Ludwigshafen: Sozialticket Knall auf Fall abgeschafft. Bei den Armen kann man am schnellsten sparen.
Am letzten Tag des Dezembers (wenn keine Arme mehr Geld übrighat, um noch schnell die ihr zustehenden Tickets zu kaufen), mit einer kurzen Notiz in der Tageszeitung (die sich kein Armer leisten kann) wurde mitgeteilt, dass es ab 1.1.23 kein Sozialticket mehr geben wird.
Die Stadt Ludwigshafen soll 30 Mio.€ einsparen, mit dieser Aktion wurden ruck zuck etwa 178 Tsd. € eingespart!
Das Sozialticket in Lu wurde Anfang 2016 eingerichtet, genau abgezählt, mit zunächst 5 Fahrkarten pro Erwachsenen im Monat für 7,50 €, 2019 wurde es verbessert mit 10 Fahrkarten pro Monat für 15 €, ab Juni 2019 dann 15 Fahrkarten pro Monat für 15 €, also jetzt pro Fahrt 1 €. Das war ein guter sozialer Preis. Eins von den wenigen guten Sozialen Dingen in LU.
Berechtigt waren: Bezieher von Hartz IV, Grundsicherung und Asylbewerberleistung. Sie mussten mit dem entsprechenden aktuellen Bescheid bei der Mobilitätszentrale der RNV am Berlinerplatz vorsprechen und dort bezahlen. Es wurde genau Buch geführt.
Zuletzt hatten laut Zeitungsnotiz 1100 Ludwigshafener das Sozialticket genutzt. Das sind nicht viele. Es gibt schon allein 1300 Bezieher von Asylbewerberleistung, Hartz IV Bezieher und Grundsicherungsbezieher werden viel mehr sein.
Das Sozialticket wurde nie aktiv beworben, der Flyer der RNV war kleingedruckt und furchtbar kompliziert zu lesen. Die Sozialämter, Jobcenter und Sozialverbände haben nie aktiv Werbung zur Nutzung des Sozialtickets gemacht. Das Sozialticket zu besorgen war auch etwas umständlich (gehalten).
Jetzt ist es Knall auf Fall aus. Die Tickets kosten jetzt für alle 3 €, hin und zurück 6 €. Bürgergeld ist jetzt 502 €, Asylbewerberleistung ist jetzt 410 € im Monat. Im Harzt IV-Satz sind vorgesehen für „Verkehr“ 45,02 €, d.h. 7-mal im Monat in die Stadt und zurück, wenn man sonst keine Reisen machen möchte oder muss. Für Asylbewerberleistung gibt es m.W. keine solche Aufteilung, alles nur etwa 20% weniger, also 36 €, d.h. 6-mal in die Stadt und zurück.
Monatskarten sind sehr teuer: 86,40 €. Das Kind in den entfernt liegenden Kindergarten bringen mit 2x hin und zurück am Tag: wie soll das gehen?
Die Sozialdezernentin Frau Steeg bedauert den aktuellen Verkaufsstopp. Aber hier zu sparen ist offensichtlich die Stelle, an der man mit am wenigsten Widerstand rechnen muss. Auch wenn der Sparbetrag nicht hoch ist und die Maßnahme besonders schwer für die Betroffenen ist.
Günstige Tickets hätten etwas helfen können, mit der starken Teuerung der Lebensmittel zurechtzukommen und trotzdem ein wenig mobil zu sein und am öffentlichen Leben teilzunehmen.
(Das „öffentliche Leben“ findet in der Innenstadt statt: Leute sehen, Läden gucken, hin und wieder als Mensch unter Menschen einen günstigen Kaffee trinken. Theater und Kino sind sowieso nicht drin im Monatsbudget).
ms