Brief an Kretschmann: Aufnahme von besonders gefährdeten Flüchtlingen!
Offener Brief – für ein Landesaufnahmeprogramm für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge
Mannheim, den 20.06.2020
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann, sehr geehrter Herr Innenminister Strobl, sehr geehrte Vorsitzende der Fraktionen im Landtag von Bündnis 90/Die Grünen, CDU und SPD,
das zivilgesellschaftliche Bündnis „Sicherer Hafen Mannheim“, hatte Sie, Herrn Kretschmann, am 30. März 2020 in einem Offenen Brief gebeten, sich für ein Landesaufnahmeprogramm für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge einzusetzen. Ein entsprechender Appell ging auch an die Fraktionen der CDU und SPD.
Florian Hassler, Leiter der Grundsatzabteilung, verwies in seiner Antwort vom 22. April u.a. darauf, dass ein landeseigenes Aufnahmeprogramm für Menschen in den griechischen Flüchtlingslagern nur im Einvernehmen mit dem BMI möglich sei. Dieses lehne jedoch nationale Alleingänge ab, da es eine europäische Lösung erreichen will. Baden-Württemberg seien somit die Hände leider gebunden. Auch Ellen Siegel, parlamentarische Beraterin der CDU-Geschäftsstelle, verweist in ihrer Antwort vom 3. April auf die europäische Lösung.
Mit Verlaub und bei allem Respekt: Sie machen es sich zu einfach! Soweit wir wissen, hat Bundesinnenminister Seehofer einem Landesaufnahmeprogramm die Zustimmung noch nie versagt, sondern bisher lediglich geschwiegen. Sie aber gehen von vornherein von einer Ablehnung des Bundesinnenministeriums aus – ohne überhaupt einen Versuch zu starten. Thüringen und Berlin haben Landesaufnahmeanordnung beschlossen. Folgen Sie diesem Beispiel, denn je mehr Länder aktiv werden, desto schwieriger wird es für das BMI sich gegen Landesaufnahmeprogramme zu stellen!
Darüber hinaus kommen zwei aktuelle Rechtsgutachten (Redeker/Sellner/ Dahs u. Helene Heuser) zu dem Ergebnis, dass die Länder aufgrund ihrer verfassungsrechtlichen Eigenstaatlichkeit einen großen politischen Entscheidungsspielraum für die humanitäre Landesaufnahme haben. Die humanitäre Aufnahme ist somit eine souveräne Entscheidung der Bundesländer.
Wir wünschen uns alle eine europäische Lösung; diese darf aber nicht als “Alibi” für eigene Untätigkeit herhalten. Natürlich muss für eine europäische Lösung gekämpft werden, das hindert aber nicht daran akut bedrohten Menschen SOFORT zu helfen!
Deshalb erwarten wir von Ihnen:
- ein Landesaufnahmeprogramm für mindestens 2.000 besonders schutzbedürftige Geflüchtete zu beschließen. Dabei ist darauf zu achten, dass es sich nicht um Menschen handelt, die bereits einen rechtlichen Anspruch auf Aufnahme haben (z.B. Familienzusammenführung), sondern tatsächlich um zusätzliche Schutzbedürftige.
- Mit Nachdruck die Zustimmung des BMI einzufordern.
- Im Falle einer Ablehnung rechtliche Schritte gegen das BMI zu prüfen.
Mit freundlichen Grüßen
Aktionsbündnis „Wir zahlen nicht für eure Krise!“, Aufstehen gegen Rassismus Rhein-Neckar, DRK – Deutsches Rotes Kreuz Kreisverband Mannheim e.V., DGB– Deutscher Gewerkschaftsbund Kreisverband Rhein-Neckar, West Fridays for Future Mannheim, Gesamtelternbeirat der Stadt Mannheim, IG Metall Mannheim, Jüdische Gemeinde Mannheim, KulturQuer QuerKultur Rhein-Neckar e.V., Mannheim sagt Ja! e.V., peer23 e.V., Save me Mannheim, Seebrücke Mannheim, Stadtjugendring Mannheim e.V., Start with a Friend e.V., ver.di Bezirk Rhein-Neckar, Kontaktperson: Nadja Encke, Save me Mannheim