlich, dass das „Spiel“ des An- und Verkaufs von großen Wohnungsbeständen unter anderem mit der enormen renditesuchenden Kapitalmenge aus dem Bereich der privaten und betrieblichen Altersversorgungen zu tun hat.
Die LBBW musste ihre Wohnungsbestände 2012 auf Anweisung der EU-Kommission veräußern. Der baden-württembergische Finanzminister Nils Schmid (SPD) gab der Patrizia für 1,435 Milliarden Euro den Zuschlag und ließ ein kommunales, von der Stadt Stuttgart geführtes Konsortium abblitzen, welches nur 30 Mio. Euro weniger geboten hatte, den Mietern aber größere soziale Sicherheit gegeben hätte. Die mit Patrizia vereinbarte „Sozialcharta“ erwies sich schnell als ziemlich stumpf.
Der Käufer im jüngsten Deal ist die auch in Mannheim mit mehreren tausend Wohnungen vertretene Deutsche Annington AG. Sie zahlte 1,9 Mrd. Euro. Mit 350.000 Wohnungen (21 Mrd. Euro) im Bestand ist sie inzwischen das größte deutsche Wohnungsunternehmen.
In Mannheim besitzt sie beispielsweise viele ehemalige Bahnwohnungen auf der Hochstätt. Auch am Neckarufer Nord ist sie mittlerweile vertreten. Ihre zurzeit in Mannheim im Angebot befindlichen Wohnungen liegen deutlich über dem GBG-Preisniveau. Beispielsweise eine 1-Zi-Wohnung in Neckarau, BJ 1956, Gas-Etagenheizung: 8,95 Euro/m² kalt bzw. 11,86 warm. Dagegen GBG: Ebenfalls 1-Zi-Wohnungen (Neckarstadt Ost, Mainstraße) barrierefrei mit Aufzug, BJ 1974, saniert 2014: 8,50 Euro/m² kalt, 12,05 warm.
Der Deutsche Mieterbund Baden-Württemberg beziehungsweise der Mieterverein Mannheim kommentieren den erneuten Verkauf des ehemaligen LBBW-Wohnungsbestandes sehr skeptisch. Sie können praktisch nur appellieren, die Annington möge den Preisaufschlag von Patrizia nicht allzu schnell auf die MieterInnen umschlagen. Auch möge sie die Häuser nicht weiter verkommen lassen.
Die Eigentumsfrage
Es erweist sich erneut, dass die Eigentumsfrage auch in der Wohnungswirtschaft von grundlegender Bedeutung ist: Wohnungen von (funktionierenden) Genossenschaften sind ebenso wenig Handelsware wie z.B. kommunale Bestände, wenn die politische Kontrolle in den richtigen Händen liegt und die Wohnungen nicht zum vermeintlichen Schuldenabbau der Kommunen veräußert und missbraucht werden. Unternehmen wie die Deutsche Annington existieren nur, weil enorme Kontingente von Werkswohnungen aus Staatseigentum (Bahnprivatisierung) bzw. den Eigentum großer Konzerne (wie RWE und E.on) in den 80er/90er Jahren zur Privatisierung auf den Markt geworfen wurden. Hinzu kamen ein paar kommunale Sündenfälle.
Der Ruf nach neuen „Sozialwohnungen“ ist nur dann richtig, wenn diese Wohnungen in Händen sind, die auch nach Auslaufen der Sozialbindung die Wohnungen weiterhin sozial bewirtschaften. Wohnungen „für breite Schichten der Gesellschaft“ dürfen nicht der Renditejägerei ausgeliefert sein. Dieser Grundsatz ist in Mannheim angesichts der in relativ engen Zeiträumen angesetzten Wohnungsbauvorhaben auf den Konversionsflächen wichtig aber auch schwierig einzuhalten. Auf Benjamin Franklin steigt die GBG in größerem Umfang ein – das ist ein gutes Zeichen. Sie kann aber nicht aus dem Handgelenk die 5.000 Wohneinheiten bauen bzw. sanieren, um die es hier geht. Unvermeidlich kommen private Investoren ins Spiel. Zwar ist es mittlerweile überwiegend Konsens, dass diese Investoren eine gewisse Quote relativ (!) preisgünstiger Wohnungen zur Miete oder zum Verkauf anbieten müssen. Bei Mietwohnungen ist jedoch noch nicht absehbar, wie sie selbst bei ertäglichen Anfangsmieten auf große Dauer, am besten „ewig“ auf diesem Mietpreisniveau gehalten werden können. Leider sind die großen Wohnungsgenossenschaften (z.B. Gartenstadt Genossenschaft) bis jetzt nicht an neuen Investitionen interessiert.