Der soziale Wohnungsbau in der Bundesrepublik Deutschland seit 1945 – eine Chronologie
Wohnungspolitik in Verbindung mit Begriffen wie „Versorgung“ und „staatlichen Maßnahmen“ ist ein Politikfeld, das vom Staat bearbeitet wird. Wohnungspolitik seit der Weimarer Republik ist eine „Wohnungsfrage“ – analog zur „sozialen Frage“, dem zentralen Bestandteil der Sozialpolitik.
2. Weltkrieg und die Folgen
Durch die Zerstörung von Industrieanlagen, Infrastruktur und Wohnraum aufgrund der Luftangriffe im 2. Weltkrieg wurden neun Millionen Menschen obdachlos und mussten in ländlichen Raum umgesiedelt werden. Dazu kamen 12 Millionen Vertriebene aus den einstigen deutschen Ostgebieten in Polen. Damit suchten 21 Millionen Menschen eine neue Wohnung. Laut dem Zensus existierten in den Westzonen Deutschlands (beherrscht von den Engländern, Franzosen und Amerikanern) 13,7 Millionen Haushalte, aber nur 8,2 Millionen Wohnungseinheiten. Die Differenz waren also 5,5 Millionen fehlende Wohnungen.
„Wohnungszwangsbewirtschaftung“ und Sozialer Wohnungsbau
Die Alliierten beschlossen 1946 ein Wohnungsbauprogramm, dem sich 1949 nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland die Bundesregierung anschloss. Es wurde dann 1950 von der Bundesregierung ein Wohnungsbaugesetz eingeführt. Dieses sah vor, in den nächsten 10 Jahren 3, 3 Millionen Wohnungen sozial zu fördern. Dazu kamen nochmals 2,7 Millionen Wohnungen, die von Privaten gebaut wurden. In diesem Zusammenhang ist auch die 1949 verabschiedete „Wohnungszwangsbewirtschaftung“, zu sehen. In dieser war geregelt, dass Bestandswohnungen nicht gekündigt werden durften, die Mieten ein staatlich festgelegtes Mietniveau nicht übersteigen konnten und Private, so sie über freien Wohnraum verfügten, diesen an Wohnungssuchende vermieten mussten. Mit all diesen Maßnahmen war Ende der 50-iger Jahre die große Wohnungsnot zunächst behoben und die Bundesregierung investierte in den sozialen Wohnungsbau immer weniger. Ende der 60-iger Jahre waren es noch 200.000 geförderte Sozialwohnungen jährlich, Ende der 70-er Jahre noch knapp 110.00, Ende der 80-er Jahre noch 50.000 geförderte Sozialwohnungen.
Mit der Wiedervereinigung 1990 sind dann nochmals die Zahlen bis 1995 auf dann 150.000 geförderte Sozialwohnungen gestiegen, um bis 2001 ganz aufgegeben zu werden.
Im Jahre 2006 hatte man noch eine Zahl von 35.000 geförderten Wohnungen, wobei die meisten Wohnungen im Bestand waren.
Wohnungsmarkt pur und Eigenheime
Im gleichen Maße, wie sich der Staat aus dem sozialen Wohnungsbau zurückzog, wurde die Vergabe von Wohnungen komplett dem Wohnungsmarkt überlassen. Wohnungen sind eine Handelsware geworden. Der Meistbietende bekommt den Zuschlag für die angebotene Mietfläche. Angebot und Nachfrage regeln den Preis.
Mit dem Rückzug des Staates wurden nicht automatisch mehr Wohnungen gebaut, obgleich in den Boomjahren der 60-iger Jahre auch Arbeitskräfte aus dem Ausland kamen („Gastarbeiter“) und jede Menge Kinder geboren wurden. Die Bauindustrie setzte vielmehr darauf, dass die mittlerweile „gutverdienenden Arbeiter_innen“ sich ein eigenes zu Hause schaffen wollten.
Der Staat hatte Förderprogramme für Eigenheimbesitzer aufgelegt. Einerseits wurden zinsverbilligte Darlehen angeboten, andererseits wurden Extraparagrafen im Bundesbaugesetz aufgeführt. Steuerliche Abschreibungen auf Eigenheime waren genauso vorgesehen wie ein Baukindergeld, das den Eigentumserwerb schmackhaft machen sollte.
Als Anfang der 90-er Jahre der soziale Wohnungsbau quasi eingestellt wurde, gab man gleichzeitig für die Eigenheimförderung Milliarden an D-Mark für – relativ wenige – Eigenheimbesitzer aus. Waren es im Jahre 1993 noch knapp 9 Milliarden DM Förderung, waren es 1996 bereits 12,8 Milliarden DM. Im Jahre 1996 wurde die Eigenheimförderung dann auf ein Zulagensystem umgestellt. Beide Fördermöglichkeiten liefen noch parallel bis 2004. Die Eigenheimförderung lief bis 2006 und wurde erst dann abgeschafft. Die Quote von Eigenheim-/Eigentumswohnungsbesitzenden zu Mieter_innen beträgt bundesweit 45 Prozent. Die Mehrheit der Bevölkerung hat nach wie vor keinen Eigentumsbesitz.
Wohngeld
Das einzige Mittel, das auch dem Mieter/der Mieterin nutzt, ist das Wohngeld. Dieses Wohngeld soll dafür sorgen, dass Mieter_innen einen Zuschuss bekommen, sollte zu viel Miete im Verhältnis zum Einkommen gezahlt werden. Die letzte Wohngelderhöhung ist im Jahre 2016 vorgenommen worden.
Das Mietrecht, geregelt im BGB, soll bei Streitigkeiten zwischen Mieter und Vermieter helfen, Recht zu finden.
Heute im Jahre 2016 ist es so, dass viel mehr Menschen nach einer bezahlbaren Wohnung suchen als angeboten werden. Das hat nicht nur damit zu tun, dass in den letzten Jahren mehr Menschen nach Deutschland kamen als auswandern wollten, sondern auch damit, dass immer mehr Menschen in Arbeitsverhältnissen arbeiten, die ihnen ein Auskommen mit dem Lohn nicht mehr ermöglichen. Das sind dann so Arbeitsverhältnisse wie Leiharbeit, Werkverträge, Minijobs, Teilzeitbeschäftigung. Das normale Vollzeitarbeitsverhältnis mit einem guten Einkommen stirbt aus.
Ein soziales Wohnungsbauprogramm ist heutzutage ebenso wichtig, wie es nach dem 2. Weltkrieg notwendig und richtig war.