Trotz Wohnungsbau auf FRANKLIN ein Nullsummenspiel bei preisgünstigen Wohnungen

Thomas Trüper – Die „Kooperationsvereinbarung zur Wohnungsversorgung zwischen der Stadt Mannheim und der GBG Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft mbH (GBG)“ beinhaltet die Verpflichtung, jährlich über die Zielerreichung bei der „von der Stadt Mannheim und der GBG gemeinsam verfolgten Wohnquartiersentwicklung“ zu berichten in Form des „Siedlungsmonitoring“. Dieses Monitoring umfasst damit allerdings nur den Wohnungsbestand der GBG und damit nur (oder immerhin) 11,6% des gesamten Wohnungsbestandes in Mannheim. Der Jahresbericht 2014 liegt nun seit Oktober vor. Dazu schreiben die Verfasser aus GBG und Fachbereich Soziales der Stadt: „Im Gegensatz zu den bisherigen Jahresberichten zum Siedlungsmonitoring, die vorrangig eine deskriptive Beschreibung des Wohnbestands und der Mietstruktur zum Gegenstand hatten, stellt das weiterentwickelte Konzept einen wirkungsorientierten Ansatz dar.“ (V515/2015).

Die Ziele sind wie folgt definiert:

  1. Bereitstellung von preisgünstigem Wohnraum
  2. Bereitstellung von barrierefreiem Wohnraum bzw. geeignetem Wohnraum für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung
  3. Prävention von Wohnungsverlusten/Wohnungsnotfällen
  4. Vermeidung von Leerständen
  5. Vorbeugung/Verringerung von Segregationstendenzen

Diese Ziele sind richtig gewählt. Wie steht es mit der Zielerreichung?

Ziel 1: Bereitstellung von preisgünstigem Wohnraum

Die Preisgünstigkeit wird am Mittelwert des Mannheimer Mietspiegels bemessen (ortsübliche Vergleichsmiete), die im Jahr 2014 bei 6,71 Euro/m² lag. 16.653 Wohnungen der GBG liegen bei unter oder bei diesem Mietpreis. Alarmierend: „Gegenüber dem Vorjahr nahm der Anteil der Wohnungen mit einem Mietpreis unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete leicht ab (von 96,0 auf 93,2 Prozent).“ Wie „leicht“ dieses Abnehmen ist, erschließt sich nur aus einer Vorlage, in der die Frage der Mannheimer Liste Nach dem Bestand der Sozialwohnungen in Mannheim beantwortet wird (V352/2015): „Die Anzahl der Wohnungen, deren Miete bis zum durchschnittlich vom Jobcenter Mannheim anerkannten QM-Preis von 6,01 € bzw. 6,71 € lag, hat sich von 18.430 im Jahr 2008 auf aktuell 17.630 verändert. Die Abnahme wird vor allem durch die Verringerung des GBG-Gesamtbestandes verursacht.“ Immerhin also nicht durch die zahlreichen Modernisierungsmaßnahmen – ein Zeichen für die maßvollen Mieterhöhungen nach Modernisierung.

Der Rückgang um glatte 800 Wohneinheiten unterhalb dem Mietspiegel-Mittel passt keineswegs zu der GBG-eigenen Bedarfsprognose: „Die GBG erwartet keine geringere Nachfrage bei „Sozialwohnungen”. Aufgrund der allgemein steigenden Mieten und des demografischen Wandels, welcher eine Zunahme von Rentenbeziehern mit sich bringt, wird die Nachfrage nach günstigen Wohnungen, deren Mieten auch von Sozialträgern übernommen werden können, steigen.“ (V352). In diesem Papier aus Juli 2015 fährt die GBG fort: „Durch den ansteigenden Zuzug von Fachkräften nach Mannheim, der durch die Umwandlung der Konversionsflächen wahrscheinlich ist, wird aber auch die Nachfrage von höherwertigerem Wohnraum steigen.“ Der Zuzug von anerkannten Flüchtlingen ist zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt nicht in Sicht.

Wohl aber ist in Sicht, wie viele preiswerte Wohnungen die GBG noch abreißen möchte. Der Monitoring-Bericht weist weitere 190 zum Abbruch vorgesehene Wohnungen in Schönau Nord und 122 solcher Wohnungen in Neckarstadt Ost aus (Projekt Main-Kinzig-Straße), zusammen also seit dem Jahr 2008 ein negativer Saldo von 1012 preisgünstigen Wohnungen.

In diesem Lichte betrachtet erzielt die Stadt mit dem gegenwärtigen Planungsstand (GBG plus andere Investoren) an Neubau- bzw. Sanierungswohnungen auf Benjamin-Franklin von 1.049 Wohnungen bis 7,50 Euro Miete oder 2.800 Euro/m² Kaufpreis fast genau ein Nullsummenspiel. Dies kann und darf nun wirklich nicht sein! Da muss auf FRANKLIN und Sullivan und auch auf Hammonds erheblich nachgebessert werden. Und die Abriss-Pläne in Neckarstadt-Ost müssen gestoppt werden. Wenn schon das Portfolio der GBG einen sinkenden Stand preisgünstiger Wohnungen vorweist, so wird dies im gesamten Wohnungsmarkt eher noch dramatischer sein. Hierfür stehen z.B. die sog. Luxus-Sanierungen in Neckarstadt Ost und der Erwerb von ca. 100 Wohneinheiten durch die Bank BNP ParisBas im Jungbusch (Beil-Straße). In der Antwort auf eine Anfrage der Linken zu dieser Entwicklung bewertet die Verwaltung diesen Vorgang als atypisch und eher einmalig. Dies jedoch ist vollkommen unglaubwürdig. Der Jungbusch ist jetzt bei Investoren „in“.

Ziel 4 und Ziel 5: Vermeidung von Leerstand und Segregation

Die Leerstandsquote der GBG wird im Siedlungsmonitoring mit sage und schreibe 9,3% angegeben. Diese Leerstände konzentrieren sich zielgenau auf die Sozialraum-Typen 4 und 5 (prekär). Zum einen sind sie bedingt durch Modernisierungsmaßnahmen, zum anderen und vor allem aber durch die Abrissplanungen (Entmietung ohne Kündigung über Jahre hinweg).

Dass GBG und Sozialverwaltung inzwischen das Ziel 5 „Vorbeugung/Verringerung von Segregationstendenzen“ benennen, ist nach jahrelanger und intensiver Anmahnung durch die Linke ein winziger Fortschritt. Jedoch schon der Begriff „Segregationstendenzen“ satt „-tatbestände“ lässt nicht erwarten, dass hier wirklich gegengesteuert wird. Die Hauptwohnungsbestände der GBG liegen genau in den eher ärmeren Stadtteilen / Quartieren. Alle aktuellen Planungs- und Baugebiete außerhalb der Konversionsflächen (z.B. T4/T5, Q6/Q7, Postareal etc.) beinhalten keinerlei preisgünstige Wohnungen. Damit wird weiterhin die Logik bedient: Wer arm ist oder auch schlicht nur normalverdienend, muss raus in die Peripherie. So kann der Segregation mit all ihren indirekten negativen Folgen nicht gegengesteuert werden.

Die Empfehlung des Siedlungsmonitoring lautet hier: „Gemäß Vereinbarung und in Abstimmung mit der Stadt Mannheim sollen Neuvermietungen so gesteuert werden, dass sozial ausgewogene Mieterstrukturen erreicht werden können. Dies wird sowohl für einzelne Gebäude als auch für Quartiere angestrebt.“ Nur wo bitte, wenn die passenden Wohnungen fehlen?