“Solidarität mit Afrin!” Kundgebungen gehen weiter – Demos am 10. und 24. Februar geplant
Mit den anhaltenden militärischen Angriffen auf die Stadt Afrin gehen auch die Protestkundgebungen weiter. Am Mittwoch fand am Hauptbahnhof erneut eine Versammlung des kurdischen Gemeinschaftszentrums anlässlich des Konflikts in der nordsyrischen Grenzregion statt. Seit fast drei Wochen rücken türkische Streitkräfte, unterstützt von islamistischen Milizen, auf die kurdische Autonomieregion vor – unter dem Vorwand angeblicher Terrorbekämpfung. Die Türkei bezeichnet die kurdischen Milizen YPG und YPJ als Terrorgruppen. In den kurdischen Regionen werden sie jedoch als Befreier*innen und Beschützer*innen vor den Truppen des „Islamischen Staats“ angesehen, die Demokratie, Frauenrechte und Autonomie gegen den “Dschihad” des IS verteidigen.
“Schluss mit den Waffenlieferungen”
Seit Montag scheinen die Luftangriffe der türkischen Armee ins stocken zu geraten. Verschiedene Medien berichten übereinstimmend, dass nach dem Abschuss eines Kampfjets die russischen Streitkräfte keine Flüge der türkischen Armee über dem syrischen Luftraum dulden würden. Der Beschuss am Boden geht aber weiter – die türkische Armee beschießt die Stadt Afrin mit Panzern aus deutscher Produktion.
Dies war dann auch eines der zentralen Themen der Protestkundgebung am Mittwoch. Auf Schildern, Bannern und in Redebeiträgen wurden die Waffenexporte an die Türkei scharf kritisiert. Der türkische Präsident Erdogan wurde als “Faschist”, sein Regime als “Diktatur” und der Krieg als “menschenverachtend” bezeichnet. Die deutsche Bevölkerung wurde dazu aufgerufen, dem Treiben nicht mehr länger schweigend zuzusehen und Verantwortung zu übernehmen.
Provokationen bleiben aus
Am frühen Mittwochabend hatte die Kundgebung vor dem Hauptbahnhof viel Öffentlichkeit. Pendler auf dem Heimweg und Waldhof-Fans auf dem Weg zum Fußballspiel kamen vorbei, einige stellten sich dazu und hörten den Beiträgen zu. Wieder andere liefen vorbei und schüttelten den Kopf. Provokationen durch türkische Nationalist*innen blieben erfreulicherweise aus. Lediglich ein offenbar der rechten Szene anhängender Mann um die Fünfzig lief völlig aufgelöst um die Kundgebung herum und empörte sich darüber, dass eine solche Veranstaltung erlaubt sei. Von ihm angesprochene Polizisten erklärten ihm, dass es sich um eine korrekt angemeldete Kundgebung handle, die durch das Versammlungsrecht geschützt sei. Daraufhin lief er völlig fassungslos davon und rief in Richtung Polizei, dass es dann doch verständlich sei, wenn Bürgerwehren gegründet und sich Deutsche den Reichsbürgern anschließen würden.
Gegen Ende der Veranstaltung griff die Polizei doch noch ein. Sie untersagte einem Teilnehmer das Zeigen einer Fahne mit dem Logo der kurdischen Frauenverteidigungseinheiten YPJ, ein Symbol, das durch ein Erlass des Innenministers 2017 verboten wurde. Ein anderer Teilnehmer der Kundgebung äußerte darüber sein Unverständnis: “Die YPG und die YPJ verteidigen unsere Freiheit gegen die Faschisten und Islamisten. Erst hat das Merkel noch gelobt und mit Waffen unterstützt, jetzt werden die Symbole auf einmal verboten. Wer soll das verstehen? Das ist Doppelmoral und Kuschen vor dem Diktator Erdogan.”
Weitere Kundgebungen geplant – Demos am 10. und 24. Februar
In den kommenden Tagen und Wochen sind weitere Kundgebungen der Solidarität mit Afrin geplant. Bereits am Freitag trifft sich das kurdische Gemeinschaftszentrum erneut um 17:30 Uhr am Hauptbahnhof Mannheim. Am Samstag soll es ab 14 Uhr mit einer Demo über den Rhein in die Nachbarstadt Ludwigshafen gehen. Treffpunkt sei vermutlich wieder der Hauptbahnhof, man müsse aber noch ein Kooperationsgespräch mit der Versammlungsbehörde abwarten.
Am 24. Februar, ebenfalls ein Samstag, soll es eine weitere Demo geben, die von einem breiter aufgestellten Bündnis organisiert wird. Die Initiative “Nein zum Krieg! Solidarität mit Afrin!”, der neben kurdischen Vereinen auch die Gruppen attac, Aufstehen gegen Rassismus, DIDF und die Partei Die Linke angehören, plant eine weitere Demonstration in Mannheim. Beginn ist am Schloss um 12.00 Uhr. Die Route soll über Breite Straße, Paradeplatz, Marktplatz und Kurpfalzbrücke zum Alten Messplatz verlaufen. Dort wird die Abschlusskundgebung stattfinden. Da in der Vergangenheit diesbezügliche Veranstaltungen in der Regel nicht in der Innenstadt stattfanden, die Ordnungsbehörden machten Sicherheitsbedenken geltend, rechnen die Veranstalter*innen mit nicht ganz leichten Verhandlungen mit der Verwaltung und den Ordnungsbehörden. Aber der Wille sei da. Man wolle diesmal nicht klein beigeben und notfalls das Anliegen rechtlich prüfen lassen. Die VeranstalterInnen hoffen auf eine große Demonstration und wollen ein friedliches und starkes Zeichen setzen.
Absage des “Langen Marsch” zum Jahrestag der Inhaftierung Öcalans
Der für den 10. Februar angekündigte “Lange Marsch nach Strasbourg” anlässlich des Jahrestages der Inhaftierung des PKK-Vorsitzenden Öcalan wurde vom Veranstalter abgesagt. “Wir wollen uns ganz auf die Kundgebungen gegen den Krieg in Afrin konzentrieren. Wir müssen bei diesem Thema besonders in Deutschland viel Öffentlichkeit gewinnen”, erklärt eine Veranstalterin der Kundgebung am Mittwoch. Der Lange Marsch und die Großkundgebung in Strasbourg fände auch ohne die Mannheimer statt. Man wolle stattdessen vor Ort mit einer Demo für das aktuelle Thema Aufmerksamkeit schaffen. “Denn immerhin ist Deutschland einer der wichtigsten Waffenlieferanten für die Türkei und ihren faschistischen Krieg gegen uns Kurden”, fügt die Sprecherin hinzu.
(cki)
Bildergalerie
Kundgebung gegen den Krieg in Afrin am 07.02.2018
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