Eilmeldung! Stadt Mannheim verbietet Demo gegen türkischen Angriffskrieg – Kundgebung erlaubt
Pressemitteilung vom 24.10.2019
Die für Samstag 26. Oktober angemeldete Demonstration „Stoppt den türkischen Angriffskrieg in Nordsyrien! Solidarität mit Rojava!“ ist verboten worden. Erlaubt ist lediglich eine Kundgebung am Schloss oder Alter Messplatz. Das soll noch mit den Veranstaltern geklärt werden. Der Entscheid ist den Veranstaltern am Donnerstag, 24. Oktober am späten Nachmittag zugegangen.
Gegen diesen Entscheid haben die Veranstalter noch am Donnerstag Abend über Rechtsanwalt Urbanzcyk Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht Karlsruhe die Wiederinkraftsetzung der aufschiebenden Wirkung der Entscheidung der Stadt Mannheim beantragt.
Was wird nun passieren?
Über den Widerspruch über die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Stadt Mannheim wird im eigentlichen Hauptverfahren beim Verwaltungsgericht verhandelt und entschieden. Bis diese Sache juristisch rechtsgültig entschieden ist, kann es noch Monate, ja Jahre dauern, wenn man in Betracht zieht, dass möglicherweise die Rechtssache in einem Berufungsverfahren beim nächst höheren Gericht beim Verwaltungsgerichtshof landet.
Was heißt das für die Veranstaltung am Samstag 26. Oktober?
Entweder: Bejaht das Verwaltungsgericht Karlsruhe die aufschiebende Wirkung, dann wird für den Samstag das Demonstrationsverbot aufgehoben. Das heißt: Demonstration durch die Breite Straße, Auftaktkundgebung um 14 Uhr am Schloss, Schlusskundgebung am Alten Messplatz.
Oder: Verneint das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung, dann bleibt das Demonstrationsverbot bestehen, dann wird es nur eine Kundgebung geben. Vermutlich um 14 Uhr am Alten Messplatz.
Wie wird die Entscheidung kommuniziert?
Sobald den Veranstaltern die Entscheidung des Verwaltungsgerichts bekannt ist, wird das Ergebnis über Email-Kanäle, Facebook etc. kommuniziert. Möglichst viele Menschen sind aufgefordert, diese Information weiter zu verbreiten. Wir rechnen mit der Entscheidung des Gerichts am Freitag 25.10. gegen Mittag, es könnte aber auch später werden. Das alles ist natürlich wenig angenehm. Wir können aber das uns aufgezwungene enge Zeitfenster nicht ändern.
Ob Demo oder Kundgebung: Nach dem Motto“Jetzt erst Recht“ sind wir froh über eine möglichst breite Beteiligung aus den Reihen der Mannheimer Zivilgesellschaft.
Also kommt am Samstag, 26. Oktober zahlreich zu unserer Veranstaltung!
Zum Schluss einige inhaltliche Dinge:
Inhaltlich ist es in der Schnelle der Zeit nicht möglich, auf die insgesamt 44-seitige Entscheidung der Stadt Mannheim näher einzugehen.
Aber grundsätzlich ist zu sagen: Das Machwerk von 44 Seiten tut Gründlichkeit vorgaukeln, ist aber eher ein Sammelsurium von Allgemeinplätzen. Die Stadt Mannheim befürchtet, dass es zu Ausschreitungen zwischen national gewaltbereiten Türken und emotional bewegten Kurden kommen kann. Sie befürchtet, dass eine Gewaltspirale in Kraft gesetzt wird, die das gesellschaftliche Klima in Mannheim nachhaltig schädigen kann. Die „Mannheimer Erklärung für ein Zusammenleben in Vielfalt“ könnte zur Makulatur werden. Das ist auch für uns nachzuvollziehen.
Aber berechtigt das ein Demonstrationsverbot? Auch wenn die Kundgebung von einem breiten Bündnis angemeldet worden ist, geht es den Behörden ganz klar um „die Kurden“. Es ist nun einmal so, dass die Türkei einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führt und nicht die Kurden. Die kurdische Seite tritt für ein Ende der Kampfhandlungen, ja für sofortigen Frieden ein, während die Türkei mit ihrem Ministerpräsident Erdogan an der Spitze den mörderischen Krieg mit höheren Weihen versieht und zur nationalen Pflichtaufgabe erklärt. Es macht also schon einen Unterschied, wer Täter und wer Opfer ist. Dies aber ignoriert die Mannheimer Entscheidung.
Ein weiterer und vielleicht in dieser Sache entscheidender Punkt: Der Veranstalter konnte darlegen, dass die kurdische Seite trotz der aufgeheizten Stimmung überhaupt nicht an einer Gewaltspirale in Mannheim interessiert ist. An einer solchen Auseinandersetzung ist ausschließlich die Türkei interessiert, die jeglichen politischen Ausgleich verhindern will. Deshalb wird die kurdische Seite mitnichten die Mannheimer Erklärung in Frage stellen, noch den notwendigen Dialog mit der türkischen Seite aus dem Weg gehen. Aber was Recht ist, muss Recht bleiben. Die Veranstalter werden jede rechtliche Entscheidung akzeptieren und sich an ein eventuelles Verbot halten. Aber die Auseinandersetzung wird auf rechtlichem und politischen Weg weitergeführt.
Die Veranstalter konnten in einem eigenen Sicherheitskonzept die Bedenken der Stadt Mannheim durchaus wahrnehmen, aber trotzdem für einen ordnungsgemäßen Ablauf der Veranstaltung weitgehend garantieren. Das Sicherheitskonzept ist der Stadt unterbreitet worden.
Dass die Stadt Mannheim trotzdem so entschieden hat, ist umso bedauerlicher, weil am vergangenen Samstag am 19. Oktober tausende Menschen bei Regionaldemonstrationen friedlich und weitgehend störungsfrei in 10 Städten in Deutschland demonstriert haben. Was in Köln, Frankfurt oder Stuttgart möglich ist, warum soll das nicht in Mannheim möglich sein?
Die Versammlungsleiter der Veranstaltung am 26. Oktober haben in der Vergangenheit schon mehrfach nachgewiesen, dass dies auch in Mannheim möglich ist, u.a. bei zwei Demonstrationen zu Afrin im Frühjahr 2018. Der Zugweg war damals identisch mit der angemeldeten Demonstration am 26 . Oktober. Auch aus diesem Grund ist das Verbot der Stadt Mannheim nicht akzeptabel.
Das Verbot der Stadt Mannheim reiht sich leider ein in die unrühmliche Geschichte der unberechtigten Kriminalisierung kurdischer Menschen in Deutschland.
Roland Schuster
Anmelder und Versammlungsleiter der Veranstaltung am 26. Oktober 2019 für das Bündnis „Stoppt den türkischen Angriffskrieg in Nordsyrien – Solidarität mit Rojava“