„Das Eigenkapital der Stadt Mannheim ist gemehrt.“
Mannheimer Gemeinderat verabschiedet gegen die Stimmen der Linken ein achtes „strategisches Ziel“
ttr – Der ehrgeizige Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, Dr. Peter Kurz, möchte aus der Mannheimer Verwaltung die modernste Verwaltung Deutschlands machen. Dazu hat er seit 2008, also ein Jahr nach seiner Wahl zum OB, einen sehr umfangreichen „change“-Prozess in die Wege geleitet, den er jetzt, zu Ende seiner ersten Amtszeit, als Großaktion im Wesentlichen für beendet erklärt. Es ist hier nicht der Raum, eine Bewertung des Erreichten vorzunehmen. Der Blick richtet sich auf ein wesentliches Element des Veränderungsprozesses, die Steuerung durch „strategische Ziele“, denen die gesamte Tätigkeit der Verwaltung unterworfen werden soll: Ziele, die mit Zahlen hinterlegt sind, und deren Erreichung oder Verfehlung die Wirksamkeit der Verwaltungstätigkeit und natürlich der politischen Entscheidungen überprüfbar machen soll. Sie sollen auch Grundlage der Haushaltsplanung sein.
Sieben strategische Ziele wurden entwickelt. Sie sollen an (angeblich) besonderen Eigenschaften Mannheims ansetzen und diese entwickeln:
- Mannheim bietet mit einer ökologisch und sozial ausgewogenen Urbanität die Vorzüge einer Metropole auf engem Raum ohne die dabei sonst verbundenen negativen Eigenschaften von Großstädten.
- Mannheim etabliert sich als Stadt der Talente und der Bildung und gewinnt mehr Menschen für sich.
- Mannheim gewinnt überdurchschnittlich Unternehmen sowie Gründerinnen und Gründer, die zur Innovationskraft in Mannheim beitragen, und unterstützt die Unternehmen in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung.
- Mannheim ist Vorbild für das Zusammenleben in Metropolen.
- Mannheim ist Vorbild für Bildungsgerechtigkeit in Deutschland.
- Mannheim ist in der Spitzengruppe der besonders stadtkulturell und kreativwirtschaftlich geprägten und wahrgenommenen Städte.
- Mannheims Einwohnerinnen und Einwohner sind überdurchschnittlich bürgerschaftlich engagiert und werden von der Stadt in besonderem Maße unterstützt.
Ein Jahr lang hat nun der Lenkungsausschuss aus Verwaltung und den Fraktionen (DIE LINKE hat keinen Fraktionsstatus) den strategischen Zielen sog. „Top-Kennzahlen“ samt entsprechenden Stichworte zugeordnet, die die verschiedenen Aspekte der Ziele aufdröseln und und ein „Monitoring“ ermöglichen sollen. Die Zahlen beziehen sich auf die Jahre 2011 bis 2013. Ferner hat der Lenkungsausschuss ein achtes Ziel angehängt, wovon weiter unten zu reden sein wird.
Steuern mit Zielen und Zahlen
Zur Verdeutlichung, wie das System funktionieren soll, seien beispielhaft einige Top-Kennzahlen des ersten strategischen Ziels genannt werden, die sich mit „ökologisch“ und „sozial“ befassen:
03: CO2-Emissionen senken. – CO₂-Emissionen sind ein Indikator für die Erreichung der kommunalen Klimaschutzziele und dafür, wie gut es gelungen ist, den Energieverbrauch bei Wärme, Strom und Verkehr in allen Sektoren (Privat, Gewerbe, Industrie) zu senken sowie die Energieeffizienz und den Anteil erneuerbarer Energien zu steigern. Sie dienen damit dem Ziel der ökologisch ausgewogenen Urbanität in Mannheim.
05: Mindestsicherungsquote: Abhängigkeit von Mindestsicherungs-leistungen verringern. – Die Systeme der sozialen Mindestsicherung umfassen die Hilfen des Staates, die vorwiegend materielle Sicherheit und Unterstützung bieten sollen, um finanzielle Notlagen zu vermeiden und zu lindern. Ihr Umfang zeigt, wie viele Menschen kein oder kein ausreichendes Einkommen zur grundlegenden Existenzsicherung durch eigene Einkommen erzielen können. Dies ist somit ein Maß dafür, wie viele Personen ohne diese Unterstützungsleistungen von Armut betroffen wären.
Die zugehörigen Top-Kennzahlen sind zweifellos ein Spiegel, was auf den jeweiligen Feldern erreicht oder eben versäumt wird. Sie bieten einen Fortschritt an Transparenz.
Neues (CDU)-Ziel: „Das Eigenkapital der Stadt Mannheim ist gemehrt”
Während für alle bisherigen Ziele galt: „Wesentlicher Aspekt der Strategischen Steuerung in Mannheim ist die Wirkungsorientierung, das heißt die Orientierung an erwünschten Zuständen in der Mannheimer Stadtgesellschaft“, nennt das achte Ziel einen abstrakten rein wirtschaftlichen Zustand, als ginge es in der Kommunalpolitik um die Vermehrung des eingesetzten Kapitals. Dies Ziel ist die verquere Darstellung eines von der CDU immer wieder energisch geforderten Ziels: „Senkung des Schuldenstandes“. Der OB kam dem entgegen, versuchte aber offensichtlich, die gleichzeitig geforderten Steuersenkungen durch den Parameter „Eigenkapital“ abzubiegen. DIE LINKE sprach sich vehement gegen dieses aus dem Rahmen fallende “Ziel“ aus. Nachdem der Gemeinderat vor Jahren das Verbot der Netto-Neuverschuldung in die Hauptsatzung aufgenommen hatte, wird dies nun auch noch als „strategisches Ziel“ fixiert. Es ist vollkommen irreal. Die hehren strategischen Ziele erfordern massive Investitionen in Bildung, Wohnraum, Erhaltung der Infrastruktur etc. Der Trick besteht darin, den Kernhaushalt unter das Verschuldungsverdikt zu stellen. Die städtischen Gesellschaften, die für Wohnen, für die Jahrhundertaufgabe Konversion, für die Schulsanierungen zuständig sind, und auch die Eigenbetriebe, nehmen selbstverständlich immer weitere Kredite auf, sie wären sonst handlungsunfähig.
Nun meint der OB erst einmal Ruhe vor der CDU zu haben. Aber es wird keine Ruhe an dieser neoliberalen Ecke geben. Erst recht nicht an der vollkommenen Ausblendung der Einnahmensituation in den Kommunalsteuern.