Carl-Benz-Straße: Letzte Mieterin zieht aus, GBG reißt ab
Nachdem fast zwei Jahre lang BewohnerInnen, AktivistInnen von FairMieten und WGDS? sowie die Mannheimer LINKE gegen die GBG-Pläne für die Carl-Benz-Straße protestiert haben, steht der vollständige Abriss der Häuser nun kurz bevor. Wie einem Bericht des Mannheimer Morgen vom 13. November 2016 zu entnehmen ist, ziehen die letzten verbliebenen MieterInnen in den nächsten Tagen aus den Häusern aus. Bereits im Sommer wurde ein Block abgerissen – vermutlich, um den Druck auf die wenigen verbliebenen MieterInnen zu erhöhen.
Die GBG behauptete mehrfach, eine Sanierung der Häuser an der Carl-Benz-Straße sei nicht möglich oder wirtschaftlich nicht darstellbar. Auf Anregung des LINKEN-Bezirksbeirats in Neckarstadt-Ost, Dennis Ulas, die Kosten für Sanierung und Neubau gegenüberzustellen und zu präsentieren, ist die GBG nie eingegangen. Die vier GBG-Blocks auf der anderen Straßenseite (Mainstraße) wurden hingegen saniert und werden zu einem günstigen bis moderaten Mietpreis vermietet. Diese Häuser stammen aus derselben Zeit wie diejenigen, die nun abgerissen werden.
Der Abriss und die Neubebauung mit höherwertigen Wohnungen war von vornherein ein politisches Ziel: Die Neckarstadt-Ost sollte dadurch „aufgewertet“ werden. Allerdings handelt es sich bei der Neckarstadt-Ost, v.a. im Umfeld der besagten GBG-Häuser, bereits um eine gute Wohngegend. Die neuen und teureren Wohnungen – der Mietpreis wird vermutlich bei 12 € liegen – führen zu einer zunehmenden Segregation der Bevölkerung. Diejenigen, die es sich leisten können, wohnen in der immer teurer werdenden Neckarstadt-Ost, einkommensschwache Bevölkerungsgruppen müssen sich anderweitig umschauen. Auf dem freien Wohnungsmarkt haben Menschen mit geringem Einkommen und geringer Rente kaum die Möglichkeit, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Von diesem Problem sind aber auch immer mehr Menschen mit mittlerem Einkommen betroffen – Mietpreise von 10 € aufwärts sind auch für sie teilweise kaum zu stemmen.
Auch wenn die GBG betont, sie verursache keine Gentrifizierung, fördert sie die Verdrängung zumindest indirekt. Das Wohnbauunternehmen weist darauf hin, dass nahezu alle der zuletzt 69 BewohnerInnen in der Neckarstadt-Ost bleiben konnten. Dennoch geht durch das Bauvorhaben preiswerter Wohnraum an dieser Stelle verloren, der dringend benötigt wird. In der Neckarstadt-Ost müssen auch einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen wohnen können. Für diese trägt insbesondere die GBG als kommunales Wohnungsunternehmen eine große Verantwortung. Dieser Verantwortung wird sie mit dem Abriss von 129 preisgünstigen und dem Neubau von 92 teuren Wohnungen aber nicht gerecht. Eine Bevölkerungsdurchmischung ist wichtig für ein gutes Zusammenleben in der Stadt und für die Teilhabe einkommensschwächerer Schichten am öffentlichen Leben. Das muss in der Neckarstadt-Ost auch künftig gewährleistet sein.
Selbst wenn aufgrund des hohen Alters und möglicherweise hoher Sanierungskosten ein Abriss und Neubau sinnvoller gewesen wäre, könnten die Wohnungen günstiger vermietet werden. Zu Recht wies die GBG in den öffentlichen Diskussionen auf die hohen Baustandards und -kosten hin. Doch eine öffentliche Förderung der Wohnungen wäre möglich gewesen, so dass sie zu moderaten Preisen hätten vermietet werden können. In der Bezirksbeiratssitzung im März 2016 fragte Bezirksbeirat Dennis Ulas, warum die GBG sich nicht um finanzielle Förderung bei den Neubauten bemüht hat. Die Antwort von GBG-Geschäftsführer Karl-Heinz Frings daraufhin lautete lapidar: „Weil wir das nicht wollten“. Die Wohnungen seien bewusst so geschnitten und ausgestattet, dass ihr Standard für eine öffentliche Förderung zu hoch liegt. An der Carl-Benz-Straße sollen also bewusst Besserverdienende angesiedelt werden.
DIE LINKE war bis zum Schluss die einzige Partei, die sich im Aufsichtsrat, Gemeinderat und Bezirksbeirat gegen den Abriss der Gebäude ausgesprochen hat. Stadt- und Bezirksbeiräte der LINKEN zeigten sich solidarisch mit den zahlreichen AktivistInnen und den zuletzt wenigen verbliebenen BewohnerInnen, die sich vergeblich für den Erhalt und die Sanierung der Häuser einsetzten.
Die GBG und die übrigen Parteien ließen sich davon leider nicht beeindrucken – der Abriss naht, die sog. „Aufwertung“ folgt. Dabei benötigt die Neckarstadt-Ost keine „soziale Aufwertung“, sondern bezahlbaren Wohnraum, um die soziale Durchmischung zu erhalten.