Aktionswoche „Zwei Jahre Genozid – Für ein freies Palästina“ in Mannheim und Heidelberg

7. bis 11.Oktober in Mannheim und Heidelberg

Am Dienstag, 7.10. erinnerten die Palästina-solidarischen Gruppen auf dem Paradeplatz gemeinsam an die während der letzten zwei Jahre getöteten, verletzten, verstümmelten und verschütteten Menschen in Gaza. Während der Mahnwache legten sie Bilder und Namen einzelner getöteter Personen aus sowie die offiziellen Listen Tausender Getöteter. Die Namen Hunderter getöteter Kinder wurden vorgelesen.

Seit zwei Jahren versuchen die israelische Regierung und die sie unterstützende deutsche Politik sowie die Medien erfolgreich, das Leid der Palästinenserinnen zu überdecken mit der Trauer über die israelischen Getöteten und Gefangenen. Wer die Situation der Palästinenser:innen zum Thema machte, wurde diskreditiert und oft kriminalisiert. Die Stadt Mannheim brach das Grundrecht auf Meinungs- und Informationsfreiheit, indem sie palästinasolidarischen Gruppen keine Räume zur Verfügung stellte. Dem schlossen sich die Kirchen, Gewerkschaften und andere Organisationen an. Der Mannheimer Morgen gab noch am 6.10.25 Israel-Propagandist:innen viel Raum, die ein Nebeneinander des Gedenkens beider Seiten nicht zulassen wollten.

Dass Israel infolge des Überfalls aus Gaza am 7.10.23 zwei Jahre lang einen Genozid an den Palästinenser:innen verübt hat, haben inzwischen internationale Forscher:innen und die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen bekräftigt. Israelische Politiker haben sich eindeutig dazu bekannt.

Am Mittwoch, 8.10. war die Nahostgruppe mit einer Kunstaktion auf dem Paradeplatz präsent. Sie veranschaulichte den Einsatz von Hunger als Waffe und präsentierte Aussagen von Politikern, die den Völkermord propagierten.

 

Am Donnerstag fand eine Kundgebung am Mannheimer Hauptbahnhof statt, am Freitag folgte ein Kundgebung in Heidelberg. Den Abschluss bildeten die Kundgebung und Demonstration in Mannheim am Samstag mit zeitweise 1000 Teilnehmenden. Bei allen Kundgebungen wurde darauf hingewiesen, dass mit dem Waffenstillstand und Gefangenenaustausch Frieden und Selbstbestimmung für die Palästinenser:innen noch längst nicht erreicht sind. Denn der vorgeschlagene Plan bezieht die Palästinenser:innen in keinster Weise ein. Er behandelt sie als Problem und nicht als Volk mit Rechten. Der Plan fordert von der Widerstandsbewegung faktisch Selbstaufgabe, bietet aber keine politische Perspektive. Gaza bliebe nach dem Plan kolonialisiert unter fremder Herrschaft. „Brecht die Blockade, endet die Besatzung, blockiert Israel“ wurde skandiert und „Hoch die internationale Solidarität“.

Die Aktionswoche wurde gemeinsam organisiert und gestaltet von: Free Palestine Mannheim, Nahostgruppe Mannheim, Students for Palestine Heidelberg, Students for Palestine Mannheim und Zaytouna Rhein-Neckar.


Zwei Reden aus der Kundgebung am 11.10. auf dem Marktplatz.

Rede einer jungen Palästinenserin aus Gaza am 11.10. auf dem Marktplatz:

 Zwei Jahre Genozid. Zwei Jahre voller Bomben, Zerstörung, Hunger und Tod.

Tägliche Massaker, tägliches Blutvergießen tägliches Leid, tägliche Trauer. Tag für Tag. Woche für Woche. Monat für Monat. In diesen zwei Jahren haben wir zerfetzte Kinder gesehen, verbrannte Körper, Mütter, die ihre Babys in den Armen halten mussten, während sie starben. Kinder, die im Müll nach Essen gesucht haben, weil es nichts mehr gab. Kinder, die nur noch Haut und Knochen waren. Väter, die stundenlang anstanden, um Brot zu bekommen – und oft mit leeren Händen zurückkehrten oder auf dem Weg erschossen wurden. Menschen, die alles verloren haben – ihr Zuhause, ihre Familie, ihr Leben.

Aber das alles hat nicht erst vor zwei Jahren angefangen. Dieses Leid zieht sich durch Jahrzehnte der Besatzung, Blockade, Vertreibung und Entrechtung. Seit 1948 wurden Menschen enteignet. Seit 2007 leben über zwei Millionen Menschen in Gaza unter einer brutalen Blockade. Israel hat dies verursacht — Bombardierungen, Blockade, Zerstörung, Vertreibung. Gaza ist kein „Konfliktgebiet“. Gaza war ein Freiluftgefängnis und jetzt ist es ein großer Friedhof geworden!

Heute gibt es einen Waffenstillstand. Jede Stunde ohne Bomben ist kostbar. Aber ein Waffenstillstand ist kein Frieden. Er ist keine Lösung. Er ist eine Atempause. Und selbst ohne Bomben bleibt das Leid. Denn Gaza ist heute kaum mehr bewohnbar. Fast alles ist zerstört. Das Schulsystem – ausgelöscht. Das Gesundheitssystem -zusammengebrochen. Krankenhäuser – zerbombt, überfüllt, ohne Medikamente, ohne Geräte. Tausende haben Arme oder Beine verloren – viele von ihnen Kinder. Hunderttausende Kinder sind Waisen geworden. Sie haben ihre Eltern, ihre Geschwister, ihr Zuhause verloren. Und die, die überlebt haben, tragen Wunden, die nie heilen werden – körperlich und seelisch. Die Menschen leben in Zelten unter Plastikplanen umgeben von Trümmern. Sie haben kein sauberes Wasser, keinen Strom, kaum Nahrung. Krankheiten breiten sich aus. Aber trotzdem geben sie nicht auf. Sie atmen. Sie leben. Sie hoffen. Sie halten durch – inmitten der Trümmer, inmitten der Dunkelheit.

Die systematische Zerstörung, der Hunger, die Blockade – all das sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ein Genozid. Und dafür müssen Israel und alle Länder, die diesen Genozid unterstützt haben, zur Rechenschaft gezogen werden. Die USA, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und andere Regierungen – sie alle tragen Mitschuld an den Genozid. Nicht nur durch ihr Schweigen, sondern auch durch ihre moralische, wirtschaftliche und finanzielle Unterstützung des täglichen Leids.

Und diese sogenannten „Friedenspläne“ – wie der von Trump – haben nichts mit Frieden zu tun. Sie sind nichts weiter als Instrumente von Macht, Kontrolle und Eigennutz. Wenn es wirklich um Frieden ginge, würde man endlich das Richtige tun: die Besatzung beenden, die Blockade aufheben und den Palästinensern zurückgeben, was ihnen genommen wurde – ihr Land, ihre Rechte und ihre Würde. Denn wir wollen nicht nur Frieden – wir fordern Gerechtigkeit. Wir fordern eine Zukunft, in der Palästina frei, selbstbestimmt und in Würde leben kann. Eine Zukunft, in der Kinder ohne Angst aufwachsen und Familien in Sicherheit leben. Diese Zukunft entsteht nicht von allein – sie braucht unsere Solidarität.
Deswegen bleibt unsere Verantwortung weiterhin:

* Wir bleiben laut.

* Wir bleiben aktiv.

* Wir boykottieren weiter — während des Waffenstillstands und danach.

* Wir demonstrieren und gehen weiter auf die Straße — immer wieder, immer zahlreicher.

* Wir fordern internationale Untersuchungen, Sanktionen gegen Täter und Strafverfolgung.

Wir müssen die Politik zwingen zu handeln. Wir müssen Petitionen starten, Politiker*innen zur Verantwortung ziehen, Druck machen vor Konsulatstüren, bei Gewerkschaften und in unseren Städten. Wir müssen sichtbar, unbequem und beständig sein.

Und wir dürfen eines niemals vergessen: Nur weil es gerade einen Waffenstillstand gibt, haben wir nicht das Recht zu feiern. Nur die Menschen in Gaza haben das. Wir haben nicht das Recht aufzuhören! Nach zwei Jahren Genozid brauchen sie endlich eine Pause, sie brauchen Luft zum Atmen. Aber wir hier – wir haben keine Pause verdient. Wir haben eine Verantwortung. Wir müssen weitermachen, laut, standhaft und entschlossen –bis Palästina frei ist.


Zur deutschen Komplizenschaft mit Israel –

Auszug aus der Rede der Nahostgruppe Mannheim

 Warum ist Deutschland zum Komplizen Israels bei diesem Völkermord geworden? Das hat nichts mit der Verantwortung Deutschland für das Judentum und nichts mit dem Holocaust zu tun. Es geht dabei nicht um den Schutz jüdischer Menschen, nicht um Lehren aus der Vergangenheit. Israel wird darin unterstützt, zur Großmacht in der Region zu werden. Der Nahe Osten, oder geografisch korrekt West-Asien, ist für die westlichen Industriestaaten an einer strategischen Schnittstelle zu Russland und China. Israel dient ihnen als Vorposten. Diese Rolle Israels hat einer der Gründerväter des Zionismus Theodor Herzl vor 130 Jahren in kolonialrassistischer Sprache angeboten. Er schrieb: „Wir werden der Vorposten der Kultur gegen die Barbarei sein“.

Mit deutscher Unterstützung wurde Israel militärisch hochgerüstet. Deutsche Firmen liefern Waffen, Munition und alle Arten militärischer Ausrüstung an Israel. Es geht also um Profit. Israel ist zum Partner Deutschlands im Rüstungsgeschäft geworden. Aktuell liefert Israel an die Bundeswehr ein Lenkkörper-System für über vier Mrd. Euro. Das ist das größte Waffenexport-Geschäft in der Geschichte Israels.

Bereits vor der Gründung des Staates Israel hat Deutschland die zionistische Terrorgruppe Hagana ausgerüstet. Deutsche Waffenlieferungen an Israel wuchsen konstant. Deutsche Panzer waren 1967 beim israelischen Angriffskrieg kriegsentscheidend bei der Bodenoffensive im Sinai. Deutschland ist heute mit 30 % der zweitgrößte Lieferant von Waffen an Israel.

Hier nur einige Beispiele der in den letzten Jahren gelieferten Waffen und Kooperationen: ThyssenKrupp hat zwischen 2016 und 2021 vier Kriegsschiffe für die israelische Marine gebaut – diese Raketenkorvetten wurden zum ersten Mal beim Angriff auf Gaza genutzt. Rheinmetall liefert Panzerkanonen und Panzerhaubitzen und die Munition dazu, die im Gaza eingesetzt wird. Rhein-Metall arbeitet auch mit einem israelischen Unternehmen zusammen, um ferngesteuerte Präzisionsmunition zu entwickeln und herzustellen. Das Augsburger Unternehmen Renk liefert Schalt-, Wende- und Lenkgetriebe für den israelischen Merkava-Kampfpanzer. Das Unternehmen MTU in Friedrichshafen stellt Motoren für israelische Kriegsschiffe und Panzer her. Der Rüstungs- und Sensorik Hersteller Hensoldt ist ein wichtiger Liefer- und Handelspartner des israelischen Militärs. Es gibt verschiedene Kooperationen zwischen Hensoldt und der ‚Israel Aerospace Industries‘ sowie dem israelischen Staatsunternehmen Rafael Advanced. Die industrielle Zusammenarbeit ist vielfältig: Selbst scheinbar nur zivil nutzbare Produkte werden in Israels Vernichtungskrieg genutzt. Ein Klimaanlagen-Hersteller aus Nordhessen liefert Druckregler, die in israelischen Raketen gefunden wurden. Die deutsche und europäische Rüstungsindustrie ist auf verschiedenen Technologiefeldern von einer Zusammenarbeit mit Israel abhängig, z.B. auf dem Feld der Künstlichen Intelligenz. So stammte die Software für ein kürzlich bei der Bundeswehr erprobtes KI-gestütztes System zur Koordination von Drohnenschwärmen und Infanteristen vom israelischen Unternehmen Rafael. Die Trainingsdaten für die Entwicklung dieser KI könnten aus Gaza und der Westbank stammen.

Die umfangreiche Einbindung der israelischen (Rüstungs-)Industrie ist durch europäische Interessen begründet und macht Israel zu einem wichtigen Waffenlieferanten für die Bundeswehr. Für die Länder der EU ist Israel ein großer Markt. Neue Militärprodukte kommen hier schnell zum Einsatz. Danach können sie vom Hersteller als „gefechtserprobt“ vermarktet werden.

Der dt. Innenminister Dobrindt kündigte an, die Cyber- und Sicherheitskooperation mit Israel ausbauen zu wollen. Ziel sei es, von “der Innovationskraft Israels” zu profitieren. Dobrindt sprach von einem “Gesamt-Verteidigungsansatz”, den die BRD von „Israel übernehmen solle, d. h. militärische Verteidigung und zivile Verteidigung kombinieren.” Das soll begleitet werden von einer Ausweitung der Zusammenarbeit der deutschen und israelischen Geheimdienste und Sicherheitsbehörden. Dazu gibt es Forschungsprojekte im zivil-militärischen Bereich. Die Universität Heidelberg arbeitet in drei laufenden und einem abgeschlossenen Projekt mit acht israelischen Partnern und Unternehmen zusammen, die Israel bewaffnen oder finanziell unterstützen. Beteiligt an militärisch ziviler Forschung sind auch die Universtäten in München und Karlsruhe. Israelische Rüstungsunternehmen profitieren hierbei direkt von der EU-Forschungsförderung.

Völkermord ist ein einträgliches Geschäft. Seit Oktober 2023, während Israel palästinensisches Leben vernichtete und die Landschaften verwüstete, stiegen die Börsenwerte in Tel Aviv um 213 Prozent. Für einige ist Völkermord profitabel.

Dagegen fordern wir:

  • Sofortiger Stopp der militärischen Kooperation und aller Lieferung von Waffen oder kriegstauglichen Produkten an Israel
  • Wirtschafts-Sanktionen und Aussetzen aller Handelsabkommen mit Israel
  • Die Bunderegierung muss ihre Verpflichtung aus der Völkermord Konvention erfüllen und alles unternehmen, um den Völkermord im Gaza wirklich zu beenden und die Vertreibung der Palästinenser:innen in der Westbank zu stoppen und rückgängig zu machen. Das ist zwingendes Völkerrecht.