ALFA / LKR interessiert sich für die TheaterbesucherInnen – wozu?
Ich denke es ist mal an der Zeit den Menschen in der Mannheimer Verwaltung ein Lob auszusprechen.
Die Aufgabe der Verwaltung ist ja, unter Anderem, die Anfragen der Parteien im Gemeinderat zu beantworten. Bei dem, was da ab und zu so auf den Tisch kommt, fragt man sich schon manchmal, ob die Anfragen wirklich ernst gemeint sind. Manchmal zeigen sie auch wes Geistes Kind so manche Antragssteller sind.
Anfrage A345/2016 (zur Sitzung des Gemeinderats am 20.12.2016):
“Struktur der Besucher des Nationaltheaters”
In Kürze sollen erhebliche Summen (unsere Schätzung zwischen 80 und 100 Mio. Euro) in die Gebäudesanierung des Nationaltheaters investiert werden. Obwohl in den letzten Jahren die besucherzahlen im Rahmen vertretbarer Schwankungen erfreulich waren, und im Vergleich mit den meisten anderen deutschen Theatern das Verhältnis von Aufwand und Erträgen gut, hören wir viele skeptische Stimmen zur möglichen künftigen Entwicklung. Dabei ist unter allen Bestimmungsgrößen die soziodemografische Entwicklung diejenige, die sich am zuverlässigsten hochrechnen lässt.”
Sie fragten daher die Verwaltung:
“1. Welche Erkenntnisse gibt es über die Altersstruktur der Abonnenten und der übrigen Besucher?”
Antwort der Verwaltung:
Es gibt keine Erkenntnisse, da weder Geburtsdatum noch Alter beim Kauf von Eintrittskarten erhoben werden. Das Theater sieht sich dem Datenschutzbedürfnis seiner Besucherinnen und Besucher verpflichtet und verzichtet daher bewusst auf die Abfrage solcher Informationen. Sie wären für programmatische, vertriebliche oder kommunikationspolitische Entscheidungen auch von geringem Wert.
- Gibt es Zahlen, die die genannte Beobachtung stützen, dass das Theaterpublikum in den letzten Jahrzehnten im Schnitt stetig älter geworden sei?
Antwort der Verwaltung:
Diese Diskussion ist so alt wie das Theater selbst. Fakt ist, dass jedes Theaterangebot u.a. ein Freizeitangebot ist, das auch von älteren Bürgerinnen und Bürgern angenommen wird. Das Nationaltheater Mannheim bietet…..”
Die Fragen der ALFA scheinen im ersten Moment recht harmlos zu sein. Doch zeigen sie einige interessante Punkte auf:
- Datenschutz: Die Verwaltung ernsthaft danach zu fragen, ob das Alter der Besucher/innen erhoben wird, zeugt eher davon, dass man bei der ALFA nicht gerade viel von Datenschutz hält. Wie würden deren Mitglieder wohl reagieren, wenn sie bei jedem Artikel (u.a. Konzert-, Kino- und Theaterkarten) den sie erwerben, nach ihrem Alter (und am besten Lebenslauf gefragt werden)? Sie wären wohl mit die Ersten die auf den Datenschutz pochen würden.
- Kulturförderung: Kultur wird und muss gefördert werden, was auch für das Nationaltheater gilt. Doch scheinbar geht es der ALFA hier mehr, um den ökonomischen Aspekt. Und das sogar, obwohl sie selbst eingestehen, dass das Nationaltheater recht gut dasteht. Dass es hier um das “Thema Geld vor Kultur” geht ist recht leicht ersichtlich, obwohl die ALFA den Grund für die Anfrage nicht direkt, sondern lediglich “viele skeptische Stimmen zur möglichen künftigen Entwicklung” nennt. Wenig “patriotisch”, wie sich die ALFA hier verhält, meine ich zumindest.
- Altersstruktur: Die ALFA scheint es als Problem anzusehen, wenn der Altersdurchschnitt der Theaterbesucher/innen steigt. Wieso? Das ist nicht ersichtlich. Weshalb sie überhaupt davon ausgeht, dass der Altersdurchschnitt steigt? Auch hier keine Angabe. Doch spielt das überhaupt eine Rolle? Sind ältere Menschen nicht so “gute” Theaterbesucher/innen wie jüngere? Nein. Das wäre ja Altersrassismus. Letztendlich lässt die ALFA diesen Punkt offen.
- Migration: Natürlich darf das Thema “Zuwanderer” nicht fehlen (Frage 5.). Warum soll es dazu Daten geben und warum sollten sie erhoben werden? Auch hier ein mangelndes Datenschutzverständnis? Was anderes will ich hier nun gar nicht unterstellen. Obwohl hier die Behauptung “deren Anteil nicht nur an der Gesamtbevölkerung…stetig zunimmt” aufgestellt wird. Zuerst geht es der ALFA nur um Jung und Alt und auf einmal noch um “den Zuwanderer”. Was die ALFA unter “Zuwanderer” versteht, verrät sie natürlich nicht. Das alte Spiel: “der Deutsche” und “der Ausländer”? Wer weiß?
Letztendlich ist die gesamte Anfrage der ALFA unnötig und auch ein Trauerspiel. Eine der Aufgaben des Staates, der Länder und Kommunen ist es Kultur zu fördern und für Kulturangebote zu sorgen, die von der Bevölkerung wahrgenommen werden können. Dass dies Geld kostet liegt in der Natur der Sache. Dass auch ein gewisses Verhältnis zwischen Kosten und Kulturangebot eingehalten werden muss auch (Stichwort: Elbphilharmonie)? Auch klar! Wieso dann eine Anfrage bezüglich Kosten, Alter, Migrationsanteil gestellt wird, obwohl es doch keine Probleme mit dem Nationaltheater zu geben scheint, ist eher unverständlich. Zumal solche Anfragen Ressourcen binden und Geld kosten, da die gestellten Fragen schließlich beantwortet werden müssen. Daher kann ich der ALFA empfehlen, dass sie mit dem Sparen anfängt und sich solche müßigen Anfragen
einfach mal spart. 😉
Aber so gewissenhaft, wie die Verwaltung nun mal ist, hat sie die Fragen der ALFA höflich und sogar mit gewissem Witz beantwortet. Dafür muss man wirklich mal ein Lob aussprechen. Top! Weiter so
Sven Metzmaier, BBR Neckarstadt West DIE LINKE