BOMBARDIER FAHRPLAN ZU(G)KUNFT
ECHTE WEGE AUS DER KRISE
Bombardier ist in einer schwierigen Situation. Der Konzern hat sich in den letzten Jahren in eine wirtschaftliche Schieflage hinein manövriert. Dies trifft die Flugzeug- wie die Schienenfahrzeugsparte.
Als eine Maßnahme, um die insgesamt angespannte Kostensituation zu überwinden und beide Sparten wieder wettbewerbsfähig zu machen, kündigte die Konzernspitze im Februar 2016 einen weltweiten Ab-bau von rund 7.000 Stellen an – knapp die Hälfte da-von im Bereich Transportation. Vom Abbau sind unsere Standorte in Deutschland besonders hart betroffen: 1430 Stellen sollen hier abgebaut werden.
Der damit eingeschlagene Weg ist weit entfernt von einer wirklichen Problemlösung. Denn die Krise, die durch viele hausgemachte Probleme entstanden ist, löst dies nicht.
Es braucht echte Wege aus der Krise, zukunftsweisen-de Ziele und genau definierte Handlungsfelder und Maßnahmen, um für Bombardier Transportation eine langfristige Perspektive in Deutschland zu erhalten. Hierzu möchten wir als Gesamtbetriebsrat mit unserem „Fahrplan Zu(g)kunft“ den ersten, richtigen Schritt machen…
WEGE AUS DER KRISE
Es muss eine Zukunftsstrategie für Bombardier Transportation in Deutschland erarbeitet werden. Wir brauchen endlich ein klares, alle Bereiche des Unternehmens umfassendes Verbesserungskonzept. Daraus resultierende Maßnahmen müssen vor allem eins sein: nachhaltig. Eine ehrliche Analyse der Probleme und Fehler ist hierfür die Grundlage.
Es muss klar sein, wie und welche Prozesse verändert, Arbeiten umverteilt oder nicht mehr geleistet werden können. Erst danach kann definiert werden, welche Auswirkungen das auf zukünftige Personalzahlen hat. Kurz gesagt: Das Ziel muss klar sein, bevor man losläuft. Die derzeitigen Entscheidungen des Managements vermitteln diesen Eindruck nicht!
Es geht um ein Gesamtkonzept. Dies wird nur mit einer breiten Beteiligung der Belegschaften und ihrer Interessensvertretungen gelingen. Sie verfügen über das erforderliche Wissen, gezielte Punkte zu benennen, um die Situation zu verbessern. Weder durch das Top-Management allein, noch mit Unterstützung millionenteurer Beratungsunternehmen ist es in den letzte Jahren gelungen, die existenziellen Probleme von Bombardier Transportation in Deutschland zu lösen. Hier muss endlich umgeschwenkt werden.
Dies ist der einzige erfolgversprechende Weg um das Unternehmen aus der Krise zu führen, wieder wettbewerbsfähig zu sein und damit die Arbeitsplätze und Standorte in Deutschland mittel und langfristig zu sichern.
UNSERE ZIELE
Die Betriebsräte und die IG Metall haben sich auf fünf gemeinsame Ziele verständigt, mit denen wir eine gute Zukunft für Bombardier in Deutschland sichern wollen. Diese sind:
KOMPETENZEN ERHALTEN
Die Beschäftigten, ihr Können und Wissen, ihre Ideen und Erfahrungen sind die wichtigste Ressource für Bombardier in Deutschland. Ihre Kompetenzen und das Knowhow gilt es auch zukünftig zu erhalten und auszubauen. Nur so wird das Unternehmen in der Lage bleiben, auf Kundenwünsche zügig zu reagieren, die interne Einsatzflexibilität zu gewährleisten und so langfristig innovations- und wettbewerbsfähig am Markt zu agieren.
ARBEITSPLÄTZE SICHERN
Die Sicherung von Arbeitsplätzen bei BT in Deutschland trägt nicht nur zum Know-how-Erhalt durch Weiterbeschäftigung vorhandener Kompetenzträger bei. Auch fördert sie die Motivation und Leistungsbereitschaft der Beschäftigten und damit die qualitative und pünktliche Abwicklung von Projekten sowie auch die Zukunftsfähigkeit von Bombardier.
WERTSCHÖPFUNG ERHALTEN
Als besondere Stärke des Standortes Deutschland ist die langjährige Zusammenarbeit von Bombardier mit Kunden im Heimatmarkt zu sehen. Hierdurch sind Referenzprodukte auch für andere Märkte entstanden. Diese Wertschöpfungsbeziehung gilt es zu erhalten. Intern ist die räumliche und kommunikative Nähe zwischen Entwicklung, Fertigung und dem Servicebereich in Deutschland ebenfalls ein Faktor für erfolgreiche Wertschöpfung und muss gewahrt bleiben.
STANDORTE ERHALTEN
Bombardier ist mit seinen acht jeweils unterschiedlich spezialisierten Entwicklungs- und Fertigungsstandorten in Deutschland gut aufgestellt. Sie bedienen den internationalen Markt und sind nah dran an wichtigen (Groß)Kunden in Deutschland. Diese insgesamt strategisch günstige Aufstellung gilt es zu erhalten.
BETEILIGUNGSKULTUR FÖRDERN
Das Unternehmen Bombardier kann nicht „von oben nach unten“ funktionieren. Das zeigt die jetzige Krisensituation mehr als deutlich! Für eine erfolgreiche Unternehmenskultur und -politik ist es nachweislich entscheidend, die Belegschaft angemessen zu beteiligen und mit einzubeziehen. Hierzu gehören sowohl ein Kommunikations- als auch ein angemessener Diskussionsprozess zwischen Management, Beschäftigten, Führungskräfte und uns als Interessenvertretungen.
UNSERE HANDLUNGSFELDER UND MASSNAHMEN
Um die von uns gesetzten Ziele zu erreichen, müssen folgende Handlungsfelder in den Fokus genommen und Maßnahmen umgesetzt werden.
MARKTSTRATEGIE
Bombardier hat die Kompetenz, um alle relevanten Märkte zu bedienen. Aber die Marktbedeutung sinkt. Gründe hierfür sind u.a. schwindendes Kundenvertrauen, z.T. eingeschränkte Wettbewerbsfähigkeit, aber auch selektive Angebotspolitik. (…)
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG
Die in diesem Jahr verfügte massive Kürzung der Budgets für Forschungs- und Entwicklung ist kontraproduktiv und eindeutig ein Sparen an der falschen Stelle. Dadurch werden technologische Rückstände vergrößert und – insbesondere dann, wenn die Kürzung zum Anlass für Personalabbau genommen wird – auch dauerhafter Know-How-Verlust verursacht. (…)
ENGINEERING
Das Engineering ist in vielen Projekten zum Flaschenhals geworden. Das Unternehmen plant jetzt eine allgemeine Kapazitätskürzung um 10%, eine Senkung der Engineering-Kosten bei CEE um 20% und eine Verlagerung von Engineering-Arbeiten von 30% der geplanten Stunden in Niedriglohnländer (insb. Indien). Zudem soll eine funktionale Konzentration von Engineeringkompetenzen an einzelnen Standorten stattfinden. Aus unserer Sicht der falsche Ansatz, denn es löst die wahren Engineering-Probleme nicht. (…)
ALTERNATIVE ZU NIEDRIGKOSTENSTRATEGIE
Aktuell beabsichtigt das Management, in allen Bereichen die Niedrigkostenstrategie zu Lasten interner Beschäftigung zu intensivieren. Man will dadurch Geld einsparen, das aktuell durch die Projektprobleme verloren geht. Projektprobleme, die teilweise gerade durch Niedrigkostenexperimente verursacht wurden.
Wir verlangen deshalb nicht nur einen Stopp weiterer Verlagerungen sondern dass die Niedrigkostenstrategie insgesamt auf ihre Nachhaltigkeit geprüft wird. (…)
OPERATIONS (PRODUKTION)
Die Fertigungskompetenzen in Deutschland Schritt für Schritt aufzugeben und auch die Fertigungstiefe an den Standorten zu verringern ist der falsch Weg. Kosten werden so langfristig nicht gesenkt, sondern nur erhöht. Vorhandene Fertigungskompetenz in Deutschland halten und Operations- damit als integralen Bestandteil einer zukunftsfähigen BT in Deutschland zu belassen, ist notwendig. Das bedeutet für uns auch, dass die an einzelnen Standorten bestehende, lange etablierte Fertigungstiefe, in der die Zusammenarbeit solide ausgestaltet ist und Prozesse so auch über Bereiche und Wertschöpfungsketten hinweg gut funktionieren, erhalten bleiben muss.
PROZESSOPTIMIERUNG
Es gibt für jeden Einzelnen immer mehr Arbeiten, die nichts mit seinen originären Aufgabe zu tun haben. Das kostet Zeit und Ressourcen. Die Prozesslandschaft ist insgesamt unübersichtlich, speziell der Änderungsprozess aufgebläht. Tools sind zudem uneinheitlich und/ oder nicht kompatibel. (…)
STRAFFUNG DER STRUKTUREN
Beschäftigt man sich eingehender mit den bei Bombardier (ständig neuen) Organigrammen, fragt man sich, ob alle benannten Funktionen wirklich benötigt werden. Für viele Beschäftigte ist der in den letzten Jahren installierte Overhead sowie die entsprechenden Berichtslinien nicht mehr nachvollziehbar. (…)
FÜHRUNGS UND PLANUNGSKOMPETENZ
Die durch wiederkehrende Organisationsänderungen vorherrschende Instabilität in den Strukturen und bei den Führungskräften löst bei Beschäftigten Unsicherheiten aus und trägt nicht zu einer motivierten Belegschaft bei. Auch führt sie zu einer geschwächten Führungs- und Planungskompetenz, an Stellen, wo Entscheidungen getroffen werden müssten. (…)
PERSONALPLANUNG UND ENTWICKLUNG
Auch in einer wirtschaftlich schwierigen Lage, ist es wichtig, in die Zukunft eines Unternehmens zu investieren. (…) Es gibt bei Bombardier Transportation zudem mehrere Werkzeuge, die Möglichkeiten zur zukunftssicheren Personalplanung und -entwicklung vorsehen (z.B. PMP und btalent). Leider werden sie zurzeit nur suboptimal eingesetzt. Hier einen besseren und vor allem kontinuierlichen Einsatz zu realisieren ist eine klare Aufgabe von HR.
FAZIT
Das fordern wir als Gesamtbetriebsrat von Bombardier Transportation in Deutschland:
- Stopp des aktionistischen und kapitalmarktgetriebenen Personalabbaus.
- Schluss mit der Verlagerung von Engineering-Leistungen und Produktion in Niedrigkostenländer.
- Vorlage/Erarbeitung einer Deutschlandstrategie unter Beteiligung der Belegschaften und ihrer Vertreter.
- Beratung der in diesem Papier beschriebenen Handlungsfelder und Maßnahmen mit dem GBR und der IG Metall.
- Entwicklung und Umsetzung eines gemeinsamen Konzeptes zur Zukunftssicherung der Arbeitsplätze und Standorte in Deutschland.
BOMBARDIER? – NUR MIT UNS!
Eine sichere Zukunft kann nur mit den Beschäftigten gehen, nicht gegen sie. Wir, die Betriebsräte und die IG Metall, möchten alle Beschäftigten dazu einladen in einen gemeinsamen Kommunikations-, Austausch- und Beteiligungsprozess einzutreten und mit uns den hier vorgestellten „Fahrplan Zu(g)kunft“ weiterzuentwickeln und durch weitere, neue Ideen anzureichern.
Wir wollen mit Euch gemeinsam die Beteiligungskultur im Unternehmen fördern und das Management zu einem Kulturwandel „von unten“ anregen. Hierfür zählen wir auf Eure Unterstützung und Ideen.
Gesamtbetriebsrat Bombardier / IGM
Plakat der IG Metall zu dem bundesweiten zweiten Aktionstag der Bombardier Werke in Deutschland am 21. April. Die Bilder stellen Aktionen der jeweiligen Betriebe beim ersten Aktionstag am 17. März dar.