Spar- und Bauverein Mannheim auf Abwegen? Nach Modernisierungsmaßnahmen Mietpreissteigerungen bis zu 40 % und mehr…
Die Unruhe unter den Mietern der Mietshäuser des Spar- und Bauvereins in den Häusern in der Lenaustraße, Verschaffeltstraße und Uhlandstraße ist groß. Im Juli letzten Jahres wurden die 48 Mietparteien von den verantwortlichen Personen des Spar- und Bauvereins Mannheim (kurz: Spar+Bau) darüber informiert, dass umfangreiche Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen in ihren Häusern durchgeführt werden sollen. Die insgesamt vier Blocks in der Neckarstadt-Ost wurden im Jahr 1962 gebaut und sind zu einem Carré zusammengeschlossen. Nach der Information im Juli 2016 gingen die meisten Mieter davon aus, dass die Mietererhöhungen einigermaßen moderat ausfallen würden.
Inzwischen wurden die Mieter in einem Schreiben von Bau+Spar vom 6. März diesen Jahres eines Besseren belehrt. Wenn die Baumaßnahmen vorraussichtlich im Juli 2017 abgeschlossen sind, soll eine allgemeine Mieterhöhung von 2.50 € / qm vorgenommen werden. Die Mieter wurden über die Baumaßnahmen im Einzelnen, die schon Anfang März begonnen haben, informiert. Es sollen neue Fenster und Rollläden eingebaut werden, die Haustüren und die Briefkastenanlage sollen erneuert, die Fassaden mit einer Wärmedämmung versehen werden, die vorhanden Balkone sollen durch neue ersetzt und eine Modernisierung des Kabelnetzes durchgeführt werden.
Die Gesamtkosten belaufen sich nach diesem Schreiben auf fast 1,3 Mio. €.
Bei der Maßnahme handelt es sich nach Darstellung von Spar+Bau um eine Modernisierung nach § 554 BGB, deren Kosten jährlich zu 11% auf die Mieter umgewälzt werden kann, so dass diese nach neun Jahren vollumfänglich von den Mietern bezahlt ist.
Geteilt durch die qm-Fläche der Häuser kommt Spar+Bau auf eine gesetzlich möglich Mieterhöhung von 4,44 € /qm. Die tatsächlich geplante Mieterhöhung beträgt aber weniger, nämlich 2,50 € / qm. So kommt Spar+Bau zu der Schlussfolgerung: „Bitte beachten Sie, dass hiermit die Erhöhung deutlich unter den gesetzlichen Vorgaben liegt und somit unsere Genossenschaft einen Hauptteil der Kosten übernimmt.“
Kostenzuordnung zweifelhaft
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass nach dieser Rechnung trotz einer Teilübernahme der Kosten durch die Genossenschaft immer noch die Mieter die Hauptlast tragen. Aber auch die übrigen Aussagen sollte man anzweifeln und bedürfen einer Überprüfung. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der sogenannten Modernisierungsmaßnahmen sind möglicherweise als Instandhaltungsinvestitionen zu werten. Und hier wird es interessant: Denn Instandhaltungsinvestitionen fallen im Gegensatz zu Modernisierungsmaßnahmen nicht unter den ominösen § 554 BGB und hat allein der Vermieter zu tragen. Aber genau an diesem Punkt versucht Spar+Bau offensichtlich vorzubeugen. Die neuen Systembalkone in Ständerbauweise z.B., mit 33% die größte der Einzelinvestitionen, sind nach Ansicht von Spar+Bau eine Modernisierung, da sich eine „bessere Nutzfläche“ ergebe und sich die Wohnfläche „teilweise“ erhöhe. Es spricht aber einiges dafür, diese Investition als Instandhaltung zu bewerten.
Unter dieser Betrachtung ist es zweifelhaft, dass die Erhöhung von 2,50 € auch unter rechtlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt ist. Es ist davon auszugehen, dass der Mieterverein diesen Punkt aufgreifen und überprüfen wird.
Extreme Mieterhöhungen: Politisch und sozial fragwürdig
Aber auch unter sozialen und politischen Gesichtspunkten ist die Mieterhöhung von 2,50 € pro Quadratmeter auf die Kaltmiete nicht zu rechtfertigen. Bei einer 80qm-Wohnung bedeutet das eine monatliche Mieterhöhung von 200 €. Bei langjährigen Mietern, bei denen der Quadratmeterpreis bisher 6 € und darunter beträgt, macht eine solche Erhöhung über 40% aus. Mieter, die 2015 oder 2016 eingezogen sind, bezahlen jetzt schon eine Kaltmiete von 7€ und mehr und damit deutlich über dem Mietspiegel. Die geplante Erhöhung würde in diesen Fällen die Kaltmiete in Richtung 10 € bringen. Wie man es dreht oder wendet: Das kann nicht akzeptiert werden, da es für die meisten Mieter eine unzumutbare Härte darstellt, und für Einige ein Auszug zur Folge haben wird.
Hiermit würde Spar+Bau einen unheilvollen Beitrag zur weiteren Gentrifizierung der Neckarstadt-Ost beitragen.
Korrektur wird angefordert
Spar+Bau sollte die angekündigte Erhöhung, die in dieser Form entschieden zu hoch ist, korrigieren. Hierfür sollten sich auch die lokalen politischen Kräfte stark machen.
Spar+Bau verhält sich wie ein renditeorientiertes Unternehmen. Stattdessen sollte sich eine Genossenschaft dem Gemeinwohl verplichtet sehen. Gerade Mieter, die in vielen Jahren durch monatliche Mietzahlungen dazu beigetragen haben, das nicht unbeträchtliche Eigenkapital zu mehren, müssen entlastet werden.
Roland Schuster
Bezirksbeirat Neckarstadt-West und Arbeitskreis Wohnpolitik der LINKEN Mannheim
Hintergrundartikel: Wer ist der Spar- und Bauverein Mannheim?