Leserbrief zu “Veranstaltung mit Nahostexpertin Baumgarten auf dem Marktplatz Mannheim” (Artikel vom 7.10.24)
Die Nahost-Gruppe Mannheim ist samstags regelmäßig am Marktplatz mit einem Info-Stand präsent. Ab und an diskutiere ich dort mit Einzelnen. Das ist teilweise produktiv, auch wenn wir uns in diesen Gesprächen nicht immer einig sind, teilweise werden solche Diskussionen aber auch nicht gern gesehen, und man wird eher weggedrängt – je nachdem, an wen man gerät.
Ich mag ein hoffnungsloser Idealist und Optimist sein, aber ich bin immer noch der festen Überzeugung, dass wir gerade bei diesem völlig verfahrenen Konflikt Israel-Palästina eine offene Diskussion brauchen. Deswegen kann ich überhaupt nicht verstehen, dass nach (angeblicher?) „Interventionen“ aus der Jüdischen Gemeinde, wie es in dem Artikel des Kommunalinfo heißt, die katholische Kirche die zugesagten Räume für die Veranstaltung der Nahost-Gruppe am 30.9. kurzfristig abgesagt hatte.
Leider gab es auch keine Diskussion auf der Veranstaltung im Zelt auf dem Marktplatz am 30.9., wie der Artikel im Kommunalinfo behauptet. Die Veranstalter machten von Anfang an deutlich, dass nur Fragen an die Referentin, Frau Baumgarten, gewünscht seien.
Der Vortrag von Frau Baumgarten bestand zum größten Teil aus detaillierten Aufzählungen von palästinensischen Opfern in Gaza, was sie unter „Völkermord“ subsummierte. Die informierte ZeitgenossIn weiß von dieser Gewalt, die die israelische Armee über Gaza gebracht hat. Von einer Professorin der Politikwissenschaft hätte ich mir mehr Analyse gewünscht. Ihr abschließender “Analyse-Teil” aber kannte nur als Akteur Israel, die USA und Europa bzw. Deutschland, die angeblich vorbehaltlos Israel unterstützten.
Dass dieser Krieg einen Ausgangspunkt am 7.10. vor einem Jahr hatte, dass dieser Krieg zwei Kriegsparteien hat, Israel und die Hamas mit ihren jeweiligen Verbündeten, kam in dieser „politikwissenschaftlichen Analyse“ nicht vor. Kaum zu glauben.
Dass Baumgarten dann auch noch nahelegte, dass man gar nicht wisse, ob die Hamas am 7.10.2023 selbst für die israelischen Toten verantwortlich sei, da israelische Hubschrauber auf alles geschossen hätten, was sich bewegt habe, macht die Opfer des 7.10. zu Tätern.
Ohne ein Ende des Zionismus, eine „koloniale Ideologie“, gebe es keine Lösung für den Nahostkonflikt, so Baumgarten. Ich lass das mal so stehen. Aber was ist mit den religiösen Eiferern und Fanatikern auf der palästinensischen Seite? Zeigen diese den Weg zu Ausgleich und Frieden? Ich wundere mich, wie die im Zelt versammelten Alt-Linken anscheinend dieser Auffassung zuneigen.
Es gibt sie die Menschen auf der israelischen und palästinensischen Seite, die sich gemeinsam für unteilbare Menschenrechte und ein Ende der Gewalt einsetzen. Nur diese Basisinitiativen machen mir Mut, dass meine Enkel, die einen palästinensischen Großvater haben, eine Zeit erleben, in denen Israelis und Palästinenser in Frieden zusammenleben, wie auch immer dann die politische Lösung aussehen wird.
Ulrich Riehm, Mannheim