Gelungene Filmpremiere in Mannheim: „Verhängnisvolle Fehleinschätzung – Die Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933“
Gelungene Filmpremiere des Dokumentarfils im Mannheimer Marchivum
Am 8. Mai fand die Filmpremiere von „Verhängnisvolle Fehleinschätzung – Die Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933“ im Mannheimer Marchivum statt. Der große Saal des Marchivums war mit ca. 170 Besuchern bis auf den letzten Platz besetzt.
Der Geschäftsführer des DGB Nordbaden, Lars Treusch, wies in seiner Begrüßungsrede auf die Bedeutung des Films hin. Man habe sich für die Filmpremiere ganz bewusst nicht den 2. Mai sondern den 8. Mai als Datum ausgesucht. Der 8. Mai 1945 habe der NS-Schreckensherrschaft ein Ende gesetzt und sei ein Tag der Befreiung. Mit der Forderung nach Etablierung des 8.Mai als gesetzlichen Feiertag erhielt Treusch viel Beifall.
Treusch dankte insbesondere dem Ersteller des Films, Chris Hölzing, für seine Arbeit. Herausgekommen ist ein Produkt, das nicht nur in seiner inhaltlichen Darstellung, sondern auch in der technischen Ausführung ein gutes professionelles Niveau hat. Bisher gibt es eine solche filmische Aufarbeitung gewerkschaftlicher Geschichte nicht.
Über die Interviews im Film werden viele geschichtliche Details bekannt. So wird die „verhängnisvolle Fehleinschätzung“, dass der braune Spuk bald vorbei ist, greifbar. Der Heidelberger Historiker Frank Engehausen stellte die Bedeutung des 2. Mai in der Etablierung der nationalsozialistischen Herrschaft heraus. Am 1. Mai haben sich die Nazis mit der erfolgreichen Durchführung des „nationalen Tags der Arbeit“ quasi vergewissert, dass von den Gewerkschaften kein entscheidender Widerstand mehr zu erwarten ist. Am 2. Mai haben sie dann durch die Stürmung der Gewerkschaftshäuser und durch die Beschlagnahmung der Vermögen mit der Zerschlagung der Gewerkschaften begonnen. Die Spaltung der Arbeiterbewegung in SPD und KPD tat ihr Übriges, um den gewerkschaftlichen Widerstand zu lähmen.
Eine der noch lebenden wenigen Zeitzeugen, Karla Spagerer, war selbst im Saal und sagte beeindruckende Worte.
Am Schluss des Films wird der Bogen von Gestern nach Heute gespannt. Es wird über größere antifaschistische Demonstration in Pforzheim berichtet, die sich gegen eine Kundgebung richtet, bei der die Zerstörung der Stadt Pforzheim am 23. Februar 1945 zum Anlass genommen wird, um nationalistische und faschistisches Propaganda zu betreiben. Die Botschaft ist klar. Die faschistische Bedrohung soll nicht noch mal unterschätzt werden.
Letztlich kann man nur feststellen. Ein spannender und sehr gut gelungener Film. Der Film ist geeignet für die Weiterverwendung in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit und die schulische Bildung.
Die Veranstaltung wurde künstlerisch begleitet von Bernd Köhler (Gesang und Gitarre), Joachim Romeis (Geige) und Bettina Franke (Text-Rezitationen). Der künstlerische Vortag beeindruckte und überzeugte durch das Können und die Einfühlsamkeit der Akteure. Die Zusammenstellung der vorgetragenen Lieder und Texte hat sehr gut gepasst.
(Text: Roland Schuster – Bilder: Helmut Roos)
Über den Film:
Im Mai 2023 veröffentlicht VP68 einen Dokumentarfilm zur Geschichte des (A)DGB in Nordbaden. Der Film soll sich den historischen Ereignissen des 2. Mai 1933 mit Blick auf die Städte Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe und Pforzheim nähern. Wir gehen der Frage nach, warum die Gewerkschaften den Nazis so wenig Widerstand entgegen setzten.
Die Filmpremiere findet am 8. Mai 2023 im MARCHIVUM in Mannheim sowie in Karlsruhe statt. Alle Infos zum Film:
Am 2. Mai 1933 stürmten die Nazis reichsweit die Gewerkschaftshäuser, verhafteten Funktionäre und beschlagnahmten die Vermögen. Das Datum markierte den Beginn der systematischen Zerschlagung der oppositionellen Arbeiterbewegung durch das nationalsozialistische Terrorregime. Der 2. Mai wurde zum Schicksalstag der Gewerkschaften.
Noch am Tag zuvor, am 1. Mai 1933, inszenierten die Nazis mit tausenden Arbeiter*innen den „Tag der nationalen Arbeit“. Wie kam es dazu, dass die Gewerkschaften den Nazis kaum Widerstand entgegen setzten? Warum gelang es dem NS-Regime so schnell, die Arbeiterbewegung unter Kontrolle zu bringen, obwohl sie doch als bestens organisiert und kampfbereit galt?
Sara Tot und Yannick Häussler von der ver.di Jugend gehen in diesem Dokumentarfilm von Chris Hölzing auf Spurensuche und sprechen in den nordbadischen Städten Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe und Pforzheim mit Historiker*innen, Gewerkschafter*innen über verhängnisvolle Fehleinschätzungen und was Gewerkschaften daraus lernen können.
Zum 80. Jahrestag – vor 10 Jahren -gab es eine Ausstellung des DGB Nordbaden mit 12 Tafeln zum Thema. Diese Ausstellung stellt das Gerüst des Dokumentarfilms dar, der wiederum durch die filmische Inszenierung eine neue Perspektive auf das Thema ermöglichen soll.
Interviews mit Historiker*innen, lokalen Expert*innen, Kenner*innen der Gewerkschaften und Zeitzeug*innen stellen das inhaltliche Fundament des Projekts dar. Durch Stadtgeschichte soll den Menschen aus der Region, die in diesen Städten leben, lernen und arbeiten, ein Zugang zu den historischen Ereignissen ermöglicht werden, die bald ein ganzes Jahrhundert her sein werden.
Der aktuelle Blick auf die Herausforderungen der Gegenwart, auf lokale Initiativen und Veranstaltungen zu den Themen Geschichte, Gedenken, Neofaschismus, und Geschichtsrevisionismus runden den Film mit einer gewerkschaftlichen Perspektive auf die Zukunft ab.
Verhängnisvolle Fehleinschätzung – Die Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933
Dokumentarfilm 2023 – Dauer: 82 Minuten – Sprache: Deutsch
Produktion: VP68, gefördert von DGB Nordbaden
Interviews: Sara Tot und Yannick Häussler
Kamera & Regie: Chris Hölzing
Weitere Filmvorstellungen:
- Mai 2023 – Heidelberg, Volkshochschule – Infos: VVN-BdA Heidelberg
- Mai 2023 – Mannheim, Cinema Quadrat, 19.00 Uhr – Tickets: cinema-quadrat.de
- In Planung: Filmvorstellung in Pforzheim