Ende Gelände-Aktivist*innen besetzen das GKM und fordern sofortigen Kohleausstieg

Die ersten Aktivist*innen ziehen im Morgengrauen zum GKM.

Die ersten Aktivist*innen ziehen im Morgengrauen zum GKM.

Mannheim, 3. August. Um 5.30 begannen über 100 Aktivist*innen von Ende Gelände eine Sitzblokade vor dem Großkraftwerk Mannheim (GKM). Ein Teil der Aktivist*innen besetzte außerdem das eingehauste Kohle-Förderband. Die Aktion sollte die Dringlichkeit eines sofortigen Kohleausstiegs auch beim GKM unterstreichen. Offiziell ist dieser erst für 2038 vorgesehen. Ende Gelände verweist darauf, dass bei Fortsetzung des Status Quo in der BRD innerhalb zweier Jahre der CO2-Ausstoß erreicht ist, der zur Sicherung des Klimaziels maximal 1,5°C Erderwärmung  überhaupt noch stattfinden darf.

Die Aktion, die große Aufmerksamkeit in den Medien erreichte, verlief – auch nach Polizeiangaben – vollkommen friedlich. Gegen 18 Uhr verließen die Aktivist*innen das Kraftwerksgelände und begaben sich in die Innenstadt, um dort noch eine Kundgebung durchzuführen. Das GKM-Management hatte “aus Sicherheitsgründen” darauf verzichtet, das Werksgelände räumen zu lassen. Es betonte, die Fernwärmeversorgung sei zu keiner Zeit gefährdet gewesen.

Eine erste politische Reaktion gab es seitens des Kreisverbandes der SPD. In einer Erklärung stellt sie fest: “Das Mannheimer Kraftwerk ist ein wichtiger Baustein, um eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Fernwärmeversorgung in der Region sicherzustellen. Momentan gebe es  “keine sinnvolle Alternative, insbesondere dann nicht, wenn man die ohnehin steigenden Wohnkosten nicht noch weiter anheben möchte.” Wer GKM abschalten sage, müsse auch sagen, “was soziale und ökologische Alternativen sind, um eine hochindustrialisierte und dichtbesiedelte Region verlässlich mit Strom und Wärme zu versorgen“ begründete SPD Vorsitzender Stefan Fulst-Blei die Position der SPD zum GKM.

Seitens der LINKEN war der Hinweis zu hören, dass in Mannheim zwei Kraftwerke immer noch nicht an die Fernwärme angeschlossen seien: Die Müllverbrennung auf der Friesenheimer Insel und das benachbarte Biomassekraftwerk. Das Müllkraftwerk solle immerhin in Bälde angeschlossen werden, was für das Biomassekraftwerk jedoch noch nicht geplant sei. DIE LINKE hatte in ihrem Kommunalwahlprogramm festgestellt: “Das GKM muss aus Klimaschutzgründen so schnell wie möglich, spätestens 2030, vom Netz gehen. Alternativ ist die Umrüstung bis 2030 auf Gasbetrieb möglich, wofür es Fördermittel des Bundes gibt. Als Gaskraftwerk könnte das GKM dann als Reservekraftwerk dienen.”

Wir dokumentieren im Folgenden die erste Pressemitteilung der Besetzer*innen, in der sie ihre Aktion begründen.

(Text: Thomas Trüper | Bilder: Ende Gelände)

Die Forderungen der Besetzer*innen sind deutlich zu sehen.

Kohleausstieg selbst gemacht

KlimaschützerInnen des Bündnis Ende Gelände blockieren die Kohlezufuhr zum Steinkohlekraftwerk Grosskraftwerk Mannheim und fordern einen sofortigen Kohleausstieg

Mannheim, 03.08.19 | Seit 5:20 Uhr blockieren rund 100 Klima-AktivistInnen die Versorgungswege des Grosskraftwerkes Mannheim (GKM). Das Steinkohlekraftwerk ist für rund 8 % der Baden- Württembergischen CO2-Emissionen verantwortlich. Die AktivistInnen wollen das Kraftwerk von der Kohleversorgung abschneiden und so ein Abschalten erzwingen. „Es ist traurig, dass wir zu so drastischen Maßnahmen greifen müssen und das Kraftwerk selbst ausschalten. Doch angesichts der Untätigkeit der Regierung sehen wir uns dazu gezwungen. Wenn die deutsche Bundesregierung nicht den sofortigen Kohleausstieg einleitet, verspielen wir unsere Chance die Erderhitzung auf 1,5°C zu beschränken. Das dafür verbleibende CO2-Budget für Deutschland reicht gerade noch bis 2021, also zwei Jahre.“, so Philipp Bergmann, Pressesprecher des Aktionsbündnisses Ende Gelände.

Seit 2018 die letzten Steinkohleminen im Ruhrgebiet geschlossen wurden importiert Deutschland 100% seines Bedarfs. Der Steinkohleabbau verwüstet in den Herkunftsländern wie Russland, den USA oder Kolumbien ganze Landstriche. Für den Abbau werden zudem vielerorts Menschenrechte außer Kraft gesetzt und Kritiker bedroht oder ermordet. „Wir stellen uns durch zivilen Ungehorsam entschieden gegen diese Formen eines neokolonialen Kapitalismus. Wir stehen ein für Klimagerechtigkeit: besonders die Menschen im globalen Süden und den Abbaugebieten der Steinkohle trifft die Klimakrise unverhältnismäßig hart, obwohl diese am wenigsten beitragen.“ stellt Tara Murr vom Bündnis Ende Gelände klar.

Obwohl der blockierte Kraftwerksblock 9 einer der neuesten in Deutschland ist und nach dem Willen der Regierungskoalition erst 2038 vom Netz gehen, verursacht der Schadstoffausstoß allein dieses Blockes jedes Jahr zahlreiche Erkrankungen und vorzeitige Todesfälle. Aber auch der Ausstoß des Klimagases CO2 im Kraftwerk ist durch den Neubau des Blocks 9, trotz Effizienzgewinne, um 1/3 gestiegen. „Saubere Kohlekraft ist und bleibt deshalb eine schmutzige Lüge“, kommentiert Pressesprecher Philipp Bergmann dazu. Das Kraftwerk liefert nicht nur Strom sondern versorgt auch 120.000 Haushalte im Rhein-Neckar Raum mit Fernwärme. Für die Nutzung der Abwärme erhalten die Kraftwerksbetreiber RWE, EnBW und MVV, zusätzlich zu den Erlösen aus dem Wärmeverkauf jedes Jahr staatliche Subventionen in Form von kostenlosen Emissionszertifikaten, die beinahe den gesamten Jahresgewinn ausmachen. „Wir müssen sofort anfangen die Wärmeversorgung erneuerbar zu organisieren, sonst wird dieses Kraftwerk nie vom Netz gehen und die Klimakrise immer weiter anheizen.“ so Bergmann. „Das Zeitfenster um die lebenserhaltende 1,5 Grad Grenze noch einzuhalten schließt sich dramatisch schnell. Nur mit einem sofortigen Kohleausstieg können wir die Klimakatastrophe noch aufhalten.“

 

Einige der Aktivist*innen besetzten das eingehauste Kohleförderband zum Kessel des Block 9.