Alzey zeigt klare Kante gegen Rechts [mit Bildergalerie und Video]
Aufgerufen und mobilisiert zum Gegenprotest hatten Die Linke, Linksjugend solid, DGB und diverse antifaschistische Gruppierungen u.a. auch aus dem Raum Rhein-Neckar.
Die Splitterpartei Die Rechte hatte zum dritten Mal in diesem Jahr zu einem Aufzug in die rhein-hessischen Stadt geladen. Im Mai des Jahres waren es schon vergleichsweise wenige Neo-Nazis gewesen, die dem Aufruf „Alzey zur national befreiten Zone“ zu erklären – und „Deutsche Interessen zuerst“ zu unterstützen gefolgt waren. Für Alzey war dies dennoch ein wichtiger und notwendiger Weckruf. Zuvor hatten schon allzu viele andere Rechtsextremisten die Möglichkeit erhalten quasi ohne Gegenprotest durch die Stadt ziehen und ihre radikale Propaganda verbreiten zu können. Bereits im August beim zweiten Aufzug der Rechten bröckelte das Unterstützerpotenzial mit weniger als 20 Teilnehmern.
Die Veranstaltungen am 14.10.17 wurden von starken Polizeikräften und ggf. auch vom Verfassungsschutz/Staatsschutz in Uniform und in Zivil begleitet bis behindert.
Lautstarker und bunter Protest gegen rassistische Ideologen und Hetzer
Rund 100 Menschen setzten auf dem Fischmarkt und anderenorts deutliche Zeichen dafür, dass die Neo-Nazis in Alzey nicht willkommen waren. Diverse Redner*Innen machten dies in ihren Ansprachen deutlich.
(Video mit freundlicher Genehmigung von David Schwarzendahl)
Eine große Anzahl von Büger*Innen, Vertreter weiterer Parteien und religiöser Glaubensgemeinschaften zeigten durch ihren friedlichen und deutlichen Protest, dass sie sich klar gegen die Positionen, die von den Rechten vertreten werden, positionieren und dies künftig weiter tun wollen.
Weshalb der legitime Protest, wie auch schon im Mai diesen Jahres nicht, in direkter Sicht- und Rufweite stattfinden konnte, weshalb statt Hamburger-Gittern ausschließlich nur Einsatzfahrzeuge der Polizei eingesetzt wurden, um die Lager der Demonstranten voneinander getrennt zu halten, sind Fragen die die Anmelder der Gegendemonstration mit dem Ordnungsamt und der Polizeibehörde klären müssten.
Den Rechten ist keine Peinlichkeit zu viel
Florian Grabowski (LV Die Rechte Südwest) brachte vierzehn (14) Mitstreiter nach Alzey mit. Nochmal weniger Unterstützer als im August. Dazu erhielt er noch Schützenhilfe von Vertretern aus dem Saarland, mit Jacqueline Süßdorf (NPD), unter dem Label „Bürgerinitiative Bündnis Saar“ und mit Detlef Walk samt Gefolge vom „Nationalen Widerstand Zweibrücken“.
Der Rossmarkt, der den Rechten als Veranstaltungsort zugewiesen wurde, war bis kurz vor deren Erscheinen noch sehr gut besucht. Als die Nazis aufzogen war der Ort quasi menschenleer.
Wie so oft davor sprachen die unerwünschten und selbsternannten Vertreter des „deutschen Volkskörpers“ im engsten Sinne nur zu sich selbst. Denn ein interessiertes Publikum war keines zu sehen. Eine Ausnahme bildeten drei Männer sehr fortgeschrittenen Alters, die sich am Rande des Rossmarkts eine Flasche Rose-Sekt munden liesen, und aus deren Gruppe „Jawohl“, „Richtig so“ und „Weiter so“ zu hören war. Fotografieren oder gar filmen lassen wollte sich dieses vermeintliche Unterstützer-Trio der Rechten nicht.
Kaum hatte Grabowski die Auflagen für die Veranstaltung verlesen, wurde er bereits von Vertretern des Ordnungsamts wegen des Verstoßes gegen das Emmisionsschutzgesetz unterbrochen. Die mitgebrachte Lautsprecheranlage musste nach unten gedreht werden.
Der Redner der Rechten stotterte, vom Blatt abgelesen, lediglich die bekannten und übelsten Parolen herunter. „Deutschland sei größer als die BRD“ und „Merkel ist Volksverräterin“, „Die Rechte wären keine Rassisten, würden aber ausschließlich für die Interessen des deutschen Volks einstehen (Heimat, Familie und Zukunft)“. Bemerkenswert erscheint uns die Aussage von Grabowski, dass es zu begrüßen sei, dass die AfD (Alternative für Deutschland) es als drittstärkste Kraft bei der Bundestagswahl 2017 in den Bundestag geschafft hat, auch wenn man nur wenige gemeinsame Schnittmengen sieht. Wichtig sei es, die rechten Interessen und Ziele mit dieser Partei im Bundestag zu vereinen, um entsprechende Erfolge erzielen zu können.
Der zweite Redner, Detlef Walk, stammelte mehr, als dass er eine Rede vortrug. Was zu verstehen war, war seine Kritik an den „Altparteien“ und deren Beitrag am Niedergang des Sozialsystems. Sinngemäß sagte er: „Jeder deutsche Arbeitnehmer müsse heute neben seiner Hauptbeschäftigung noch mindestens 1-2 weitere Nebenjobs haben, um über die Runden zu kommen. Im Alter bliebe nichts mehr am Angesparten. Altersarmut wäre für alle arbeitenden Deutschen das Ergebnis der handelnden Politiker.“
Unüblich für die Aufzüge dieser Neo-Nazis war es, dass er für keinen der Wortbeiträge Applaus aus den eigenen Reihen gab.
Die Rechte hatte zwei Roll-Ups dabei, mit Aufdrucken, bei denen es um „Bildung“ und „Finanzlobby“ ging. Zu beiden Themen wurde in den Ansprachen kein Bezug genommen.
Wörrstadt und Wöllstein waren an diesem Tag weitere Aufzugsorte der Rechten, wo sie jedoch auch auf Ablehnung und Gegenproteste stießen.
Pressevertreter geduldet – Polizei greift durch
Zweimal wurde der Autor dieses Berichts von Polizeibeamten kontrolliert, was auch soweit in Ordnung ist, da er sich mit Presse- und Personalausweis legitimieren konnte. Spätestens als der Polizeibeamte der sich für den Einsatzabschnitt Rossmarkt als Verantwortlicher zu erkennen gab darauf hinwies, dass der Autor seine Arbeit machen dürfe, falls er aber die Veranstaltung der Rechten stören würde, von Beamten entfernt würde, war klar, dass die Ausübung der Pressefreiheit nur geduldet war. Krasser erging es einem weiteren Fotojournalisten: Dieser wurde von der Polizei bezichtigt Porträtaufnahmen von Beamten in Uniform beim Einsatz gemacht zu haben. Daraufhin wollte die Polizei Einsicht in die Aufnahmen auf seiner Kamera vornehmen. Dies wies der Kollege mangels rechtlicher Grundlage erfolgreich zurück. Auch er wurde darauf aufmerksam gemacht, dass er die Nazi-Kundgebung nicht stören dürfe, ansonsten würde auch er von Polizeibeamten vom Ort des Geschehnisses entfernt werden. Mit ähnlichen Ansprachen wurden unseren Erkenntnissen nach auch Passanten*Innen von Polizeibeamten angesprochen die sich in den Randbereichen des Rossmarkt aufhielten.
Zwei Antifaschisten*Innen äußerten lautstark ihren Unmut über den Aufzug der Rechten auf dem Rossmarkt. Kaum zu Ende gesprochen, packten uniformierte Beamte kräftig zu und entfernten, unter Anwendung körperlicher Gewalt, die Demonstrierenden in Richtung Fischmarkt. Nach unserer Beobachtung gab es zu keinem Zeitpunkt den Versuch der Polizeibeamten, die Situation im direkten Gespräch zu klären.
(Rick de la Fuerte)
Bildergalerie
(© Rick de la Fuerte)
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