Der Haushalt der Stadt Mannheim – eine Einschätzung von LI.PAR.Tie.
Haushalt 2022 beschlossen – Ein Überblick über den Einjahreshaushalt
Nach noch nicht einmal sechs Stunden Beratung im Gemeinderat – inklusive Mittagessen und einer regulären Tagesordnung – konnte der Haushalt für das Jahr 2022 beschlossen werden. Vermutlich Rekordzeit für einen Haushalt mit einem Gesamtvolumen von rund 1,4 Milliarden Euro. Der Haushalt 2022 ist aber nicht nur hinsichtlich des schnellen Beschlusses eine Besonderheit. Die vergangenen beiden Jahre waren geprägt von der Corona-Pandemie, die auch gravierende finanzielle Auswirkungen auf den städtischen Haushalt hatte. Aufgrund der mangelnden Planungssicherheit und möglicher weiterer finanzieller Risiken schlug die Verwaltung vor, dieses Jahr anstatt des üblichen Doppelhaushalts nur einen Einjahreshaushalt zu beschließen, der im Wesentlichen eine Fortschreibung des Doppelhaushalts 2020/2021 ohne nennenswerte Erhöhung der Ausgaben oder zusätzlicher Projekte darstellen sollte. Auch wenn Oberbürgermeister (OB) Peter Kurz und Erster Bürgermeister (EBM) Christian Specht vermutlich am liebsten gar keine Haushaltsanträge angenommen hätten, konnten die Gemeinderatsfraktionen dennoch einiges durchsetzen. Am 14. Dezember 2021 erhielt der Haushaltsplan 2022 dann eine große Mehrheit im Gemeinderat, auch durch Zustimmung der LI.PAR.Tie.-Fraktion.
Haushaltsplanentwurf 2022
Anfang Oktober wurde der Haushaltsplanentwurf für 2022 in den Gemeinderat eingebracht. Grundlage hierfür war die Steuerschätzung vom Mai 2021, die im Herbst sogar noch etwas positiver ausfiel. OB Kurz betonte, dass die bisherigen Ausgaben allesamt fortgeführt werden, dass aber eine Abweichung vom bisherigen Verfahren notwendig ist. In den Jahren 2020 und 2021 hatte die Stadt gravierende Einnahmeeinbrüche, die durch die Unterstützungszahlungen von Land oder Bund aber kaum spürbar negative Auswirkungen auf den Haushaltsplan hatten. Allerdings, so Kurz, ist unklar, mit welchen Ausgleichszahlungen die Stadt 2022 unter der neuen Bundesregierung rechnen könne. Daraufhin zählte er die zahlreichen Investitionen und bereits beschlossene Projekte mit finanziellem Mehraufwand auf: Die Schulsozialarbeit wird jährlich um sechs Stellen erweitert (ein großer Erfolg für DIE LINKE), der Jugendtreff Kaisergarten wird realisiert, das Herzogenriedbad wird zum Kombibad ausgebaut (wofür bisher ein Verkehrskonzept fehlt – doch dazu zu gegebener Zeit mehr), Bürgerdienste werden digitaler, die Generalsanierung des Nationaltheaters beginnt, weitere Kultureinrichtungen wie das MARCHIVUM werden besser finanziert, viele Projekte in der Stadtplanung werden vorangetrieben und eine aktive Wohnungspolitik wird weiterverfolgt – u.a. durch den Erwerb von Häusern und Grundstücken (was bisher noch zu dürftig erfolgt ist).
Dabei wies OB Kurz kritisch auf den sehr umfangreichen Doppelhaushalt 2020/2021 hin, der durch die grün-rot-rote Gemeinderatsmehrheit derart ausgeweitet worden ist. Viele der beschlossenen Investitionen und Projekte konnten bisher, u.a. wegen Personalmangels und natürlich wegen Corona, noch nicht umgesetzt werden. Daher sei eine weitere Ausweitung des Programms in den nächsten Jahren nicht möglich.
„Ein Jahr Luftholen notwendig“ – für die schwarze Null
EBM Specht unterstrich in seinem Vortrag noch einmal das, was OB Kurz zuvor knapp dargestellt hatte: Die Einnahmen sind eingebrochen, v.a. bei der Gewerbesteuer, und die corona-bedingten Mehraufwendungen (z.B. Hygienekonzepte, Kinderbetreuug) lagen deutlich über den corona-bedigten Minderaufwendugen. Auch städtische Eigenbetriebe mussten und müssen weiterhin mit großen Summen unterstützt werden, z.B. das Uniklinikum, der Stadtraumservice oder die MKB durch entfallende Fahrgeldeinnahmen bei der RNV. Wegen der großen Unsicherheit bei der Finanzplanung, so Specht, ist „ein Jahr Luftholen notwendig“. 2022 soll bei den Investitionen mit 254 Millionen Euro ein absoluter Höhepunkt erreichen, weshalb sich die Liquidität der Stadt Mannheim mittelfristig ab 2023 ins Negative entwickeln wird. 2020 betrug sie noch 221,6 Millionen Euro, 2022 wird sie auf 48,2 Millionen Euro sinken. Ab 2023 rechnet die Stadt allerdings auch mit einem kontinuierlich sinkenden Investitionsvolumen. Das mag die mittelfristige Finanzplanung zwar den derzeit realistischen Mittelabfluss abbilden, doch angesichts notwendiger weiterer Zukunftsinvestitionen wären sinkende Investitionsausgaben keine angemessene Antwort auf die weiteren notwendigen Zukunftsinvestitionen. Nicht alles wird sich in städtische Unternehmen wie die GBG, MV/RNV oder sMArt City ausgliedern lassen.
Bei den ordentlichen Erträgen zeichnet sich kein allzu erfreuliches Bild ab: Erst 2024 soll das Niveau von 2019 wieder erreicht werden und die Zuwächse sollen dauerhaft unter dem Vor-Corona-Niveau bleiben. Gewerbesteuer und Gemeindeanteile an Einkommenssteuer und Umsatzsteuer sollen nach den Einbrüchen wieder in der bisherigen Rate ansteigen. Die Aufwendungen sollen nur sehr moderat ansteigen, bei Personalkosten (dank Tarifabschlüsse und mehr Personalstellen) sowie der Sozialaufwand werden hingegen stärker ansteigen. Die bilanziellen Schulden werden leicht sinken oder zumindest stagnieren.
Insgesamt scheint die Stadt mit einem blauen Auge davonzukommen, doch angesichts der wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten Monate (Ressourcenknappheit, steigende Inflation) und der kommenden Wochen (Einschränkungen in Einzelhandel, Gastronomie und Kultur) könnten diese Zahlen nächstes Jahr wieder ganz anders aussehen. Das nächste Jahr wird zeigen, ob die überfällige Abkehr von der schwarzen Null in Betracht gezogen werden muss.
Was im Haushalt 2022 fehlt
Zwischen den Gemeinderatsfraktionen gab es den Konsens, keine allzu großen Ausweitungen im Haushalt 2022 vorzunehmen. Das war ein Entgegenkommen an die Verwaltung, die am liebsten gar keine Anträge mit finanziellen Mehraufwendungen gesehen hätte. Da der Haushalt 2022 im Wesentlichen eine Fortschreibung des bisherigen Doppelhaushalts ist, in dem viele Ideen und Forderungen von Grünen, SPD und LI.PAR.Tie. eingeflossen sind, war dies auch akzeptabel. Dennoch gibt es zahlreiche Lücken und weitere Kritikpunkte, die in der LI.PAR.Tie.-Haushaltsrede teilweise aufgegriffen worden sind.
Das wohl gravierendste Problem ist das, was der neue Sozialatlas aufgezeigt hat: Nämlich, dass die Armut in Mannheim gewachsen und vielfältiger geworden ist. Die soziale Ungleichheit zwischen den Stadtteilen ist größer anstatt kleiner geworden. Diese Missstände zu bekämpfen, sollte wesentliche Grundlage der künftigen Kommunalpolitik und des Verwaltungshandelns sein. Wichtiger Baustein hierfür ist die Wohnungspolitik: Die Aktivitäten der GBG und der Stadt reichen nicht aus, um preiswerten Wohnraum in ausreichender Menge zu sichern oder neu zu schaffen. Die GBG finanziert sich mehr oder weniger aus eigener Kraft, der Bodenfonds speist sich momentan aus dem Verkauf anderer städtischer Grundstücke. Für den Erwerb von Gebäuden und Grundstücken sowie für den Bau dauerhaft preisgünstiger Wohnungen braucht es aber kommunale Mittel, die bisher nicht ausreichend im Haushalt berücksichtigt sind: Beides muss als Investition gesehen werden und muss künftig mit einer angemessenen Summe abgebildet werden. Ein weiteres Thema, das eine Schnittstelle zwischen Armutsbekämpfung und Klimaschutz ist, ist der Öffentliche Nahverkehr. Es ist erfreulich, dass die Mittel für das Sozialticket (bis zu 20 vergünstigte Einzelfahrscheine pro Person im Monat – auch ein Erfolg der LI.PAR.Tie.) 2022 sogar aufgestockt werden. Doch das reicht nicht aus: Die ÖPNV-Finanzierung muss gerade jetzt durch Corona und die wachsenden Anforderungen auf neue Beine gestellt werden. Transferleistungsempfänger:innen sollen damit uneingeschränkt mobil sein können. Im Bereich Soziales und Gesundheit fehlt es ebenfalls an Maßnahmen, um soziale Teilhabe und Unterstützungsleistungen, z.B. Seniorentreffs, sowie eine gute medizinische Versorgung auch in sozial benachteiligten Stadtteilen zu sichern. Bei der digitalen und barrierefreien Ausstattung der Schulen besteht ebenfalls großer Nachholbedarf. Klima-, Natur- und Tierschutz müssen stärker als bisher als kommunale Aufgabe gesehen werden. Bei den freien Trägern, die teilweise grundlegende Aufgaben übernehmen, muss eine auskömmliche Finanzierung ihrer Tätigkeiten gewährleistet werden. Eine Dynamisierung oder Institutionalisierung findet oftmals nicht statt, ebenso wie im Kulturbereich.
Haushaltsanträge der LI.PAR.Tie.-Fraktion
Der Schwerpunkt der Haushaltsanträge der LI.PAR.Tie.-Fraktion lag bei Unterstützungsleistungen im sozialen und gesundheitlichen Bereich, die bspw. durch die Corona-Pandemie Mehrausgaben oder Mindererträge hatten oder bei denen generell ein begründeter Bedarf bestand. Viele Institutionen haben aber die Aussage des OB, dass es im Haushalt 2022 keine Ausweitungen geben soll, sehr ernst genommen und sich daher mit Forderungen und Wünschen an die Gemeinderatsfraktionen zurückgehalten. Einige andere, die bescheidene Anträge gestellt haben und die die Fraktion LI.PAR.Tie. unterstützt hätte, wurden von den Antragstellern noch vor den Haushaltsberatungen wieder zurückgezogen. Daher ist die Zahl und auch das Volumen der Anträge insgesamt überschaubar:
- Erhöhung Aufwandsentschädigung für die Freiwillige Feuerwehr: Die jährliche Aufwandsentschädigung pro Kopf sollte um 30 € von 120 auf 150 € erhöht werden. Alle anderen Fraktionen haben hierzu ebenfalls einen Antrag gestellt. Abstimmungsergebnis: Einstimmig angenommen.
- Schwimmfix ausweiten: Um den corona-bedingten Ausfall an Schwimmunterricht auszugleichen, sollte das Schwimmprogramm Schwimmfix ausgeweitet werden. LI.PAR.Tie. hat den Antrag der SPD mit einem eigenen Antrag unterstützt. Abstimmung: Mit großer Mehrheit angenommen.
- Förderung der Nachsorge von Aussteigerinnen durch Amalie: Die fachliche Begleitung von Aussteigerinnen aus der Prostitution sollte erhöht werden. Abstimmung: Mit großer Mehrheit angenommen.
- Schiffspatenschaft für die Seenotrettung: Die Arbeit des Vereins um das Seenotrettungsschiff SEA EYE 4 sollte finanziell unterstützt werden. Gleichlautender Antrag von Grünen und SPD. Abstimmungsergebnis: Mehrheitlich angenommen.
- Stellenausweitung Fraueninformationszentrum: Hier sollten zwei halbe Stellen zur Frauenberatung gefördert werden. Weitere Anträge anderer Fraktionen. Abstimmungsergebnis: Abgelehnt, Mehrheit hat Antrag für zwei 25%-Stellen bekommen.
- Verbesserung Antidiskriminierungsarbeit: Das Antidiskriminierungsbüro sollte personell gestärkt und zu einer Fachstelle für Diskriminierungsschutz ausgeweitet werden. Die Fraktion LI.PAR.Tie. hat hierfür eine Vollzeitstelle (60.000 €) gefordert. Abstimmungsergebnis: Abgelehnt, Mehrheit hat niedrigerer SPD-Antrag (50.000 €) erhalten.
- Sozialverträgliche Erhöhung der Bewohnerparkgebühren: Wie auch in anderen deutschen Städten sollte das Bewohnerparken ab 2022 gestaffelt teurer werden, mit einem sozialen Abschlag sowie einem SUV-Aufschlag. Gleichlautender Antrag der Grünen. Abstimmungsergebnis: Abgelehnt, Verwaltung nimmt Anliegen aber auf.
- Queerer Jugendtreff für Mannheim: Die Mittel zur Einrichtung eines queeren Jugendtreff sollten bereitgestellt werden. Weitere Anträge hierzu von Grünen, SPD und CDU. Abstimmungsergebnis: Mit großer Mehrheit angenommen.
- Höhere Förderung für „Das andere SchulZimmer“: Da immer mehr Jugendliche hier ihren Bildungsabschluss nachholen, sollte ab 2022 die Förderung deutlich erhöht werden. Weitere niedrigere Anträge von anderen Fraktionen. Abstimmungsergebnis: Abgelehnt, Mehrheit für niedrigeren ML-Antrag.
- Einmalige Förderung der Musikalischen Akademie: Durch Corona hat die traditionsreiche Musikalische Akademie einen hohen Verlust, der ausgeglichen werden sollte. Entsprechende Anträge von weiteren Fraktionen. Abstimmungsergebnis: Mit großer Mehrheit angenommen.
- Gesundheitsfachkraft für den Sozialraum V: Um dem Defizit an gesundheitlicher Versorgung von Säuglingen und (werdenden) Müttern in sozial benachteiligten Stadtteilen entgegenzuwirken, sollte eine Vollzeitstelle für eine Familienhebamme geschaffen werden, die die Mütter entsprechend begleitet. Weiterhin soll ein Bedarfsplan für eine weitere Ausweitung erstellt werden. Abstimmungsergebnis: Mit großer Mehrheit angenommen.
- Dynamisierung von Personalkosten bei PLUS (mehrere Einzelanträge): Hier sollte die bisher ausgebliebene Dynamisierung erfolgen, um die Beratungen im bisherigen Umfang weiterhin anbieten zu können. Abstimmungsergebnis: Abgelehnt.
- Personalkostenanpassung bei KOSI.MA: Hinsichtlich der Qualifizierung der Beschäftigten sollten die Löhne angepasst werden, um die Fachkräfte halten zu können. Abstimmungsergebnis: Abgelehnt.
- Unterstützung der Jugendverbandsarbeit des Stadtjugendrings: Um die Jugendarbeit, die unter Corona gelitten hat, soll eine befristete Vollzeitkraft die notwendigen Bedarfe bei den Vereinen ermitteln. Weitere (niedrigere) Anträge anderer Fraktionen. Abstimmungsergebnis: Mit großer Mehrheit angenommen.
- Nachjustierung Parkgebühren: Die Gebühren für das Straßenrandparken sollte zeitlich ausgeweitet und in der Höhe vereinheitlicht werden. Gleichlautender Antrag der Grünen. Abstimmungsergebnis: Abgelehnt, Verwaltung nimmt Anliegen aber auf.
- Defizitausgleich Pro Familia: Das durch Corona bedingte Defizit wegen nicht erfolgter Beratungsleistungen sollte ausgeglichen werden. Abstimmungsergebnis: Mit großer Mehrheit angenommen.
- Klimaschutzmaßnahmen unterstützen – Klimawende sozial gestalten: Der Zuschuss an die Klimaschutzagentur sollte 2022 einmalig um 100.000 € erhöht werden. Zudem sollte die bisherige Förderung evaluiert und die Förderprogramme hinsichtlich Wirksamkeit und sozialen Kriterien überarbeitet werden. Hierzu weitergehender Antrag der Grünen ohne Forderung nach Überarbeitung. Abstimmungsergebnis: Mit großer Mehrheit angenommen.
- Umsetzung des Jugendbeirat-Konzepts: Eine Vollzeitstelle sollte die Umsetzung dieses Konzepts in die Wege leiten. Ähnliche Anträge anderer Fraktionen: Abstimmungsergebnis: Abgelehnt, Verwaltung nimmt Anliegen aber auf.
Besonders bemerkenswert ist, dass abseits der grün-rot-roten Mehrheit auch eine ungewöhnliche Allianz aus Grüne/CDU/LI.PAR.Tie./ML für eine Mehrheit sorgte.
Die anderen Fraktionen und diskutierte Themen
Im Großen und Ganzen verlief die Haushaltsdebatte sehr harmonisch, wie auch die interfraktionellen Gespräche im Vorfeld. Ein paar große Aufregerthemen gab es natürlich doch.
Für heftige Debatten sorgten die unterschiedlichen Anträge von ML und CDU zur Prüfung und Umsetzung eines Sport- und Messeparks im Bösfeld. Dabei sollen vor allem die Sportanlagen aus der Oststadt in das Bösfeld verlegt werden inklusive neuem Fußballstadion. Bei Planung und Bau der SAP-Arena gab es zwar solche Pläne und die vorhandene Infrastruktur wäre für so etwas geeignet. Allerdings sind die umweltschutzrechtlichen Auflagen mittlerweile strenger geworden, sodass sich ein solches Großprojekt auf unbebautem Gelände kaum mehr realisieren lässt.
Die CDU forderte, wie auch in ihrer Haushaltsrede, dass der Neubau der Stadtbibliothek auf N2 wegen des Denkmalschutzstatus des Stadthauses gestrichen werden soll. Die Bibliothek solle stattdessen in N1 umgesetzt werden. Dieser Antrag erntete abseits der CDU jedoch nur Kopfschütteln.
Mit diversen Anträgen zur Streichung von Ausgaben blieb die FDP-/MfM-Fraktion ihrer Linie treu. Besonders hervorzuheben ist ihr Antrag, dass sämtliche weitere städtischen Ausgaben für die Sanierung der Multihalle eingestellt werden sollen. Den Bodenfonds sowie den weiteren Aufkauf von Immobilien und Grundstücken durch die Stadt hätte sie auch gerne auf Eis gelegt: „Investitionen in Infrastruktur und Daseinsvorsorge statt Bodenfonds ansparen“. Aber ist die Bereitstellung von preiswertem Wohnraum nicht auch Daseinsvorsorge?
Letztendlich wurde der Haushaltsplan 2022 mit großer Mehrheit im Gemeinderat angenommen. Nur FDP/MfM und AfD stimmten dagegen.
Die bedeutendsten Ergebnisse für 2022 und wie es weitergehen muss
Wohl am meisten Aufsehen hat der Beschluss für den queeren Jugendtreff erregt, der mit jährlich etwa 170.000 € zu Buche schlagen wird. Denn nur dank einer sehr aktiven Community konnte hierfür eine Mehrheit im Gemeinderat gewonnen werden – nicht nur die SPD beantragte dieses Projekt, sogar auch die CDU. Allerdings nur bei der LI.PAR.Tie. wurde dieses Projekt sogar in der Haushaltsrede erwähnt. Ebenfalls ein großer Brocken ist die bessere Finanzierung zur Schaffung eines naturnahen und klimaangepassten Stadtwaldes, mit dem sich die Grünen durchsetzen konnten: 200.000 € jährlich sollen in die angemessene Pflege des Waldes fließen. Die Klimaschutzagentur muss ihre Förderprogramme überarbeiten, sodass sie einerseits einen noch größeren Beitrag zur CO2-Einsparung erzeugen und andererseits auch Menschen in Mietwohnungen oder mit geringerem Einkommen profitieren können, was ein wichtiges Anliegen der LI.PAR.Tie. war – Grüne, SPD und CDU haben dies mitgetragen. Auch viele kulturelle Einrichtungen werden unterstützt, auch wenn es hierzu noch mehr Anträge gab. Mit der Schaffung einer Vollzeitstelle für eine Familienhebamme beim Gesundheitsamt ist der erste kleine Schritt hin zu einer besseren kommunalen Gesundheitsversorgung in den Stadtteilen getan – hier muss aber natürlich noch viel mehr passieren.
Aber nicht nur im Gesundheitsbereich wird mehr passieren müssen. Dort oder auch in der bereits erwähnten Wohnungspolitik, Armutsbekämpfung, Bildungsbereich, Mobilität oder Klimaschutz wird es im nächsten Doppelhaushalt 2023/2024 deutlich mehr Anträge und neue Projekte geben müssen als jetzt. Auch das Uniklinikum birgt große finanzielle Risiken für die Stadt, sofern es keine entsprechenden Ausgleichszahlungen vom Land erhält.
2022 war ein Überbrückungshaushalt. Die Überbrückung darf aber kein Dauerzustand werden. Denn die drängenden Themen dieser Welt und dieser Stadt sind wegen Corona nicht weniger dramatisch geworden – im Gegenteil.
Dennis Ulas, Fraktionsvorsitzender LI.PAR.Tie. / Mitglied bei DIE LINKE