Erster HDK-A-Kongress im Rhein-Neckar-Raum
Rund 40 Personen nahmen am 1. Kongress der HDK-A-Regionalgruppe Mannheim (Halkarin Demokratik Kongresi – Almanya / Demokratischer Kongress der Völker – Deutschland), die sich für den Rhein-Neckar-Raum als Ansprechpartner erklärt, in den Räumlichkeiten der Kurdischen Gemeinde in Ludwigshafen/Rhein teil.
Ein kritischer Rückblick auf das Jahr 2017 wurde gemäss Tagesordnung durch verschiedene Redner*Innen vorgenommen. Eine ausführliche Aussprache folgte unter den Anwesenden. Programmpunkte für 2018 wurden angeregt. Mitglieder für einen eventuell künftigen e.V. wurden durch die Anwesenden als Vorstandsmitglieder gewählt. In einer konstituierenden Versammlung sollen die Gewählten die Funktionen im Vorstand selbst bestimmen. Die verstärkte Öffnung und Kooperation mit sozial-links-demokratischen Parteien, Gewerkschaften und Antifaschistischen-Gruppierungen sollen das Fundament für eine erfolgreiche HDK-Arbeit in der Rhein-Neckar-Region künftig bilden.
Die Kongress-Sprache war türkisch. Dolmetscher*Innen standen dem Berichterstatter zur Verfügung, der als einziger Pressevertreter am Kongress teilgenommen hat.
Wer ist der HDK?
Der demokratische Kongress der Völker, Anfang 2017 auf europäischer Ebene in Brüssel (Belgien) gegründet versteht sich als überparteiliche Initiative und als Interessensvertreter kurdischer Belange partei- und organisations-übergreifend. Diese Struktur gilt auch für Deutschland mit der Bildung regionaler Gruppierungen. So geschehen mit der HDK-A-Gruppe Mannheim, die den ersten Kongress im Rhein-Neckar-Raum veranstaltete. Verankert in der HDK sind Menschen, die in den 1970er Jahren als Gastarbeiter zu uns gekommen sind, deren und hier geborene Kinder und Menschen, die aus politischen Gründen, z.B. wegen ihres kurdischen Ursprungs, jetzt oder schon vor langer Zeit um Asyl in Deutschland bitten mussten.
Die Mannheimer Gruppe, die sich Anfang 2017 gebildet hat, versteht sich als Anlaufstelle für Interessierte im gesamten Rhein-Neckar-Raum und pflegt Kontakte mit der HDK-Bündnisspitze in Deutschland (mit zwei Delegierten auf Bundesebene vertreten) und weiteren Gruppierungen und Organisationen in der Region.
Der Kongress: Status Quo 2017 – Quo Vadis 2018
Am Kongress nahmen rund 40 Personen teil. Nach der Begrüßung der Anwesenden durch ein Vorstandsmitglied der Kurdischen Gemeinde Ludwigshafen wurde eine Schweigeminute für im bewaffneten Kampf gefallene kurdische Kämpfer*Innen und ermordete Oppositionspolitiker*Innen abgehalten. Danach folgte ein mehrminütiger multimedialer Beitrag der die Aktivitäten 2017 Revue passieren ließ. Sodann wurden 3 Moderatoren für den Kongress bestimmt, welche durch Vertreter der HDK-A Mannheim und NAV-DEM (Demokratisches kurdisches Gesellschaftszentrum Deutschland) gestellt wurden. Nach der Vorstellung des Tagungsprogramms wurde über dieses abgestimmt. Die Annahme erfolgte einstimmig. Ein Protokollführer wurde gewählt.
Den Einstieg in den Kongress bildeten verschiedene Redebeiträge. Als Anlass für die Gründung des HDK-A wurde die kritische politische und gesellschaftliche Situation in der Türkei und in Kurdistan genannt. Im Dankwort durch einen NAV-DEM-Redner wurde der 10.12., Tag der internationalen Menschenrechte, hervorgehoben. Seinen Worten zufolge würden diese in der Türkei nicht respektiert. Seit dem gescheiterten Putschversuch gegen das AKP-Regime in der Türkei würden Oppositionelle, Journalisten und Kurden extremsten Repressalien ausgesetzt und dies nicht nur in der Türkei. Bis heute, so ein Redner, seien dadurch rd. 4.500 Menschen zu Tode gekommen oder würden in Haft sitzen und insgesamt 130.000 Menschen wurden seit dem insgesamt Opfer der Erdogan-Politik, deren Ziel es zu sein scheint das Land durch andauernde Gesetzesänderungen destabilisieren zu wollen. Des weiteren wurde ausgeführt, dass sich die Regierungspartei nur noch deshalb an der Macht halten kann, da es an einer in sich geschlossenen und damit wirksamen Opposition fehlt.
Andere Stimmen sagten, dass alle demokratischen Kräfte, auch Generationen übergreifend, unabhängig der jeweiligen spezifischen Ideologiemuster und Programatiken zusammen arbeiten müssten um das gemeinsame Ziel erreichen zu können.
„Heute muss der Kampf gegen den Faschismus beginnen“, so ein weiterer Redner.
In der sich anschließenden Aussprache wurden die akuten Probleme und Handlungsfelder in der Türkei und Kurdistan, sowie in Deutschland thematisiert. Konsens unter den Kongressteilnehmern schien gewesen zu sein, dass die Kräfte noch zu schwach sind um im Bündnis wirksam agieren zu können. Man sieht sich jedoch auf einem guten Weg. Aktionen die 2017 durchgeführt wurden, wie z.B. die Organisation von Protesten und Demonstrationen zugunsten kurdischer Organisationen und der Freilassung des inhaftierten, ehemaligen PKK-Führers Abdullah Öcalan bzw. gegen türkische Nationalisten in Mannheim, Maßnahmen im Rahmen der Hayir-Plattform beim Türkeireferendum, diverse Infostände und Flugblattaktionen, Plenumsveranstaltungen und die Kooperationen mit den Parteien HDP (Demokratische Partei der Völker) und die Linke scheinen nicht ausreichend zu sein, um die angestrebten Ziele zu erreichen.
Das HDK-Programm für Europa liegt dieser Redaktion als Druckschrift in türkischer Sprache vor.
Mit Hinblick auf 2018 wurde diskutiert und dem Vernehmen nach auch beschlossen, dass der HDK-A Mannheim sich verstärkt demokratischen Parteien, Gewerkschaften und antifaschistischen Organisationen zuwenden möchte. Es wurde der Vorschlag einer Vereinsgründung mit eigenen Räumlichkeiten erörtert. Diese Maßnahme könnte dazu dienen sich der breiteren Öffentlichkeit als Netzwerkpartner anzubieten und einen Raum zu öffnen für gemeinsame Treffen und Diskussionen.
Der Kongress schloss mit der Wahl von 16 Vorstandsmitgliedern des HDK-A Mannheim. Der neugewählte Vorstand will sich in einer konstituierenden Sitzung intern über die Besetzung der Funktionen einigen.
Der HDK-A Mannheim beteiligt sich an den europaweiten Aktionstagen am 16. und 17.12.17. Am 14.12. wurde hierzu eine gemeinsame Fahrt zu einem Kongress in Straßburg/Frankreich organisiert.
Christian Ratz