Mietergemeinschaft der Stamitzstraße in der Neckarstadt-Ost kämpft für eine Übernahme im Rahmen des Mietshäusersyndikats
Im KIM 8/2022 berichteten wir, wie sich die Mieterinnen und Mieter der Stamitzstraße 7 gegen einen Verkauf ihres Hauses wehren und eine Übernahme durch das Mietshäusersyndikat anstreben. Die Bewohner haben sich inzwischen als Bewohnerverein Stamitz7 e.V. konstituiert. Inzwischen wurde bekannt, dass das Haus an das Immobilienunternehmen XY verkauft wurde (Anmerkung der Redaktion: Auf Wunsch von Stamitz7 haben wir das Immobilienunternehmen, dessen Name bekannt, ist als XY bezeichnet. Mit einer namentlichen Nennung wären die ohnehin schwierigen Verkaufsverhandlungen möglicherweise belastet werden Ebenso werden die Stadtvertreter namentlich nicht benannt).
Der Bewohnerverein ist nun in ernsthafte Verhandlungen eingetreten. Knackpunkt ist natürlich der Verkaufspreis. Das Immobilienunternehmen bzw, der jetzige Eigentümer, will über 2,5 Mio. € erlösen und hätte somit innerhalb eines halben Jahres ohne eigenes Zutun einen Gewinn von einer halben Million gemacht. Er selbst hat nämlich das Haus erst vor einem halben Jahr für 2,5 Mio.€ erworben. Der Bewohnerverein hat sich trotzdem auf die Kaufverhandlungen eingelassen, da die Stadt Mannheim sich bereit erklärt hat, den Grund und Boden zu kaufen und in Erbpacht an den Bewohnerverein weiter zu geben. Der bisher von der Stadt genannte Erbpachtzins von 4% ist allerdings noch zu hoch und müsste gesenkt werden. Die größte Hürde ist allerdings das Immobilienunternehmen XY, das möglichweise parallel mit weiteren Interessenten verhandelt.
Sollten die Verkaufsverhandlungen erfolgreich sein, so wäre das Ergebnis nicht nur für die Mannheimer Wohnungslandschaft etwas Besonderes. In Zusammenarbeit mit der Stadt Mannheim und dem Mietshäusersyndikat wäre ein Mietswohnhaus aus dem Bestand dem Immobilienmarkt entzogen und für die Bewohner gerettet worden. Eine Blaupause, wie kommunale Wohnungspolitik konkret aussehen kann!
(scr)
Im folgenden Text dokumentieren wir den Brief des Bewohnervereins vom 14. September 2022
Brief des Bewohnervereins Stamitz7 e.V. an Mannheimer Gemeinderäte
wir möchten Sie vom derzeitigen Stand unserer Bemühungen um den Erhalt unseres bezahlbaren Wohnraums in der Mannheimer Neckarstadt in Kenntnis setzen:
Mittlerweile ist unsere Vereinsgründung vollzogen und der Verein ist ins Vereinsregister eingetragen.
Am 06.09.22 hatten wir einen Termin im technischen Rathaus in Mannheim… (Außer verschiedenen Vertretern der Stadtverwaltung waren bei dem Treffen Vertreter des Immobilienunternehmens XY, Sprecher des Hausvereins Stamitz7 sowie Günter Bergmann (Mitglied Mietshäuser Syndikat) anwesend, die Red.).
Die Stadt Mannheim hat sich bereit erklärt den Grund- und Boden zum Bodenrichtwert in Höhe von ca. 450.000,00 EUR zu erwerben und dem Verein gegen Erbpachtzins 4 % zu überlassen.
XY GmbH hat sich bereit erklärt, das Anwesen in der Stamitzstr. 7 für 2.550.000,00 EUR an unseren Verein Stamitz7 e.V. zu verkaufen.
Nach Rücksprache mit den anderen Vereinsmitgliedern und nach Aufstellung eines Finanzplans sind wir zu der Erkenntnis gelangt, dass wir das Haus eventuell übernehmen könnten. Unseren Finanzplan haben wir mit einem Kaufpreis von 2.500.000,00 EUR (50.000,00 weniger als das Angebot) angenommen. Unter Berücksichtigung, dass die Stadt den Grund- und Boden mit 450.000,00 EUR übernimmt, wir mind. 727.000,00 EUR Direktkredite einwerben und die Darlehen von den Banken mit 2 % Zinsen zur Verfügung gestellt werden. Hier können Sie sich sehr gerne als Privatpersonen einbringen, indem Sie Geld in unser Projekt anlegen. Unser Finanzplan sieht vor, Direktkredite mit 1% zu verzinsen. Vorstellbar wäre auch, dass Mietkautionen bei unserem Projekt angelegt werden.
Weiterhin haben wir uns um Anerkennung als Gemeinschaftliches Wohnprojekt bemüht. Wenn wir Kredite mit 2 % Zinsen bekommen, und auch die Erbbauzinsen nur 2 % oder weniger betragen würden, könnten wir die Wohnungen mit Mieten unter 8,13 EUR, d. h. bezahlbaren Wohnraum auch mit Wohnberechtigungsschein, erhalten. Im Neubaubereich spricht die SPD Mannheim über 1,5 % Erbbauzinsen. Die Höhe der Zinsen ist eklatant für unseren Finanzplan.
Wir sind bereit alle Mühen und die Verantwortung für die Selbstverwaltung unseres Mietshauses auf uns zu nehmen. Aber wir brauchen jede mögliche Hilfe.
Vielleicht können Sie als gewählte Volksvertreter unser Vorhaben noch unterstützen. Nur so kann künftig bezahlbarer Wohnraum erhalten bleiben. Vielleicht könnte der Anteil am Grund- und Boden erhöht und die Erbbauzinsen verringert werden.
Zu erwähnen ist, dass der Immobilienhändler in nur 180 Tagen Besitzzeit 500.000,00 EUR auf den von ihm selbst angegebenen Kaufpreis aufgeschlagen hat. Leider ist er nach eigenen Angaben nicht bereit uns noch mehr entgegenzukommen.
Es muss ein Unterschied gemacht werden, ob an einen Investor oder an gemeinwohlorientierte Projekte verpachtet wird. Angesichts des steigenden Wohnungsmangels vor allem an bezahlbaren Wohnraum und der zunehmenden Gentrifizierung in der Neckarstadt wird einmal mehr deutlich: diese kollektive Übernahmemöglichkeit bietet ein hohes Potenzial für die Neckarstadt und Mannheim. Vor einiger Zeit hatte auch der Oberbürgermeister Herr Peter Kurz angesichts des Krieges auf die Verschärfung der Wohnungslage hingewiesen. Die wichtige Modellwirkung dieser zusätzlichen Übernahme muss also besonders betont werden.
Wir sind sehr dankbar, dass die Stadt Mannheim bereit ist den Grund- und Boden zu erwerben. Weiterhin möchten wir uns ganz herzlich für die bisherige Unterstützung bedanken. Es wäre aber außerordentlich wichtig zu prüfen, wie Sie uns darüber hinaus unterstützen können.
Es stellt sich auch die Frage, warum nur neuer Wohnraum gefördert wird und keine Bestandswohnungen? Wäre es nicht generell günstiger für die Kommunen, das bereits Bestehende zu erhalten und zu pflegen? Anstatt Neues zu planen? In der Neckarstadt gibt es ganz viele bereits bestehende Grünflächen, Freiflächen oder auch Institutionen welche nicht gepflegt bzw. instand gehalten werden. Auch so viele Häuser. Dies verkommt alles. Dafür gibt es keine Zuschüsse. Zumindest ist mir nichts bekannt. Unser Haus muss auch instand gesetzt werden. Aber mit dem hohen Aufpreis, welcher auf jeden Fall zu vermeiden gewesen wäre, wenn man uns von Anfang an in die Verkaufsverhandlungen mit aufgenommen hätte, können wir das erst mal nicht machen. Bei uns wird sich die Miete erhöhen, ohne dass irgendetwas investiert wurde. Welche Zuschüsse gibt es für klimagerechte Instandsetzungen für Bestandsgebäude? Was sind die Voraussetzungen und wo beantragt man diese? Wenn man sich o. g. Preissteigerung ansieht, dann ist es durchaus alle Mühe wert, dieses Objekt, also unser Haus zu übernehmen und selbst zu verwalten. Dies wäre ein weiteres Zeichen gegen die Gentrifizierung.
Die jetzige Eigentümerin (…) hat uns bei diesem Termin auch in Kenntnis gesetzt, dass es bereits einen weiteren Interessenten gäbe. Dieser wiederum habe vor, das Haus in Eigentumswohnungen aufzuteilen. Diesbezüglich hätte ich eine Frage: Gem. § 250 BauGB braucht es eine Genehmigung ein Mietshaus in Eigentum aufzuteilen. Bzw. können Gemeinden oder Kommunen ein Aufteilungsverbot aussprechen. Wird die Stadt Mannheim ein solches Aufteilungsverbot erteilen?
Vielen herzlichen Dank für Ihr Interesse und Ihre Unterstützung.
Stamitz7 e.V.